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OGH vom 27.03.2013, 7Ob20/13m

OGH vom 27.03.2013, 7Ob20/13m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. J***** B*****, (nun: Verlassenschaft nach Ing. J***** B*****), vertreten durch Mag. Benedikt Geusau, Rechtsanwalt in Perg, gegen die beklagte Partei Gemeinde E*****, vertreten durch Dr. Josef Weixelbaum, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom , GZ 21 R 210/12h 21, womit das Urteil des Bezirksgerichts Haag vom , GZ 2 C 1296/11m 17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird wie folgt geändert:

Verlassenschaft nach dem am verstorbenen Ing. J***** B*****.

2. Die Revision wird zurückgewiesen .

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.:

Eine unrichtige oder fehlerhafte Parteienbezeichnung ist auch vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu berichtigen (RIS Justiz RS0039666). Der während des Rechtsmittelverfahrens verstorbene Kläger war von einem Rechtsanwalt vertreten, sodass keine Unterbrechung des Verfahrens eintrat (RIS Justiz RS0035686).

Zu 2.:

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es zur Frage der Beweislastverteilung zum privatrechtlichen Besitzwillen von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 54/00k abgewichen sei, wenngleich dies auch einzelfallspezifisch begründet gewesen sei.

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 1 ZPO).

Nach § 287 ABGB sind Sachen, welche dem Gemeingebrauch gewidmet sind, öffentliches Gut. Der Gemeingebrauch eines Weges schließt die Ersitzung einer Dienstbarkeit nicht aus (RIS Justiz RS0009757). Voraussetzung des Erwerbs eines Privatrechts durch Ersitzung an einem öffentlichen Weg ist, dass der Erwerber die Benützung in anderer Weise ausgeübt hat, als sie durch jedermann im Rahmen des Gemeingebrauchs ausgeübt werden konnte (RIS Justiz RS0009785).

Für die Ersitzung eines Rechts an einer fremden Sache, insbesondere einer Wegeservitut, ist die Ausübung des Rechts im Wesentlichen gleichbleibend zu bestimmten Zwecken im bestimmten Umfang erforderlich. Notwendig ist dafür eine solche für den Eigentümer des belasteten Gutes erkennbare Rechtsausübung (RIS Justiz RS0033018). Das nur im Rahmen der örtlichen Übung und nicht erkennbar als Rechtsbesitz ausgeübte sogenannte Pflugwenderecht kann nicht ersessen werden und endet bei Wegfall seiner ortsüblichen Voraussetzungen (RIS Justiz RS0009820). Nach ständiger Rechtsprechung setzt also die Ersitzung den Besitz eines Rechts voraus, das seinem Inhalt nach dem zu erwerbenden Recht entsprechen muss (RIS Justiz RS0010140) und damit den Willen des Besitzers, ein Recht auszuüben (vgl RIS Justiz RS0009762).

Im vorliegenden Rechtsfall wurden im Zuge einer Grundzusammenlegung die Weggrundstücke, an denen der Kläger die Ersitzung der Servitut behauptet, von den Landwirten an die beklagte Gemeinde ins öffentliche Gut abgetreten und stehen nun als öffentliche Wege (Feldwege) im Gemeingebrauch. Die Benützung der Feldwege durch die Landwirte beim Bestellen der Äcker (niveaufreie Zufahrt, Abstellmöglichkeit von Geräten) ist zwar praktisch, aber nicht unbedingt notwendig. Es steht nicht fest, ob der Kläger und seine Rechtsnachfolger bei der derartigen Nutzung des öffentlichen Weges davon ausgegangen sind, dazu der Gemeinde gegenüber berechtigt zu sein.

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass im Einzelfall im Hinblick auf die nur faktische Nutzung im Zweifel (non-liquet) nicht davon auszugehen sei, dass der Kläger und seine Rechtsvorgänger glaubten, ein Individualrecht auszuüben, sondern ihr Verhalten nur im Rahmen des Gemeingebrauchs erfolgte, hält sich im Rahmen der Judikatur. Die Wegegrundstücke wurden an die Beklagte ja gerade deshalb abgetreten, damit dort der Gemeingebrauch begründet wird. Der Kläger hätte nach den Umständen des Einzelfalls beweisen müssen, dass er und seine Rechtsvorgänger meinten, die Feldwege dennoch in Ausübung eines Individualrechts und nicht im Rahmen des Gemeingebrauchs zu verwenden. Dies konnte der dafür beweispflichtige Kläger nicht.

Aus der Entscheidung 6 Ob 54/00k ist für den Kläger nichts zu gewinnen, weil ihr ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde lag. Es stand die Nutzung des Weges zu bestimmten individuellen, weit über den Gemeingebrauch hinausgehende Zwecke fest und der Kläger glaubte ein Recht aus einem vermeintlichen Anrainerweg (nicht öffentliches Gut) auszuüben und wies andere auch darauf hin. Auch der Sachverhalt zu 1 Ob 6/06y, in dem eine Gemeinde auf Unterlassung klagte und damit für ihre Anspruchsvoraussetzungen beweispflichtig war, ist nicht vergleichbar. Im dortigen Fall wurde ein konkretes Grundstück ausschließlich für „Hilfstätigkeiten“ von Landwirten im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs genutzt.

Eine erhebliche Rechtsfrage steht nicht zur Entscheidung an.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.