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OGH vom 11.09.1990, 4Ob74/90

OGH vom 11.09.1990, 4Ob74/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*** FÜR W***

Ö*** - Ö***, Wien 9., Otto-Wagner-Platz 15, vertreten durch Dr. Ernst Blasl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei O*** F***-Gesellschaft mbH, Linz,

Neubauzeile 99, vertreten durch Dr. Walter Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: 450.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom , GZ 6 R 34/90-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom , GZ 10 Cg 207/89-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das klagende Institut ist ein Verein mit dem statutarischen Zweck, die Ölheizung zu fördern, technische und wirtschaftliche Vorteile sowie die umweltschonende Beheizung mit Öl in der Öffentlichkeit bekanntzumachen und zu vertreten sowie der Diskriminierung der Beheizung mit Öl durch Öffentlichkeitsarbeit entgegenzuwirken. Zu seinen Mitgliedern gehören unter anderem Heizölerzeuger und -händler, insbesondere die Firmen A***, A***, B**, E***, M***, Ö***-AG, Ö***-HAG, S***, S*** und T***, welche den überwiegenden Teil des Heizölhandels repräsentieren. Im November 1989 versendete die Beklagte an Haushalte der Marktgemeinde Kronstorf Einladungen zu einem Informationsabend über die Planungsarbeiten für die Erdgasversorgung in Kronstorf, über die Möglichkeiten eines Erdgasanschlusses und über den Energieträger Erdgas überhaupt. Dem Einladungsschreiben lag ein Faltprospekt mit dem Titel "Ihr Gasmann in Kronstorf" bei. Im Inneren dieses Faltprospektes stellte die Beklagte den von ihr vertriebenen Energieträger Erdgas dar und verglich ihn mit anderen zur Heizung verwendeten Energieträgern, darunter auch mit Kohle, Heizöl, Holz und Strom. Auf der zweiten Seite des Prospektes wurde durch folgende Abbildung auf Heizöl Bezug genommen:

Abbildung nicht darstellbar!

Auf der nächsten Seite wurde der Text unter der Überschrift "Energie, so sauber wie nie ..." fortgesetzt.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt das klagende Institut, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere bei der Werbung für den Anschluß von Letztverbrauchern an das Ferngasnetz, im Zusammenhang mit der Erwähnung des Energieträgers "Heizöl" ein Metallfaß mit sichtbaren Spuren von Abkratzung, Verbeulung und Anrostung abzubilden. Die Verwendung der Abbildung eines solchen Fasses mit einer Zapfpistole als "Symbol" für Heizöl erwecke den irreführenden Eindruck, daß dieser Energieträger "nicht sauber" sei und in derartigen Metallfässern angeliefert werde; tatsächlich werde aber Heizöl weder von der Ölindustrie noch vom Handel in solchen Fässern abgegeben.

Die Beklagte habe in ihrem Prospekt auch auf die Frage der Umweltbelastung abgestellt und in diesem Zusammenhang die "Sauberkeit" ihres Energieträgers hervorgehoben. Mit der beanstandeten Darstellung des Energieträgers Heizöl sei es ihr darauf angekommen, diesen in den Bereich "schmutzig, alt und unmodern" abzurücken; mit einem solchen herabsetzenden Vergleich werde der Eindruck erweckt, daß Heizöl minderwertig und für die Umwelt gefährlich sei.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie habe in ihrem Prospekt Symbole für die jeweiligen Versorgungsalternativen verwendet. Das hier für den Energieträger Heizöl gewählte Symbol sei nicht irreführend, weil es die Interessenten über Form, Aufbewahrung und Transport von Heizöl nicht täuschen könne; dem Publikum sei nämlich überwiegend bekannt, auf welche Weise Heizöl transportiert oder gelagert wird. Die beanstandete Abbildung mit dem Text "Wenn Ihr Onkel kein Ölscheich ist" sei marktschreierisch und solle lediglich einen besonderen Aufmerksamkeitswert erzielen. Mitbewerber seien weder namentlich genannt noch deutlich erkennbar mitbetroffen. Es liege ein zulässiger Systemvergleich vor, bei dem der Energieträger Heizöl auch nicht als minderwertig hervorgehoben worden sei. Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Mit der beanstandeten bildlichen Darstellung des Energieträgers Heizöl habe die Beklagte gegen § 1 UWG verstoßen, weil sie das Heizöl auf diest Weise im Vergleich zum Erdgas als minderwertig hingestellt habe. Die Verwendung eines alten, angerosteten und verbeulten Metallfasses als Symbol für Heizöl sei unsachlich und unnötig bloßstellend; es komme daher gar nicht mehr darauf an, ob diese Darstellung auch zur Irreführung geeignet war. Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Mit dem Ölfaß habe die Beklagte nur die "Verpackung" der von den Mitgliedern des klagenden Instituts erzeugten und vertriebenen Ware "Heizöl" gezeigt. Ob das Öl in einem alten oder in einem neuen Faß transportiert wird, sei für jedermann unerheblich, solange das Faß nur kein Leck aufweist; ein derartiger Verdacht werde aber durch die Abbildung der Beklagten nicht erweckt. Tatsächlich liege ein zulässiger Systemvergleich ohne Bloßstellung der Konkurrenten vor. Die Beklagte habe sich um eine humorvolle Gestaltung ihres Prospektes bemüht und sei auch in bezug auf ihren eigenen Energieträger ironisch geblieben, wenn sie einen "eher unansehnlichen Herrn" als "Ihren Gasmann" vorgestellt und eine "gleichfalls nicht sonderlich schöne Drahtrolle" neben dem Schlagwort "Wenn Sie auf Draht sind ..." dargestellt habe. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des klagenden Instituts mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Mit Recht wendet sich die klagende Partei gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, daß die beanstandete bildliche Darstellung des Energieträgers Heizöl im Prospekt der Beklagten als Systemvergleich ohne jede Bloßstellung von Konkurrenten nicht gegen § 1 UWG verstoße:

Der sogenannte "Systemvergleich" vermeidet die Nennung eines bestimmten Mitbewerbers oder seiner Ware; er begnügt sich mit der Darlegung der Vorteile und Nachteile bestimmter Herstellungs-, Einkaufs- oder Vertriebssysteme (ÖBl 1972, 88; ÖBl 1975, 108; ÖBl 1981, 75; ÖBl 1985, 92; ÖBl 1986, 63); mit ihm können auch die Arbeitsweise oder die Anwendung von Mitteln vergleichend gegenübergestellt werden (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15 701, Rz 311 zu § 1 dUWG). Der Systemvergleich ist daher nicht nach den für die vergleichende Werbung entwickelten Grundsätzen zu beurteilen, weil bei ihm die Bezugnahme auf namentlich genannte oder doch deutlich erkennbare Mitbewerber fehlt (Baumbach-Hefermehl aaO; Gamerith in HWR 6/1988, 33). Das für die Zulässigkeit wahrer Werbevergleiche ins Treffen geführte Sachlichkeitsgebot gilt aber auch hier: Auch der Systemvergleich muß wahr, sachlich und informativ sein; Pauschalabwertungen, unnötige Bloßstellungen und aggressive Tendenzen sind auch dann sittenwidrig, wenn eine gezielte Bezugnahme auf bestimmte Mitbewerber fehlt (Baumbach-Hefermehl aaO 703 f Rz 314 zu § 1 dUWG; Gamerith aaO 27; ÖBl 1974, 82; ÖBl 1975, 108; ÖBl 1978, 146; ÖBl 1983, 139; ÖBl 1986, 63; 4 Ob 171/89). Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes hat die Beklagte mit der beanstandeten bildlichen Darstellung gegen diese Grundsätze verstoßen: In dem Faltprospekt der Beklagten ging es um die Darlegung der Vor- und Nachteile bestimmter Warenkategorien, nämlich verschiedener Energieträger, in bezug auf ihre Verwendung für Heizzwecke. Zu diesem Zweck gebrauchte die Beklagte für die einzelnen Energieträger ganz bestimmte, mit witzigen Sprüchen unterlegte Bildsymbole, die im Zusammenhang mit dem übrigen Text die Überlegenheit des von ihr selbst vertriebenen Energieträgers Gas zum Ausdruck bringen sollten. Auch solche bildliche Darstellungen sind gemäß § 39 Abs 1 UWG als Behauptungen und Angaben im Sinne dieses Gesetzes anzusehen. Wenn die Beklagte daher für Öl als Heizstoff das Bild eines alten, verbeulten und angerosteten Metallfasses samt Schlauch und Zapfpistole verwendet hat, so hat sie mit einem derartigen "Symbol" beim unbefangenen Betrachter jedenfalls bereits einen negativen Eindruck erweckt. Angerostete, verbeulte Metalltonnen sind alt und vielfach gebraucht; gerade in der heutigen Zeit eines wachsenden Umweltbewußtseins des Publikums verbinden die Interessenten damit auch die Gefahr einer Verschmutzung des Erdreichs und des Wassers sowie Probleme der Entsorgung. Die Beklagte hat selbst zugegeben, daß Öl von den Produzenten und Händlern keineswegs in Metalltonnen, geschweige denn in alten, verbeulten und angerosteten Fässern, gelagert oder an die Kunden ausgeliefert wird; insoweit enthält daher ihr Bildsymbol überhaupt einen unrichtigen Tatsachenkern. Die mit der bildlichen Darstellung zum Ausdruck gebrachte Werbeaussage ist demnach nicht nur unsachlich, sondern auch unwahr; sie wertet nach ihrer gesamten Tendenz Öl als Heizstoff pauschal ab. Damit hat aber die Beklagte mit der beanstandeten bildlichen Darstellung nicht nur gegen § 2 UWG, sondern auch gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verstoßen.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich, soweit sie die Kosten des klagenden Instituts betrifft, auf § 393 Abs 1 EO, soweit sie die Kosten der Beklagten betrifft, auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50 und 52 Abs 1 ZPO.