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OGH vom 12.09.1989, 4Ob76/89

OGH vom 12.09.1989, 4Ob76/89

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Redl und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter H***, Graphiker, Hohenems, Johann-Ellensohn-Weg 13, vertreten durch Dr. Bernhard Kessler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Max W***, Schischulleiter, Oberlech, Hotel "Cresta", vertreten durch Dr. Christian Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen 36.000 S sA und Unterlassung (Gesamtstreitwert: 66.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 R 352/88-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ 5 Cg 51/88-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.706,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 617,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger suchte im Spätsommer 1985 den Arlberg auf, um dort seine Dienste als Berufsgraphiker anzubieten und ins Geschäft zu kommen. Er besuchte unter anderem auch das von der Gattin des Beklagten geführte Hotel "Cresta" in Oberlech und bot ihr - allerdings ohne Erfolg - eine "Konzeption für das Gebiet Oberlech" an. Der Beklagte - er ist Leiter einer Schischule in Oberlech - war bei diesem Gespräch anwesend. Er teilte dem Kläger mit, daß er den Entschluß gefaßt habe, von der Bezeichnung seines Unternehmens als "Schule" wegzukommen, und daß er deshalb mit seinen Schilehrern vereinbart habe, die Schischule Oberlech nunmehr "Happy Skiing" zu nennen; der Kläger solle für die Schischule Oberlech einen entsprechenden Schriftzug mit dem neuen Namen "Happy Skiing Oberlech" entwerfen. Der Beklagte wollte jedenfalls den Adler als Zeichen der österreichischen Schischulen in dem Schriftzug integriert wissen; er suchte den Kläger in der Folge in seinem Atelier in Hohenems auf, um ihm das gewünschte Adler-Emblem zu übergeben.

Bei diesen ersten Gesprächen zwischen den Streitteilen war keine Rede über die konkrete Verwendung des vom Kläger zu entwerfenden Schriftzuges durch den Beklagten; es wurde auch kein Preis vereinbart. Der Kläger, der zum Unterschied vom Beklagten über Urheberrechte genauestens Bescheid wußte und insbesondere auch die Richtlinien der österreichischen Gebrauchsgraphiker kannte, machte dem Beklagten gegenüber keinerlei Einschränkungen über die mögliche Verwendung des von ihm zu entwerfenden Schriftzuges, und zwar einerseits deshalb, weil davon gar nicht die Rede war, andererseits, weil er den Auftrag, den er haben wollte, nicht gefährden wollte. In der Folge übersandte der Kläger dem Beklagten den nachstehenden Entwurf auf einem 34 x 17 cm großen Karton, wobei die Buchstaben und der Adler (mit rot-weiß-rotem Wappen auf der Brust) in Blau mit roter bzw. goldener Umrandung ausgeführt waren:

Dem Beklagten gefiel dieser Entwurf, und er entschloß sich, ihn anzunehmen. Er bestellte für seine Schilehrer 35 bis 38 Paar Schistöcke, auf denen er das neue, vom Kläger kreierte Emblem anbringen lassen wollte. Da der Schistocklieferant dazu einen Positiv-Film zur Reproduktion benötigte, beauftragte der Beklagte den Kläger telefonisch mit der Herstellung eines solchen Filmes, um das neue Emblem auf den Schistöcken anbringen zu können. Der Kläger kam diesem Auftrag nach und stellte seine Arbeiten dem Beklagten am wie folgt in Rechnung:

"Entwurf und Reinzeichnung Schriftzug 'Happy Skiing - Oberlech,

Arlberg' incl. einem Positiv-Film zur Reproduktion

........................S 5.700,--

20 % Mehrwertsteuer..................S 1.140,--

S 6.840,--."

Der Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag in der Meinung, damit den Schriftzug gekauft zu haben und ihn nach seinem Belieben verwenden zu können. Außer auf den Schistöcken seiner Schilehrer verwendete er den vom Kläger kreierten Schriftzug "Happy Skiing" auch noch als Emblem auf dem Rücken der Anzüge seiner Schilehrer, auf seinem Geschäftspapier und auf zwei in Oberlech aufgestellten Tafeln im Ausmaß von 3 x 2 m.

Mit der Behauptung, daß der von ihm kreierte Schriftzug vereinbarungsgemäß vom Beklagten nur zur Reproduktion auf Schistöcken in der Größe des ihm überlassenen Positiv-Films hätte Verwendung finden dürfen, beantragt der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihm den Betrag von 36.000 S sA gemäß Rechnung vom als angemessene Vergütung für die vereinbarungswidrige Verwendung des Schriftzuges in verschiedenen Größen zu ersetzen und die Verwendung des Schriftzuges "Happy Skiing" gemäß Beilage ab sofort zu unterlassen, soweit er die Größe des dem Beklagten überlassenen Positiv-Films laut Rechnung vom übersteige. Durch die Zahlung dieser Rechnung habe der Beklagte nur das Recht auf Vervielfältigung der ausgeführten Arbeit in der gelieferten Fassung und im vereinbarten Format von maximal 100 mm Länge und 30 mm Breite erworben; demgegenüber verwende aber der Beklagte den Entwurf des Klägers ohne dessen Wissen und Zustimmung darüberhinaus in erheblichem Umfang als Werbeträger.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und stellte jeden Urheberrechtsverstoß in Abrede. Er habe vom Kläger das unbeschränkte Recht zur Werknutzung erworben; irgendwelche Vereinbarungen, wonach das Werk des Klägers nur in beschränktem Umfang genutzt werden dürfte, seien nicht getroffen worden. Das Erstgericht wies die Klage ab. Der vom Kläger entworfene Schriftzug sei eine Graphik, die als Werk der bildenden Künste Urheberrechtsschutz genieße. Der Kläger habe aber dem Beklagten daran gemäß § 24 Abs 1 UrhG Werknutzungsrechte eingeräumt, so daß sich die Frage nach dem vereinbarten Nutzungsumfang stelle. Diese sei nach den Bestimmungen des ABGB über Rechtsgeschäfte und über die Auslegung von Willenserklärungen zu beantworten. Ausgehend von den Aufträgen des Beklagten, denen der Kläger entsprochen habe (zunächst Auftrag zum Entwurf eines Schriftzuges und sodann Auftrag zur Anfertigung eines Films für den Aufdruck des Schriftzuges auf Schistöcken), müsse ein uneingeschränktes Werknutzungsrecht des Beklagten angenommen werden; andernfalls wäre der Kläger verpflichtet gewesen, den Beklagten darauf hinzuweisen, daß er ihm nur eingeschränkte Verwertungsrechte übertragen wolle. Nichts anderes ergebe sich bei Anwendung der Auslegungsregeln, nach denen es bei der Beurteilung, was der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, entscheidend auf den Vertragszweck ankomme. Der rechtsgeschäftliche Verkehr dürfe nicht dazu mißbraucht werden, einen anderen "hineinzulegen". Bei gegenteiliger Auffassung wäre wegen mangelnder Willensübereinstimmung über den Nutzungsumfang des Schriftzuges ein Vertrag gar nicht zustande gekommen, hätte doch der Beklagte sich einen solchen Schriftzug bei Kenntnis der vom Kläger angenommenen Beschränkung seiner Anbringung auf 35 Paar Schistöcken nicht um den von ihm gezahlten Preis entwerfen lassen. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, zwar 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei. Die Frage, auf welche Art, mit welchen Mitteln und innerhalb welcher örtlichen und zeitlichen Grenzen der Werknutzungsberechtigte das Werk nutzen darf, sei nach dem Inhalt des mit dem Urheber abgeschlossenen Vertrages zu beurteilen. Die in § 33 UrhG normierten Vorbehalte zugunsten des Urhebers kämen im vorliegenden Fall als Auslegungsregel nicht zum Tragen, so daß auf die allgemeinen privatrechtlichen Auslegungsregeln zurückgegriffen werden müsse. Nach Lehre und Rechtsprechung sei das Ausmaß der durch den Werknutzungsvertrag erworbenen Befugnisse im Zweifel nicht weiter auszulegen, als es für den praktischen Zweck der ins Auge gefaßten Werknutzung erforderlich erscheine; dabei sei die teleologische Interpretation wesentlicher Bestandteil jeder Vertragsauslegung. Die Rechtseinräumung reiche danach nur so weit, wie sich ein zweifelsfreier, gemeinsam verfolgter Zweck ermitteln lasse. Der vom Beklagten bei der Auftragserteilung geäußerten Absicht, ganz allgemein für das von ihm bisher als "Schischule Oberlech" bezeichnete Unternehmen in Hinkunft die Bezeichnung "Happy Skiing" verwenden zu wollen, habe der Kläger entnehmen müssen, daß der Beklagte ein entsprechendes Signet benötigte. Der Beklagte habe damit seine Absicht offengelegt, den vom Kläger zu entwerfenden Schriftzug zur Kennzeichnung seines Schischulunternehmens - also im geschäftlichen Betrieb dieses Unternehmens - zu verwenden. Dem habe der Kläger nicht widersprochen, sondern den Schriftzug entworfen und damit den Auftrag des Beklagten mit dem offengelegten Zweck des § 863 ABGB stillschweigend angenommen. An diesem Ergebnis ändere es auch nichts, daß der Beklagte später noch einen Zusatzauftrag zur Herstellung eines Positiv-Films zum Zweck der Reproduktion des Schriftzuges auf Schistöcken erteilt habe. Die von den Parteien verfolgte Absicht habe sich daher mit dem Geschäftszweck gedeckt. Damit sei aber der Umfang des dem Beklagten eingeräumten Werknutzungsrechtes dahin umschrieben, daß dieser den Schriftzug für den Betrieb seines Schischulunternehmens - also entgegen der Meinung des Erstgerichtes nicht unbeschränkt - verwenden könne. Diesen Rahmen habe der Beklagte mit der festgestellten bisherigen Verwendung des Schriftzuges nicht überschritten.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagestattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision wegen Unzulässigkeit; andernfalls möge ihr nicht Folge gegeben werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Zutreffend haben im vorliegenden Fall weder die Parteien noch die Vorinstanzen in Zweifel gezogen, daß es sich bei dem vom Kläger auftragsgemäß entworfenen Schriftzug zwar nur um "Gebrauchsgraphik", aber doch jedenfalls um eine eigentümliche geistige Schöpfung, also um ein Werk der bildenden Künste im Sinne des § 3 UrhG, handelt (ÖBl 1973, 111; ÖBl 1975, 150; ÖBl 1976, 141; ÖBl 1980, 51 und 110; ÖBl 1981, 54; ÖBl 1983, 21 ua). Der Kläger läßt auch ausdrücklich die durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gedeckte Ansicht des Berufungsgerichtes unbekämpft, daß für den Umfang einer vertraglich gewährten Werknutzung die Frage nach dem Zweck des Vertrages entscheidend ist und demnach im Zweifel das Ausmaß der Befugnisse, die der Werknutzungsberechtigte durch den Werknutzungsvertrag erhält, nicht weiter auszulegen ist, als für den praktischen Zweck der ins Auge gefaßten Werknutzung erforderlich erscheint (ÖBl 1982, 52; 4 Ob 414/82), unbekämpft; ebensowenig bekämpft er die den Entscheidungen der Vorinstanzen zugrunde liegende, wenn auch nicht ausdrücklich ausgesprochene Rechtsansicht, daß dies auch für einen Werkvertrag gelten müsse, mit dem ein Graphiker von einem anderen - wie hier - mit der Herstellung und Gestaltung eines bestimmten Schriftzuges überhaupt erst beauftragt worden ist. Der Kläger wendet sich vielmehr in erster Linie gegen die Zerlegung des rechtsgeschäftlichen Kontaktes der Parteien in zwei verschiedene Verträge (Haupt- und Zusatzauftrag), weil dies durch die erstgerichtlichen Feststellungen nicht gedeckt sein soll.

Abgesehen davon aber, daß auch das Erstgericht bereits davon

gesprochen hat, der Kläger habe "darüberhinaus (gemeint: zum

ursprünglichen Auftrag über den Entwurf eines Schriftzuges) den

Auftrag bekommen, einen Film anzufertigen" (ON 7 S 12), zeigt der

Rechtsmittelwerber damit schon deshalb keine zur Wahrung der

Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche

Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO auf, weil die

Beantwortung dieser Frage wegen der besonderen Konstellation nur für

den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung sein könnte. Dasselbe

gilt auch für die hier entscheidende Frage, ob nach dem objektiven

Erklärungsinhalt (vgl. Koziol-Welser8 I 86) der vom Beklagten dem

Kläger bei der Erteilung des Auftrages zum Entwurf des Schriftzuges

bekanntgegebenen Absicht mangels Widerspruches des Klägers gemäß

§ 863 ABGB schlüssig ein Vertrag mit dem Inhalt zustande gekommen

ist, daß der Beklagte den Schriftzugentwurf des Klägers jedenfalls

als Signet für sein Schischulunternehmen verwenden darf. Der Kläger

zieht auch in diesem Zusammenhang die zutreffende Ansicht des

Berufungsgerichtes, der Beklagte habe die Grenzen einer solchen

Nutzungsbefugnis durch die festgestellte, wenngleich von ihm

beanstandete Verwendung des Schriftzuges keineswegs überschritten,

nicht mehr in Zweifel. Da aber die erstgenannte Frage allein nach

den Verhältnissen des konkreten Falles zu beurteilen ist, läßt ihre

Beantwortung keine brauchbaren Anhaltspunkte für die Beurteilung

anderer Fälle erwarten; sie ist daher mangels der Voraussetzungen

des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (vgl. ÖBl 1984, 79; ÖBl 1985, 163; JBl 1986, 192; 4 Ob 358/87; 4 Ob 386/87; 4 Ob 42/88; ferner Petrasch in ÖJZ 1983, 169 ff !178, 203 f ), zumal ihre Lösung nur von den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalles abhängt. Die sohin gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO unzulässige Revision mußte deshalb - ungeachtet des gegenteiligen Ausspruches des Berufungsgerichtes (§ 508 a Abs 1 ZPO) - zurückgewiesen werden. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf diesen Zurückweisungsgrund hingewiesen; es waren ihm daher gemäß §§ 41, 50 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zuzusprechen.