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OGH vom 10.06.2015, 7Ob61/15v

OGH vom 10.06.2015, 7Ob61/15v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** K*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei O***** K*****, vertreten durch MMag. Dr. Harald Ringelhann, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 45 R 435/14z 62, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 79 C 22/11m 44, abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts in der Hauptsache wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.739,15 EUR (darin enthalten 789,86 EUR an USt) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Gemäß § 70 ZPO wird ausgesprochen, dass die beklagte Partei zum Ersatz der Pauschalgebühr für die Klage und für das Revisionsverfahren verpflichtet ist.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am die Ehe geschlossen. Der Ehe entstammen zwei Kinder.

Bereits in der Anfangszeit ihrer Beziehung im Jahr 1995 war der Beklagte Polizist und musste im Laufe der Folgejahre zunehmend zahlreiche Überstunden leisten. Trotzdem fand er bis nach der Geburt des ersten Kindes im Jahr 2000 zumindest hin und wieder Zeit für gemeinsame Unternehmungen.

„Im Jahr 1999/2000 wurde der Beklagte bis auf das Existenzminimum gepfändet.“ Im Jahr 2002 bot die Tante der Klägerin den Ehegatten an, ein „vorhandenes“ Haus auf ihre Kosten nach deren Wünschen umzubauen, um Miete und Betriebskosten zu sparen, weil die finanzielle Situation weiterhin angespannt war. Damit war der Beklagte zunächst einverstanden; er war bei Baubesprechungen dabei und beteiligte sich auch aktiv an Umbauarbeiten. Kurz vor Abschluss des Umbaus schlug die Tante vor, eine Wendeltreppe von ihrer Wohnung in die der Ehegatten zu bauen. Es kann nicht festgestellt werden, ob dies ein ernst gemeinter Vorschlag war. Dem Beklagten wurde jedenfalls die Einmischung der Familie der Klägerin zu viel und er erklärte, doch nicht mehr in dieses Haus einzuziehen, sondern ein eigenes Grundstück auf dem Land erwerben zu wollen.

Die Eltern und die Tante der Klägerin hatten nur Sorge, dass der Beklagte im Zuge des Erwerbs des eigenen Grundstücks Kredite aufnehmen und dafür die beiden in der Zwischenzeit der Klägerin geschenkten Liegenschaften belasten müsse, sodass sie ihre Schenkungen an die Klägerin widerriefen. Der Beklagte wurde daraufhin sehr wütend, beschimpfte die Eltern der Klägerin auf offener Straße und stellte der Klägerin ein Ultimatum. Sie müsse den Kontakt zu ihrer Familie abbrechen, widrigenfalls er sich von ihr trennen werde. Die Klägerin entschied sich für den Beklagten und brach den Kontakt zu ihrer Familie (bis auf einige gelegentliche Ausnahmen) ab. Erst im Jahr 2004 entspannte sich die Situation etwas und die Klägerin besuchte ihre Familie mit den Kindern wieder regelmäßig. Das Verhältnis zwischen ihrer Familie und dem Beklagten blieb allerdings weiterhin gespannt.

Noch im Jahr 2002 erwarben die Ehegatten gemeinsam eine Liegenschaft, wofür sie einen Kredit aufnahmen. Das Geld wurde aber kaum für den Umbau verwendet, sondern vor allem zur Tilgung der Schulden.

Einige Zeit nach seiner Pensionierung im Jahr 2006 begann der Beklagte damit, wie bereits während seiner aktiven Dienstzeit bis zum Beginn seines Krankenstandes im Jahr 2005 regelmäßig im Fitnessstudio zu trainieren, nahm ab 2009 Nahrungsergänzungsmittel zu sich und stellte seine Ernährung auf vegetarische Kost um. Die Klägerin nahm dies nur „bedingt ernst“ und bereitete nur selten separate Mahlzeiten für ihn zu. Auch aus diesem Grund ging der Beklagte immer häufiger auswärts essen. Er gab ansonsten ebenfalls sehr viel Geld aus, um seinen Lebensstil zu finanzieren. Er sorgte nicht ausreichend für den Unterhalt der Familie, sodass sie unter der weiterhin finanziell äußerst angespannten Situation litt. Die Klägerin musste daher ihre Eltern und ihre Tante um Unterstützung bitten; diese steuerten in der Folge monatlich 50 bis 100 EUR bei.

Nach der Geburt des zweiten Kindes im Jahr 2007 verschlechterte sich das Verhältnis der Ehegatten immer weiter. Die unterschiedlichen Interessen kamen immer mehr zum Vorschein und führten dazu, dass sich die Ehegatten zunehmend auseinander lebten. So interessierte sich der Beklagte neben Sport und Ernährung auch sehr für Buddhismus. Er versuchte über Jahre hinweg (bis auf eine Ausnahme) erfolglos, die Klägerin zu motivieren, ihn zu den Treffen zu begleiten. Der Klägerin fehlte aber das Interesse daran. Sie versuchte wiederum, den Beklagten zu gemeinsamen Unternehmungen mit den Kindern am Wochenende zu motivieren, was ebenfalls nur „bedingt“ funktionierte. So brachte er dem ersten Kind das Radfahren bei und begleitete dieses regelmäßig bei Ausfahrten. Darüber hinaus hatte er jedoch immer weniger Interesse an gemeinsamen Aktivitäten, was sich ab 2010 wegen der beruflichen Tätigkeit des Beklagten noch weiter verschlechterte. Dies warf die Klägerin dem Beklagten auch wiederholt vor.

Im Jahr 2010 begann der Beklagte als Security Mitarbeiter in einem Lokal zu arbeiten. Seine Arbeitszeiten waren von Donnerstag bis Sonntag jeweils von 22.00 Uhr bis Diskothekenschluss in den frühen Morgenstunden. Untertags schlief er zumeist. Die Klägerin war üblicher Weise von Donnerstag bis Sonntag bei ihren Eltern und kehrte erst am späten Sonntagabend nach Hause zurück. Den Beklagten ärgerte diese Situation zwar gelegentlich, er nahm sie aber hin, ohne mit der Klägerin darüber ernsthaft zu diskutieren.

Die Klägerin fuhr seit einigen Jahren mit den Kindern allein mit ihrer Familie auf Urlaub, wobei die Eltern oder die Tante sämtliche Kosten übernahmen. Der Beklagte war damit zwar innerlich nicht uneingeschränkt einverstanden, er nahm dies aber ebenfalls hin. Die Ehegatten hätten sich ansonsten keinen „derartigen“ Urlaub leisten können.

Ab Herbst 2010 hatten die Ehegatten keinen Geschlechtsverkehr mehr.

Am eröffnete der Beklagte der Klägerin seine Scheidungsabsicht, weil er sich nur mehr mit Vorwürfen konfrontiert sehe. Er bereitete einen Antrag auf Scheidung im Einvernehmen vor. Die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt kein Scheidungsinteresse hatte, wollte diesen aber nicht unterschreiben und erbat sich Bedenkzeit.

Nach Unstimmigkeiten im Zuge der Eröffnung eines eigenen Kontos für die Klägerin zerriss der Beklagte den Antrag auf einvernehmliche Scheidung und brachte am eine Scheidungsklage ein. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte er die Ehe aufgegeben und war diese für ihn unheilbar zerrüttet.

Nach dem Jahreswechsel 2010/11 wurde der Kontakt zu einer langjährigen Bekannten immer intensiver und die Freundschaft enger. Nach Fassung des Scheidungsentschlusses nächtigte der Beklagte ab März 2011 für einige Zeit in ihrer Wohnung, während sie sich bei ihrem damaligen Lebensgefährten aufhielt. Im August 2011 flogen sie für drei Tage nach Helsinki, was der Klägerin zwar mitgeteilt wurde, womit sie aber nicht einverstanden war. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte mit der Freundin „eine über die intensive freundschaftliche Ebene hinausgehende sexuelle Beziehung“ führte.

Der Beklagte hatte daneben über die Jahre hinweg „platonische Freundinnen“, mit denen sich die Klägerin teilweise recht gut verstand. Sie war aber auch hin und wieder eifersüchtig, weil der Beklagte in den Augen der Klägerin ein „übertrieben flirtives Verhalten“ zeigte.

Am zog der Beklagte seine Scheidungsklage ohne Anspruchsverzicht zurück. Als im Herbst die Situation zunehmend angespannt wurde, brachte die Klägerin am die vorliegende Scheidungsklage ein.

Die Klägerin begehrte die Scheidung aus dem Alleinverschulden des Beklagten. Während er viel Geld für eigene Luxusbedürfnisse ausgegeben habe, habe er seine Unterhaltspflichten verletzt, sodass die Klägerin für notwendige Bedürfnisse auf Zuwendungen ihrer Familie angewiesen gewesen sei. Der Beklagte sei gegenüber den Eltern der Klägerin verbal ausfällig geworden und habe ihr den Kontakt mit ihrer Familie verboten. Gemeinsame Unternehmungen seien auch nach seiner Pensionierung eine Seltenheit gewesen. Zuletzt habe er noch eine ehebrecherische Beziehung unterhalten.

Der Beklagte wendete das überwiegende Verschulden der Klägerin an der Ehezerrüttung ein. Sie habe ihre Beistandspflicht verletzt, indem sie Wochenenden und Urlaube mit den gemeinsamen Kindern ohne den Beklagten verbracht habe. Sie habe kein Interesse gezeigt, die wenige Freizeit gemeinsam mit dem Beklagten zu verbringen.

Das Erstgericht schied die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten, weil er eine ehewidrige Beziehung geführt und fortlaufend die Unterhaltspflicht gegenüber der Klägerin verletzt habe. Die Eheverfehlungen der Klägerin würden demgegenüber deutlich in den Hintergrund treten.

Auf Grund eines allein vom Beklagten dagegen erhobenen Rechtsmittels änderte das Berufungsgericht das Urteil dahin ab, dass das Verschulden beide Teile treffe. Angesichts der zahlreichen finanziellen Belastungen der Familie könne aus monatlichen Zuwendungen der Verwandten der Klägerin von 50 bis 100 EUR keine gravierende und länger dauernde Verletzung der Unterhaltspflicht abgeleitet werden, zumal sich der Beklagte, sofern er arbeitsfähig gewesen sei, immer um eine entsprechende Arbeitsstelle bemüht und den überwiegenden Teil der Unterhaltskosten übernommen habe. Zwar stelle die gemeinsame Urlaubsreise mit der Bekannten für einen objektiven Betrachter eine ehewidrige Beziehung und damit eine schwerwiegende Eheverfehlung dar. Diese sei jedoch für die bereits davor eingetretene Ehezerrüttung nicht kausal gewesen. Der Klägerin seien die mehrwöchigen Sommerurlaube, die sie mit den Kindern ohne den Beklagten verbracht habe, die Weigerung, den Essensgewohnheiten des Beklagten entsprechende Mahlzeiten vorzubereiten, und der Umstand vorzuwerfen, dass sie sich vom Beklagten nicht zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten motivieren habe lassen. Diese Eheverfehlungen der Klägerin würden gegenüber jenen des Beklagten keineswegs in den Hintergrund treten.

Gegen die Verschuldenszumessung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der ihn vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zwar erfolgt die Verschuldenszumessung bei der Scheidung nach den Umständen des Einzelfalls, sodass damit in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage begründet wird (RIS-Justiz RS0119414, RS0118125). Im vorliegenden Fall ist aber die dem Berufungsgericht unterlaufene Fehlbeurteilung aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen.

2. Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung des überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten alle Umstände zu berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen (RIS-Justiz RS0057303). Es müssen die Eheverfehlungen in ihrem Zusammenhang gesehen werden, wobei berücksichtigt werden muss, inwieweit diese einander bedingt haben bzw ursächlich für das Scheitern der Ehe waren (RIS-Justiz RS0057223, RS0056751). Der Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten hat nur dort zu erfolgen, wo der graduelle Unterschied der beidseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich hervortritt (RIS-Justiz RS0057821). Nur das erheblich schwerere Verschulden eines Teils soll im Scheidungsurteil zum Ausdruck kommen (RIS Justiz RS0057325).

Eheverfehlungen, die in den Zeitraum nach dem Eintritt der völligen Zerrüttung der Ehe fallen, spielen bei der Verschuldensabwägung keine entscheidende Rolle (RIS-Justiz RS0057338). Eheverfehlungen nach Zerrüttung der Ehe sind jedoch dann von Bedeutung, wenn sie der verletzte Ehegatte bei verständiger Würdigung noch als zerrüttend empfinden durfte oder eine Vertiefung der Zerrüttung durch diese Verfehlungen nicht ausgeschlossen werden kann (RIS-Justiz RS0057338 [T7]).

Auf Eheverfehlungen, die in einer rechtskräftig abgewiesenen Scheidungsklage bereits ohne Erfolg geltend gemacht wurden, kann ein Mitverschuldensantrag in einem späteren von der Gegenseite initiierten Scheidungsverfahren nicht gestützt werden (RIS-Justiz RS0041299 [T1]).

Eine unheilbare Ehezerrüttung im Sinn des § 49 EheG ist dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigstens bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört hat (RIS Justiz RS0056832). Während die Frage, ob und seit wann eine Ehe objektiv zerrüttet ist, eine auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen nach objektivem Maßstab zu beurteilende Rechtsfrage ist (RIS-Justiz RS0043423), zählt die Frage, ob ein Ehegatte die Ehe subjektiv als unheilbar zerrüttet ansieht, zum Tatsachenbereich (RIS-Justiz RS0043423 [T4]).

Der Beklagte nahm die Klage ohne Anspruchsverzicht zurück. Da keine klagsabweisende Entscheidung getroffen wurde, kann sich der Beklagte auch auf die dort geltend gemachten Eheverfehlungen stützen.

3.1. Das Berufungsgericht ließ unberücksichtigt, dass der Beklagte im Jahr 2002 den Kontakt der Klägerin mit ihrer Familie ohne Vorliegen zureichender Gründe - unterbunden hat. Auch wenn dieser Vorfall schon längere Zeit zurückliegt und in seiner Schärfe ab dem Jahr 2004 zurückgenommen wurde, so hat diese Eheverfehlung (etwa 6 Ob 503/90) doch fortgewirkt und damit die Ehezerrüttung beeinflusst, weshalb sie bei der Verschuldenszumessung zu berücksichtigen ist.

3.2. Weiters fällt massiv ins Gewicht, dass der Beklagte eine finanziell angespannte Situation herbeiführte und dennoch (zumindest relativ) viel Geld für die Finanzierung „seines Lebensstils“ ausgab, was dazu führte, dass die Klägerin auf die finanzielle Unterstützung ihrer Familie angewiesen war, um für sich und die gemeinsamen Kinder auch nur den notwendigen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

3.3. Dazu kommt als weiterer gewichtiger Umstand, dass der Beklagte nach dem Jahreswechsel 2010/11 eine ehewidrige Beziehung einging. Dass dies zur Zerrüttung der Ehe beitrug, ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass er am der Klägerin seine Scheidungsabsicht mitteilte und am selbst eine Scheidungsklage einbrachte.

3.4. Dem mangelnden Interesse der Klägerin an gemeinsamen Freizeitaktivitäten steht ein ebensolches des Beklagten gegenüber.

3.5. Die Aufenthalte der Klägerin bei ihrer Familie von Donnerstag bis Sonntag fielen in den Zeitraum, in dem der Beklagte in den Nachtstunden beruflich tätig war und untertags ohnehin zumeist schlief. Der Beklagte nahm diese Situation hin, ohne mit der Klägerin darüber ernsthaft zu diskutieren. Nach den Feststellungen störte ihn das Verhalten der Klägerin nur „gelegentlich“, sodass dem kein besonderes Gewicht beizumessen ist. Zudem ist die Vorgangsweise der Klägerin auch vor dem Hintergrund ihrer prekären, vom Beklagten zu verantwortenden finanziellen Situation zu sehen. So konnte Unterhalt gespart werden.

3.6. Auch die mehrwöchigen, ohne den Beklagten verbrachten Sommerurlaube, für deren gesamte Kosten die Verwandten der Klägerin aufkamen, hat dieser hingenommen, zumal sich die Ehegatten derartige Urlaube nicht leisten hätten können. So wurde den Kindern ein Urlaub ermöglicht. Damit kann der Klägerin dieses Freizeitverhalten auch nicht als relevante Eheverfehlung vorgeworfen werden, zumal es den Beklagten nicht so störte, dass er dies zum Ausdruck gebracht hätte.

3.7. Dass die Klägerin auf die Essensumstellung des Beklagten auf vegetarische Kost nur teilweise eingegangen ist, ist ihr vorwerfbar.

4. Sieht man die Eheverfehlungen der Ehegatten in ihrer Gesamtheit und zu ihrer Bedeutung für die Zerrüttung der Ehe, dann treten jene der Klägerin gegenüber jenen des Beklagten völlig in den Hintergrund. Damit trifft den Beklagten das überwiegende Verschulden nach § 60 Abs 3 EheG, sodass das erstinstanzliche Urteil in der Hauptsache wiederherzustellen ist.

5.1. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 45a Abs 2 iVm 41 ZPO.

5.2. Hat das Berufungsgericht einer Berufung stattgegeben und das erstgerichtliche Urteil abgeändert, wodurch ein gegen dieses Urteil erhobener Kostenrekurs gegenstandslos wurde, und stellt der Oberste Gerichtshof das erstinstanzliche Urteil wieder her, so hat dieser über die Verfahrenskosten zu entscheiden (RIS-Justiz RS0036069).

Hier hat der Beklagte den erstinstanzlichen Kostenzuspruch teilweise zu Recht mit ohne gerichtlichen Auftrag ordnungsgemäß verbessertem Kostenrekurs bekämpft:

Soweit das Erstgericht in Stattgebung der fristgerecht vom Beklagten gegen das Kostenverzeichnis erhobenen Einwendungen den Kostenzuspruch der Klägerin von ihr unbekämpft reduziert hat, ist ihm insofern ein Rechenfehler unterlaufen, als es die im Gesamtbetrag von 4.401,57 EUR verzeichneten Kosten nur um 218,19 EUR statt richtig um 219,70 EUR vermindert hat. Dieser Rechenfehler ist zu korrigieren.

Zudem wendet sich der Beklagte berechtigt gegen die Honorierung des Schriftsatzes vom nach TP 3A RATG, erschöpft sich dieser Schriftsatz doch in einer Äußerung zu einem Entschuldigungsschreiben einer Zeugin und einer vom Gericht nicht aufgetragenen begründeten Urkundenlage. Damit fehlen die Voraussetzungen für eine Honorierung nach TP 3A.I.1.d RATG, sodass dieser Schriftsatz entsprechend dem Rekursantrag nur nach TP 2 RATG zu honorieren ist, was zu einer weiteren Verminderung des Kostenzuspruchs um 148,23 EUR führt.

Zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin auf Grund bewilligter Verfahrenshilfe von der Entrichtung der Pauschalgebühr befreit ist.

Daraus resultiert letztlich ein Kostenersatzanspruch der Klägerin für das erstinstanzliche Verfahren von 3.750,64 EUR.

5.3. Für seinen bis auf einen geringfügigen Teilbetrag erfolgreichen Kostenrekurs hat der Beklagte nach §§ 43 Abs 2, 50 ZPO iVm § 11 RATG Anspruch auf vollen Kostenersatz (111,79 EUR).

5.4. Im die Hauptsache betreffenden Rechtsmittelverfahren hat die Klägerin zur Gänze obsiegt, sodass ihr für das Berufungs- und Revisionsverfahren voller Kostenersatz (652,32 EUR und 447,98 EUR) zusteht. Für das Revisionsverfahren hatte die Klägerin infolge bewilligter Verfahrenshilfe keine Pauschalgebühr zu entrichten.

Gemäß § 70 iVm § 41 ZPO ist die Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz jener Pauschalgebühren auszusprechen, von deren Zahlung die Klägerin wegen Verfahrenshilfe vorläufig befreit war.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00061.15V.0610.000