OGH vom 13.03.1996, 3Ob551/95

OGH vom 13.03.1996, 3Ob551/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst Karl P*****, vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) M.S*****, 2.) M.S***** Gesellschaft mbH, beide *****, beide vertreten durch Dr.Karl Franz Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlicher S 570.000,- s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 3 R 58/95-58, womit das Endurteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 11 Cg 119/93x-50, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Urteile werden in dem der Teilklagsforderung von S 570.000,- samt 9,75 % Zinsen seit stattgebenden Teil und der Kostenentscheidung aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die erstbeklagte KG, deren Komplementärin die zweitbeklagte GmbH ist, trat im Jahr 1988 ihre Hauptmietrechte an Geschäftsräumlichkeiten in Wien 1, um S 17,000.000,- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer an die protokollierte Firma Z***** T***** ab.

Der klagende Immobilienmakler begehrt eine Provision von S 1,020.000,- für die Vermittlung der Veräußerung dieser Mietrechte sowie Einrichtungsgegenstände. Nach der mündlichen Provisionsvereinbarung seien 5 % des Entgeltes zuzüglich Umsatzsteuer und drei Monatsmieten als Maklerlohn zu entrichten. Erst nachdem das vom Kläger vermittelte Geschäft perfekt gewesen sei, hätten die beklagten Parteien durchblicken lassen, sie seien nicht gewillt, den Provisionsanspruch des Klägers zu befriedigen. Rechtstitel für die Zahlung von S 17,000.000,- zuzüglich Umsatzsteuer sei der Wert der Einrichtungsgegenstände und die Abgeltung der von der erstbeklagten Partei getätigten Investitionen - einschließlich der von den Vorgängern übernommenen Investitionen - gewesen. Hiebei habe es sich um keine gemäß § 27 MRG verbotene Ablöse gehandelt, weil diese Investitionen und der Wiederbeschaffungswert der überlassenen Einrichtungsgegenstände den in Rechnung gestellten Betrag wertmäßig repräsentierten. Weiters habe die erstbeklagte Partei nach ihrer eigenen Darstellung dieses Entgelt in Kenntnis seiner Unzulässigkeit verlangt. § 27 MRG sei eine Schutznorm zugunsten des Mietrechtserwerbers, der vor unangemessenen Entgelten zur Erlangung von Mietrechten geschützt werden solle. Die erstbeklagte Partei könne sich als Veräußerer von Mietrechten nicht auf den gesetzlichen Schutz berufen; sie habe sich den Vorteil aus diesem Geschäft, dessen Unerlaubtheit sie nun gegenüber dem Kläger behaupte, zugewendet. Eine derartige Vorgangsweise sei im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB tatbildmäßig. Der Kläger finanziere seine Geschäfte mit einem Betriebsmittelkredit, der mit 9,75 % verzinst werde.

Die beklagten Parteien wendeten ein, es sei nicht zur Unterfertigung eines Maklerauftrags gekommen. Der Kommanditist der erstbeklagten Partei, Robert S*****, habe dem ihm bereits bekannten Angestellten des Klägers, Peter N*****, erklärt, daß der Betrag von S 17,000.000,-

zuzüglich 20 % Umsatzsteuer der erstbeklagten Partei netto und ohne jede weitere Belastung verbleibe müsse. Mit dem Kläger sei es zu keiner Vereinbarung gekommen. Peter N***** habe erklärt, selbständiger Makler zu sein; Robert S***** sei davon ausgegangen, er werde die Provision vom Vertragspartner verlangen und erhalten. Weiters sei bereits ein Interessent vorhanden gewesen, der S 14,000.000,- geboten habe; es sei also nur mehr darum gegangen, den Mehrbetrag von S 3,000.000,- zu erhalten; 5 % hievon würden nur S 150.000,- ergeben. Nur insofern sei der Kläger allenfalls verdienstlich geworden. Abgesehen davon, daß ein verbindlicher Vermittlungsauftrag nicht zustande gekommen sei, könnte nur vom Wert des mitverkauften Inventars bzw. allenfalls getätigter Investitionen ausgegangen werden, somit höchstens von S 3,000.000,-.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren mit Beschluß vom auf den Grund des Anspruchs ein; mit Urteil vom , 11 Cg 119/88-13, wies es das Klagebegehren ab.

Mit Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , 3 R 188/90-18, wurde hingegen erkannt, daß die Provisionsforderung des Klägers gegen die beklagten Parteien dem Grunde nach zu Recht besteht. Die dagegen von den beklagten Parteien erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom , 3 Ob 1537/91-22, gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im weiteren Verfahren zur Höhe der Klagsforderung wendeten die Beklagten noch ein, es sei kein Unternehmen, sondern ein bis auf einige Einrichtungsgegenstände geräumtes Lokal übergeben worden. Für die Berechnung der Provision des Klägers kämen nur §§ 14, 15 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom über die Ausübungsregeln für Immobilienmakler idF BGBl 1983/69 in Betracht. Von der gemäß § 27 MRG verbotenen Ablöse von S 17,000.000,- dürfe der Vermittler keine Provision begehren; mangels weiterer Vereinbarungen stünden dem Kläger daher maximal drei Bruttomonatsmieten a S 25.000,- zu.

Das Erstgericht verpflichtete die beklagten Parteien mit Endurteil zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 660.000,- samt 9,75 % Zinsen seit und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von S 360.000,-

samt 9,75 % Zinsen seit ab. Es stellte fest, daß eine Provisionsforderung von S 550.000,- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer von S 110.000,- insgesamt S 660.000,-, ortsüblich und angemessen sei.

Die beklagten Parteien ließen dieses Urteil hinsichtlich der Klagsstattgebung von S 90.000,- samt 4 % Zinsen seit unbekämpft. Das Berufungsgericht gab im übrigen der Berufung der beklagten Parteien gegen den sonstigen klagsstattgebenden Teil und der Berufung des Klägers gegen den klagsabweisenden Teil nicht Folge und ließ die ordentliche Revision zu, weil - soweit vom Berufungsgericht überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob sich der Empfänger einer gesetzwidrigen Ablöse im Provisionsprozeß als Beklagter gegenüber dem von ihm mit der Vermittlung der Ablösezahlung beauftragten Immobilienmakler auf die Gesetzwidrigkeit dieser Vereinbarung berufen darf.

Das Berufungsgericht verwies auf seine bereits im Zwischenurteil vertretene Rechtsansicht, daß der Kläger nicht allein deshalb seinen Provisionsanspruch verloren habe, weil er sich wegen Unterlassung der schriftlichen Auftragsbestätigung und der Belehrung über die Provisionspflicht standeswidrig verhalten habe. Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG seien Vereinbarungen ungültig und verboten, wonach der neue Mieter dafür, daß der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt, dem früheren Mieter etwas zu leisten hat; gemäß § 15 ImmVO stelle nur die gesetzlich zulässige Zahlung für Abgeltung für Investitionen oder Einrichtungsgegenständen die Bemessungsgrundlage für die Provisionsberechnung des Immobilienmaklers dar. Die Frage, ob auch eine gesetzwidrige Ablösezahlung bei der Bemessung der Abgeberprovision herangezogen werden darf, sei hier jedoch nicht entscheidungswesentlich. Geschäfte, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, seien nichtig. Zu unterscheiden sei zwischen einer "absoluten" Nichtigkeit (Verstoß gegen Gesetze die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dienen), auf die sich jedermann ohne besondere Anfechtung berufen darf, und der "geltend zu machenden" Nichtigkeit (Verstoß gegen eine Norm, die bloß den Schutz eines Vertragspartners bezweckt). Im letzteren Fall werde die Geltendmachung der Nichtigkeit dem Vertragspartner selbst überlassen. Ein Verstoß gegen § 27 MRG als bloß inter partes wirkendes Schutzgesetz sei als relative Nichtigkeit zu qualifizieren. Ihre Geltendmachung stelle ein Recht dar, dessen Ausübung unter Umständen Rechtsmißbrauch sein könne. Der vorliegende Sachverhalt sei dadurch gekennzeichnet, daß die Beklagten den Kläger beauftragten, einen Nachmieter namhaft zu machen, der gewillt war, ihnen S 17,000.000,- als Ablösezahlung zu leisten. Dem Kläger sei es tatsächlich gelungen, diesem Wunsch zu entsprechen. Der Nachmieter habe den vereinbarten Ablösebetrag bezahlt und habe die dreijährige Rückforderungsfrist (§ 27 Abs 3 MRG) hinsichtlich einer allenfalls gesetzwidrigen Überzahlung ungenutzt verstreichen lassen. Bei dieser Sachlage sei die nunmehr im Provisionsprozeß erhobene Einrede der Beklagten, die Ablösezahlung sei ungesetzlich gewesen, rechtsmißbräuchlich, weil sie erkennbar nur dem einzigen Zweck diene, den Kläger als Vertragspartner der Beklagten zu schädigen. Die Berufung der Beklagten als Empfänger des Ablösebetrages auf die Nichtigkeit der Ablösevereinbarung bezwecke ja gerade nicht deren Rückabwicklung, sondern nur den Entfall des Provisionsanspruchs des Klägers trotz dessen verdienstlicher Tätigkeit. Diese Vorgangsweise der Beklagten erfülle damit den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs gemäß § 1295 Abs 2 ABGB. Bei Ausmittlung der ortsüblichen Provision sei daher vom gesamten bezahlten Ablösebetrag als Bemessungsgrundlage auszugehen.

Die Beklagten hätten das Vorbringen des Klägers, er finanziere seine Geschäfte mit einem Betriebsmittelkredit, der mit 9,75 % verzinst werde, nie substantiiert bestritten, demzufolge habe es keines besonderen Nachweises durch den Kläger bedurft, weshalb der Zinsenzuspruch des Erstgerichtes auch der Höhe nach zu Recht erfolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Parteien gegen den über S 90.000,- samt 4 % Zinsen seit hinausgehenden klagsstattgebenden Teil des Berufungsurteils ist berechtigt.

Den nach ihrem Prozeßstandpunkt zu Recht bestehenden Provisionsanspruch des Klägers, der gemäß § 14 ImmMV in Höhe der dreifachen Bruttomiete zuzüglich 20 % Umsatzsteuer zu berechnen sei und hier S 90.000,- ergebe, bestreiten die Beklagten im Rechtsmittelverfahren nicht mehr; das Ersturteil ist hinsichtlich des Zuspruchs von S 90.000,- an den Kläger unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Die Beklagten bekämpfen darüber hinaus den vom Kläger geltend gemachten Provisionsanspruch, der mit 5 % der den Beklagten geleisteten Ablöse berechnet wird, mit der Begründung, der Provisionsanspruch des Klägers bestehe in dieser Höhe deshalb nicht, weil die Ablösezahlungen, die der Kläger zur Berechnung heranziehe, gegen § 27 MRG verstießen und daher verboten seien.

Diese Einwendung ist entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes berechtigt.

Schon allgemein dürfen bei der Berechnung der Provision des Immobilienmaklers nur den Rechtsvorschriften entsprechende Beträge zugrunde gelegt werden (§ 8 Abs 5 ImmMV). Für den Bereich der Vermittlung von Bestandverträgen darf der Immobilienmakler nach § 15 ImmMV mit dem Vermieter und mit dem Vormieter vereinbaren, daß ihm für seine Vermittlungstätigkeit eine Provision oder sonstige Vergütung von höchstens je 5 % der vom Mieter aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages an sie geleisteten den Rechtsvorschriften (insbesondere dem Mietengesetz) [jetzt: MRG] nicht widersprechenden Abgeltung für Investitionen oder Einrichtungsgegenstände zu entrichten haben. Nach dem Vorbringen der Beklagten wird für die Bemessung der noch eingeklagten Provisionsforderung eine Ablöseforderung herangezogen, die gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG ungültig und verboten sei; die Ablöse sei nämlich vom neuen Mieter dem früheren Mieter dafür gegeben worden, daß dieser den Mietgegenstand aufgibt. Ein Verstoß gegen § 15 ImmMV bei der Berechnung der Provision des Klägers hätte gemäß § 917 a ABGB die Unwirksamkeit einer den festgelegten Höchstpreis übersteigenden Preisvereinbarung zur Folge. Gemäß § 917 a ABGB ist dann, wenn zum Schutz eines Vertragspartners gesetzlich bestimmt ist, daß kein höheres Entgelt vereinbart werden darf, eine Entgeltvereinbarung so weit unwirksam, als sie dieses Höchstausmaß überschreitet. Das Gesetz fordert, daß die gesetzliche Entgeltregelung "zum Schutz eines Vertragspartners" festgelegt wurde, sodaß nicht jede verwaltungsrechtlich normierte Preisgrenze unmittelbar auf den Einzelvertrag einwirkt; ob dies im Einzelfall zutrifft, ist aus dem Schutzzweck der Preisnorm abzuleiten (Krejci in Krejci, Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz, 179; in diesem Sinn auch Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 917 a; SZ 59/65). Die Entgeltbestimmung muß zwar gemäß § 917 a ABGB gesetzlich erfolgen, doch ist damit offensichtlich nicht ein Gesetz im formellen Sinn gemeint (Krejci aaO 180; es genügt eine allgemeine Regelung in Vollziehung der Gesetze und damit eine Verordnung (SZ 59/65; Reischauer aaO Rz 2 zu § 917 a).

Bei den in der ImmMV festgesetzten Provisionshöchstsätzen handelt es sich um derartige Preisregelungen (WBl 1987, 94 zu § 10 ImmMV; EvBl 1987/107 zu § 9 Abs 1 ImmMV; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 4 zu § 917 a; vgl Reischauer aaO Rz 4 zu § 917 a). Eine gegen § 14 ImmMV widerstreitende Provisionsvereinbarung ist gemäß § 917 a ABGB unwirksam.

Der Umstand, daß die Beklagten die Ablöse, deren Unzulässigkeit sie nun dem Kläger gegenüber behaupten, tatsächlich erhalten haben und der die Rückforderung wegen Verjährung ausgeschlossen ist, kann daran nichts ändern. Richtet sich der Normzweck gerade gegen die Zahlung von Ablösen, so muß das Verbot zwangsläufig auch solche Vereinbarungen treffen, die die Zahlung von verbotenen Ablösen begünstigen. Der Verbotszweck muß wegen der Begünstigung des Ablöseunwesens auf jeden Fall auch Vermittler treffen, die ihrerseits an unzulässigen Ablösen verdienen wollen. Nur wenn man auch dem Vermittler das volle Risiko auferlegt, daß er jederzeit mit der Rückzahlungsforderung rechnen muß, wird dem Gesetzeszweck entsprochen (Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht 250). Da zulässige Rechtsausübung vorliegt, kann die Berufung auf eine zum Schutz des Vertragspartners erlassene gesetzliche Vorschrift schon an sich nicht sittenwidrig sein.

Es war daher der Revision der Beklagten Folge zu geben.

Eine abschließende Beurteilung ist jedoch noch nicht möglich, weil das Erstgericht keine Feststellungen getroffen hat, auf deren Grundlage eine Beurteilung möglich ist, ob und inwieweit die dem Beklagten vom Vormieter geleistete Zahlung eine verbotene Ablöse darstellt.

Es waren daher die Urteile der Vorinstanzen im angefochtenen Umfang aufzuheben. Bei der neuerlichen Entscheidung wird das Erstgericht auch die Berichtigung der Bezeichnung der Beklagten auf "M.S***** & Co Nfg." und "M.S***** & Co Nfg. GesellschaftmbH" zu beachten haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.