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OGH vom 24.06.2020, 7Ob61/20a

OGH vom 24.06.2020, 7Ob61/20a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Erlagssache der Erlegerin B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Josef Milchram ua Rechtsanwälte in Wien, gegen die Erlagsgegner 1. B***** M*****, vertreten durch Mag. Johann Götsch, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2. C***** W*****, 3. W***** W*****, und 4. G***** A*****, die Zweit- bis Viertantragsgegner vertreten durch Dr. Frank Philipp, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Erlags gemäß § 1425 ABGB, über die außerordentlichen Revisionsrekurse der Ersterlagsgegnerin sowie der Zweit- bis Vierterlagsgegner und den Kostenrekurs der Zweit- bis Vierterlagsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 263/19s-23, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Der Kostenrekurs der Zweit- bis Vierterlagsgegner wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

A. Zum Revisions- und Kostenrekurs der Ersterlagsgegnerin:

1. Der Oberste Gerichtshof hat die behauptete Aktenwidrigkeit geprüft; sie haftet der Entscheidung des Rekursgerichts nicht an (§ 71 Abs 3 AußStrG).

2.1. Wird ein Erlagsgesuch – wie hier – damit begründet, dass mehrere Forderungsprätendenten auf den Erlagsgegenstand Anspruch erheben und der oder die wahren Gläubiger nicht mit zumutbarem Aufwand zu ermitteln sind, dann gehört zur Schlüssigkeitsüberprüfung, ob die Angaben des Erlegers über die auf den Erlagsgegenstand geltend gemachten Ansprüche rechtlich plausibel sind und auch schlüssig dargelegt wurden, die Ermittlung des richtigen Gläubigers bereite Schwierigkeiten (RS0113469 [T1]). Die Schlüssigkeit ist aufgrund der Behauptungen des Erlegers zu prüfen (8 Ob 31/11h). Bei der Beurteilung der Schlüssigkeit sind immer die Umstände des Einzelfalls maßgeblich, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG begründen (9 Ob 33/17v).

2.2. Die Ersterlagsgegnerin hält dem Erlagsantrag entgegen, dass in dem zwischen den Erlagsgegnern geführten Pflichtteilsprozess die materielle Berechtigung an den Sparguthaben zugunsten der Ersterlagsgegnerin bereits rechtskräftig geklärt worden sei.

2.3. In dem von den Erlagsgegnern geführten Pflichtteilsprozess war die materielle Berechtigung an den Sparguthaben lediglich Gegenstand einer Vorfragenbeurteilung, deren Ergebnis keine Bindungswirkung zukommt (RS0041572 [T6]). Für die Schlüssigkeit des Erlagsantrags ist dagegen maßgeblich, an wen die Erlegerin nach den sich insbesondere aus § 32 Abs 4 BWG ergebenden Anforderungen Auszahlungen vornehmen darf (vgl dazu RS0122157). Diese Frage war nicht Entscheidungsgegenstand des Pflichtteilsprozesses. Dass der Erlegerin insoweit eine erhebliche Rechtsunsicherheit zuzubilligen ist, folgt schon daraus, dass die Tatsacheninstanzen im Pflichtteilsprozess zur fraglichen „Schenkung“ der Sparbücher zu unterschiedlichen Sachverhaltsgrundlagen gelangten. Bei dieser Sachlage hält sich die Bejahung der Schlüssigkeit des Erlagsantrags durch das Rekursgericht im Rahmen der von der Rechtsprechung dazu entwickelten Grundsätze (vgl 8 Ob 37/09p). Die Ersterlagsgegnerin zeigt daher in der Hauptsache keine erhebliche Rechtsfrage auf.

3. Der Kostenrekurs der Ersterlagsgegnerin ist zufolge § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig, gilt doch dieser Rechtsmittelausschluss auch für jede Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (RS0044233 [T11]).

B. Zum Revisionsrekurs der Zweit- bis Vierterlagsgegner:

Die Zweit- bis Vierterlagsgegner machen (ebenfalls) geltend, das Rekursgericht habe die Frage der Schlüssigkeit des Erlagsantrags unrichtig gelöst. Diese Ansicht ist aus den schon oben zu A.2. genannten Gründen nicht zutreffend. Die Einzelfallbeurteilung des Rekursgerichts steht mit der von den Rechtsmittelwerbern für ihre Ansicht ins Treffen geführten Entscheidung „9 Ob 32/17v“ (gemeint wohl: 9 Ob 33/17v) in keinem erkennbaren Widerspruch. Demnach zeigen auch die Zweit- bis Vierterlagsgegner keine erhebliche Rechtsfrage auf.

C. Im Ergebnis sind die Revisionsrekurse der Erlagsgegner mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig und daher zurückzuweisen (§ 71 Abs 3 AußStrG). Der Kostenrekurs der Zweit- bis Vierterlagsgegner ist nach § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00061.20A.0624.000

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Fundstelle(n):
QAAAD-65420