OGH vom 24.04.1991, 3Ob535/91
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Angst und Dr.Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Sascha W*****, wegen Herabsetzung und Einstellung von Unterhaltsvorschüssen, infolge außerordentlichen Rekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom , GZ 18 R 12/91-82, womit sein Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung vom , GZ P 96/90-79, zurückgewiesen wurde, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den zurückgewiesenen Rekurs unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung:
Der Vater des Pflegebefohlenen verpflichtete sich in einem am vor dem Jugendwohlfahrtsträger abgeschlossenen Vergleich, seinem Kind ab einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.200 S zu bezahlen. Die damals zuständigen Vormundschaftsgerichte gewährten dem Kind mit Beschlüssen vom und für die Zeit vom bis einen monatlichen Unterhaltsvorschuß von 1.200 S. Mit den rechtskräftig gewordenen Beschlüssen vom und entschieden diese Vormundschaftsgerichte, daß der Vater jeweils für die Dauer seiner Haft, im ersten Fall beginnend ab und im zweiten Fall ab , von der Pflicht zur Zahlung des Unterhalts befreit werde.
Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz stellte am beim Erstgericht den Antrag, die gewährten Unterhaltsvorschüsse für Dezember 1980 auf 560 S herabzusetzen, für die Zeit von Jänner bis Mai 1981 einzustellen, für Juni 1981 auf 240 S herabzusetzen und für Mai 1985 einzustellen sowie über eine allfällige Pflicht zum Ersatz des Betrages von 8.800 S zu entscheiden. Er brachte hiezu vor, daß der Unterhaltsschuldner für die Dauer seiner Haft, die er vom bis und vom 1. bis verbüßt habe, von der Pflicht zur Zahlung des Unterhalts befreit gewesen sei.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Einstellung und Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse mit der Begründung ab, daß die Pflicht zum Ersatz der zu Unrecht gezahlten Vorschüsse gemäß § 22 Abs 3 UVG erloschen sei.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz zurück und sprach aus, daß der (richtig: ordentliche) Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Durch den angefochtenen Beschluß würden rechtlich geschützte Interessen des Rekurswerbers nicht verletzt, weil infolge Ablaufs der Frist des § 22 Abs 3 UVG von drei Jahren, bei der es sich um eine Präklusivfrist handle, die Ersatzpflicht bereits erloschen sei. Es sei daher die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderliche Beschwer nicht gegeben. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil die Ansicht, daß es sich bei der im § 22 Abs 3 UVG festgelegten Frist um eine Präklusivfrist handle, durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichthofs (EvBl 1986/30) gedeckt sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz ist ungeachtet des Ausspruches des Rekursgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 10 UVG iVm § 16 Abs 3 AußStrG und § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, zulässig, weil die Entscheidung von der in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Auslegung des § 23 UVG abhängt, zu der eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt.
Der Rekurs ist auch berechtigt.
Die Ansicht des Rekursgerichtes ist mit § 23 UVG unvereinbar. Werden die Unterhaltsvorschüsse herabgesetzt oder eingestellt, keine Beträge nach § 19 Abs 1 letzter Halbsatz einbehalten und ergibt sich aus der Aktenlage, daß ein Anspruch auf Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse nicht besteht, so ist dies nach der angeführten Gesetzesstelle von Amts wegen im Beschluß über die Herabsetzung oder Einstellung der Vorschüsse auszusprechen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich somit eindeutig, daß der Beschluß über die Herabsetzung oder Einstellung auch dann zu fassen ist, wenn ein Anspruch auf Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse nicht besteht.
Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der UVGNov BGBl 1980/278, mit der § 23 UVG die geltende Fassung erhielt, bieten zwar einen Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Gesetzgeber bei Erlassung der dargestellten Regelung an andere Fälle als jenen gedacht haben dürfte, in denen der Ersatzanspruch deshalb nicht besteht, weil die Ersatzpflicht gemäß § 22 Abs 3 UVG infolge Ablaufs der Frist von drei Jahren erloschen ist. Dort wird nämlich ausgeführt (276 BlgNR 15.GP 14 f), es ergebe häufig schon die dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes regelmäßig nicht bekannte Aktenlage beim Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht, daß ein Anspruch auf Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse offensichtlich gar nicht bestehe, so etwa, wenn der Übergenuß allein auf die Dauer des Verfahrens zur Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge zurückzuführen sei. Es besteht aber kein Anlaß, die Fälle, in denen der Anspruch auf Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse nicht besteht, in dem hier erörterten Zusammenhang verschieden zu behandeln.
Ist aber aus § 23 UVG ein verfahrensrechtlicher Anspruch des Präsidenten des Oberlandesgerichtes auf Entscheidung über die Herabsetzung oder Einstellung von Unterhaltsvorschüssen auch für den Fall abzuleiten, daß ein Anspruch auf Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse nicht besteht, so ist der Rekurswerber durch den diese Entscheidung ablehnenden Beschluß des Erstgerichtes beschwert. Das Rekursgericht hat daher seinen Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes zu Unrecht mangels Beschwer zurückgewiesen. Auf die Ausführungen in dem an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rekurs, wonach die Beschwer deshalb gegeben sei, weil die Entscheidung über die Herabsetzung oder Einstellung der Unterhaltsvorschüsse für die ordnungsgemäße Bereinigung des Kontos des Unterhaltsberechtigten benötigt werde, muß unter diesen Umständen nicht eingegangen werden.