OGH vom 16.06.1993, 3Ob75/93
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei K*****, vertreten durch Dr.Thomas Mondl, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei L*****, vertreten durch Dr.Robert Csokay, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1,074.865 DM sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 46
R 507, 508/92-13, womit infolge Rekurses der Drittschuldner 1. B*****, vertreten durch Dr.Harry Neubauer, Rechtsanwalt in Wien, und
2. D*****, vertreten durch Wolf, Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien, die Exekutionsbewilligung des Exekutionsgerichtes Wien vom , GZ 5 E 592/92-1, abgeändert wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Drittschuldner B***** und die D***** haben die Kosten ihrer Rekurse selbst zu tragen und sind je zur Hälfte schuldig, der betreibenden Partei die mit 34.641,18 S (darin 5.773,53 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die betreibende Partei stellte den Antrag, ihr auf Grund eines Schiedsspruches zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 1,074.865,-- DM sA die Exekution durch Pfändung und Überweisung der der verpflichteten Partei gegen insgesamt vier Kreditinstitute "auf Grund bestehender Bankverbindungen vorhandener Guthaben oder verfügbarer Kredite zustehenden Forderungen" zu bewilligen.
Das Erstgericht bewilligte die Exekution in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß § 112 Abs 1 Geo.
Das Rekursgericht wies infolge des Rekurses von zwei Drittschuldnern den Exekutionsantrag ab, soweit er die der verpflichteten Partei gegen diese Drittschuldner "auf Grund verfügbarer Kredite" zustehenden Forderungen zum Gegenstand hatte. Es sprach aus, daß der (ordentliche) Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Ansprüche aus einem Kreditvertrag seien ebenso wie die Forderung auf Erfüllung einer Darlehenszusage nicht pfändbar (GlU 15.821; SZ 24/127; Heller-Berger-Stix III 2121; Stanzl in Klang**2 IV/1, 695; Schubert in Rummel**2 Rz 1 vor 983).
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Im Revisionsrekurs wird mit Recht darauf hingewiesen, daß sich die vom Rekursgericht zitierten, oben angeführten Belegstellen (mit Ausnahme von Schubert) nur auf die Forderung auf Erfüllung einer Darlehenszusage beziehen und daß eine solche Forderung nicht den Gegenstand des Exekutionsantrags bildete. Unter Forderungen "auf Grund verfügbarer Kredite" seien vielmehr erkennbar Forderungen gemeint, die der verpflichteten Partei gegen die Drittschuldner auf Grund von Kreditverträgen zustehen. Zur Pfändbarkeit solcher Forderungen fehle aber eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.
Anerkannt ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum, daß der Kreditvertrag (auch Krediteröffnungsvertrag genannt) ein vom Darlehens- und Darlehensvorvertrag verschiedener Konsensualvertrag sui generis ist, womit sich der Kreditgeber verpflichtet, dem Kreditnehmer auf dessen Verlangen auch ohne Deckung durch ein Guthaben Zahlungsmittel zur Verfügung zu stellen (NZ 1985, 230; JBl 1981, 90; SZ 51/81; SZ 35/125 ua; Binder in Schwimann Rz 17 zu § 983; Canaris, Bankvertragsrecht**2 Rz 1207; Ehrenzweig, Schuldrecht**2 402; Gschnitzer in Wilburg-FS (1965) 108; Larenz, Schuldrecht13 II/1, 302, Koziol-Welser9 I 359; Schinnerer-Avancini, Bankverträge3 II 39 ff; Schubert in Rummel**2 Rz 1 vor 983; Stanzl in Klang**2 IV/1, 708;
Wegan in Wilburg-FS (1965) 220 f). Der Anspruch auf Kreditgewährung ist eine Geldforderung, die bereits mit dem Abschluß des Kreditvertrages entsteht (Canaris, Bankvertragsrecht**2 Rz 1203;
Luther in BB 1985, 1886 ff; Olzen in ZZP 97 (1984) 5 f; Wagner in JZ 1985, 720; Westermann in MünchKomm**2 BGB**2 Rz 17 vor § 607). Das Recht, den Kredit abzurufen, ist nach herrschender Lehre ein einseitig ausübbares Gestaltungsrecht (Koziol in Ostheim-FS (1990) 147; Koziol-Welser9 I 359; Canaris, Bankvertragsrecht**2 Rz 1205;
Larenz, Schuldrecht13 II/1, 303, Lwowski-Weber in ZIP 1980, 609;
Baumbach-Duden-Hopt (7) Bankgeschäfte IV 2 A a; Nassall in NJW 1986, 168; Westermann in MünchKomm Rz 17 vor § 607 mwN in FN 48; für eine Potestativbedingung Olzen in ZZP 97 (1984) 11 FN 38, der aber aaO 10 anerkennt, daß materiellrechtlich der Unterschied nur unwesentlich wäre), durch das der allgemeine Anspruch "konkretisiert" ("aktualisiert") und ein bestimmter Zahlungsanspruch fällig wird (Luther in BB 1985, 1888; Lwowski-Weber in ZIP 1980, 609; Wagner in JZ 1985, 720).
Die Frage der Pfändbarkeit der Ansprüche aus einem Kreditvertrag wird in Österreich von Gschnitzer (in Wilburg-FS (1965) 115), Schubert (in Rummel**2 Rz 1 vor 983), Stanzl (in Klang**2 IV/1, 708) und wohl auch Wegan (in Wilburg-FS (1965) 222) verneint. Schinnerer-Avancini (Bankverträge3 II 33) führen aus, daß eine Pfändung der Verfügungsberechtigung des Kreditnehmers gemäß § 325 EO, um sodann im Rahmen des Kredites eine Disposition vornehmen zu können, theoretisch möglich wäre, aber praktisch daran scheitere, daß die Kreditunternehmung bei Zugang einer solchen Pfändung den Kreditvertrag auflösen könne und in der Regel auch auflösen werde. Koziol (in Ostheim-FS (1990) 147 f) verneint die Pfändbarkeit des Rechtes auf Inanspruchnahme des Kredites und meint, daß nur der zukünftige, durch die Inanspruchnahmeerklärung des Schuldners bedingte Auszahlungsanspruch pfändbar sei. Umfangreich diskutiert wird die Frage der Pfändbarkeit der Ansprüche aus einem Kreditvertrag in der Bundesrepublik Deutschland bei vergleichbarer Rechtslage (s die Nachweise bei Baumbach-Duden-Hopt, HGB28 § 357 Anm 4 C; Hopt-Mülbert Rz 281 vor §§ 607 ff).
Es ist zwischen dem Anspruch des Kreditnehmers auf Auszahlung der Kreditsumme nach deren Abrufung und dem Gestaltungsrecht auf Abrufung zu unterscheiden. Beiden Fällen ist allerdings gemeinsam, daß die Pfändung und Überweisung des Anspruchs nicht zum Wechsel des Kreditschuldners führen würde. Es würde dem Gläubiger dadurch nämlich nur das Recht zur Geltendmachung des Anspruchs auf Auszahlung der Kreditsumme übertragen, die davon nicht betroffenen Teile des zwischen dem Kreditgeber und dem Verpflichteten bestehenden Schuldverhältnisses blieben hingegen unberührt. Der Kredit wäre daher trotz der Auszahlung des Kreditbetrages an den betreibenden Gläubiger vom Verpflichteten zurückzuzahlen (Luther in BB 1985, 1888; Wagner in JZ 1985, 722 und 724; zur vergleichbaren Abtretung des Anspruchs Koziol in Ostheim-FS (1990) 147 und Koziol-Welser9 I 359). Damit ist aber das gelegentlich gegen die Pfändbarkeit (und Abtretbarkeit) des Anspruchs ins Treffen geführte Argument, daß dem Kreditgeber infolge des zum Schuldner bestehenden Vertrauensverhältnisses (vgl. hiezu SZ 56/120; SZ 54/161; SZ 53/13; Wegan in Wilburg-FS (1965) 221) oder der Höchstpersönlichkeit des Vertragsverhältnisses ein Wechsel des Schuldners nicht zugemutet werden könne (so aber anscheinend etwa Schubert in Rummel**2 Rz 1 vor § 983; Stanzl in Klang**2 IV/1, 708), nicht zielführend, zumal sich der Kreditgeber bereits rechtsverbindlich zur Darlehensgewährung verpflichtet und die Aktualisierung der Verpflichtung ausschließlich in die Hand des Kreditnehmers gelegt hat (Hopt-Mülbert, Kreditrecht Rz 281 vor §§ 607 ff). Damit ist aber auch Gschnitzer (in Wilburg-FS (1965) 115) widerlegt, der die Unpfändbarkeit damit begründet, daß der Wechsel des Kreditnehmers der Zustimmung des Kreditgebers bedürfe; zu einem Kreditnehmerwechsel kommt es aber durch die Pfändung und Überweisung nicht. In dem angeführten Punkt liegt der Unterschied zur Darlehenszusage, weil dort bei Pfändung (oder Abtretung) des Anspruchs auf Erfüllung der Zusage nach Zustandekommen des Darlehensvertrages eine andere Person als der Empfänger der Zusage Darlehensnehmer und damit Schuldner wäre. Es ist selbstverständlich, daß dies dem Gläubiger ohne sein Einverständnis nicht zugemutet werden kann. Wegen dieses Unterschiedes kommt aber die zur Pfändung (oder Abtretung) des Anspruchs aus einer Darlehenszusage ergangene Rechtsprechung und das hiezu vorliegende Schrifttum entgegen der Meinung des Rekursgerichtes für die Ansprüche aus einem Kreditvertrag nicht zum Tragen.
Bedenken gegen die Pfändbarkeit des Anspruchs auf Auszahlung der bereits abgerufenen Kreditsumme bestehen nach Ansicht des erkennenden Senates nicht. Sie könnten aus der Zweckgebundenheit des Kredits abgeleitet werden (so das Schrifttum in der Bundesrepublik Deutschland: zB Baumbach-Duden-Hopt, HGB28, § 357 Anm 4 C; Canaris, Bankvertragsrecht**2 Rz 1225; Ermann in Schmidt-GedSch (1966) 267 ff;
Grunsky in ZZP 95 (1982) 279 f; Hopt-Mülbert, Kreditrecht Rz 406 zu § 607; Luther in BB 1985, 1888; Nassall in NJW 1986, 168 f;
Werner-Machunsky in BB 1982, 1583 f mwN in FN 21). Dies stünde aber nicht der Pfändbarkeit, sondern nur der Verpflichtung des Drittschuldners zur Zahlung der Kreditsumme bei Gefahr einer zweckwidrigen Verwendung durch den betreibenden Gläubiger entgegen. Die Frage der Zahlungspflicht ist aber nicht im Exekutionsverfahren, sondern nötigenfalls im Drittschuldnerprozeß zu klären. Dies ist im übrigen auch in der Bundesrepublik Deutschland die herrschende Auffassung (s die Nachweise bei Lwowski-Weber in ZIP 1980, 613 FN 39 und 40).
Zu beachten ist ferner, daß durch die Pfändung des Anspruchs auf Zahlung der Kreditsumme die Vorschrift über den Kontenschutz (§ 292i EO idF der EO-Nov 1991) unerlaufen werden könnte (so zum vergleichbaren § 850k dZPO Olzen ZZP 97 (1984) 14 f; Wagner in JZ 1985, 724). Diese Vorschrift hindert aber ebenfalls nicht die Pfändung und Überweisung, sondern bedeutet nur, daß das Kreditinstitut erst 14 Tage nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den betreibenden Gläubiger leisten oder den überwiesenen Betrag hinterlegen darf (Abs 2) und daß der Verpflichtete die Möglichkeit hat, die - oft nur teilweise - Aufhebung der Pfändung zu beantragen (Abs 1). Es besteht weder vom Wortlaut noch vom Zweck der Bestimmung her ein Hindernis, sie auch anzuwenden, wenn der von der Pfändung erfaßte Kreditvertrag ein Konto betrifft, auf das beschränkt pfändbare Geldforderungen des Verpflichteten überwiesen werden.
Nicht zielführend ist schließlich der Einwand, daß gegen den Willen des verpflichteten und des Kreditgebers nicht eine "Umschuldung" durchgeführt werden dürfe (so aber Lwowski-Weber in ZIP 1980, 611 f). Eine "Umschuldung" wäre nur ausgeschlossen, wenn dadurch der Zweck der Kreditgewährung vereitelt würde; hiezu wurde schon Stellung genommen. Steht die "Umschuldung" hingegen mit dem Zweck der Kreditgewährung nicht in Widerspruch, läßt sich kein Grund dafür finden, warum es die Exekutionsführung hindern könnte, daß die abgerufene Kreditsumme nicht zu dem Zweck verwendet wird, den der Verpflichtete im Auge hatte (ähnlich Wagner in JZ 1985, 723 mit zusätzlichen wirtschaftlichen Argumenten). Soweit in diesem Zusammenhang ins Treffen geführt wird, daß die Kreditsumme Vermögen des Kreditgebers sei und der betreibende Gläubiger daher auf schuldnerfremdes Vermögen greife (Ermann in Schmidt-GedSch (1966) 270, 277; ebenso anscheinend Rehbein in JR 1983, 113 und Wieczorek, ZPO**2 Anm B I b 1 zu § 851), genügt der Hinweis, daß nicht das Geld selbst, sondern die Forderung auf Auszahlung der Kreditsumme gepfändet wird (aM Essen-Weyers3, Schuldrecht7 II § 26 IV 1); sie gehört aber zweifellos zum Vermögen des Verpflichteten (idS auch Wagner in JZ 1985, 723; Werner-Machunsky in BB 1982, 1584; vgl. ferner Luther in BB 1985, 1988).
Ist aber schon eine Geldforderung entstanden, so besteht auch kein Hindernis gegen die Pfändung und Überweisung dieser Forderung, soweit sie noch dadurch "konkretisiert" werden muß, daß der Verpflichtete die Kreditsumme abruft. Es ist einheitliche Auffassung, daß eine bereits entstandene Forderung auch dann gepfändet werden kann, wenn sie aufschiebend bedingt oder noch nicht fällig ist (JBl 1979, 438; SZ 47/95; EvBl 1970/284; Heller-Berger-Stix III 2113; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht3 247 f). Ein solcher Anspruch ist dem Anspruch auf Auszahlung der Kreditsumme vor deren Abrufung gleichzuhalten.
Das Recht auf Abrufung der Kreditsumme gehört allerdings nicht zu den dem betreibenden Gläubiger gemäß § 308 EO auf Grund der Überweisung zustehenden Rechten. § 308 Abs 1 EO ermächtigt den betreibenden Gläubiger zwar, den Eintritt der Fälligkeit durch Einmahnung oder Kündigung herbeizuführen und alle zur Ausübung des Forderungsrechtes notwendigen Präsentationen, Protesterhebungen, Notifikationen und sonstigen Handlungen vorzunehmen. Es ist dabei aber offensichtlich nur an Handlungen gedacht, deren Ausübung schon auf Grund des bereits konkret entstandenen gepfändeten Rechtes möglich und notwendig sind. Darum geht es aber bei der Abrufung der Kreditsumme nicht. Dabei ist zu bedenken, daß der Schuldner dem betreibenden Gläubiger gegenüber nicht verpflichtet ist, den Kredit abzurufen (die gegenteilige, von Grunsky in ZZP 95 (1982) 266 ff vertretene Auffassung ist zumindest für den österreichischen Rechtsbereich mangels einer gesetzlichen Grundlage abzulehnen; idS für die Bundesrepublik Deutschland auch Nassall in NJW 1986, 168; Olzen in ZZP 97 (1984) 14). Würde man dem betreibenden Gläubiger das Recht zubilligen, die Kreditsumme abzurufen, so würde gegen den allgemein anerkannten Grundsatz der Freiheit zum Vertragsabschluß im Rahmen der Privatautonomie eingegriffen werden. Dies ist aber umsomehr abzulehnen, als dem Schuldner neben der Pflicht zur Zahlung der Kreditsumme noch weitere Verpflichtungen entstehen, welche die mit der betriebenen Forderung verbundenen übersteigen können (Koziol in Ostheim-FS (1990) 147). Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber dies mit der Regelung des § 308 EO gewollt hat (ebenso zu den vergleichbaren §§ 835, 836 dZPO LG Lübeck NJW 1986, 1115; LG Dortmund NJW 1986, 997; Lwowski-Weber in ZIP 1980, 611; Nassall in NJW 1986, 168; Olzen in ZZP 97 (1984) 12 f; vgl. auch Canaris, Bankvertragsrecht**2 Rz 1225; aM Grunsky in ZZP 95 (1982) 277, der aber schon von Wagner in JZ 1985, 721 überzeugend widerlegt wurde; ferner Luther in BB 1985, 1888, der sich aber nur auf Grunsky und - nicht überzeugende - wirtschaftliche Argumente stützt).
Ohne Bedeutung ist für die Bewilligung der Exekution die Frage, ob das Kreditinstitut berechtigt ist, den Kreditvertrag wegen der Pfändung des dem Verpflichteten daraus zustehenden Anspruchs aufzulösen (vgl. zu dieser Frage Schinnerer-Avancini, Bankverträge3 II 33; Canaris, Bankvertragsrecht**2 Rz 1225; Ermann in Schmidt-GedSch (1966) 271 ff; Lwowski-Weber in ZIP 1980, 612; Nassall in NJW 1986, 169 FN 27; Olzen in ZZP 97 (1984) 19 ff; Wagner in JZ 1985, 724; Werner-Machunsky in BB 1982, 1584; die Auflösungsmöglichkeit in Frage stellend Grunsky in ZZP 95 (1982) 278 f). Abgesehen davon, daß bei der Exekutionsbewilligung in der Regel noch nicht beurteilt werden kann, ob das Kreditinstitut von dem ihm allenfalls zustehenden Recht auf Auflösung des Kreditvertrages Gebrauch machen wird, handelt es sich bei der angeführten Frage nicht um eine Frage der Zulässigkeit der Exekutionsbewilligung, sondern es geht um die Zahlungspflicht des Drittschuldners, die erforderlichenfalls im Drittschuldnerprozeß zu klären ist.
Der erkenennde Senat verkennt nicht, daß die Ansicht, der betreibende Gläubiger sei zur Abrufung der Kreditsumme nicht berechtigt, die Erfolgsaussichten der Exekutionsführung stark vermindert. Dies vermag jedoch an der Zulässigkeit der Exekutionsführung nichts zu ändern, wobei auch nicht auszuschließen ist, daß der Verpflichtete die Kreditsumme nach der Pfändung abruft. Das Verfügungsverbot nach § 294 Abs 1 EO stünde dem nicht entgegen, weil die Abrufung der Kreditsumme nicht zu den vom Gesetzgeber in dieser Bestimmung offensichtlich ins Auge gefaßten Verfügungen gehört (s hiezu auch Wagner in JZ 1985, 721 zum vergleichbaren § 829 Abs 1 Satz 2 dZPO). Der Fall liegt aber im wesentlichen nicht anders, wie wenn der betreibende Gläubiger sonst die Forderung aus einem Konto pfändet und dieses Konto kein Guthaben aufweist. Einer mißbräuchlichen Exekutionsführung kann nur im Weg des § 75 EO begegnet werden.
Der Oberste Gerichtshof kommt somit zusammengefaßt zu dem Ergebnis, daß die Ansprüche aus dem Kreditvertrag zwar pfändbar sind, daß aber dem betreibenden Gläubiger nicht das Recht zusteht, die Kreditsumme abzurufen. Er schließt sich somit der Meinung an, die in Österreich von Koziol (in Ostheim-FS (1990) 147 f) und überwiegend, meist allerdings mit der Einschränkung auf nicht zweckgebundene Kredite, auch in der Bundesrepublik Deutschland vertreten wird (LG Hamburg NJW 1986, 998; Canaris, Bankvertragsrecht**2 Rz 1225; Ermann in Schmidt-GedSch (1966) 261 ff, 277; Hopt-Mülbert, Kreditrecht Rz 281 vor §§ 607 ff; Olzen in ZZP 97 (1984) 1 ff; Westermann in MünchKomm BGB**2 Rz 64 zu § 607; einschließlich des Abrufrechtes für die Pfändbarkeit Grunsky in ZZP 95 (1982) 277 f und 280; ferner, jedoch vom Fall der Zweckgebundenheit des Kredits abgesehen Luther in BB 1985, 1888; Wagner in JZ 1985, 725; Werner-Machunsky in BB 1982, 1584; grundsätzlich gegen die Pfändbarkeit Esser-Weyers, Schuldrecht7 II § 26 IV 1; Häuser in ZIP 1983, 900; Lwowski-Weber in ZIP 1980, 612; Rosenberg-Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht10 § 51 I 1 a bb; Wieczorek, ZPO**2 § 851 BIbl und § 857 C II).
Zu prüfen bleibt noch, ob die Forderungen "auf Grund verfügbarer Kredite" nicht ohnedies schon durch die rechtskräftig bewilligte Pfändung der Forderungen aus vorhandenen Guthaben erfaßt wurden. Dies ist jedoch schon deshalb zu verneinen, weil auch in Betracht kommt, daß die Kreditsumme nicht auf dem Konto des Verpflichteten gutgebucht, sondern unmittelbar an einen Dritten oder an ihn selbst ausbezahlt werden soll. Es muß deshalb nicht erörtert werden, ob die Pfändung der Forderungen aus Guthaben auch zukünftige Guthaben einschließt (vgl. hiezu Häuser in ZIP 1983, 891 ff mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Schrifttum in der BRD), zumal die betreibende Partei hier ausdrücklich die Pfändung der Forderungen aus vorhandenen Guthaben beantragt hat.
Das Rekursgericht hat somit den Rekursen der Drittschuldner zu Unrecht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten der Rekurse der Drittschuldner beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO, jene über die Kosten des Revisionsrekurses auf § 78 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO.