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OGH vom 12.06.2006, 2Ob84/06a

OGH vom 12.06.2006, 2Ob84/06a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Aferdita Z*****, vertreten durch Dr. Ernst Gramm, Rechtsanwalt in Neulengbach gegen den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Midain Z*****, vertreten durch Dr. Oswin Lukesch ua Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Ehescheidung und einstweiligem Unterhalt, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom , GZ 23 R 11/06z-15, womit infolge Rekurses der gefährdeten Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes St. Pölten vom , GZ 2 C 130/05f-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin und gefährdete Partei begehrt in einem nach mazedonischem Recht zu führenden Ehescheidungsverfahren, den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei zur Leistung eines einstweiligen Ehegattenunterhalts von monatlich EUR 330 mittels einstweiliger Verfügung zu verpflichten.

Beide Vorinstanzen wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab.

Sie gingen im Wesentlichen davon aus, dass der Klägerin und gefährdeten Partei eheliche Ersparnisse von EUR 34.507,20 zur Verfügung stünden, wovon ihr die Hälfte verbleiben werde. Unterhaltsansprüche seien ab Art 178 des mazedonischen Familiengesetzes Nr 4828 geregelt. Art 185 bis 193 leg cit regelten den Unterhalt des Ehepartners und Art 194 bis 202 schließlich die Festlegung des Unterhalts für alle Fälle. Gemäß Art 185 habe der Ehepartner, der nicht genügend Mittel zum Unterhalt habe und der unfähig sei zu arbeiten oder ohne Schuld arbeitslos sei, das Recht, von seinem Ehepartner im Rahmen seiner Möglichkeiten Unterhalt zu empfangen. Der Unterhaltsanspruch des Ehegatten sei grundsätzlich zeitlich befristet, wobei verschiedene Möglichkeiten einer Verlängerung oder Verkürzung bestünden. Im Vordergrund stehe der Versorgungsgedanke jenes Ehepartners, der ohne Unterhaltsbeiträge während aufrechter Ehe oder nach der Scheidung in Notlage geraten würde. Maßgebliches Kriterium sei ausschließlich der konkrete Bedarf des Berechtigten. Dies komme durch die Formulierung des Art 185 zum Ausdruck, nach der der Ehepartner, der nicht genügend Mittel zum Unterhalt habe und arbeitsunfähig oder ohne Schuld arbeitslos sei, einen Unterhaltsanspruch habe. Durch die Verknüpfung der beiden Bedingungen, nämlich nicht genügend Mittel zum Unterhalt einerseits, und Arbeitsunfähigkeit oder unverschuldete Arbeitslosigkeit andererseits, ergebe sich, dass es sich bei den „genügenden Mittel" nicht allein um das Arbeitseinkommen handeln könne. „Genügende Mittel" stellten daher grundsätzlich Vermögen und nicht Arbeitseinkommen dar. Dies werde auch aus der Bestimmung des Art 194 deutlich. Danach berücksichtige das Gericht bei der Bestimmung der Notwendigkeit des Unterhalts für eine Person deren Vermögenslage, deren Arbeitsfähigkeit und die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu finden, den Gesundheitszustand sowie andere Umstände, von denen die Einschätzung ihrer Bedürfnisse abhängig. Der verwendete Begriff „Vermögenslage" sei völlig eindeutig und lasse nicht die Deutung zu, dass damit nur die Einkommenslage gemeint sein könnte. Durch den der Klägerin zur Verfügung stehenden Betrag sei deren Unterhaltsanspruch für zumindest rund fünf Jahre gedeckt. Nach mazedonischem Recht bestehe das Recht auf Unterhalt des unversorgten früheren Ehepartners höchstens bis zu fünf Jahren nach der Scheidung, wobei diese Frist unter bestimmten Voraussetzungen verlängert, aber auch verkürzt werden könnte. Ein Unterhaltsanspruch nach mazedonischem Recht sei zum jetzigen Zeitpunkt zu verneinen. Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Auslegung der Bestimmungen des mazedonischen Familiengesetzes keine österreichische höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung antragsgemäß zu erlassen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei hat eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Rekursgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, ist das Fehlen einer oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu nach kollisionsrechtlichen Bestimmungen anzuwendenden Normen ausländischen Rechts für die Frage der Rechtserheblichkeit nach § 528 Abs 1 ZPO (vgl § 502 Abs 1 ZPO) ohne Bedeutung, weil der Oberste Gerichtshof nicht dazu berufen ist, für die Einheitlichkeit oder Rechtsfortbildung fremden Rechtes Sorge zu tragen. Der Revisionsrekurs wäre aus Gründen der Rechtssicherheit nur dann zulässig, wenn ausländisches Recht unzutreffend ermittelt oder eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechtes in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt worden wäre oder hiebei grobe Subsumtionsfehler unterlaufen wären, die aus Gründen der Rechtssicherheit richtiggestellt werden müssten (RIS-Justiz RS0042940, RS0042948; 2 Ob 39/02b). Dass das ausländische Recht unzutreffend ermittelt oder abweichend von der ausländischen Rechtsprechung ausgelegt worden wäre, hat die Revisionsrekurswerberin aber gar nicht dargelegt (RIS-Justiz RS0042948 T 9). Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage - Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung der Bestimmungen des mazedonischen Familiengesetzes - erfüllt sohin nicht die Voraussetzung des § 528 Abs 1 ZPO.

Aber auch im Revisionsrekurs werden keine erheblichen Rechtsfragen dargetan.

Das Rechtsmittel der Klägerin war daher zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 4 EO, 40, 50 ZPO, weil in der Revisionsrekursbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen wurde.