OGH vom 29.05.2018, 1Ob80/18y

OGH vom 29.05.2018, 1Ob80/18y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. R***** H*****, und 2. C***** H*****, beide vertreten durch Dr. Christian Prader und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei J***** T*****, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 7.900 EUR sA, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 4 R 13/18t-40, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 12 C 388/16g-33, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs und die Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag der Kläger, dem Beklagten aufzutragen, binnen drei Tagen die Umsatzlisten vorzulegen, auf die er in seinem vorbereitenden Schriftsatz Bezug genommen hatte, ab. Auch bei der Vorgangsweise nach § 82 Abs 1 ZPO seien die für den Urkundenbeweis eingeräumten Verweigerungsrechte zu beachten. Bei den Umsatzlisten handle es sich um Geschäftsgeheimnisse, weshalb deren Vorlage nicht aufgetragen werden könne.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kläger Folge und trug dem Beklagten gemäß § 82 ZPO auf, binnen drei Tagen die Umsatzübersicht in der [von ihm] angebotenen Form vorzulegen. Es grenzte seinen auf § 82 Abs 1 ZPO gestützten Beschluss von einer allfälligen nachfolgenden Entscheidung gemäß § 298 Abs 2 ZPO ab und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs „zur Schaffung von Rechtssicherheit“ für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Beklagten dagegen erhobene Revisionsrekurs und die von den Klägern dazu erstattete Revisionsrekursbeantwortung sind jeweils unzulässig.

1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 1 Ob 953/25 (= SZ 7/372 = RISJustiz RS0036577) ausgesprochen, dass gegen den über einen Antrag nach § 82 Abs 1 ZPO ergehende Beschluss ein Rechtsmittel nicht stattfindet, und an dieser Rechtsansicht, die Billigung in der Lehre fand (Fasching II 546 [§ 82 ZPO Anm 4]; Gitschthaler in Rechberger4§ 82 ZPO Rz 2), für den– vorliegenden – Fall der Antragstattgebung festgehalten (5 Ob 131/91; 4 Ob 44/05g = RISJustiz RS0036534 [T1]). Der Ausschluss des Rechtsmittels im Fall einer Antragsstattgebung ergibt sich aus dem Wortlaut („auf Verlangen des Gegners verpflichtet“) in § 82 Abs 1 ZPO in Übereinstimmung mit den Motiven zur Zivilprozessordnung (Materialien zu den neuen österreichischen Civilproceßgesetzen I [1897] 213, 226); dagegen ist die Abweisung eines Antrags nach § 82 Abs 1 ZPO mit (abgesondertem) Rekurs anfechtbar (RISJustiz RS0036534).

Die Urkundenvorlage nach § 82 Abs 1 ZPO dient der Information des Gegners und – anders als die Vorlagepflicht im Rahmen eines Urkundenbeweises – nicht der Sicherung der Beweisführung gegenüber dem Gericht (4 Ob 44/05g mwN = RIS-Justiz RS0036534 [T1]). Die Nichtbefolgung eines Auftrags gemäß § 82 ZPO ist im Prozess mit keiner unmittelbaren Sanktion verknüpft (3 Ob 142/06p mwN = SZ 2006/95 = RIS-Justiz RS0121004).

In der Entscheidung 4 Ob 44/05g hat der Oberste Gerichtshof die von Konecny (in Fasching/Konecny2§ 82 ZPO Rz 4; nunmehr Konecny/Schneider in Fasching/Konecny3§ 82 ZPO Rz 4) vertretene Auffassung, gegen den über einen Vorlageantrag entscheidenden Beschluss sei der Rekurs stets statthaft, nicht geteilt, bilde doch im Hinblick auf die zu wahrende Prozessökonomie (Vermeidung von den Prozessfortgang verzögernden Zwischenstreitigkeiten über die – zumindest zunächst – sanktionslose Erfüllung von Informationspflichten) keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Die mögliche Verletzung von sie schützenden Geheimhaltungspflichten hat jene Prozesspartei zu überlegen, die durch ihren Vortrag und die Berufung auf bestimmte Urkunden die Informationsmöglichkeit für den Prozessgegner nach § 82 Abs 1 ZPO eröffnet.

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist daher zurückzuweisen.

2. Bei der Entscheidung nach § 82 Abs 1 ZPO handelt es sich um einen verfahrensleitenden Beschluss (1 Ob 953/25 = SZ 7/372; 5 Ob 131/91; ebenso Lindinger/Öhlböck, Drum prüfe, wer sich beziehe – Urkundenvorlage nach § 82 ZPO, AnwBl 2006, 8 [9]). Das Rekursverfahren ist einseitig (§ 521a Abs 1 ZPO), wobei die Einseitigkeit auch im Revisionsrekursverfahren gilt.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Kläger ist daher ebenfalls zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00080.18Y.0529.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.