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OGH vom 16.07.2013, 5Ob40/13p

OGH vom 16.07.2013, 5Ob40/13p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.

Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers F***** U*****, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, wegen Richtigstellung personenbezogener Daten der Grundstücksdatenbank betreffend die EZ 110 und EZ 2359, beide GB ***** über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom , AZ 32 R 108/12a, mit dem infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom , TZ 22/2012 6, teilweise aufgehoben und im Übrigen der Rekurs zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses werden die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben und der verfahrenseinleitende Antrag insgesamt zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit seiner handschriftlichen Eingabe, bezeichnet als „Grundbuchsache“ vom , strebt der Antragsteller betreffend die EZ 110 und EZ 2359, beide GB *****

1. „die Untersagung der Übernahme der in der Grundstücksdatenbank abgeänderten personenbezogenen Daten der Eintragung TZ 7509/1957 in den Datensatz des öffentlichen (ADV )Grundbuchs“ an und stellt

2. den „Antrag auf Richtigstellung der gesetzwidrig abgeänderten personenbezogenen Daten der Grundstücksdatenbank entsprechend dem rechtskräftig zu TZ 7509/1957 vollzogenen richterlichen Beschluß und deren Übernahme in das öffentliche Grundbuch“.

Die ihn persönlich betreffende Eintragung zu TZ 7509/1957 sei im Verfahren zur Umstellung des Grundbuchs auf ADV in der Grundstücksdatenbank dergestalt unrichtig gespeichert worden, dass der Begriff „Aufsandungsurkunde vom “ nicht mitübertragen worden sei. Durch die unrichtige „Speicherung“ in der Grundstücksdatenbank bloß aufgrund der unbeglaubigten „Vereinbarung 1957 04 25“ sei sein verdinglichtes Dienstbarkeitsrecht zu einem bloß obligatorischen Anwartschaftsrecht verkommen, sodass es 2002 habe gelöscht werden können.

Einem vom Erstgericht erteilten Verbesserungsantrag kam der Antragsteller insofern am nach, dass er ausführte, sein Begehren nicht auf Bestimmungen des GBG zu stützen, sondern auf § 1 Abs 4 DSG.

Das Erstgericht wies seinen „Antrag“ auf Untersagung der in der Grundstücksdatenbank abgeänderten personenbezogenen Daten der Eintragung TZ 7509/1957 in den Datensatz des öffentlichen (ADV )Grundbuchs und den Antrag auf Richtigstellung angeblich gesetzwidrig abgeänderter personenbezogener Daten der Grundstücksdatenbank entsprechend dem zu TZ 7509/1957 vollzogenen und rechtskräftigen richterlichen Beschluss und deren Übernahme in das öffentliche Grundbuch ab.

Infolge des dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurses hob das Gericht zweiter Instanz den angefochtenen Beschluss im Umfang der Abweisung des „Antrags“ auf Untersagung der Übernahme der abgeänderten personenbezogenen Daten der Eintragung TZ 7509/1957 in die Datenbank des öffentlichen (ADV )Grundbuchs ersatzlos auf und wies, soweit er den Antrag auf Richtigstellung betraf, den Rekurs als unzulässig zurück.

Dabei ging es von folgenden Feststellungsgrundlagen aus:

Die ursprüngliche Eintragung C LNR 1a (EZ 110) und C LNR 3a (EZ 2359) beide GB ***** aufgrund des Beschlusses zu TZ 7509/1957 lauteten:

7509

Aufgrund der Vereinbarung vom und der Aufsandungsurkunde vom wird die Dienstbarkeit zur unentgeltlichen Benutzung der unter Vertragspunkt 1. genannten Räume nach Maßgabe des Punktes 2a, b, c dieser Urkunde für M***** U***** und F***** U*****, geboren *****, [nunmehriger Antragsteller] einverleibt .

Nach der Grundbuchsumstellung lautete die Eintragung im C Blatt des automatisationsunterstützten Grundbuchs wie folgt:

Dienstbarkeit der Benützung gemäß Punkt 1., 2a, b, c,

Vereinbarung 1957 04 25 für M***** U***** und F***** U*****, geb. ***** .

Das ergibt sich aus dem Verzeichnis der gelöschten Eintragungen.

Der aktuelle Grundbuchstand der C LNR 1a, EZ 110 und C LNR 3a, EZ 2359, beide GB ***** lautet:

Dienstbarkeit der Benützung gemäß Punkt 1., 2a, b, c,

Vereinbarung 1957 04 25 für M***** U***** .

Die Löschung der Wortgruppe „und F***** U*****, geb. *****“ erfolgte mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom , TZ 6912/2002 aufgrund eines Berichtigungsantrags der M***** U*****. Dieser Löschung liegt zugrunde, dass das Benützungsrecht des F***** U***** ein mit dem Zeitpunkt des Todes seiner Mutter M***** „aufschiebend“ betagtes Recht war, welches nicht eintragungsfähig und sohin gemäß § 130 GBG zu löschen war (LG Linz 37 R 38/03s).

Mehrere Anträge des nunmehrigen Antragstellers auf Grundbuchsberichtigung im Sinn der Herstellung der ursprünglichen Eintragung zu TZ 7509/1957 waren erfolglos (5 Ob 248/08v; 5 Ob 266/09t).

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus: Seit der ZVN 2004 seien Angelegenheiten des Datenschutzes, hier iSd § 1 Abs 3 Z 2 DSG, soweit damit Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit betroffen seien, in den §§ 83, 84 GOG geregelt. Davon seien auch Angelegenheiten des Grundbuchs erfasst. Das Recht auf Auskunft, Richtigstellung oder Löschung von Daten im Grundbuch sei jedoch nur im Rahmen der Vorschriften des GBG, insbesondere nach den Bestimmungen der §§ 104, 131 ff GBG durchzusetzen ( Kodek , Grundbuchsrecht, Vor § 1 GBG Rz 76 unter Hinweis auf die ErlRV ZVN 2004, 613, BlgNR 22. GP). Den Verweis auf die entsprechenden Regelungen des Grundbuchsverfahrens enthalte bereits § 27 Abs 9 DSG. Zufolge § 84 GOG sei das Recht eines Betroffenen auf Richtigstellung und Löschung unrichtiger oder unzulässigerweise verarbeiteter personenbezogener Daten vor dem Gericht, das für die Eintragung der Daten zuständig sei (Auftraggeber gemäß § 4 Z 4 DSG 2000), geltend zu machen. Dieses Gericht habe bei Vorliegen der Voraussetzungen unrichtige oder unzulässigerweise verarbeitete personenbezogene Daten richtigzustellen oder zu löschen. Die Entscheidung ergehe in bürgerlichen Rechtssachen im Verfahren Außerstreitsachen. Das bedeute, dass für die vom Antragsteller begehrte Richtigstellung angeblich gesetzwidrig abgeänderter personenbezogener Daten ausschließlich grundbuchsrechtliche Vorschriften heranzuziehen seien und das Grundbuchsgericht zur Entscheidung darüber zuständig sei. In mehreren Grundbuchsverfahren sei das Begehren des Antragstellers auf Richtigstellung als nicht berechtigt erkannt worden, weshalb insoweit rechtskräftig entschiedene Sache vorliege. In diesem Umfang sei der Rekurs daher zurückzuweisen.

Hinsichtlich der vom Antragsteller angestrebten Untersagung der Übernahme der in der Grundstücksdatenbank abgeänderten personenbezogenen Daten komme nur § 85 GOG in Betracht. Eine diesbezügliche Beurteilung unterliege nicht dem Rekursgericht. Soweit das Begehren des Antragstellers auf das DSG gestützt werde, liege daher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts vor. Das habe zur ersatzlosen Aufhebung dieses Punkts des angefochtenen Beschlusses zu führen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG nicht vorlägen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Stattgebung seines Begehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zur Klarstellung der Rechtslage und Präzisierung der vom Rekursgericht vorgenommenen spruchmäßigen Erledigung der verfahrensgegenständlichen Anträge zulässig. Er ist jedoch (im Ergebnis) nicht berechtigt.

Das Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 DSG 2000) idF BGBl I Nr 13/2005 bestimmt in seinem § 1 Abs 3 Z 2, der im Verfassungsrang steht, dass jedermann, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automatisationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, das heißt ohne Automatisationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten hat. Unter anderem zur Durchsetzung dieses Rechts wurde die Datenschutzkommission eingerichtet und ein weiterer Rechtsschutz in Teilbereichen den ordentlichen Gerichten übertragen. Von diesem Rechtsschutz sind jedoch nach § 31 Abs 1 DSG 2000 Daten für Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit ausgenommen. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass die vom DSG 2000 gewährten Rechte unzweifelhaft auch für den Bereich der Gerichtsbarkeit gelten und dass demzufolge ein Bedarf nach einem entsprechenden Rechtsschutzinstrumentarium besteht (vgl RV zu ZVN 2004, 613 BlgNR 22. GP [zu den §§ 83 bis 85 GOG]). Demzufolge wurde mit der ZVN 2004 (BGBl I 2004/128) § 83 GOG geschaffen. Demnach richtet sich in Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit die Durchsetzung der im DSG 2000 geregelten Rechte des Betroffenen nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und den jeweiligen Verfahrensvorschriften. Nach § 84 GOG ist das Recht des Betroffenen auf Richtigstellung und Löschung unrichtiger oder unzulässigerweise verarbeiteter personenbezogener Daten vor dem Gericht, das für die Eintragung der Daten zuständig ist (Auftraggeber nach § 4 Z 4 DSG 2000), geltend zu machen. Nach den Definitionen des DSG 2000 die demnach auch für gerichtliche Daten gelten sind Daten Angaben über Betroffene, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist. Betroffener in diesem Sinn ist jede vom Auftraggeber verschiedene, natürliche oder juristische Person oder Personengemeinschaft, deren Daten verwendet werden (§ 4 Z 1 und 3 DSG 2000). Nach § 4 Z 8 DSG ist unter Verwendung von Daten jede Art der Handhabung von Daten, also sowohl das Verarbeiten als auch das Übermitteln zu verstehen. Z 9 definiert das „Verarbeiten von Daten“ dahingehend, dass darunter unter anderem das Ermitteln, Erfassen, Speichern, Verändern, Verknüpfen, Abfragen, Ausgeben, Benützen, Sperren, Löschen oder Vernichten zu verstehen ist.

Nach diesen Kriterien werden im automatisationsunterstützten Grundbuch Daten in diesem Sinn gespeichert und sind grundbücherlich Berechtigte, wie hier der Antragsteller, Betroffene im Sinne des DSG. Handelt es sich daher um eine unrichtige oder unvollständige Speicherung von Daten Betroffener, sind sie zweifellos iSd § 84 GOG unrichtig oder unzulässigerweise verarbeitete personenbezogene Daten, sodass die Bestimmung des § 85 GOG zur Anwendung kommt.

Der das Richtigstellungs und Löschungsrecht regelnde § 27 DSG schränkt in seinem Abs 9 dahin ein, dass die Regelungen über das Richtigstellungs und Löschungsrecht der Abs 1 bis 8 für das gemäß Strafregistergesetz geführte Strafregister sowie für öffentliche Bücher und Register, die von Auftraggebern des öffentlichen Bereichs geführt werden, nur insoweit gelten, als für die Verpflichtung zur Richtigstellung und Löschung von Amts wegen oder das Verfahren der Durchsetzung und die Zuständigkeit zur Entscheidung über Berichtigungs und Löschungsanträge von Betroffenen durch Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist.

Für das Grundbuch, Firmenbuch und das Gewerberegister sind besondere Bestimmungen zu beachten. Nach dem Grundbuchumstellungsgesetz (GUG) BGBl 1980/550 sind die §§ 11, 12, 25, 32 bis 34 DSG 1978 BGBl 1978/565 (nunmehr gemäß § 61 Abs 7 DSG 2000: §§ 26, 27 sowie §§ 12 und 13 leg cit auf das Grundbuch nicht anzuwenden. Nach den Gesetzesmaterialien ist die in § 12 DSG 1978 normierte Pflicht zur Richtigstellung und Löschung von Daten mit der Rechtskraft der den Eintragungen zugrundeliegenden Beschlüsse, der rechtsbegründenden Wirkung der Eintragungen und dem Schutz des Vertrauens auf den Grundbuchstand unvereinbar. Dieser dort vorgesehene Rechtsbehelf ist im Grundbuch auch nicht notwendig, um den Betroffenen vor Rechtsnachteilen zu schützen, denn das Grundbuchsrecht enthält über das DSG weit hinausgehende Regelungen, die dieses Ziel verfolgen (wiedergegeben in Dohr/Polirer/Weiss/Knyrim , Datenschutzrecht [2002] § 27 DSG Anm 25).

Nach der durch die ZVN 2004 geschaffenen Rechtslage sind daher die bezeichneten Rechte nach dem DSG in Grundbuchsangelegenheiten nur im Rahmen der Vorschriften des GBG, insbesondere nach den §§ 104, 131 ff GBG durchzusetzen ( Höller in Kodek , Grundbuchsrecht, Vor § 1 GBG Rz 76; Rassi , Grundbuchsrecht Rz 104; vgl auch Bauer/Reimer , Handbuch Datenschutzrechte [2009] 186 f).

Zusammenfassend gilt daher, dass für das Grundbuch weder der Rechtsschutz durch die Datenschutzkommission noch die Bestimmungen des GOG heranzuziehen sind, weil die erwähnten Rechte auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung nur im Rahmen der für das Grundbuch anzuwendenden Verfahrensvorschriften durchsetzbar sind. Damit wäre entgegen der Ansicht des Rekursgerichts aber tatsächlich das angerufene Grundbuchsgericht zuständig.

Über das Richtigstellungsbegehren des Antragstellers aus den von ihm bezeichneten Gründen wurde jedoch, was das Rekursgericht auch zugrunde legte, im Grundbuchsverfahren bereits rechtskräftig entschieden. Gegenstand der Entscheidungen 5 Ob 248/08v und 5 Ob 266/09t waren jeweils auf denselben Rechtsgrund und Sachverhalt gestützte Anträge.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts hat dieser Umstand aber nicht zur Zurückweisung des Rekurses gegen eine abweisende Entscheidung, sondern zur Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags insgesamt wegen des auch im Grundbuchsverfahren geltenden Einmaligkeitsgebots zu führen (RIS Justiz RS0041511; RS0079245). Auf die im Rechtsmittel relevierte Frage der Unzuständigkeit des Rechtspflegers einzugehen erübrigt sich damit.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00040.13P.0716.000