OGH vom 28.04.2011, 1Ob81/11k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Gerd Friedrich R*****, vertreten durch Dr. Bernhard Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in Sattledt, gegen die beklagte Partei Gerhard P*****, vertreten durch Reinisch Wisiak Rechtsanwälte GmbH in Leibnitz, wegen Herausgabe einer Liegenschaft und Einwilligung in die Einverleibung des Eigentums (Streitwert: 145.924,59 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 26/11k 27, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 23 Cg 44/10t 23, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Nach § 1078 ABGB lässt sich das Vorkaufsrecht ohne besondere Verabredung nicht auf andere Veräußerungsarten ausdehnen. Darunter sind solche Vertragstypen zu verstehen, bei denen sich aus dem Vertragsinhalt ergibt, dass die typischen Vertragszwecke aus der Sicht des Verpflichteten in besonderem Maße an der Person des Partners oder an der von ihm zu erbringenden individuellen Gegenleistung orientiert sind (RIS Justiz RS0020199). Ihnen liegen typischerweise immaterielle, an die Person des Erwerbers gebundene Motive zugrunde oder sie sind typischerweise auf eine nicht substituierbare Gegenleistung gerichtet (RIS Justiz RS0107638).
Ob nach diesen Kriterien ein Vertrag als andere Veräußerungsart einem Vorkaufsfall nicht gleichzuhalten ist, ist damit jeweils im Einzelfall nach seinem Inhalt zu beurteilen. Derartige Fragen der Vertragsauslegung können nur im Fall eines unvertretbaren Ergebnisses eine erhebliche Rechtsfrage begründen (RIS Justiz RS0042936). Dies trifft hier nicht zu: Dem zwischen dem Beklagten und seiner Mutter geschlossenen Übergabevertrag, der ihn als Übernehmer zur Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts und zu umfangreichen Versorgungs und Pflegeleistungen zugunsten seiner Eltern verpflichtete, lag zugrunde, dass die Vertragsparteien und die übrigen Familienmitglieder (die vier Geschwister des Beklagten „verzichteten“ mündlich auf Pflichtteilsansprüche) den Verbleib der Liegenschaft mit dem „Heimathaus“ in der Familie sowie das Zusammenleben des Beklagten mit seinen Eltern und seiner Großmutter erreichen wollten, während ein Verkauf an einen Dritten nie zur Diskussion gestanden war. Dem Revisionswerber ist einzuräumen, dass bestimmte Versorgungsleistungen (wie insbesondere die Reinigung, die Versorgung mit Nahrung oder eine Krankenpflege) auch von familienfremden dritten Personen erbracht werden können. Für den Berechtigten macht es in der Regel aber doch einen wesentlichen Unterschied, ob ein ihm nahestehendes, im selben Haus wohnendes Familienmitglied diese Versorgung organisiert und überwacht, auch wenn es nicht jeden einzelnen Handgriff höchstpersönlich vornimmt. Haben die Vorinstanzen die ausgedingsähnlichen Gegenleistungen als an die Person des Beklagten und Sohn der Übergeberin gebundene, von immateriellen Beweggründen getragene Verpflichtung gewertet, so ist diese Beurteilung nicht zu korrigieren.