OGH 23.04.2020, 6Ob63/20p
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Ute Toifl, LL.M., Rechtsanwältin, Gluckgasse 1, 1010 Wien, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des DI C*****, vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, dieser substituiert durch Mag. Thomas Klein, Rechtsanwalt in Graz, wegen Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils (Streitwert: 5.000 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 60 R 97/19y-16, womit aus Anlass des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom , GZ 2 C 534/18w-12, das bisherige Verfahren für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die klagende Partei begehrt, den ursprünglich als Beklagten bezeichneten Schuldner schuldig zu erkennen, die Übertragung (Modus) des von ihm gehaltenen Geschäftsanteils an der B***** GmbH, FN *****, im Nominale von 100.000 S in Umsetzung des Generalversammlungsbeschlusses vom an die Klägerin gegen Zahlung eines Abfindungsentgelts von 5.000 EUR in Notariatsaktform vorzunehmen, sodass durch das klagsstattgebende Urteil der Notariatsakt ersetzt und die Übertragung vollzogen werde.
Das Erstgericht wies mit Beschluss vom die Anträge des Beklagten, der Klägerin den Erlag einer Prozesskostensicherheitsleistung und die gerichtliche Hinterlegung des Abfindungsbetrags von 5.000 EUR aufzutragen, ab und berichtigte die Bezeichnung der beklagten Partei auf die Insolvenzverwalterin.
Aus Anlass des Rekurses des Beklagten gegen diesen Beschluss erklärte das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss den erwähnten Beschluss des Erstgerichts und das bisherige Verfahren für nichtig und wies die Klage zurück. Der geltend gemachte Anspruch unterliege der Prozesssperre des § 6 Abs 1 IO.
Dagegen erhob die klagende Partei Rekurs.
Die Masseverwalterin als nunmehrige Beklagte erstattete anwaltlich vertreten per Telefax eine rechtzeitige Rekursbeantwortung. Eine Einbringung dieses Schriftsatzes im elektronischen Rechtsverkehr erfolgte nicht.
Daraufhin legte das Erstgericht den Akt dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Aktenvorlage ist verfrüht.
Gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts ab dem maßgeblichen Stichtag (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die auf dem Postweg und nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Das Ausbleiben der Verbesserung führt zur Zurückweisung der Eingabe (RS0128266). Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein anwaltlicher Schriftsatz statt im elektronischen Rechtsverkehr per Telefax eingebracht wird (vgl 2 Ob 140/18d).
Zur Durchführung dieses Verbesserungsverfahrens sind die Akten dem
Erstgericht zurückzustellen (RS0128266 [T23]).
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden, die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Ute Toifl, LL.M., Rechtsanwältin, Gluckgasse 1, 1010 Wien, als Masseverwalterin über das Vermögen des DI C***** R*****, vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, dieser substituiert durch Mag. Thomas Klein, Rechtsanwalt in Graz, wegen Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 60 R 97/19y-16, womit aus Anlass des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom , GZ 2 C 534/18w-12, das bisherige Verfahren für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
2. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei begehrt, den ursprünglich als Beklagten bezeichneten Schuldner schuldig zu erkennen, die Übertragung (Modus) des von ihm gehaltenen Geschäftsanteils an der B***** GmbH (im Folgenden „Gesellschaft“) im Nominale von 100.000 S in Umsetzung des Generalversammlungsbeschlusses vom (Ausschluss des Schuldners als Gesellschafter der Gesellschaft und Übernahme dessen Geschäftsanteils durch die Klägerin) an die Klägerin gegen Zahlung eines Abfindungsentgelts von 5.000 EUR in Notariatsaktsform vorzunehmen, sodass durch das klagsstattgebende Urteil der Notariatsakt ersetzt und die Übertragung vollzogen werde. Die vom Schuldner gegen den erwähnten Generalversammlungsbeschluss erhobene Anfechtungsklage nach § 41 GmbHG sei rechtskräftig abgewiesen worden.
Das Erstgericht wies mit Beschluss vom die Anträge des Beklagten, der Klägerin den Erlag einer Prozesskostensicherheitsleistung und die gerichtliche Hinterlegung des Abfindungsbetrags von 5.000 EUR aufzutragen, ab und berichtigte die Bezeichnung der beklagten Partei auf die Insolvenzverwalterin.
Aus Anlass des Rekurses des Beklagten gegen diesen Beschluss erklärte das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Beschluss des Erstgerichts und das bisherige Verfahren für nichtig und wies die Klage zurück. Nach der Aktenlage im Konkursakt sei der geltend gemachte Anspruch weder von der Klägerin im Konkursverfahren angemeldet noch gemäß § 119 Abs 5 IO aus der Masse ausgeschieden worden. Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht beträfen, könnten vom Schuldner anhängig gemacht und fortgesetzt werden („Gemeinschuldnerprozess“). Zu den in § 6 Abs 3 IO bezeichneten Streitigkeiten gehörten einerseits solche nicht vermögensrechtlicher Natur und andererseits solche vermögensrechtlicher Natur, sofern der Streitgegenstand weder einen Aktiv- noch einen Passivbestandteil der (Soll-)Konkursmasse bilde. Letzteres sei nur zu bejahen, wenn die dem Klagebegehren stattgebende Entscheidung im Prozess auf den Stand der Sollmasse unmittelbar keinen Einfluss nehme. Unmittelbar sei der Einfluss allerdings auch dann, wenn der Streitgegenstand selbst zwar den Sollstand der Masse nicht berühre, mit vermögensrechtlichen, die Masse betreffenden Ansprüchen aber derart eng verknüpft sei, dass sich das der Klage stattgebende Urteil auf deren Bestand und Höhe rechtsnotwendigerweise unmittelbar auswirke. Der Oberste Gerichtshof habe ausgesprochen, dass sich der Anspruch des Veräußerers auf Rückabtretung des Geschäftsanteils, da nicht unmittelbar in Geld bestehend und auch keine unvertretbare Handlung betreffend, gemäß § 14 Abs 1 KO ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung in eine vom Konkurs betroffene und anzumeldende Geldforderung in der Höhe des Schätzwerts verwandelt habe. Die Verwandlung aller nicht auf die Leistung von Geld gerichteten Forderungen gegen den Gemeinschuldner in Geldforderungen nach dieser Gesetzesstelle sei nämlich notwendige Voraussetzung für die gleichmäßige Befriedigung der Konkursgläubiger aus seinem nicht ausreichenden Vermögen. Der Geschäftsanteil des Schuldners an der Gesellschaft sei Teil der Konkursmasse und der Anspruch der Klägerin auf Unterfertigung des Notariatsakts zur Übertragung des Geschäftsanteils stelle eine der Anmeldung unterliegende Konkursforderung dar, weil damit ein Anteil an der Konkursmasse begehrt werde. Der geltend gemachte Anspruch unterliege der Prozesssperre des § 6 Abs 1 IO, weshalb die Nichtigkeit des vom Mangel betroffenen Verfahrens auszusprechen sei.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, dem Rekurs nicht Folge zu geben und dem Erstgericht die Verhandlung und Entscheidung in der Sache aufzutragen.
Die Masseverwalterin als nunmehrige Beklagte erstattete anwaltlich vertreten per Telefax eine rechtzeitige Revisionsrekursbeantwortung. Eine Einbringung dieses Schriftsatzes im elektronischen Rechtsverkehr erfolgte trotz des vom Senat angeordneten und vom Erstgericht durchgeführten Verbesserungsverfahrens (Beschluss vom , 6 Ob 63/20p) nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekursbeantwortung ist zurückzuweisen.
Der Revisionsrekurs ist zulässig (RS0043774), er ist aber nicht berechtigt.
Zu 1.:
Wie im erwähnten Beschluss des Senats vom ausgesprochen wurde, führt das Ausbleiben der Verbesserung eines nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Schriftsatzes zu seiner Zurückweisung (RS0128266; 2 Ob 140/18d).
Zu 2.:
Die Rechtsmittelwerberin macht geltend, der Gesellschafterausschluss sei bereits wirksam erfolgt, weshalb keine anmeldungspflichtige Forderung iSd §§ 102 ff IO vorliege und es sich nicht mehr um einen Vermögenswert des Schuldners handle. Es bestehe ein Anspruch auf eine persönliche Leistung des Schuldners iSd § 6 Abs 3 IO, nämlich auf Abgabe einer notariellen Abtretungserklärung. Die Klägerin habe darüber hinaus ein persönliches Recht auf Aussonderung an dem Geschäftsanteil iSd § 44 Abs 1 IO.
Hierzu wurde erwogen:
1. Die Rechtsmittelwerberin wird zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses verwiesen (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO).
2. Darüber hinaus wird Folgendes ausgeführt:
2.1. Der Annahme der Klägerin, bereits durch den wirksamen Beschluss auf Gesellschafterausschluss und Übernahme des Geschäftsanteils des Schuldners sei es zu einem Wechsel der Rechtszuständigkeit für den Geschäftsanteil gekommen, kann nicht gefolgt werden. Ein solcher Wechsel setzt nämlich – aufgrund der Klarstellungsfunktion des in § 76 Abs 2 GmbHG statuierten Formgebots (vgl RS0060234 [T2]) – die Einhaltung der Notariatsaktsaktsform nicht nur im Hinblick auf das Verpflichtungs-, sondern auch auf das Verfügungsgeschäft voraus (RS0059756 [T5]). Dieser (form-)wirksame Übertragungsakt fehlt hier, sodass der Geschäftsanteil rechtlich noch dem Schuldner zugeordnet ist.
2.2. Der gerichtliche Vergleich oder ein Urteil ersetzt zwar den auch für die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils erforderlichen Notariatsakt (RS0060201 [T2]). Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Vergleich oder das Urteil die Übertragung des Geschäftsanteils zum Gegenstand hat. Dies trifft aber auf das rechtskräftige Urteil im erwähnten Anfechtungsprozess nach § 41 GmbHG nicht zu, weil es die Übertragung des Geschäftsanteils nicht anordnet.
2.3. Dass der Geschäftsanteil des Schuldners der Klägerin wirtschaftlich zugeordnet sein mag, ändert daran nichts.
2.4. Das Begehren auf Unterfertigung eines Notariatsakts ist auch kein Anspruch auf eine persönliche Leistung des Schuldners iSd § 6 Abs 3 IO, der das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betrifft. Denn mit Unterfertigung des Notariatsakts scheidet der Geschäftsanteil als Vermögenswert aus der Insolvenzmasse aus.
2.5. Soweit die Rechtsmittelwerberin ins Treffen führt, der Geschäftsanteil vermittle dem Schuldner keinerlei Gesellschaftsrechte mehr, und damit erkennbar auf seine nach dem Ausschluss aus der Gesellschaft nicht mehr ausübbaren Verwaltungs- und Herrschaftsrechte als Gesellschafter abstellt, so steht dieser Umstand der exekutiven Verwertbarkeit des Geschäftsanteils schon deshalb nicht entgegen, weil sich die Wirkung der Pfändung ohnedies nur auf die mit dem Geschäftsanteil verbundenen Vermögensrechte erstreckt (3 Ob 188/97m). Gerade diese sind aber mangels wirksamer Übertragung des Geschäftsanteils noch nicht auf die Klägerin übergegangen, stehen also noch dem Schuldner zu (vgl zu dieser Voraussetzung RS0053189).
2.6. Die Rekurswerberin meint weiter, infolge rechtswirksamen Gesellschafterausschlusses bestehe kein bloßes obligatorisches Forderungsrecht, sondern sei der streitverfangene Geschäftsanteil rechtlich bereits mit wirksamem Ausschluss der Klägerin zugeordnet. Diese habe daher darüber hinaus ein persönliches Recht auf Aussonderung an dem Geschäftsanteil iSd § 44 Abs 1 IO.
Dem ist zu entgegnen:
Der hier maßgebliche Punkt „Dreizehntens“ des Gesellschaftsvertrags der Gesellschaft lautete im Zeitpunkt der Generalversammlung vom (auszugsweise) folgendermaßen:
„Die Ausschließung wird mit Zugang des Ausschließungsbeschlusses wirksam, auch wenn die Ausschließung gegen Entgelt erfolgt und eine Einigung über die Höhe des Entgelts noch nicht erzielt worden ist.
Der Gesellschafter ist verpflichtet, nach Wahl der Gesellschaft seinen Anteil ganz oder geteilt an die Gesellschaft selbst, an einen oder mehrere Gesellschafter oder an einen von der Gesellschaft zu benennenden Dritten abzutreten oder die Einziehung des Anteils zu dulden. Der betroffene Gesellschafter kann nicht mitstimmen.“
Daraus ergibt sich, dass – ungeachtet der im ersten zitierten Satz erklärten „Wirksamkeit“ der Ausschließung mit Zugang des Ausschließungsbeschlusses – nach dem zweiten Satz auch nach der Ausschließung zum Übergang des Geschäftsanteils eine Handlung des Ausgeschlossenen (Abtretung) erforderlich war, die aber im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht gesetzt war. Ein Aussonderungsrecht am Geschäftsanteil besteht daher nicht.
2.7. Ausgehend davon erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit den weiteren Überlegungen der Rechtsmittelwerberin zu § 14 Abs 1 IO und konkret zur Entscheidung 7 Ob 131/01t, der zufolge auch der Anspruch des Veräußerers auf Rückübertragung des abgetretenen Geschäftsanteils der Forderungsumwandlung nach dieser Gesetzesstelle unterliegt. Da nämlich, wie bereits dargelegt, ein Wechsel in der formellen Rechtszuständigkeit für den Geschäftsanteil des Schuldners bislang nicht erfolgte, damit aber die mit dem Anteil verbundenen Vermögensrechte nach wie vor der Masse zugehören, bleibt für die Annahme der Klägerin, ihr Klagebegehren sei auf keine vermögenswerte Leistung aus der Masse gerichtet, kein Raum.
3. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 40, 50 ZPO.
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00063.20P.0423.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAD-65493