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OGH vom 13.06.2012, 2Ob76/12h

OGH vom 13.06.2012, 2Ob76/12h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hasan R*****, vertreten durch DDr. Karl Robert Hiebl und Mag. Alexander Lirk, Rechtsanwälte in Braunau, gegen die beklagten Parteien 1. Guido B*****, und 2. I***** AG, *****, Zweigniederlassung Österreich, *****, beide vertreten durch Tramposch Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 104.826,56 EUR sA und Feststellung, über die Revisionen der klagenden sowie der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 116/11h 19, womit das Teilzwischenurteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 6 Cg 94/10t 15, infolge Berufung der beklagten Parteien abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Revision der erstbeklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

2. Hingegen wird der Revision der klagenden Partei teilweise Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung, die in ihrem Punkt 2) - Abweisung des Leistungsbegehrens gegenüber der zweitbeklagten Partei - bestätigt wird, in ihrem Punkt 1) dahingehend abgeändert, dass insoweit somit in Bezug auf die Haftung der erstbeklagten Partei dem Grunde nach - das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 1.180,47 EUR (darin enthalten 196,72 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am gegen 16:15 Uhr ereignete sich im Gemeindegebiet von Anif auf der Tauernautobahn A 10, bei Straßenkilometer 10,643 auf dem Beschleunigungsstreifen der Autobahnauffahrt Puch/Urstein ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger, der mit Markierungsarbeiten auf der Autobahn beschäftigt war, und der Erstbeklagte als Lenker eines von einer irischen Versicherung haftpflichtversicherten Kleintransporters beteiligt waren. Die Zweitbeklagte ist der inländische Schadenregulierungsvertreter der Haftpflichtversicherung gemäß § 31 KHVG.

Am Unfalltag wurden auf der Tauernautobahn unter anderem die Sperr und nachfolgende Leitlinie zwischen dem Beschleunigungsstreifen der Autobahnauffahrt Puch/Urstein und dem angrenzenden rechten Fahrstreifen der in diesem Bereich geradlinig verlaufenden Autobahn erneuert. Zwischen die frisch markierten Linien wurden sogenannte Haberkornhüte gestellt, um den Bereich zu sichern. Nach dem Trocknen der neuen Markierungen waren der Kläger und ein weiterer Dienstnehmer des Markierungsunternehmens damit beschäftigt, die Haberkornhüte wieder einzusammeln, was nur in Fahrtrichtung möglich ist, und zugleich wie bei solchen Arbeiten üblich allfällige Unregelmäßigkeiten auszubessern bzw zu lang geratene Linien zu übermalen. Sie verwendeten dabei ein Arbeitsfahrzeug mit gelb-roten Warnleuchten (Drehlichtern), die auf dem Dachträger links und rechts montiert waren mit einer Leuchttafel dazwischen, die abwechselnd das Gefahrenzeichen „andere Gefahren“ gemäß § 50 Z 16 StVO und nach links weisende Pfeile anzeigte.

Der Kläger lenkte das Arbeitsfahrzeug zuerst auf den Pannenstreifen der Autobahn und dann in den den Pannenstreifen unterbrechenden Beschleunigungsstreifen der Autobahnauffahrt. Sein Arbeitskollege saß auf einem über die linke Fahrzeugflucht hinausragenden Spezialsitz und nahm von dort im langsamen Vorbeifahren die Haberkornhüte auf. Zwischendurch hielt der Kläger immer wieder an und stieg aus, um mit Straßenfarbe Korrekturen bzw Übermalungen vorzunehmen. Ein solcher Halt erfolgte gegen Ende des ersten Drittels des Beschleunigungsstreifens, wo der Kläger Korrekturen rund elf bis zwölf Meter hinter dem Arbeitsfahrzeug durchführte. Nachdem er dies erledigt hatte, ging er zum Arbeitsfahrzeug zurück, wobei er mit seiner linken Körperseite einen Abstand von 0,8 bis 1 m zur Leitlinie, die den Beschleunigungsstreifen vom rechten Fahrbahnstreifen der Autobahn trennt, einhielt. Als er sich dem Heck des Arbeitsfahrzeugs auf fünf bis sechs Meter angenähert hatte, wurde er vom von hinten kommenden Beklagtenfahrzeug erfasst und nach vorne weggeschleudert, worauf er schwer verletzt auf dem rechten Fahrstreifen der Autobahn zu liegen kam.

Der Erstbeklagte näherte sich der Unfallstelle über die Autobahnauffahrt, auf deren Rampen keine Arbeiten verrichtet wurden und auch keine Warnhinweise aufgestellt waren. Als er den Beschleunigungsstreifen erreichte, hatte er aus einer Entfernung von zumindest 65 bis 70 m freie Sicht auf die spätere Kollisionsstelle und hätte daher auch den Kläger und dessen Arbeitsfahrzeug ab diesem Zeitpunkt sehen können. Er hielt ursprünglich eine Geschwindigkeit von zumindest 60 bis 65 km/h ein und beschleunigte auf 80 bis 86 km/h. Aus dieser Geschwindigkeit leitete er erst 1,2 bis 1,3 sec bzw 26 bis 30 m vor der Kollision eine Bremsung ein und verriss sein Fahrzeug nach links, wodurch er gerade noch ein Auffahren auf das Arbeitsfahrzeug, nicht mehr aber die Kollision mit dem Kläger vermeiden konnte, den er mit 72 bis 78 km/h mit der rechten Front seines Fahrzeugs erfasste. Zwischen dem Zeitpunkt, als der Erstbeklagte freie Sicht aus dem Beschleunigungsstreifen erlangt hatte, und dem Erreichen der Kollisionsstelle verstrich eine Zeitspanne von 3,2 bis 3,6 sec. Bereits ein kurzer Blick in Fahrtrichtung hätte genügt, um das auf dem Beschleunigungsstreifen stehende Arbeitsfahrzeug zu bemerken, das aufgrund der Warntafel und der Warnleuchten einen hohen Auffälligkeitswert hatte.

Der Kläger begehrte Schadenersatz aus dem Alleinverschulden des Erstbeklagten, der mit überhöhter Geschwindigkeit, nicht auf Sicht sowie unaufmerksam gefahren sei und den Kläger übersehen habe, und stellte ein Feststellungsbegehren.

Die Beklagten wandten dagegen ein Mitverschulden des Klägers im Ausmaß von zwei Drittel sowie die mangelnde Passivlegitimation der Zweitbeklagten ein. Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, während der Arbeitstätigkeit im Beschleunigungsstreifen auf der Autobahnauffahrt im ausreichenden Abstand einen Warnhinweis anzubringen oder zumindest ein Warndreieck aufzustellen, weil die Auffahrt im engen, die Sichtverhältnisse einschränkenden Bogen zur Autobahn führe. Im Übrigen habe das Arbeitsfahrzeug den Beschleunigungsstreifen blockiert und um etwa zwei Drittel seiner Länge verkürzt, wodurch eine ungewöhnliche und nicht vorhersehbare Gefahrensituation geschaffen worden sei. Darüber hinaus habe der Kläger beim Zurückgehen zum Arbeitsfahrzeug dem herannahenden Verkehr den Rücken zugewandt und keine Aufmerksamkeit geschenkt und gegen die Verpflichtung verstoßen, am äußerst rechten Rand des Beschleunigungsstreifens zu gehen. Außerdem sei das Arbeitsfahrzeug hinter dem Kläger gestanden, wodurch der Auffälligkeitswert des Klägers verringert gewesen sei. Im Übrigen hätten die Ausbesserungsarbeiten nur im abgesperrten Bereich bzw in unmittelbarer Nähe des Arbeitsfahrzeugs durchgeführt werden dürfen. Der Kläger habe auch keine Warnweste getragen.

Die Zweitbeklagte sei nur Vertreter des Haftpflichtversicherers und daher nicht selbst passiv legitimiert. Sollte sich aus § 31 Abs 4 KHVG die Passivlegitimation ergeben, widerspreche dies der Richtlinie 90/618/EWG und damit Europarecht. Dort sei eine kumulative Inanspruchnahme sowohl des Haftpflichtversicherers als auch des Schadensregulierungsvertreters nicht vorgesehen.

Das Erstgericht sprach mit Teilzwischenurteil aus, dass das Leistungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Der Erstbeklagte habe gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht verstoßen, sei mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren und habe überdies die notwendige Aufmerksamkeit außer Acht gelassen. Den Kläger treffe dagegen kein Mitverschulden. Er sei nicht verpflichtet gewesen am rechten Rand des Beschleunigungsstreifens zu gehen oder dabei ständig zurückzublicken.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung dahingehend ab, dass es das Leistungsbegehren gegenüber der Zweitbeklagten zur Gänze abwies (Pkt 2) und gegenüber dem Erstbeklagten die Haftung als nur zu 75 % dem Grunde nach zu Recht bestehend feststellte (Pkt 1).

Der Schadenregulierungsbeauftragte gemäß § 12a VAG sei nach 2 Ob 216/07i nicht passiv legitimiert, das müsse bei richtlinienkonformer Interpretation auch für den Schadensregulierungsvertreter gemäß § 31 KHVG gelten.

Dem Erstbeklagten sei ein massiver Aufmerksamkeitsfehler und eine Reaktionsverspätung vorzuwerfen, die ein gewichtiges Verschulden begründe. Dem Kläger sei allerdings zum Vorwurf zu machen, dass er, obwohl es ihm erlaubt gewesen wäre, nicht mit dem Straßendienstfahrzeug zurückfuhr, um die Ausbesserungsarbeiten vor dem Fahrzeug vorzunehmen, wodurch er vom Arbeitsfahrzeug abgedeckt und dort die Gefahr, von einem nachfolgenden Fahrzeug erfasst zu werden, deutlich vermindert worden wäre. Es sei ihm daher ein Mitverschulden von 25 % anzulasten.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision sowohl mangels Rechtsprechung zur Passivlegitimation des Schadenregulierungsvertreters als auch insoweit zu, als keine oberstgerichtliche Judikatur zu den Sorgfaltsanforderungen an einen Straßenarbeiter, seinen Arbeitsbereich auf der Autobahn nach Möglichkeit durch ein davor abgestelltes Fahrzeug zu schützen, bestehe.

Gegen diese Entscheidungen richten sich sowohl die ordentliche Revision des Klägers als auch des Erstbeklagten, jeweils aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Der Kläger beantragt die Wiederherstellung des Ersturteils und der Erstbeklagte die Abänderung des Haftungsausspruchs dahingehend, dass das Leistungsbegehren ihm gegenüber lediglich mit einem Drittel zu Recht bestehe.

In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben, der Erstbeklagte auch, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Revision des Klägers ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig und teilweise berechtigt, jene des Erstbeklagten ist dagegen nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Revision der klagenden Partei:

1. Zur Passivlegitimation der zweitbeklagten Partei:

Der Oberste Gerichtshof hat in 2 Ob 216/07i zu Schadenregulierungsbeauftragten gemäß § 12a VAG erkannt, dass diese nur Vertreter des Versicherungsunternehmens sind und dem Geschädigten nicht als zusätzliche Haftpflichtige zur Verfügung stehen (vgl auch RIS Justiz RS0122951). Nach dieser Bestimmung darf eine Konzession zum Betrieb der Kraftfahrzeug Haftpflichtversicherung (mit Ausnahme der Versicherung der Haftpflicht des Frachtführers) nur erteilt werden, wenn das Versicherungsunternehmen in jedem anderen Vertragsstaat einen Schadenregulierungsbeauftragten bestellt, der unter anderem beauftragt sein muss, alle erforderlichen Informationen über Schadensfälle, die sich in dem Land ereignen, für das er bestellt ist, zu sammeln und die zur Erledigung des Schadens notwendigen Maßnahmen zu treffen. Er muss überdies über ausreichende Befugnisse verfügen, um das Versicherungsunternehmen bei der Behandlung und Befriedigung von Ansprüchen aus Schadensfällen von Personen, mit Wohnsitz oder Sitz in dem Staat, für den er bestellt ist, gegenüber den Geschädigten zu vertreten und diese Ansprüche zu erfüllen.

Inhaltsgleiches normiert § 16 Abs 5 Z 4 VAG für bestehende inländische Versicherungsunternehmen, die in einem oder mehreren anderen Vertragsstaaten den Dienstleistungsverkehr aufnehmen wollen.

Für den hier vorliegenden Fall eines im Ausland situierten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherers mit einem inländischen Repräsentanten bestimmt § 31 KHVG seit der Novelle BGBl I 46/2002, dass die Kraftfahrzeug Haftpflichtversicherung im Dienstleistungs verkehr im Inland nur betrieben werden darf, solange ein Schadenregulierungsvertreter bestellt ist. Absatz 4 leg cit regelt, dass Ansprüche auf Ersatzleistung außer gegen den Schädiger und den Versicherer bei im Dienstleistungsverkehr abgeschlossenen Verträgen auch gegen den Schadenregulierungsvertreter geltend gemacht werden können.

Die Einführung dieser Bestimmung durch BGBl I 46/2002 sollte nach den Materialien (904 BlgNR 21. GP) bewirken, dass der Schadenregulierungsvertreter in seinem Aufgabenbereich in jeder Hinsicht das Versicherungsunternehmen repräsentiert , für den Versicherer Erklärungen abgeben und vom Geschädigten entgegennehmen kann, wie das für inländische Versicherungsunternehmen im Dienstleistungsverkehr in anderen Vertragsstaaten in § 16 Abs 5 Z 4 VAG geregelt sei.

In der in § 31 Abs 1 KHVG ausdrücklich genannten Richtlinie 88/357/EWG idF der Richtlinie 90/618/EWG über die Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung, insbesondere die Kraftfahrzeug Haftpflichtversicherung, wird sowohl in Art 12a, der mit Art 6 der letztgenannten RL eingefügt wurde, als auch in deren Erwägungsgründen ausdrücklich dargelegt, dass der Mitgliedstaat der Dienstleistung vom Versicherungsunternehmen verlangen kann, einen in seinem Staat ansässigen oder niedergelassenen Vertreter zu ernennen, der alle erforderlichen Informationen über Schadensfälle in diesem Land zusammenträgt und über ausreichende Befugnisse verfügt, um das Unternehmen gegenüber den Geschädigten zu vertreten, die Schadenersatzansprüche geltend machen können, einschließlich der Befugnis der Auszahlung des Schadenersatzes. Darüber hinaus wird geregelt, dass der Mitgliedstaat der Dienstleistung nicht verlangen kann, dass der Vertreter für das betreffende Unternehmen andere als die in diesem Artikel genannten Tätigkeiten durchführt, insbesondere darf der Vertreter keine Direktversicherungsgeschäfte für das genannte Unternehmen betreiben. Seine Ernennung stellt auch nicht die Eröffnung einer Zweigniederlassung oder Agentur dar.

Es ist daher mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, dass § 31 Abs 4 KHVG richtlinienkonform und in Übereinstimmung mit der Judikatur zu § 12a VAG dahingehend auszulegen ist, dass die Möglichkeit, Ansprüche auf Ersatzleistung auch gegen den Schadenregulierungsvertreter „geltend machen“ zu können, bedeutet, dass dieser insoweit lediglich Vertreter des ausländischen Versicherungsunternehmers ist und auch hier dem Geschädigten nicht zusätzlich als Haftpflichtiger zur Verfügung steht.

2. Zum Mitverschulden des Klägers:

In diesem Zusammenhang wendet sich die Revision gegen das vom Berufungsgericht angenommene Mitverschulden des Klägers von einem Viertel. Der vom Kläger eingehaltene Arbeitsablauf sei üblich. Auch wenn ein Zurückfahren auf der Autobahn mit einem Fahrzeug des Straßendienstes bei Arbeitsfahrten erlaubt sei, sei diese Vorgangsweise mit dem üblichen Arbeitsvorgang unvereinbar. Ob die vom Berufungsgericht angedachte Vorgehensweise tatsächlich zu einer deutlichen Verminderung der Verletzungsgefahr beigetragen hätte, sei nicht festgestellt worden.

Gemäß § 46 Abs 4 lit f StVO ist auf Autobahnen das Rückwärtsfahren grundsätzlich verboten. Dieses Verbot gilt jedoch nicht, wenn mit einem Fahrzeug des Straßendienstes bei Arbeitsfahrten zurückgefahren werden muss. Dabei war nach Pürstl , StVO, § 46 Anm 18, insbesondere an Arbeitsfahrten bei der Schneeräumung gedacht, wo es im Bereich von Parkplätzen häufig notwendig ist, mit dem Fahrzeug über längere Strecken zurückzufahren. Dies sollte demnach erlaubt werden.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Feststellungen weder, dass der Kläger für die Durchführung seiner Arbeiten auf der Autobahn selbst im Sinne des Normtextes der Bestimmung zurückfahren musste noch, dass dies für seinen Arbeitsvorgang im Sinne der Anmerkung bei Pürstl aaO, notwendig gewesen wäre. Bedenkt man weiter, dass ein solches Zurückfahren grundsätzlich gefährlich, weil unerwartet ist und dem nachkommenden Fahrzeugverkehr den Bremsweg verkürzt, so gelangt man zum Ergebnis, dass das Unterlassen eines solchen Fahrmanövers, selbst wenn es im vorliegenden Fall erlaubt gewesen sein sollte, jedenfalls kein Mitverschulden des Klägers begründet.

Es war daher in Bezug auf die Haftung des Erstbeklagten die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

II. Zur Revision der erstbeklagten Partei:

Die Erstbeklagte meint, dass oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, wie sich ein Baustellenarbeiter beim Abbau der Baustelle zu verhalten habe. Der Kläger habe es unterlassen, das Arbeitsfahrzeug schützend zwischen sich und den heranflutenden Verkehr zu bringen bzw sich umzublicken, um den heranflutenden Verkehr zu beobachten, oder auf dem Beschleunigungsstreifen rechts zu gehen.

Nach der bereits bestehenden Judikatur ist der mit Durchführung von Arbeiten zur Erhaltung der Straße befasste Arbeiter nicht den Regeln der StVO über den Fußgängerverkehr unterworfen (RIS Justiz RS0075503). Umgekehrt ist nach der Judikatur einem Fahrzeug der Straßenpflege gegenüber besondere Vorsicht entgegenzubringen, insbesondere bei Erkennbarkeit des gelbroten Drehlichts der Warnleuchte (RIS Justiz RS0075111). Dass der Kläger daher beim Zurückgehen zum Arbeitsfahrzeug gleich einem Fußgänger im Fahrstreifen rechts oder am rechten Fahrbahnrand hätte gehen müssen, kann nicht gesagt werden.

Personen, die sich auf der Fahrbahn nicht primär zu ihrer Fortbewegung, sondern vor allem zur Erreichung eines anderen, von der Rechtsordnung ausdrücklich gebilligten oder zumindest tolerierten Zwecks aufhalten, obliegt es zwar, das sich während dieses Aufenthalts abspielende Verkehrsgeschehen besonders aufmerksam zu beobachten, dies allerdings nur soweit dies bei der Tätigkeit auf der Fahrbahn möglich und zumutbar ist (RIS Justiz RS0075489).

Die Frage, ob dem Kläger im Sinne der Judikatur im Konkreten ein regelmäßiges Umblicken zumutbar war, ist eine solche des Einzelfalls und wurde vom Berufungsgericht vertretbar gelöst. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt daher auch in diesem Zusammenhang nicht vor.

Zur Frage, ob der Kläger sein Arbeitsfahrzeug schützend zwischen sich und den nachkommenden Verkehr hätte stellen müssen, ist auf das zur Revision des Klägers Gesagte zu verweisen.

Die Kostenentscheidung in Bezug auf die Revision des Erstbeklagten beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Da die klagende Partei in ihrer Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

Die Kostenentscheidung in Bezug auf die Revision der klagenden Partei beruht auf § 393 Abs 4 und § 52 Abs 2 ZPO hinsichtlich des Erstbeklagten und § 41 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO hinsichtlich der Zweitbeklagten. Der Streitwert des Revisionsverfahrens ergibt sich aus dem Leistungsbegehren.