OGH vom 13.11.1985, 3Ob541/85
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Zehetner und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margarete A, Hausfrau, 8661 Wartberg 136, vertreten durch Dr. Heinrich Hofrichter und Dr. Erwin Bajc, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei Dipl.Ing. Ernst B, Architekt, 8706 Leoben, Pebalstraße 5, vertreten durch Dr. Paul Härner, Rechtsanwalt in Leoben (Nebenintervenient der beklagten Partei:
Dipl.-Ing. Otto C, Forstmeister, 8680 Mürzzuschlag, Alleegasse 3, vertreten durch Dr. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in Mürzzuschlag), wegen 261.354,64 S samt Nebengebühren, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ. 6 R 208/84-31, womit das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom , GZ. 8 Cg 29/84-25, aufgehoben und die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil der ersten Instanz mit der berichtigenden Maßgabe wiederhergestellt wird, daß die abgewiesene Klagsforderung (infolge der Klagseinschränkung) nur 261.354,64 S samt 11 % Zinsen seit ausmacht.
Die klagende Partei hat binnen 14 Tagen a) der beklagten Partei auch die mit 17.873,95 S (darin 1.600,-- S Barauslagen und 1.479,45 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens, b) dem Nebenintervenienten der beklagten Partei die mit 9.299,40 S (darin 845,40 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und
c) der beklagten Partei die mit 10.292,10 S (darin 1.920,-- S Barauslagen und 761,10 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Jänner 1982 lieferte die Firma Hans Georg D, Säge- und Holzwerk in Wartberg im Mürztal, der Klägerin Fichtenholz für den auf ihre Kosten geplanten Ausbau der Mansarde des in ihrem Miteigentum stehenden Hauses Wartberg im Mürztal 136. Als dieses Holz in die Mansarde eingebaut, diese mit Heraklith-Wärmedämmfilz und zum Großteil auch mit Zirbelholz verkleidet war und die elektrischen Leitungen verlegt waren, stellte sich im März 1982
heraus, daß sich in dem von der genannten Firma gelieferten Holz ein Holzschädling befand. Die Klägerin wandte sich deshalb an den Holzlieferanten und empfahl diesem, seinen Haftpflichtversicherer zu verständigen. Die Firma D wandte sich an die E F Versicherungs AG. Diese beauftragte den Beklagten mit einer Befundaufnahme und der Feststellung der Schadenshöhe. Am besichtigte der Beklagte im Haus Wartberg im Mürztal 136
das von der Firma D gelieferte Holz.
In der am eingebrachten Klage behauptete die Klägerin, der Beklagte sei deshalb damals in ihr Haus gekommen, weil sie mit dem Vorschlag der Firma D, einen Sachverständigen der Versicherung beizuziehen, einverstanden gewesen sei. Der Beklagte habe gemeinsam mit Dipl.-Ing. C in seiner Eigenschaft als Sachverständiger erklärt, daß der vorgefundene Schädling der sehr gefährliche Holzbock sei und empfohlen, das Holz sofort zu entfernen und zu verbrennen. Auf wiederholte Fragen der Klägerin, ob es keine kostensparendere Möglichkeit gebe, habe der Beklagte mehrmals erklärt, es gebe nur die von ihm empfohlene Läsung. Auf diesen Rat des Beklagten habe die Klägerin das gesamte Holz abbauen und verbrennen lassen. Dadurch seien ihr Kosten von S 187.247,72
entstanden. Auf Grund des Gutachtens des Beklagten habe sie diese Kosten zunächst gegen die Firma Hans-Georg D zu 5 Cg 324/82 des Kreisgerichtes Leoben eingeklagt. In diesem Rechtsstreit habe der Sachverständige für Holzschutzangelegenheiten Dipl.-Ing. Helmut G die von der Klägerin und von Hans-Georg D sichergestellten Holzschädlinge als den an sich völlig ungefährlichen Fichtenbock identifiziert und erklärt, daß ein Hausbockbefall, der die Entfernung des Holzes notwendig gemacht hätte, nicht gegeben gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus Gutachten des Univ.Doz. Dipl.-Ing. Dr. Karl H vom und des ordentl.Univ.Prof. Dipl.-Ing. DDr. Anton I vom . Deshalb sei das Klagebegehren mit Ausnahme von S 5.000,--
an Wertminderung für das gelieferte Holz abgewiesen und die Klägerin zum Ersatz der mit S 40.843,92 bestimmten Prozeßkosten ihres damaligen Gegners verurteilt worden. Ihrem damaligen Vertreter müsse sie Kosten von S 44.163,-- zahlen. Auch dieser verlorene Rechtsstreit sei eine Folge des unrichtigen Gutachtens des nunmehrigen Beklagten, der sich als Sachverständiger ausgegeben habe und nach dem Gesetz für den unrichtigen Rat hafte.
Die Klägerin begehrte vom Beklagten daher in der Klage S 267.254,64 samt 11 % Zinsen seit , schränkte dieses Begehren jedoch in der Tagsatzung vom um S 5.900,-- ein.
Der Beklagte beantragte die Abweisung dieses Begehrens. Er sei Architekt und in die vom Präsidenten des Kreisgerichtes Leoben geführte Sachverständigenliste für die Fachgebiete Innenarchitektur, Hochbau und Architektur im allgemeinen sowie für die Bewertung von Liegenschaften eingetragen, aber kein Sachverständiger für das Forstwesen. Im vorliegenden Fall sei er von der EN FN Schadensversicherungs AG, dem Haftpflichtversicherer der Firma D, mit einer Befundaufnahme und der Feststellung der Schadenshöhe beauftragt gewesen und von dieser Gesellschaft auch honoriert worden. Zur Klägerin sei er in keinem Vertragsverhältnis gestanden. Als er am in deren Haus gekommen sei, sei etwa die Hälfte des von der Firma D gelieferten und für die Unterschalung des Dachgeschoßausbaues verwendeten Holzes bereits herausgerissen und im Garten gelagert gewesen. Bei dieser Besichtigung seien auch die Klägerin, deren Mutter, deren Ehegatte, weiters Dipl.-Ing. Otto C von der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Mürzzuschlag als von der Klägerin beigezogener Sachverständiger, Vertreter der Firma Johann J, Zimmermeister in Wartberg im Mürztal, welche die Arbeiten ausgeführt hätte, und Anita D, die Ehegattin Hans-Georg DS, anwesend gewesen. Der Beklagte habe bei dieser Besichtigung nicht erklärt, daß der im Fichtenholz befindliche Schädling der gefährliche Hausbock sei, sondern vorgeschlagen, mehrere der vorgefundenen Holzschädlinge an das Institut für Forstentomologie und Forstschutz der Universität für Bodenkultur in Wien zu übersenden. Dies sei auch geschehen und dort festgestellt worden, daß es sich um den gegenüber dem Hausbock weniger gefährlichen Fichtenbock handle. Das Fichtenholz sei aber stark angegriffen gewesen. Auch bei einem Befall durch den Fichtenbock sei zu befürchten, daß außer den zur Zeit der Befundaufnahme vorhandenen Schäden noch weitere Schäden auftreten, so daß das Holz zweckmäßigerweise zu entfernen sei. Im Gegensatz zum Beklagten habe der als Vertrauensmann der Klägerin zugezogene Forstreferent der Bezirksbauernkammer Mürzzuschlag, Dipl.-Ing. Otto C, festgestellt, daß es sich um den gefährlichen Hausbock handle, der praktisch nicht wegzubringen sei. Unabhängig davon, ob der Holzschädling der gefährliche Hausbock oder der weniger gefährliche Fichtenbock gewesen sei, habe die Klägerin sich den ihr entstandenen Schaden selbst zuzuschreiben, weil das gelieferte Holz vor dem Einbau hätte imprägniert werden müssen, wodurch jeglicher Holzschädling vernichtet worden wäre. Die Klägerin habe sich, bevor sie sich (wegen des Schädlingsbefalls) an die Firma D gewendet habe, mit einem Herrn der Firma K & Co, Bauunternehmung in Krieglach, Freßnitz 94, in Verbindung gesetzt, auch Dipl.-Ing. Dr. techn. Georg L zu Rate gezogen und schließlich Dipl.-Ing. Otto C als ihren Berater der Besichtigung vom beigezogen. Diese drei Herren seien Ratgeber der Klägerin gewesen. Sie und nicht der Beklagte hätten den Hausbock festgestellt. Nicht dessen Äußerungen, sondern die Empfehlungen Dipl.-Ing. CS, der das vom Schädling befallene Holz am besichtigt hätte, und Dipl.-Ing. Dr. L hätten die Klägerin veranlaßt, das Holz, soweit dies nicht schon vor dem geschehen sei, abzubauen und zu verbrennen. Der Abbau sei erst nach dem Gutachten Dipl.-Ing. Dr. LS durch die Firma J vorgenommen worden.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren auch teilweise der Höhe nach.
Der Beklagte verkündete Dipl.-Ing. Otto C den Streit und forderte ihn zu Nebenintervention auf, was dieser auch tat.
In der Tagsatzung vom behaupteten der Beklagte und sein Nebenintervenient, bei dem vorhandenen Käfer habe es sich um den Hausbock gehandelt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren - ohne Berücksichtigung der Einschränkung um S 5.900,-- - ab und verurteilte die Klägerin zum Ersatz der Prozeßkosten an den Beklagten und dessen Nebenintervenienten.
Es ging dabei im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:
Die Klägerin ist zwar nur 3/8-Eigentümerin des Hauses Wartberg im Mürztal 136, doch nahm sie den Innenausbau des Dachgeschoßes auf ihre Kosten vor und kam auch für sämtliche Um- und Ausbaukosten auf. Sie beabsichtigte, das Zimmer im ersten Stock mit einer Zirbenholzvertäfelung zu versehen. Dazu war es erforderlich, daß innerhalb des Daches eine Innenschalung aus Brettern kommt und auf diese das Zirbenholz. Mit der Verschalung beauftragte sie die Firma J. Das Holz für die Rohverschalung bestellte sie bei der Firma D, wo es vom Zimmermeister J abgeholt und zum Haus der Klägerin gebracht und dort im Februar 1982 entsprechend den Erfordernissen zugeschnitten und als Innenverschalung angebracht wurde. Als diese bereits fertig war und auch die Zirbenverschalung von der Firma J im großen und ganzen angebracht war, bemerkte die Klägerin im Bereich der Decke, an der noch einige freie Felder vorhanden waren, eine gräßere Anzahl von Käfern. Die Klägerin veranlaßte, daß die Arbeiten gestoppt wurden und die restliche Zirbenverschalung an der Decke abgenommen wurde. Nunmehr wurde festgestellt, daß praktisch jedes Brett der Rohverschalung schadhaft war. Überall krochen Käfer heraus. In den Brettern waren auch Gänge vorhanden sowie Larven und zahlreiche Käfer. Diese Feststellungen machte die Klägerin am . Die weiteren Schritte unternahm in ihrem Namen ihr Ehegatte, Kunibert A, der diese Schritte in einer Gedächtnisnotiz festhielt. Am wurden mit Herrn J zunächst etwa 15 bis 20 Käfer festgestellt und davon auch die Firma D verständigt. Um 19 Uhr 30 telefonierte Kunibert A mit Dipl.-Ing. D, welcher wiederum den Forstmeister Dipl.-Ing. C (Nebenintervenient des Beklagten) zwecks Besichtigung verständigte. Am wurden die vorhandenen Käfer und das Schadholz durch den Nebenintervenienten besichtigt. Am besichtigte Hans D das bereits verarbeitete Schadholz und die Käfer und kündigte an, er werde am kommenden Montag mit einem Holzfachmann erscheinen, der Spezialist für käferbefallenes Holz sei. Tatsächlich kam D am mit Ing. Horst M. Dieser identifizierte die vorhandenen Käfer als Hausbock. Ing. M schlug auch verschiedene Mittel zur Bekämpfung des befallenen Holzes vor. Anläßlich dieser Besichtigung durch Ing. M und Herrn D und nach Feststellung des Umstandes, daß es sich um den Hausbock handle, veranlaßte die Klägerin mit ihrem Gatten, daß Herr D seine Betriebshaftpflichtversicherung in Kenntnis setzte, wobei das Telefonat direkt vom Haus der Klägerin geführt wurde. Die Klägerin nahm auch noch mit einer anderen Firma zwecks Käferbekämpfungsmitteln Kontakt auf. Auch ihr Gatte nahm am mit Herrn D Kontakt auf und drang in diesen, die Haftpflichtversicherung unverzüglich in Kenntnis zu setzen, damit der Schaden besichtigt werde. Dabei wurde nach einem direkten Gespräch per Telefon mit dem Beklagten Kontakt aufgenommen, und der Beklagte kündigte sein Erscheinen um die Mittagszeit des an. Diese Besichtigung wurde dann um 15 Uhr durchgeführt. Daran nahmen die Klägerin, ihr Ehegatte, Max und Johann J und auf Ersuchen der Klägerin auch der Nebenintervenient teil. Herr D war dabei durch seine Frau Anita vertreten. Als der Sachverständige der Haftpflichtversicherungsanstalt E F, nämlich der Beklagte, im Haus der Klägerin eintraf, waren im Wohnzimmer bereits einige Käfer vorbereitet.
Dipl.-Ing. C hatte damals auch ein Bestimmungsbuch mit und stellte an Hand dieses Bestimmungsbuches fest, daß es sich um den Hausbock handle. Der Beklagte besitzt keine solchen Fachkenntnisse, daß er, selbst an Hand eines Bestimmungsbuches, wenn ihm verschiedene Käfer vorgezeigt werden, die einzelnen Käfer bestimmen könnte. Damals bestand für die Anwesenden kein Zweifel, daß es sich um den Hausbock handle. Der Beklagte machte einige Aufnahmen von den Käfern und auch von den befallenen Schalungsbrettern. Damals war der gräßere Teil der Verschalung noch im Raum, ein anderer bereits heruntergenommen. Sowohl dem Nebenintervenienten als auch dem Beklagten war bekannt, daß dann, wenn Holz vom Hausbock befallen wird, etwas unternommen werden muß, und daß es sich beim Hausbock um einen äußerst schädlichen Käfer handelt. Dipl.-Ing. C schlug damals vor, daß etwas unternommen werden müsse. Dieser Meinung schloß sich auch der Beklagte an. Es war vorgesehen, daß das Holz sofort abtransportiert und verbrannt wird. Von seiten der Klägerin und ihrem Ehegatten wurde auch mit Herrn D telefoniert, und es war zunächst vorgesehen, daß der Abtransport des befallenen Holzes von ihm durchgeführt wird. Diesem schien allerdings die Gefahr, das käferbefallene Holz mit den eigenen Transportfahrzeugen zu transportieren, zu groß, weshalb der Abtransport durch die Firma N durchgeführt wurde, wobei Herr D noch am um 17 Uhr zur Klägerin kam und das Holz besichtigte. Auch der Bürgermeister O besichtigte um diese Zeit das Holz und gab dann auch die Zustimmung, daß dieses in der Nähe der Mürz verbrannt werde. Am zog die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehegatten zur Beweissicherung einen Sachverständigen, nämlich Dr. L aus Graz, bei, der an Ort und Stelle Erhebungen pflog und ebenfalls die Abtragung der gesamten Schalung als notwendig erachtete. Auch ein Herr P von einer Schädlingsbekämpfungsfirma stellte fest, daß es sich bei den Käfern um den Hausbock handle, und daß die Abtragung des Schalungsholzes erforderlich sei. Nunmehr wurde auch unverzüglich die Verbrennung des Holzes durchgeführt. Am erschien Hans D bei der Klägerin und nahm Schadholz und einen Käfer mit, weil er durch seine Nichte, die auf der Universität für Bodenkultur studiert, feststellen lassen wollte, um welchen Käfer es sich handelt. Es wurde ihm bereits ein einige Tage toter und mit einem Käferbekämpfungsmittel unschädlich gemachter Käfer mitgegeben und ein Schadholzstück mit der Verpuppung. Die Nichte DS, Margarete Q, gab am ein befallenes Holzstück und einen Käfer beim Institut für Forstentomologie und Forstschutz in Wien ab. An diesem Institut wurde der Käfer als Fichtenbock identifiziert. Nachdem dem Beklagten verschiedene Unterlagen und auch die Auskunft des genannten Instituts von Herrn D zur Verfügung gestellt worden waren, erstellte er am ein Gutachten für die E F Versicherungs AG und nahm darin zu den einzelnen Rechnungen der Klägerin Stellung. Er kam zum Ergebnis, daß eine Haftung der Firma D auszuschließen sei und daß der gräßte Teil der Kosten bei Einhalten der anerkannten Regeln der Technik - §-Norm - vor dem Einbau hätte vermieden werden können. Die Versicherungsnehmerin sei höchstens bis S 19.938,52 haftbar zu machen. Im Verfahren 5 Cg 324/82 des Kreisgerichtes Leoben klagte die Klägerin von Hans-Georg D S 187.247,72 ein. Mit rechtskräftigem Urteil vom wurden ihr nur S 5.000,-- zugesprochen und das restliche Begehren abgewiesen. Sie wurde verurteilt, dem damaligen Beklagten S 40.843,92 an Prozeßkosten zu ersetzen. Der in diesem Verfahren als Sachverständiger beigezogene Dipl.-Ing. Helmut G, Sachverständiger für Hausschwamm und Holzschutzangelegenheiten, kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, daß sich unter den vorgelegten Käfern, die er untersucht hatte, kein Hausbock befand, und in den Holzproben keines seiner Larve zuzuordnendes Schadensbild zu finden war. Die Klägerin holte auch noch im Juni und im Juli 1984 weitere Gutachten über die Käfer ein, wobei die Gutachter Dipl.-Ing. DDr. I und Dipl.- Ing. H zum Ergebnis kamen, daß es sich nicht um den Hausbock gehandelt habe. Das Erstgericht nahm nicht als erwiesen an, daß der Beklagte eine Weisung gegeben hat, das Holz zu verbrennen. Rechtlich stützte das Erstgericht sein abweisendes Urteil vor allem darauf, daß der Beklagte das Gutachten im Auftrag der EN FN Versicherungsanstalt und somit der Haftpflichtversicherung der Firma D erstellt habe, weshalb die Klägerin nicht Auftraggeberin gewesen sei. Es sei auch nicht Aufgabe des Beklagten gewesen, in diesem Gutachten die Interessen der Klägerin mitzuverfolgen. Im übrigen seien im gegenständlichen Fall zwei Dinge auseinanderzuhalten: um welchen Käfer es sich handle, und inwieweit das durch den Käfer befallene Holz entfernt, verbrannt oder nur mit Chemikalien behandelt werden müsse. Die erste Frage sei durch einen Sachkundigen zu klären, der auf Grund seiner Fachkenntnisse in der Lage sei festzustellen, um welchen Käfer es sich handelte. Diesen Umstand habe die Klägerin richtig erkannt und das Gericht schließe sich diesbezüglich den sachverständigen Ausführungen Dipl.-Ing. HS an, daß das Erkennen von Käfern ein Spezialwissen, das bei Baumeistern, Architekten oder Holzhändlern nicht allgemein vorausgesetzt werden könne, erfordere.
Zweifellos habe aber der Nebenintervenient auf Grund seiner fachlichen Ausbildung und des Umstandes, daß er an Hand des Bestimmungsbuches den gegenständlichen Käfer als Hausbock identifiziert habe, die nötigen fachlichen Voraussetzungen gehabt. Dies habe für den Beklagten die Folge gehabt, daß er auf Grund seiner Fachkenntnisse die nötigen Empfehlungen für das weitere Vorgehen geben habe können. Sei die erste Frage, um welchen Käfer es sich gehandelt habe, von Dipl.-Ing. C oder Ing. M falsch geläst worden, so hafte dafür nicht der Beklagte, und zwar selbst dann nicht, wenn er von der Klägerin beauftragt worden wäre, ein Gutachten für sie zu erstellen, wie dies z.B. dann bei Dr. L geschehen sei.
Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin Berufung wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger Beweiswürdigung und mangelhafter und unrichtiger Tatsachenfeststellung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern, allenfalls es zwecks neuerlicher Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht aufzuheben. Der Beklagte und sein Nebenintervenient beantragten, der Berufung nicht Folge zu geben.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Berufungsgericht der Berufung Folge, hob das Urteil der ersten Instanz auf, verwies die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück, erklärte die Kosten des Berufungsverfahrens zu weiteren Verfahrenskosten und sprach aus, daß das Verfahren in erster Instanz erst nach Rechtskraft des Beschlusses fortzusetzen sei.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, beurteilte den festgestellten Sachverhalt aber rechtlich anders als das Erstgericht:
Wer fahrlässig eine falsche Auskunft erteile, werde grundsätzlich schadenersatzpflichtig, wenn zwischen ihm und dem Fragesteller ein Vertragsverhältnis bestehe. Unter bestimmten Umständen seien aber auch Dritte ersatzberechtigt, z.B. bei einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Im vorliegenden Fall sei der Beklagte als sachverständiger Vertreter der für allfällige Schäden letztlich ersatzpflichtigen Haftpflichtversicherung des Holzlieferanten beigezogen worden. Damit habe er auch eine die Sphäre der geschädigten Klägerin unmittelbar berührende Funktion gehabt. Deshalb komme auch seiner bloßen Empfehlung, das von einem Holzschädling befallene Holz zu entfernen und zu vernichten, wenn sie auch mit der Ansicht der übrigen beteiligten Personen konform gegangen sei, einer für die Klägerin verbindlichen Anordnung gleich, zumal sie wegen ihrer Schadensminderungspflicht, auf die sie auch angesprochen worden sei, zur Vermeidung drohender weiterer Schäden zu raschen Maßnahmen genötigt gewesen sei. Den Äußerungen des Beklagten bezüglich des schadhaften Holzes komme daher Schutzwirkung zugunsten der Klägerin zu. Der Beklagte hafte für den Schaden der Klägerin nur, wenn ihn ein Verschulden treffe. Er verfüge über keine ausreichenden Kenntnisse zur Bestimmung einzelner Käfer. Er habe sich auf die Angaben angeblich fachkundiger Personen verlassen, die er nicht näher gekannt habe und die offensichtlich als Privatpersonen aufgetreten seien, für ihre Meinungen also keine Haftung übernommen hätten. Dessen ungeachtet habe der Beklagte die weitreichende Empfehlung abgegeben bzw. sich ihr angeschlossen, ohne vorher eine einwandfreie Bestimmung der ausgeflogenen Käfer durch eindeutig kompetente und für ihre Aussagen auch ihm verantwortliche Personen veranlaßt zu haben. Dies müsse dem Beklagten als Verschulden angelastet werden, wenn das eingebaute Holz nicht vom gefährlichen Hausbock, sondern vom leichter bekämpfbaren und weniger schädlichen Fichtenbock befallen gewesen sei. Darüber enthalte das Urteil der ersten Instanz aber keine Feststellungen. Das Erstgericht habe sich auch nicht mit dem Einwand des Beklagten befaßt, daß auch beim Fichtenbockbefall die von ihm gutgeheißenen Maßnahmen notwendig und zweckmäßig gewesen wären. Sollte dies richtig sein, würde der Beklagte nicht haften. Ausgehend von der Empfehlung des Beklagten, das Holz wegen Hausbockbefalls zu vernichten, habe sich die Klägerin zunächst an den Lieferanten halten müssen. Zwischen den Kosten des gegen diesen geführten Prozesses und dem Rat des Beklagten bestehe demnach, falls sich seine Anregung als unrichtig herausstellen sollte, ein Rechtswidrigkeitszusammenhang.
Weil sich das erstgerichtliche Verfahren - ausgehend von der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes - als mangelhaft erwiesen habe und eine Ergänzung durch das Berufungsgericht einen erheblichen Mehraufwand an Kosten verursachen würde, verwies das Berufungsgericht die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Den Rechtskraftvorbehalt begründete es damit, daß der die Haftung des Beklagten betreffenden Rechtsfrage die im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO umschriebene Bedeutung zukomme.
Gegen diesen im Berufungsverfahren ergangenen Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der nach § 519 Abs 1 Z 3 und Abs 2 ZPO statthafte Rekurs des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und den Anträgen, durch Urteil in der Sache selbst zu erkennen und das erstgerichtliche Urteil wieder herzustellen, allenfalls dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Die Klägerin beantragte in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Nebenintervenient des Beklagten hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Nach § 1295 Abs 1 ABGB wäre die Klägerin - abgesehen von anderen Voraussetzungen - dann berechtigt, den Ersatz ihres Schadens vom Beklagten zu fordern, wenn ihr dieser den Schaden aus Verschulden zugefügt hätte.
Von den im § 1294 ABGB als 'böse Absicht' und 'Versehen' bezeichneten Verschuldensformen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit kann die erstgenannte von vornherein außer Betracht bleiben, weil weder das Vorbringen der Klägerin noch die vom Berufungsgericht übernommenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes den geringsten Hinweis dafür bieten, daß der Beklagte den Schaden der Klägerin 'mit Wissen und Willen' zugefügt hätte.
Es bleibt daher in dieser Beziehung zu prüfen, ob der Beklagte 'aus schuldbarer Unwissenheit oder aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes' gehandelt hat. Nach § 1297 ABGB wird vermutet, daß jeder, der den Verstandesgebrauch besitzt, eines solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit fähig sei, der bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann. Wer diesen Grad des Fleißes oder der Aufmerksamkeit unterläßt, handelt fahrlässig.
Wer sich allerdings zu einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerk öffentlich bekennt, oder wer ohne Not freiwillig ein Geschäft übernimmt, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß erfordert, gibt dadurch zu erkennen, daß er sich den notwendigen Fleiß und die erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse zutraue; er muß daher den Mangel derselben vertreten (§ 1299 ABGB). In diesem Fall geht es also um den durchschnittlichen Fachmann des jeweiligen Gebietes nach dem Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe (EvBl 1981/159), wobei der Sorgfaltsmaßstab nicht überspannt werden darf (JBl 1966, 524; SZ 38/165; JBl 1970,621 u.a.). Der durchschittliche Fachmann ist daher prinzipiell auch der maßgerechte im Sinn der letztzitierten Gesetzesstelle (Reischauer in Rummel, ABGB Rdz 2 zu § 1299).
Ein Sachverständiger ist nach § 1300 ABGB auch dann verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen einen nachteiligen Rat erteilt. Außer diesem Fall haftet ein Ratgeber nur für den Schaden, den er wissentlich durch Erteilung des Rates dem anderen verursacht. Im vorliegenden Fall hat sich der Beklagte, der den Beruf eines Architekten ausübt und in die vom Präsidenten des Kreisgerichtes Leoben geführte Sachverständigenliste für die Fachgebiete Innenarchitektur, Hochbau und Architektur im allgemeinen sowie für die Bewertung von Liegenschaften eingetragen ist, gegenüber der Klägerin nicht als Fachmann oder Sachverständiger für holzschädigende Insekten ausgegeben. Er besitzt diesbezüglich keine solchen Fachkenntnisse, daß er vorgezeigte Käfer an Hand eines Bestimmungsbuches identifizieren könnte. Das Erkennen von Käfern erfordert Fachkenntnisse, die bei einem Architekten, Baumeister oder Holzhändler im allgemeinen nicht vorausgesetzt werden können. Der Beklagte hat sich solche Fachkenntnisse auch nicht angemaßt, sondern sich hinsichtlich der Identifizierung der im von der Firma D der Klägerin gelieferten Fichtenholz festgestellten Käfer auf das Urteil des von der Klägerin beigezogenen Dipl.-Ing. C verlassen. Dieser ist Forstreferent der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft in Mürzzuschlag und Sachverständiger für das Forst- und Pflanzenschutzwesen; in sein Fachgebiet fällt auch die Bestimmung von Holzschädlingen.
Dipl.-Ing. C sagte bereits im Verfahren 5 Cg 324/82 als Zeuge aus, er habe am sowohl die Käfer als auch das Schadensbild im Holz gesehen und festgestellt, daß es sich um den Holzbock handle. Damit sei für ihn eine besondere Gefahr für das Haus gegeben gewesen. Er habe seine Feststellung den übrigen Anwesenden, darunter auch dem Beklagten, mitgeteilt und geraten, das Holz herauszureißen und zu verbrennen. Er sei auf ausdrücklichen Wunsch der Klägerin beigezogen worden und habe auf deren Wunsch den Schaden besichtigt und diesbezüglich Feststellungen getroffen. Der (nunmehrige) Beklagte habe über die Art der Käfer keine Aussage gemacht. Auch im vorliegenden Verfahren sagte Dipl.-Ing. C als Zeuge aus, er habe damals in Gegenwart des Beklagten dezidiert erklärt, daß es sich bei diesen Käfern um den Hausbock handle und vorgeschlagen, wenn das Holz herausgerissen werde, solle es auch verbrannt werden. Nachdem er gesagt gehabt hätte, daß es sich bei dem Käfer um den Hausbock handle, habe natürlich auch der Beklagte erklärt, daß Gefahr im Verzug sei und daß das Holz herausmüsse. Die Aussage im Vorprozeß, der Beklagte habe über die Art der Käfer keine Aussage gemacht, hielt Dipl.-Ing. C ausdrücklich aufrecht.
Das Erstgericht stellte diesbezüglich noch fest, daß dieser Zeuge damals auch ein Bestimmungsbuch mithatte und an Hand desselben feststellte, daß es sich um den Hausbock handle.
Unter diesen Umständen hatte der Beklagte - ebenso wie die übrigen am anwesenden Personen - keinen Anlaß, die eindeutige Feststellung des diesbezüglich sachverständigen Dipl.-Ing. C, daß es sich bei den Holzschädlingen um den sehr gefährlichen Hausbock handle, zu bezweifeln.
Der Meinung des Berufungsgerichtes, daß es sich bei Dipl.-Ing. C um eine angeblich fachkundige und nicht eindeutig kompetente Person gehandelt habe, deren nicht einwandfreier Bestimmung sich der Beklagte nicht hätte anschließen dürfen, und daß ihm dies als Verschulden anzulasten sei, kann daher beim vom Erstgericht festgestellten und vom Berufungsgericht übernommenen Sachverhalt nicht beigetreten werden.
Wenn dem Beklagten aber kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, daß er die vom für Holzschädlinge sachverständigen Dipl.-Ing. C getroffene eindeutige Feststellung, daß es sich um den gefährlichen Holzschädling Hausbock handle, übernahm, dann kann auch keine Rede davon sein, daß er 'aus schuldbarer Unwissenheit' oder 'aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes' gehandelt und 'in Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen einen nachteiligen Rat erteilt' habe.
Die Sache erweist sich daher schon mangels eines Verschuldens des Beklagten als zur Entscheidung reif.
Deshalb war dem Rekurs des Beklagten Folge zu geben und nach § 519 Abs 2 Satz 2 ZPO in der Sache selbst zu erkennen, und zwar durch Wiederherstellung der Entscheidung der ersten Instanz mit der aus dem Spruch ersichtlichen berichtigenden Maßgabe.