OGH vom 16.05.2006, 1Ob87/06k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard P*****, vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Leopold W*****, vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 70.670,18 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 143/05p-14, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach herrschender Judikatur durchbricht die Regelung des § 482 Abs 2 ZPO das grundsätzliche Neuerungsverbot im Berufungsverfahren nur insoweit, als neue Tatumstände und Beweise vorgebracht werden, um die Berufungsgründe der Nichtigkeit oder der Mangelhaftigkeit des Verfahrens darzutun bzw zu widerlegen (vgl dazu nur Kodek in Rechberger², § 482 ZPO Rz 3 mwN). Die Vorlage einer Beweisurkunde im Berufungsverfahren zur Erschütterung der Beweiswürdigung des Erstgerichts wurde vom Berufungsgericht somit zu Recht als unzulässig angesehen.
2. Der Versuch, unter Hinweis auf verschiedene Beweisergebnisse den zwischen den Streitteilen zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag als Scheingeschäft darzustellen, stellt in der Sache eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen dar. Diese haben festgestellt, dass sich der Beklagte als stiller Gesellschafter verpflichtete, eine Kapitaleinlage in Höhe von ATS 1 Mio zu leisten, die vorerst vom Kläger „vorgeschossen" wurde, weshalb eine Rückerstattung im Laufe von zehn Jahren vereinbart wurde; die stille Gesellschaft wurde zum einvernehmlich aufgelöst. Inwieweit es sich bei diesem Sachverhalt um ein Scheingeschäft handeln sollte, ist nicht zu erkennen. Im Übrigen hatte der Beklagte in seiner Berufung auf der Basis des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts seine Einwendung, es liege ein Scheingeschäft vor, gar nicht mehr aufrecht erhalten.
3. Soweit der Revisionswerber das Zustandekommen eines Darlehensvertrags vor allem mit dem Argument in Zweifel zieht, eine reale Übergabe der Darlehensvaluta sei nicht festgestellt worden, ist ihm zu entgegnen, dass es nicht entscheidend darauf ankommt, ob das Zurverfügungstellen des Geldes, mit dem die übernommene Kapitaleinlage des Beklagten geleistet wurde, rechtlich als Darlehensvertrag zu qualifizieren ist. Auch wenn darin (nur) eine Stundung seiner Verpflichtung zur Leistung der als stiller Gesellschafter übernommenen Kapitaleinlage liegen sollte, könnte kein Zweifel daran bestehen, dass der Beklagte verpflichtet wäre, nachträglich die geschuldete Einlage zu leisten.
4. Zur Verjährungsfrage hat bereits das Berufungsgericht zutreffend die Rechtsansicht des Beklagten verworfen, dass eine Darlehensforderung ab der Fälligstellung einer dreijährigen Verjährungsfrist unterliege; sowohl Darlehensforderungen als auch Ansprüche aus sonstigen Geldkreditgeschäften - mit Ausnahme von Annuitäten - verjähren in dreißig Jahren (SZ 55/187; EvBl 1994/58 ua). Soweit der Beklagte nun in der Revision meint, der Kläger mache in Wahrheit Ansprüche aus der Auflösung der Gesellschaft geltend, die der kurzen Verjährungszeit von drei Jahren unterlägen, übersieht er, dass er einen derartigen Verjährungseinwand im Verfahren erster Instanz gar nicht erhoben hat. Sein (unberechtigter) Verjährungseinwand bezog sich ausschließlich auf die Verjährung einer allfälligen Darlehensforderung nach deren Fälligkeit bzw Fälligstellung. Das erst später erstattete (konkretere) Prozessvorbringen des Klägers zum Gesellschaftsverhältnis der Streitteile hat der Beklagte nur generell bestritten und sich weitere Einwendungen vorbehalten, die er jedoch in der Folge nicht ausgeführt hat, insbesondere auch keinen Verjährungseinwand im Hinblick auf allenfalls in Betracht kommende gesellschaftsrechtliche Anspruchsgrundlagen.
Letztlich erklärt der Revisionswerber auch nicht, warum eine allfällige Nachzahlungspflicht nach Auflösung der Gesellschaft der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen sollte. Soweit das Gesetz keine Sonderbestimmungen enthält, gilt die allgemeine (dreißigjährige) Verjährungsfrist des § 1478 ABGB, was etwa für Ansprüche eines (stillen) Gesellschafters auf Gewinnanteile (SZ 61/221; SZ 30/58; HS 535, 583) ausgesprochen wurde. Auch der Anspruch des Geschäftsherrn auf die vom stillen Gesellschafter versprochene Einlage fällt weder unter die Fälle des § 1486 ABGB, noch unter eine andere verjährungsrechtliche Sondervorschrift.
5. Unklar ist schließlich ist der Verweis des Revisionswerbers auf Punkt XII des Gesellschaftsvertrags, nach dem im Fall des Ausscheidens des stillen Gesellschafters die nominelle Beteiligung zuzüglich oder abzüglich der Salden seiner Verrechnungskonten auszubezahlen ist. Der Beklagte vertrat im erstinstanzlichen Verfahren hilfsweise die Auffassung, ihm stünde im Falle seines Ausscheidens seine nominale Beteiligung zu, und wandte den Anspruch auf das ihm zustehende Abfindungsguthaben - ersichtlich in Höhe des Klagebetrags - aufrechnungsweise gegen die Klageforderung ein. Da er den Ausspruch des Erstgerichts, die eingewendete Gegenforderung bestehe (nur) mit EUR 1.999,82 zu Recht, nicht bekämpft hat, kann er in der Revision nicht mehr geltend machen, sein Auseinandersetzungsguthaben - bei dessen Berechnung die aus Mitteln des Klägers aufgebrachte Einlage berücksichtigt wurde - sei höher. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).