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OGH vom 28.01.2003, 5Ob308/02h

OGH vom 28.01.2003, 5Ob308/02h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Oberster Gerichtshofes Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Dr. Johann Z*****, vertreten durch Mag. Reinhard Walther, Rechtsanwalt in Liezen, wegen Löschung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes in der Einlage EZ ***** über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom , AZ 1 R 402/02p, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Liezen vom , TZ 10373/02, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Dr. Johann Z***** (der Antragsteller) ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ *****. In dieser Grundbuchseinlage ist zugunsten der Theresia Z*****, geboren am , zu C-LNR 3 a ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt.

Am beantragte Dr. Johann Z***** unter Vorlage einer Löschungsbewilligung der Theresia Z***** die Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots. Die Löschungsbewilligung enthält den Satz "es wird festgestellt, dass der Wert dieses Rechtes bzw des Verzichtes darauf mit Euro 400,-- geringfügig im Sinne des § 34 GBG ist" und trägt neben der Unterschrift der Verbotsberechtigten die mit den jeweiligen Geburtsdaten versehenen Unterschriften von MMag. Johannes P***** mit der Berufsangabe "Jurist" sowie von Dr. Johann Z***** (dem Antragsteller mit der Berufsangabe "Lehrer") "als Zeuge(n) gem. § 34 GBG". Beide Zeugen haben ihren Unterschriften die offenbar eigenhändige schriftliche Erklärung angefügt, dass sie "die Echtheit der mir persönlich bekannten Fr. Theresia Z*****" bestätigen. Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren gemäß § 94 Abs 1 Z 4 GBG unter Hinweis auf § 34 GBG ab. Es fehle die im § 34 GBG für die Legalisierung in geringfügigen Grundbuchssachen geforderte Erklärung, dass sie sich auf die "Echtheit der Unterschrift der ... persönlich bekannten Person" bezieht. Außerdem sei der Wert eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes, also eines nicht verwertbaren Rechts, nicht bestimmbar, daher § 34 GBG gar nicht anwendbar. Schließlich erscheine das Mitwirken des aus der Löschung begünstigten Liegenschaftseigentümers als Legalisierungszeuge bedenklich. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Eine Einverleibung nach § 8 Z 1 GBG könne nur auf Grund solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschrift der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt ist und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthält. In geringfügigen Grundbuchssachen werde dieses Erfordernis durch die Mitfertigung von zwei glaubwürdigen Personen als Zeugen ersetzt, wenn die Einverleibung in dem einem Gerichtshof erster Instanz zugewiesenen Sprengel, in dem die Urkunde errichtet worden ist, vorgenommen werden soll. Die Zeugen hätten die Unterschrift ihres Vor- und Zunamens, die Angabe ihres Gewerbes oder ihrer Beschäftigung, ihres Wohnortes, Alters sowie die Erklärung eigenhändig beizusetzen, dass ihnen der, dessen Unterschrift sie als echt bestätigen, persönlich bekannt sei (§ 34 Abs 1 GBG). § 34 Abs 2 Z 3 GBG normiere, dass die Bestimmungen des Abs 1 auf Urkunden, in denen der Betrag einer Forderung oder der Preis oder der Wert einer Liegenschaft oder eines Rechtes überhaupt nicht bestimmt ist, oder in denen die angegebene Summe ohne Zinsen und Nebengebühren den Betrag von Euro 600,-- übersteigt, keine Anwendung finden.

§ 34 Abs 1 GBG verlange also (unter anderem) die eigenhändige Erklärung der beiden Zeugen, derjenige, dessen Unterschrift sie als echt bestätigen, sei ihnen persönlich bekannt. Die im gegenständlichen Fall unter den Unterschriften jener beiden Personen, die ausdrücklich als Zeugen gemäß § 34 GBG geführt sind, angebrachte Erklärung könne ohne Zweifel nur so verstanden werden, dass dort die Echtheit der darüber stehenden Unterschrift der ihnen persönlich bekannten Theresia Z***** bestätigt wird. Ein anderes Verständnis wäre widersinnig. Insoweit liege also kein Abweisungsgrund vor.

Was als geringfügige Grundbuchssache anzusehen ist, werde in § 34 Abs

2 Z 3 GBG erläutert. Danach fänden die Bestimmungen des ersten

Absatzes auf solche Urkunden keine Anwendung, in denen der Wert des

einzutragenden Rechts überhaupt nicht bestimmt ist oder in denen die

angegebene Summe den Betrag von Euro 600,-- übersteigt. Das bedeute,

dass in der Urkunde selbst durch die Parteien der Wert des

einzutragenden Rechtes - und wohl auch der Löschung eines solchen -

festgelegt werden muss (RPflSlgG 1989/2220; RIS-Justiz RS0060687 =

EvBl 1961/440 = RPflSlgG 387 = MGA GBG4 § 34 E 3; Feil,

Grundbuchsrecht, 225 f).

Hier habe die aus dem Belastungs- und Veräußerungsverbot Begünstigte ihr "Recht", also ihren Rechtsanspruch auf Unterlassung der Verfügung des Liegenschaftseigentümers durch Veräußerung und/oder Belastung, ausdrücklich mit Euro 400,-- bewertet. Damit sei dem § 34 Abs 2 Z 3 GBG entsprochen worden. Die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, der Wert des Belastungs- und Veräußerungsverbotes sei nicht bestimmbar, § 34 GBG daher nicht anwendbar, könne mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Einklang gebracht werden.

Welche Voraussetzungen "Zeugen" erfüllen müssen, lasse das GBG offen. Bei der auf den Einzelfall abzustellenden Beurteilung (Feil aaO, 225), wer nun als "glaubwürdige Person" anzusehen ist, sei im konkreten Fall darauf Bedacht zu nehmen, dass der Gesuchwerber selbst als Zeuge auftrat und mitunterfertigte. Als "befangener Zeuge" (vgl § 594 ABGB, wonach eine Person für die Bezeugung einer sie selbst bedenkenden Zuwendung relativ untauglich ist; Koziol/Welser12 II,

469f) sei ihm die Eignung, als glaubwürdige Person Zeugnis abgeben zu können, abzusprechen. Insoweit teile das Rekursgericht die "Bedenken" des Erstgerichts.

Auch wenn man also die Anwendbarkeit des § 34 GBG bejahe, sei die gegenständliche Urkunde (die Löschungsbewilligung) nicht als von zwei glaubwürdigen Personen unterfertigt anzusehen. Sie sei keine geeignete Grundlage für die begehrte Eintragung.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes Euro 20.000,-- nicht übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch zulässig sei. Es fehle nämlich an einer einschlägigen höchstgerichtlichen Judikatur zu § 34 GBG, insbesondere über den Inhalt des Zeugenbegriffs ("glaubwürdige Person") sowie zur Frage, ob § 34 Abs 2 Z 3 GBG auch im Zusammenhang mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot zum Tragen kommt. Die rekursgerichtliche Entscheidung wird nunmehr vom Antragsteller mit Revisionsrekurs angefochten. Darin wird sinngemäß beantragt, sie so abzuändern, dass dem Eintragungsbegehren stattgegeben wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Die vom Rekursgericht als klärungsbedürftig angesehene Frage, ob die

in § 34 GBG vorgesehen Legalisierungserleichterungen auf

Grundbuchseintragungen, die ein Veräußerungs- und Belastungsverbot

betreffen, überhaupt anwendbar sind, wird im vorliegenden

Revisionsrekurs naturgemäß nicht angesprochen, erfordert aber doch

eine Stellungnahme. Dem Erstgericht ist nämlich beizupflichten, dass

das mit dem grundbücherlich eingetragenen Veräußerungs- und

Belastungsverbot korrespondierende Recht des Begünstigten wegen

seiner Unveräußerlichkeit gar kein Vermögensobjekt darstellt, das

einer Bewertung zugänglich wäre (vgl 6 Ob 691/79 = SZ 53/6; 5 Ob

123/86 = NZ 1987, 104/88 mit Anm von Hofmeister; 5 Ob 303/87 = NZ

1987, 297; 1 Ob 233/98s = NZ 2000, 70 ua). Ob eine geringfügige

Grundbuchssache iSd § 34 GBG vorliegt, ist jedoch danach zu beurteilen, ob wegen des bagatellhaften Gegenstands der Entscheidung Verfahrenserleichterungen geboten sind. Eine solche Bewertung des Entscheidungsgegenstandes, wie sie etwa auch in § 13 Abs 2 AußStrG zur Einschränkung des Revisionsrekurses vorgesehen ist (soweit es um Grundbuchssachen geht, iVm § 126 Abs 1 GBG), stellt allein auf die vermögensrechtliche Natur der zu entscheidenden Angelegenheit ab (§ 14 Abs 3 AußStrG, hier iVm § 126 Abs 2 GBG), die bei Grundbuchseintragungen, die ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zum Gegenstand haben, bereits bejaht wurde (vgl 5 Ob 87/92). Auch die Einverleibung der Löschung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots kann demnach eine geringfügige Grundbuchssache iSd § 34 GBG sein. Dass die nach Abs 2 Z 3 leg cit maßgebliche Wertgrenze im Anlassfall nicht überschritten wurde, hat darauf aufbauend schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt.

Die Rechtsmittelausführungen des Revisionsrekurswerbers konzentrieren sich auf die zweite vom Rekursgericht als klärungsbedürftig gewertete Rechtsfrage, ob der mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot belegte Liegenschaftseigentümer als glaubwürdiger Zeuge fungieren kann, um gemäß § 34 Abs 1 GBG die Echtheit der Unterschrift des Verbotsberechtigten auf einer Löschungsbewilligung zu bestätigen. Der Antragsteller meint dazu im Wesentlichen, ihm sei die Glaubwürdigkeit zu Unrecht abgesprochen worden, weil gerade Verwandte des Betroffenen geeignet seien, seine Identität zu bezeugen. Die analoge Heranziehung des § 594 ABGB, wonach "bedachte" Personen als Legalisierungszeugen nicht in Frage kommen, werde der Sache nicht gerecht. Wenn überhaupt sei die Tauglichkeit der Zeugen an den Altersgrenzen der §§ 591 und 597 ABGB bzw an bestimmten Wahrnehmungseinschränkungen iSd des § 320 Z 1 ZPO zu messen oder eine Analogie zu § 123 AußStrG und § 285 AußStrG, allenfalls noch zu § 170 StPO oder § 107 FinanzstrafG herzustellen, was im Ergebnis dazu führe, dass dem Antragsteller volle Glaubwürdigkeit zuzubilligen sei. Im Übrigen hätte die Echtheit der Unterschrift der Verbotsberechtigten an Hand eines in der Urkundensammlung liegenden Übergabevertrages aus dem Jahr 1995 verifiziert werden können.

Dazu wurde erwogen:

Richtig ist, dass § 34 Abs 1 GBG als Eignungsvoraussetzung von Legalisierungszeugen nur deren Glaubwürdigkeit anführt und dass sich für eine Gesetzesanalogie als vergleichbare Norm lediglich § 285 AußStrG anbietet, wo von Legalisierungszeugen "vollkommene Glaubwürdigkeit" gefordert wird. Es kann jedoch auch nicht darüber hinweggesehen werden, dass Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen ein Eintragungshindernis iSd § 94 Abs 1 Z 2 und Z 4 GBG iVm § 31 Abs 1 GBG bilden. Dass sich der Grundbuchsrichter auf andere Weise von der Echtheit der Unterschrift jener Person überzeugen könnte, die über ein bücherliches Recht verfügt (etwa durch Nachschau in der Urkundensammlung), vermag dieses Eintragungshindernis nicht auszuräumen. Die gesetzlichen Beglaubigungsvorschriften sind vom Grundbuchsgericht strikt einzuhalten.

Ob Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit eines Legalisierungszeugen

bestehen, richtet sich grundsätzlich nach den Umständen des

Einzelfalls. Im Instanzenzug überprüfbar sind sie nur unter rechtlichen Gesichtspunkten; sie müssen also plausibel sein, um als Eintragungshindernis wahrgenommen werden zu können. Andererseits müssen die Bedenken nicht besonders schwerwiegend sein, weil sich das Gericht bei der Beglaubigung "Gewissheit darüber verschaffen soll, dass der Aussteller einer Urkunde derjenige ist, als welchen er sich angibt" (§ 285 AußStrG). Das verbietet jegliche Leichtgläubig- und Fahrlässigkeit.

Dass die Glaubwürdigkeit eines Legalisierungszeugen auch daran leiden kann, dass dieser an dem zu verbüchernden Rechtsgeschäft beteiligt ist, ergibt sich - ohne dass dies einer Erörterung nach allgemeineren Rechtsgrundsätzen bedürfte - eindeutig schon aus der Vorschrift des § 34 Abs 1 GBG, wonach die ausnahmsweise mögliche Legalisierung der Unterschrift von Parteien des Einverleibungstitels (§ 31 Abs 1 GBG) durch Zeugen deren "Mitfertigung" der Grundbuchsurkunde voraussetzt. Eine Vertragspartei kann daher selbst nie Legalisierungszeuge sein. Überträgt man diese Wertung auf einseitige Erklärungen wie die hier verfahrensgegenständliche Bewilligung der Löschung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots, dann ist es doch plausibel, die Glaubwürdigkeit von Zeugen in Zweifel zu ziehen, die durch die vorzunehmende Grundbuchshandlung eindeutig begünstigt werden. Dem Argument, ihnen fehle die Eignung, dem Grundbuchsgericht Gewissheit über die Echtheit der urkundlichen Erklärung jener Person zu verschaffen, die bücherliche Rechte aufgibt, kann die rechtliche Schlüssigkeit keineswegs abgesprochen werden, weshalb auch eine Korrektur der damit begründeten Abweisung eines Eintragungsgesuchs ausscheidet.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.