OGH vom 27.05.2020, 7Ob60/20d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E***** S*****, und 2. H***** S*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in Innsbruck und deren Nebenintervenientin J***** GmbH, *****, vertreten durch Hämmerle & Hübner, Rechtsanwälte OG in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck und deren Nebenintervenienten Ing. G***** I*****, vertreten durch Tinzl & Frank, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 161.643 EUR sA und Feststellung, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs und die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen den Beschluss und das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekurs- und Berufungsgericht vom , GZ 3 R 70/19x, 3 R 85/19b-107, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Der „außerordentliche“ Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
II. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
I.1. Das Erstgericht hat darin, dass die Kläger den gegen den Werkunternehmer erhobenen Schadenersatzanspruch nicht auf einen Anspruchsübergang durch den Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrag, sondern einen davon unabhängigen Abtretungsvertrag stützten, eine Klagsänderung erkannt und diese zugelassen.
I.2. Das Gericht zweiter Instanz hat als Rekursgericht den dagegen erhobenen Rekurs der Kläger zwar mangels Beschwer zurückgewiesen, aber auch – ausdrücklich – die materielle Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses geprüft und diese bejaht.
I.3. Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist ein Revisionsrekurs ausgeschlossen, wenn der angefochtene Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist. Der Ausnahmefall der Zurückweisung der Klage aus formellen Gründen ist nicht gegeben. Eine volle Bestätigung wegen Übereinstimmung der in beiden Instanzen getroffenen Entscheidungen in der Sache liegt nach ständiger Rechtsprechung auch dann vor, wenn das Rekursgericht zwar den Rekurs formal, etwa wie hier mangels Beschwer, zurückweist, zusätzlich aber auch die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung geprüft und bestätigt hat (vgl RS0044456 [insb T 4, T 7, T 10, T 11]). Der von den Klägern erhobene „außerordentliche“ Revisionsrekurs ist daher
– unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage – jedenfalls unzulässig und zurückzuweisen.
II.1. Die Frage, ob die Kläger mit dem Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrag, mit dem ihnen das Eigentum an der Liegenschaft übertragen wurde, auch Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche aus einem vom Voreigentümer abgeschlossenen Werkvertrag übertragen erhielten, ist eine solche der Vertragsauslegung. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt aber nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn von allgemein anerkannten Regeln der Vertragsauslegung abgewichen worden wäre, was im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müsste (7 Ob 226/18p mwN). Das ist hier nicht der Fall:
II.2. Die Verneinung der Mitübertragung der Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche im Anlassfall beruht im Grundsatz auf jener Rechtsprechung, wonach derartige Ansprüche nicht an der Liegenschaft haften, weshalb deren Übertragung einer (konkreten) Vereinbarung bedürfen (vgl RS0021797). Eine derartige, im Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrag mitenthaltene Vereinbarung haben die Vorinstanzen insbesondere im Hinblick auf den Jahre später abgeschlossenen, gesonderten Abtretungsvertrag – jedenfalls innerhalb des Rahmens geltender Vertragsauslegungsgrundsätze – verneint. Für dieses Ergebnis und die rechtliche Selbständigkeit des Abtretungsvertrags spricht nachdrücklich auch das dem Voreigentümer hinsichtlich der gesamten Liegenschaft eingeräumte Fruchtgenussrecht. Im Übrigen stützen selbst die Kläger ihre Aktivlegitimation im erstinstanzlichen Verfahren allein auf den Abtretungsvertrag.
II.3. Das Vorliegen einer Klagsänderung durch die Geltendmachung einer Zession als Ergänzung der Anspruchsgrundlage haben die Vorinstanzen – rechtskräftig und damit bindend – bejaht, was auch vorliegender Judikatur entspricht (vgl 2 Ob 513/82 = HS XIV/XV/18; 2 Ob 560/87; 7 Ob 655/90; 6 Ob 510/91; 7 Ob 2028/96b). Die nunmehrige Behauptung der Kläger, der Abtretungsvertrag habe nur dem Beweis der Anspruchsübertragung im Rahmen des (Jahre zuvor abgeschlossenen) Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrags gedient, ist eine unzulässige Neuerung, die überdies deren erstinstanzlichem Vorbringen widerspricht, wonach „die Kläger (…) diese Abtretung im Rahmen der Klagseinbringung angenommen (haben)“.
II.4. Dass eine Klagsänderung erst mit deren Wirksamwerden die Unterbrechung der Verjährung bewirkt, entspricht ständiger Rechtsprechung (RS0034740 [insb T 4]). Dies gilt namentlich auch für die Ergänzung der Anspruchsgrundlage durch einen (Rechtsübergang aufgrund eines) zusätzlichen Vertrag(es) (hier: Abtretungsvertrag statt Schenkungs- und Wohnungseigentumsvertrag; vgl 6 Ob 510/91). Ob der Abtretungsvertrag inhaltlich eine Aktivlegitimation vermitteln konnte, ist somit nicht mehr von Belang.
II.5. Soweit sich die Kläger in der Revision darauf berufen, dass bestimmte, in einem zuletzt eingeholten Sachverständigengutachten vermeintlich angesprochene Schäden ursprünglich nicht absehbar gewesen seien, handelt es sich um eine unzulässige Neuerung ohne Deckung in den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen.
II.6. Die Kläger machen demnach insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist daher die Revision nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00060.20D.0527.000 |
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Fundstelle(n):
WAAAD-65243