OGH vom 16.02.2011, 7Ob2/11m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Z***** T***** und 2. Mag. R***** T*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und andere Rechtsanwälte in Gmunden, gegen die beklagte Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, wegen 26.374,80 EUR (sA), über die Revision der Kläger gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 114/10b 15, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom , GZ 8 Cg 76/09m 11, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer eines Hauses in G*****, das sie am gekauft haben. Die Verkäufer hatten für das Haus bei der Beklagten eine Sachversicherung abgeschlossen, die auch Leitungswasserschäden umfasste. Dem Versicherungsvertrag wurden die Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Betrieben, Fassung 2005 für den Betriebsinhalt (ABVB 2005/I) zugrundegelegt. Deren Art 11 „ Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Schadenfall “ lautet auszugsweise:
„ ...
Schadenmeldung
Jeder Schaden muss dem Versicherer unverzüglich gemeldet werden.
…
Schadenaufklärung
Der Versicherungsnehmer muss dem Versicherer jede Untersuchung über die Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungsleistung ermöglichen.
Bei der Schadenermittlung ist unterstützend mitzuwirken. Auf Verlangen sind dem Versicherer entsprechende Unterlagen auf Kosten des Versicherungsnehmers zur Verfügung zu stellen
…
Leistungsfreiheit
Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehenden Obliegenheiten, ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei
nach Maßgabe des VersVG § 6
…“.
Im Jänner 2009 kam es im versicherten Gebäude zu einem Frostschaden.
Die Kläger begehren diesen Schaden, den sie mit 26.374,80 EUR bezifferten, aus der Versicherung ersetzt.
Die Beklagten beantragten Klagsabweisung. Der Schaden habe sich vor Überweisung der längst fälligen Versicherungsprämie ereignet, sodass gemäß § 39 Abs 1 VersVG Leistungsfreiheit eingetreten sei. Leistungsfreiheit bestehe auch wegen Missachtung vertraglich vereinbarter Sicherungspflichten. Das versicherte Gebäude sei länger als 72 Stunden verlassen und die Heizanlage offensichtlich nicht ausreichend gegen Frostschäden geschützt gewesen. Die Beklagte sei auch deshalb leistungsfrei, weil die Kläger gegen die Obliegenheit, den Schaden unverzüglich zu melden und die Obliegenheit, bei der Schadensermittlung mitzuwirken, verstoßen hätten. Die Schadensmeldung sei von ihnen verspätet erstattet und es sei wahrheitswidrig behauptet worden, der Schaden sei am eingetreten und entdeckt worden; dies mit dem Vorsatz, für die Feststellung der Leistungspflicht wesentliche Umstände zu beeinträchtigen, insbesondere im Hinblick auf die Leistungsfreiheit infolge Prämienverzugs. Dadurch habe die Schadensursache und der Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht mehr objektiv geklärt werden können.
Die Kläger erwiderten, weder sie noch die Verkäufer des versicherten Objekts hätten eine qualifizierte Mahnung erhalten. Die Mahnung sei an eine falsche Adresse geschickt worden, obwohl der Beklagten die richtige Anschrift der Verkäufer bekannt gewesen sei. Der Schaden sei nach der am vorgenommenen Zahlung der Prämie eingetreten und am festgestellt worden. Später räumten die Kläger ein, dass der Schaden bereits am festgestellt worden sei. Im Haus sei ausgenommen Sonntag täglich gearbeitet worden; die Baustelle sei zu keinem Zeitpunkt länger als zwei Tage unbesucht gewesen. Der Zweitkläger sei am ortsabwesend gewesen und habe den Schaden unverzüglich nach seiner Rückkehr am besichtigt und gemeldet. Bei der Angabe des als Schadensdatum habe es sich um eine falsche Formulierung des Zweitklägers gehandelt. Aus Sicht der Kläger sei es unerheblich gewesen, ob der Schaden am 29. 1. oder eingetreten sei. Dass der Schaden vier Tage später gemeldet worden sei, habe auf die Leistungspflicht der Beklagten keinen Einfluss gehabt. Die Beklagte habe ausreichend Gelegenheit gehabt, den Schaden zu besichtigen und die Schadensursache festzustellen. Auch die Angabe des als Schadensdatum habe keinen Einfluss auf den Versicherungsfall, weil bereits am an der Heizung ein Totalschaden eingetreten sei und es bei der Besichtigung des Schadens durch die Beklagte am keine Hinweise auf eine Schadensvermehrung gegeben habe. Allfällige Regressansprüche gegenüber sonst auf der Baustelle tätigen Personen könnten nach wie vor erhoben werden.
Das Erstgericht stellte mit Zwischenurteil das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend fest. Es traf im Wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Wegen der von den Verkäufern nicht mehr bewirkten Zahlung der Folgeprämie richtete die Beklagte an die Verkäufer unter der versicherten Adresse am ein im Sinn des § 39 VersVG qualifiziertes Mahnschreiben, das dort auch einlangte. Nicht festgestellt werden kann, dass die Verkäufer von diesem Kenntnis erlangten. Zufolge unverändert offener Folgeprämie richtete die Beklagte ein qualifiziertes Mahnschreiben per an die Verkäufer, wiederum unter Verwendung der Adresse des versicherten Objekts. Nicht festgestellt werden kann, ob dieses Mahnschreiben den Verkäufern zuging und diese davon Kenntnis erlangten. Zuvor war die Beklagte mit Mail vom des Versicherungsmaklers D***** V***** von der Veräußerung der Liegenschaft an die Kläger informiert worden. Die Beklagte ersuchte V***** um Weiterleitung ihres qualifizierten Mahnschreibens vom . Ob V***** diesem Ersuchen entsprach, kann nicht festgestellt werden.
Die Kläger begannen im Oktober 2008 damit, das von ihnen erworbene Haus zu sanieren. Es waren daher unter der Woche ständig verschiedene Handwerker im Gebäude tätig. In Anwesenheit des Zweitklägers und der zu diesem Zeitpunkt bei der Sanierung tätigen Handwerker fand am gegen Mittag eine Baubesprechung im Haus statt. Zu diesem Zeitpunkt war die Heizung des ersten Stocks außer Betrieb, jene des Erdgeschosses auf Frostschutz in Betrieb. Die Stromversorgung der Heizung des Erdgeschosses war intakt. Der Zweitkläger befand sich sodann bis Sonntag, , im Ausland, während sich die Erstklägerin im Inland aufhielt. Nach der Baubesprechung fiel im Zeitraum bis im Zuge der Sanierungstätigkeiten der Schutzschalter des Hauses aus. Damit endete die Stromversorgung der Heizung und wurde bis zum nicht wieder hergestellt. Der Mitarbeiter der von den Klägern beauftragten Installationsfirma, H***** S*****, stellte am einen Frostschaden der Heizung des Erdgeschosses fest. Bereits beim Betreten des Hauses fiel ihm die herrschende Kälte auf. Er bemerkte dann die zerrissenen Rohre, die kaputten Heizkörper und die zufolge Einfrierens defekte Heizanlage. S***** informierte sofort telefonisch den Zweitkläger über einen voraussichtlich großen Frostschaden, dessen Ausmaß er jedoch derzeit noch nicht konkret sagen könne. Er werde das Ausmaß am folgenden Montag, den , klären, womit der Zweitkläger einverstanden war. Nachdem er den Frostschaden am Vormittag des im Detail besichtigt hatte, informierte S***** den Zweitkläger erneut telefonisch, der sich daraufhin an seinen Versicherungsmakler V***** wandte, der die Schadensmeldung per Mail am selben Tag an die Beklagte weiterleitete. Auf Anfrage der Beklagten stellte der Zweitkläger mit Mail vom an den zuständigen Mitarbeiter der Beklagten klar, dass der Schaden durch Herrn S***** von der Installationsfirma am Vormittag des um 11:00 Uhr festgestellt worden sei und dass ihm, dem Zweitkläger, der Schaden bei einem Baustellenbesuch am gleichen Nachmittag gezeigt worden sei. Im Auftrag der Beklagten führte G***** P***** am eine erste Befundaufnahme des Frostschadens durch.
Im Dezember 2008 war den Klägern ein Schreiben der Beklagten zugekommen, mit dem ausdrücklich auf die noch offene Folgeprämie hingewiesen worden war. Ungeachtet dessen beglichen die Kläger die offene Folgeprämie in Höhe von 521,40 EUR (inklusive Mahnspesen) erst mit am in Auftrag gegebenem Überweisungsauftrag. Der überwiesene Betrag wurde der Beklagten am gutgeschrieben.
Nach den wörtlichen Ausführungen des Erstgerichts „kann weiters nicht festgestellt werden, dass den Klägern eine qualifizierte Mahnung im Sinn von § 39 VersVG zuging; dass der Zweitkläger in seinem Mail vom zum gewollten Nachteil der Beklagten von einer Schadensfeststellung erst am anstelle vom sprach; dass sich das Ausmaß des Frostschadens im Zeitraum vom 29. 1. bis vergrößerte“.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass von einem Zugang der qualifizierten Mahnung im Sinn des § 39 Abs 1 VersVG an die Verkäufer auszugehen sei. Da die Beklagte die Mahnung vor Veräußerung der Liegenschaft an die Kläger unter Verwendung der Adresse der Liegenschaft an die Verkäufer gesendet habe und die Mahnung in deren Machtbereich gelangt sei, hätten sich die Verkäufer unter normalen Umständen vom Inhalt des Schreibens Kenntnis verschaffen können. Da der Zahlungsverzug mit der Folgeprämie unverändert aufrecht geblieben sei, sei die Beklagte gemäß § 39 Abs 2 VersVG leistungsfrei geworden. Aufgrund der am in Auftrag gegebenen vollständigen Bezahlung der offenen Prämie sei die Leistungspflicht der Beklagten für den am festgestellten Frostschaden jedoch wieder aufgelebt. Der Anspruch der Kläger bestehe daher dem Grunde nach zu Recht. Leistungsfreiheit der Beklagten zufolge Verletzung einer Sicherheitsvorschrift nach Art 10 der ABVB 2005/I komme nicht in Betracht, weil aufgrund der Anwesenheit von Handwerkern im Zuge der Sanierungsarbeiten von einer ausreichenden Kontrolle auszugehen sei. Außerdem habe eine Baubesprechung am stattgefunden und sei der Schaden nur zwei Tage später, nämlich am , erstmals festgestellt worden. Die insoweit unrichtige Schadensmeldung (Feststellung des Schadens am ) sei mangels Vergrößerung des Frostschadens unbeachtlich gewesen. Eine vorsätzliche Falschmeldung sei nicht erweislich.
Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte dieses Zwischenurteil dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es führte dazu im Wesentlichen aus: Dadurch, dass das Erstgericht von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Zeitpunkts des Schadenseintritts ohne ausreichenden Grund Abstand genommen habe, sei das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben. Auch das Unterbleiben der Vernehmung des Zeugen G***** P***** der zum Beweis vorsätzlich falscher Angaben des Zweitklägers zum Schadenszeitpunkt und zum Schadenshergang geführt worden sei, stelle einen Verfahrensmangel dar. Die beiden genannten Beweismittel seien auch für die Frage der erstmaligen Schadensfeststellung bedeutsam. Nach der Rechtsprechung sei für die Rechtzeitigkeit der Zahlung einer Folgeprämie nach § 39 VersVG der Zeitpunkt des Einlangens des Überweisungsauftrags bei der Bank des Versicherungsnehmers maßgebend. Leistungsfreiheit läge daher dann vor, wenn der Versicherungsfall vor dem Einlangen des Überweisungsauftrags der Kläger bei der Bank am eingetreten wäre. Zutreffend mache die Beklagte geltend, dass Feststellungen über den Zeitpunkt des Schadenseintritts fehlten. Das Erstgericht habe offenbar den Zeitpunkt der Schadensfeststellung für maßgeblich gehalten. Beweispflichtig dafür, dass der Überweisungsauftrag noch vor Eintritt des Versicherungsfalls bei ihrer Bank eingelangt sei, seien die Kläger. Allerdings müsste diesen (bzw ihren Rechtsvorgängern) eine der Bestimmung des § 39 Abs 1 VersVG entsprechende Mahnung zugegangen und die von der Beklagten darin bestimmte Zahlungsfrist bei Eintritt des Versicherungsfalls bereits abgelaufen sein. Den Zugang der qualifizierten Mahnung habe der Versicherer zu beweisen. Bei der Beurteilung der Frage, ob die qualifizierte Mahnung in den Machtbereich des Versicherungsnehmers gelangt sei, sei ein strenger Maßstab anzulegen. Feststellungen, die eine abschließende Beantwortung der Frage des Zugangs einer qualifizierten Mahnung an die Kläger ermöglichen würden, habe das Erstgericht nicht getroffen. Insofern liege ein sekundärer Feststellungsmangel vor. Weitere von der Beklagten behauptete sekundäre Feststellungsmängel seien allerdings nicht gegeben. Entgegen der Ansicht der Beklagten hätten die Kläger auch keine verspätete Schadensmeldung zu vertreten. Da der Zweitkläger am telefonisch vom Versicherungsfall verständigt worden und bis im Ausland gewesen sei, bedeute die Verständigung der Beklagten am Montag, dem , noch kein schuldhaftes Zuwarten.
Der Einwand der Leistungsfreiheit sei jedoch insofern berechtigt, als der Zweitkläger die in Art 11 der dem Versicherungsvertrag zugrunde gelegten ABVB 2005/I statuierte Obliegenheit verletzt habe, dem Versicherer jede Untersuchung über die Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungsleistung zu ermöglichen und bei der Schadenermittlung unterstützend mitzuwirken. Durch die Mitwirkungsobliegenheit solle der Versicherer in die Lage versetzt werden, sachgemäße Entscheidungen über die Behandlung des Versicherungsfalls zu treffen. Er könne daher diejenigen Auskünfte verlangen, die er für notwendig halte, sofern sie für Grund und Umfang seiner Leistung bedeutsam sein könnten. Von einem redlichen Versicherungsnehmer sei zu erwarten, dass er in keinem wesentlichen Punkt Behauptungen aufstelle, die objektiv der Wahrheit nicht entsprächen. Der Zweitkläger habe die Anfrage der Beklagten, wann genau (Datum/Uhrzeit) der Schaden bemerkt worden sei, damit beantwortet, dass der Schaden am um 11:00 Uhr festgestellt worden sei. Dadurch habe er gegenüber der Beklagten eine Darstellung abgegeben, die nicht der Wahrheit entsprochen habe. Dass der Schaden bereits am festgestellt worden sei, hätten die Kläger schließlich selbst eingeräumt. Da die Aufklärungspflicht auch dazu diene, die für eine allfällige Leistungsfreiheit des Versicherers maßgeblichen Tatsachen in der Sphäre des Versicherungsnehmers zu ermitteln, habe die unrichtige Behauptung einen für die Beurteilung der Deckungspflicht der Beklagten wesentlichen Punkt betroffen; die objektive Verletzung der Obliegenheit sei damit bewiesen. Sowohl bei grob fahrlässiger als auch bei schlicht vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung werde dem Versicherungsnehmer der sogenannte Kausalitätsgegenbeweis eröffnet; dieser sei nur dann ausgeschlossen, wenn die Obliegenheit mit Schädigungs oder Verschleierungs oder Täuschungsvorsatz verletzt werde, also mit dem Vorsatz, die Leistungspflicht des Versicherers zu beeinflussen oder die Feststellungen solcher Umstände zu beeinträchtigen, die erkennbar für die Leistungspflicht des Versicherers bedeutsam seien (sogenannter „dolus coloratus“). Für eine (schlicht) vorsätzliche Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit genüge schon das allgemeine Bewusstsein des Versicherungsnehmers, dass er bei der Aufklärung des Sachverhalts nach besten Kräften aktiv mitwirken müsse. Dieses Bewusstsein sei bei einem Versicherungsnehmer in der Regel bis zum Beweis des Gegenteils vorauszusetzen. Mit der negativen Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, dass der Zweitkläger zum gewollten Nachteil der Beklagten von einer Schadensfeststellung erst am anstatt gesprochen habe, sei der Beweis eines geringeren Verschuldens als Vorsatz durch die hiefür beweispflichtigen Kläger nicht erbracht worden. Da der Zweitkläger Akademiker sei, könne bei ihm im besonderen Maße die Einsicht vorausgesetzt werden, dass die Angabe über den Zeitpunkt, in dem der Schaden bemerkt wurde, ein für die Leistungspflicht der Beklagten wesentlicher Punkt sei; eine darauf abzielende Frage des Versicherers habe er daher mit besonderer Sorgfalt beantworten müssen. Dass er dazu auch in der Lage gewesen wäre, sei bei der einfachen und präzisen Fragestellung der Beklagten nicht zu bezweifeln. Anstatt aufzuklären, warum der Zweitkläger den Zeitpunkt, zu dem der Schaden bemerkt worden sei, in seinem Mail an die Beklagte (fälschlich) mit angegeben habe, hätten die Kläger noch in der Klage behauptet, dass der Frostschaden am festgestellt worden sei. Ihr späteres Vorbringen bei dieser Angabe habe es sich um eine falsche Formulierung des Zweitklägers gehandelt; für diesen sei das Schadensdatum der gewesen, weil er erst ab diesem Tag volle Kenntnis vom Schadensumfang und Schadensursache gehabt habe; aus ihrer Sicht sei es unerheblich gewesen, ob der Schaden am 29. 1. oder eingetreten sei, sodass sie kein Motiv gehabt hätten, ein falsches Schadensdatum anzugeben enthalte keine besonderen entschuldigenden Umstände, aufgrund derer der Vorsatz verneint werden könnte. Gehe man aufgrund der negativen Feststellung des Erstgerichts, es könne nicht festgestellt werden, dass der Zweitkläger zum gewollten Nachteil der Beklagten von einer Schadensfeststellung erst am gesprochen habe, davon aus, dass die Obliegenheit nicht mit Schädigungs oder Täuschungsvorsatz verletzt worden sei, wäre Leistungspflicht der Beklagten gegeben, wenn den Klägern der Nachweis gelungen wäre, dass die falsche Angabe keinen Einfluss auf die Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten gehabt habe. Diesen Beweis hätten die Kläger jedoch nicht angetreten. Wollte man ihr Vorbringen hingegen für einen Kausalitätsgegenbeweis genügen lassen, wäre er mit der negativen Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, dass sich das Ausmaß des Frostschadens im Zeitraum 29. 1. bis vergrößert habe, aber nicht erbracht worden. Aus all dem folge, dass die Klage wegen Leistungsfreiheit der Beklagten zufolge Obliegenheitsverletzung unberechtigt sei. Würde man diese Rechtsansicht nicht teilen, müsste es wegen primärer Verfahrensmängel und sekundärer Feststellungsmängel zu einer Aufhebung des Ersturteils und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht kommen, weil dieses die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Zeugenvernehmung des G***** P***** zu Unrecht unterlassen habe und die für eine umfassende rechtliche Beurteilung erforderlichen konkreten Feststellungen zum Zugang der qualifizierten Mahnung an die Verkäufer und zum Eintritt des Versicherungsfalls fehlten.
Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil das Berufungsgericht die Grundsätze der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beachtet habe. Auf Antrag der Kläger nach § 508 Abs 1 ZPO änderte das Berufungsgericht diesen Ausspruch dahin ab, dass es die ordentliche Revision doch für zulässig erklärte. Eine neuerliche Prüfung der Rechtslage habe ergeben, dass die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Ausschluss des Kausalitätsgegenbeweises bei Obliegenheitsverletzungen „doch nicht so eindeutig ist, wie vom Berufungsgericht angenommen (vgl etwa E 69 f zu § 6 VersVG in MGA 6 )“.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Kläger, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machen und beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. In eventu möge das angefochtene Urteil dahin abgeändert werden, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde.
Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel ihrer Prozessgegner als unzulässig zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen den Ausführungen im Zulassungsbeschluss des Berufungsgerichts legen zwar die dort zitierten, unter E 69 und 70 zu § 6 VersVG in Grubmann , VersVG 6 , angeführten Entscheidungen 7 Ob 23/95, ZVR 1996/105 und 7 Ob 262/99a, VR 2002/593 in unmissverständlicher Weise dar, dass der Kausalitätsgegenbeweis allein bei dolus coloratus ausgeschlossen ist. Die Revision ist dennoch zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
Die Revisionsausführungen der Kläger sind insofern nicht zielführend, als sie sich dagegen wenden, dass dem Zweitkläger vom Berufungsgericht zu Unrecht vorgeworfen worden sei, die falsche Angabe betreffend den Zeitpunkt der Schadensentdeckung mit Schädigungs , Verschleierungs und Täuschungsvorsatz (dolus coloratus) gemacht zu haben. Wäre dies der Fall gewesen, hätte das Berufungsgericht die Frage des Kausalitätsgegenbeweises nicht weiter erörtern müssen, weil dieser Beweis dann eben ausgeschlossen (RIS Justiz RS0081253) und der Anspruch der Kläger verwirkt wäre (RIS Justiz RS0109766). Entgegen der Ansicht der Revisionswerber können die Ausführungen des Berufungsgerichts aber nicht dahin verstanden werden, dass der Zweitkläger die Falschangabe über den Zeitpunkt der Schadensentdeckung mit dem Vorsatz gemacht habe, die Beweislage im Sinn des § 6 Abs 3 zweiter Satz VersVG zu Lasten der Beklagten zu manipulieren. Das Berufungsgericht hat vielmehr offen gelassen, ob der Zweitkläger mit dem Vorsatz gehandelt hat, die Leistungspflicht der Beklagten zu beeinflussen oder die Feststellung solcher Umstände zu beeinträchtigen, die erkennbar für die Leistungspflicht der Beklagten bedeutsam waren (dolus coloratus). Es meinte offenbar, dies könne dahingestellt bleiben, weil jedenfalls davon auszugehen sei, dass der Zweitkläger schlicht vorsätzlich gehandelt habe, die Kläger den ihnen nach § 6 Abs 3 VersVG daher offen stehenden Kausalitätsgegenbeweis (RIS Justiz RS0086335) aber nicht angetreten hätten. Dass die Kläger keine Behauptungen in die Richtung aufgestellt hätten, die Verletzung der betreffenden Auskunftsobliegenheit habe weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten Einfluss gehabt (RIS Justiz RS0116979), ist allerdings nicht richtig: Die Beklagte hat in der Verhandlung am darauf hingewiesen, dass es Aufgabe der Kläger sei, den Kausalitätsgegenbeweis anzutreten. Daraufhin haben die Kläger zwar erklärt, die Abgabe einer falschen Schadensmeldung überhaupt zu bestreiten. Sollte aber eine diesbezügliche Obliegenheitsverletzung angenommen werden, habe diese keinerlei Einfluss auf den Versicherungsfall gehabt, da bereits am ein Totalschaden der Heizung eingetreten sei, der nicht mehr vergrößert habe werden können. Es könnten auch allfällige Regressansprüche gegenüber sonst auf der Baustelle tätigen Personen nach wie vor erhoben werden. Die Kläger haben sich zum Beweis dieses Vorbringens unter anderem (neben dem Zeugen S***** und der Parteienvernehmung des Klägers) auch auf ein Sachverständigengutachten berufen, das einzuholen das Erstgericht jedoch unterlassen hat.
Nach ständiger Rechtsprechung hat der Versicherungsnehmer den Beweis der fehlenden Kausalität seiner Obliegenheitsverletzung strikt zu führen; es ist nicht etwa nur die Unwahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs darzutun (RIS Justiz RS0079993). Der Versicherer bleibt nur dann zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer jede mögliche Mitursache des falsch angezeigten Umstands am Eintritt des Versicherungsfalls und am Umfang der Leistungen des Versicherers ausschließen kann (vgl RIS Justiz RS0080025). Ausgehend von diesen Grundsätzen wurde der Kausalitätsgegenbeweis auf der Basis des bisher festgestellten Sachverhalts von den Klägern nicht erbracht. Mangels Aufnahme des auch dafür angebotenen Sachverständigenbeweises ist das Verfahren (auch) diesbezüglich noch ergänzungsbedürftig. Einer Verfahrensergänzung in diesem Sinn bedürfte es allerdings dann nicht, wenn den Klägern hinsichtlich der falschen Angabe des Datums der Schadensentdeckung dolus coloratus zu unterstellen wäre. Da sich die Beklagte in der Berufung erkennbar auch gegen die diesbezügliche Negativfeststellung (es könne nicht festgestellt werden, dass der Zweitkläger mit der unrichtigen Angabe einen Nachteil der Beklagten „gewollt“ habe) gewandt hat und der Zeuge P*****, der bestätigen sollte, dass ihn der Zweitkläger sogar noch am bei der Befundaufnahme über den Zeitpunkt der Schadensentdeckung falsch informiert habe, bisher nicht einvernommen wurde, kann auch die Frage eines Vorgehens des Zweitklägers mit dolus coloratus noch nicht abschließend beurteilt werden. Für die Begehung einer Obliegenheitsverletzung mit dolus coloratus ist es nach ständiger Rechtsprechung nicht erforderlich, dass der Versicherungsnehmer geradezu und ausschließlich mit dem Ziel handelt, den Versicherer zu täuschen (Betrugsabsicht); es genügt, wenn er erkennt, dass die von ihm dargelegten oder unvollständig angegebenen Umstände, die für die Beurteilung der Leistungspflicht des Versicherers maßgeblich sind, letztere beeinträchtigen oder fehlleiten können und er sich damit abfindet. Täuschung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer einen Vermögensvorteil anstrebt, aber auch, wenn er durch die Angaben unrichtiger Tatsachen einen für berechtigt gehaltenen Anspruch durchsetzen oder einfach „Schwierigkeiten“ bei der Schadensfeststellung verhindern will (RIS Justiz RS0109766).
Sollte nach der vorzunehmenden Verfahrensergänzung ausgehend von diesen Kriterien dolus coloratus des Zweitklägers zu verneinen sein, könnte es für die Erbringung des Kausalitätsgegenbeweises weiters bedeutsam sein, ob sich die Kläger vor dem maßgeblichen Zeitpunkt des Einlangens des Überweisungsauftrags bei ihrer Bank (RIS Justiz RS0080381) am , wie vom Erstgericht angenommen, im (iSd § 39 Abs 1 VersVG) qualifizierten Prämienzahlungsverzug befanden. Dies setzte den vom Berufungsgericht relevierten Umstand des Zugangs einer qualifizierten Mahnung an sie oder ihre Rechtsvorgänger voraus. Ob im Fall eines solchen Prämienzahlungsverzugs die Leistungspflicht der Beklagten durch den Überweisungsauftrag vom wiederaufgelebt ist, hängt wie das Berufungsgericht, auf dessen Ausführungen verwiesen werden kann, insoweit zutreffend dargelegt hat - davon ab, ob der Überweisungsauftrag vor Eintritt des Versicherungsfalls erfolgte, wofür die Kläger als Versicherungsnehmer die Beweislast trifft (RIS Justiz RS0080596). In der Sachversicherung tritt der Versicherungsfall mit der Substanzbeeinträchtigung (Sachschaden in Form von Zerstörung oder Beschädigung) ein ( Martin aaO B I 10 ua). Es kommt daher nicht, wie vom Erstgericht offenbar angenommen, auf den Zeitpunkt der Schadensentdeckung, sondern auf den noch festzustellenden Zeitpunkt des Schadenseintritts an. Zur Klärung dieser Umstände wird das Erstgericht daher die vom Berufungsgericht aufgezeigten Verfahrensmängel und sekundären Feststellungsmängel zu beseitigen haben.
Sollte nach Verfahrensergänzung dolus coloratus anzunehmen sein oder der Kausalitätsgegenbeweis nicht als erbracht angesehen werden können, hätte dies die Klagsabweisung zur Folge. Andernfalls wäre unter der Voraussetzung, dass sich die Kläger nicht in qualifiziertem Prämienzahlungsverzug befunden haben oder die Überweisung der Prämie vor Eintritt des Versicherungsfalls erfolgte, das Klagebegehren dem Grunde nach berechtigt. Die vom Berufungsgericht verworfenen Einwände der Missachtung vereinbarter Sicherungspflichten und der verspäteten Schadensmeldung stellen keine Streitpunkte mehr dar.
Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.