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OGH vom 08.07.1992, 3Ob526/92

OGH vom 08.07.1992, 3Ob526/92

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wolfgang F*****, vertreten durch Dr.Horst Reitböck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am verstorbenen Prof.Eduard F*****, vertreten durch den erbserklärten Erben Wolfgang F*****, dieser vertreten durch Dr.Alfred Strommer u.a., Rechtsanwälte in Wien, wegen Herausgabe eines Vermächtnisses, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 11 R 230/91-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , GZ 4 Cg 46/91-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten der Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger brachte in seiner gegen die Verlassenschaft nach seinem Onkel gerichteten Klage vor, der am verstorbene Erblasser habe am und am je ein Testament errichtet, in dem er zwei verschiedene Personen als Erben eingesetzt habe. In beiden Testamenten habe er aber ihm (Kläger) als Vermächtnis ein Haus hinterlassen. Beide als Erben eingesetzte Personen hätten Erbserklärungen abgegeben. Dem im zweiten Testament eingesetzten Erben sei die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen worden, der im ersten Testament eingesetzte Erbe habe das zweite Testament angefochten. Mit Notariatsakt vom habe der Erblasser die Liegenschaft, zu der das Haus gehöre, dem im zweiten Testament eingesetzten Erben geschenkt. Dieser Schenkungsvertrag sei nichtig, weil der Erblasser zur Zeit der Errichtung wegen Geistesschwäche nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Der Kläger stellte das Begehren, die beklagte Verlassenschaft schuldig zu erkennen, ihm die ihm hinterlassene Liegenschaft zu übergeben und die zur Einverleibung seines Eigentumsrechtes erforderlichen Erklärungen in verbücherungsfähiger Form abzugeben, oder hilfsweise, den Verkehrswert der Liegenschaft zu bezahlen.

Die beklagte Verlassenschaft, die durch den Geschenknehmer als dem mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses betrauten Erben vertreten wird, bestritt, daß der Erblasser zur Zeit der Errichtung des Testaments nicht geschäftsfähig gewesen sei.

Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen ab. Die Klage auf Herausgabe des Vermächtnisses sei nur dann gegen die Verlassenschaft zu richten, wenn ein Verlassenschaftsstück vermacht worden sei. Da aber die dem Kläger vermachte Sache zur Zeit des Erbanfalls nicht mehr im Eigentum des Erblassers gestanden sei und daher nicht zur Verlassenschaft gehöre, müsse die Klage gegen den Erben, der im Außenverhältnis Vermächtnisschuldner sei, gerichtet werden. Das Klagebegehren sei daher wegen Fehlens der passiven Klagelegitimation abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Die vom Kläger behauptete Ungültigkeit des Schenkungsvertrages würde zwar bedeuten, daß die vermachte Sache im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch in dessen Eigentum stand, weshalb die beklagte Verlassenschaft entgegen der Ansicht des Erstgerichtes passiv legitimiert sei. Die Frage der Nichtigkeit des Schenkungsvertrages könne aber nur auf Grund einer gegen beide Vertragsparteien als notwendige Streitgenossen gerichteten Feststellungsklage und nicht in einem bloß gegen einen Vertragspartner geführten Verfahren geklärt werden. Dem Erfolg des Klagebegehrens stehe überdies entgegen, daß die beklagte Partei auf Grund des Eintragungsgrundsatzes nicht Eigentümer der strittigen Liegenschaft sei und daher auch keine grundbuchsrechtlich relevanten Erklärungen abgeben könne. Ein Rechtsschutzinteresse an der Abgabe wirkungsloser Erklärungen sei aber zu verneinen. Dem Eventualbegehren fehle die Bestimmtheit.

Die vom Kläger gegen dieses Urteil wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß der Erblasser zur Zeit seines Todes Eigentümer der dem Kläger vermachten Sache war, wenn die vom Kläger aufgestellte Behauptung zutrifft, der Erblasser sei zur Zeit des Abschlusses des Schenkungsvertrages nicht geschäftsfähig gewesen. Der Geschenknehmer hätte nämlich mangels eines gültigen Titels trotz der Eintragung im Grundbuch nicht Eigentum erworben (§ 380 ABGB; Koziol-Welser II9 76; Spielbüchler in Rummel, ABGB2 Rz 1 und 6 zu § 424; Gschnitzer, Sachenrecht2, 101; Klang in Klang2 II 299; Ehrenzweig, Sachenrecht2 I/2, 234).

Stünde aber die vermachte Sache zur Zeit des Todes des Erblassers in dessen Eigentum, so hätte der Kläger das Hauptbegehren zu Recht gegen die Verlassenschaft gerichtet (JBl 1966, 616; SZ 48/86 mwN). Der Ansicht des Berufungsgerichtes, dies sei hier nicht möglich, weil der Erblasser (und damit auch die Verlassenschaft) und der Geschenknehmer eine einheitliche Streitpartei seien und daher gemeinsam geklagt werden müßten, kann nicht gefolgt werden. Dies würde gemäß § 14 ZPO voraussetzen, daß sich die Wirkung des zu fällenden Urteils kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf sämtliche Streitgenossen erstreckt. Hier hat aber ein dem Klagebegehren stattgebendes Urteil nur die Wirkung, daß die Verlassenschaft zur Erfüllung des Vermächtnisanspruches des Klägers verpflichtet ist; es bedeutet aber nicht, daß diese Verpflichtung auch den Geschenknehmer trifft. Gegen ihn hat das über die Klage ergehende Urteil keine bindende Wirkung, zumal der Kläger als Vermächtnisnehmer gegen den Geschenknehmer als Dritten kein Klagerecht hat (EvBl 1970/190; JBl 1977/600; EFSlg 40.989) und überdies die Gültigkeit des Schenkungsvertrages hier nur als Vorfrage zu beurteilen ist, diese Beurteilung aber von der Rechtskraft des Urteils nicht umfaßt wird (Fasching aaO Rz 1520, 1524; JBl 1984, 489 ua). Daran ändert nichts, daß der Geschenknehmer in seiner Eigenschaft als Erbe am Verfahren als Vertreter der beklagten Verlassenschaft beteiligt ist, weil es sich beim Erben bis zur Einantwortung um eine von der Verlassenschaft verschiedene Person (Welser in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 532 und Rz 2 zu § 547 mwN; 3 Ob 518/92) und damit nicht um eine Partei des Verfahrens (vgl. Welser aaO Rz 6 zu § 547 mwN) handelt, sich die Wirkungen eines Urteils aber nur auf die Parteien und ihre Rechtsnachfolger (dazu siehe unten) und nicht auch auf die Vertreter der Parteien erstrecken (vgl. Fasching aaO Rz 1524 ff).

Der Vermächtnisnehmer hat gegen den durch das Vermächtnis Beschwerten den Anspruch, daß dieser alle Voraussetzungen schafft, die erfüllt sein müssen, damit der Vermächtnisnehmer das Eigentum an der vermachten Sache erwirbt (EvBl 1965/84; EvBl 1975/279). Dazu kann, wenn die Ausstellung einer Bestätigung nach § 178 AußStrG nicht in Betracht kommt oder nicht ausreicht, auch die Abgabe der für die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Vermächtnisnehmers erforderlichen Erklärungen gehören. Schon das Berufungsgericht wies aber zutreffend darauf hin, daß hier das auf Abgabe einer solchen Erklärung gerichtete Klagebegehren fehlgeht, weil der Erblasser im Grundbuch nicht mehr als Eigentümer eingetragen ist und der Kläger daher auf Grund einer Erklärung der Verlassenschaft zufolge § 21 GBG nicht als Eigentümer eingetragen werden könnte. Da diese Bestimmung die Eintragung gegen einen anderen als den im Grundbuch Eingetragenen auch dann verbietet, wenn der andere materiell noch oder schon Eigentümer ist (vgl. NZ 1951, 62 = NZ 1952, 158), ist das in der Revision vorgetragene Argument, wegen der Ungültigkeit des Schenkungsvertrages sei materiell die Verlassenschaft Eigentümerin der dem Kläger vermachten Liegenschaft, nicht zielführend. Dasselbe gilt für den Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach dem Veräußerer bei Doppelveräußerung einer Sache die Einrede der Unmöglichkeit der Leistung nicht zusteht (JBl 1958, 471 ua). Diese Rechtsprechung hatte nämlich eine schuldhafte Verletzung von Vertragspflichten zum Gegenstand (vgl. JBl 1987, 783), die hier aber nicht in Betracht kommt. Da der Veräußerer wegen dieses Verschuldens zur Wiederbeschaffung der mehrfach veräußerten Sache verpflichtet ist, kann er sich nicht mit Erfolg auf die Unmöglichkeit der Leistung berufen. Die Verlassenschaft trifft hingegen eine solche Verpflichtung mangels eines Verschuldens des Erblassers nicht. Entgegen der in den Revisionsausführungen anklingenden Meinung des Klägers könnte ein gegen die Verlassenschaft ergehendes Urteil in der Hauptsache gegen den Geschenknehmer auch dann nicht durchgesetzt werden, wenn ihm der Nachlaß eingeantwortet würde. Gemäß § 547 ABGB stellt der Erbe nur in Rücksicht auf die Erbschaft den Erblasser vor. Wenn es also um Rechte geht, die mit seiner Stellung als Erbe in keinem Zusammenhang stehen, ist ein gegen den Erblasser oder die Verlassenschaft ergangenes Urteil daher ohne Bedeutung. Dazu kommt, daß im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz der Geschenknehmer jedenfalls noch nicht Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers war.

Dem Kläger fehlt daher das Rechtsschutzbedürfnis, soweit er die Abgabe einer einverleibungsfähigen Erklärung für die Übertragung des Eigentums an der vermachten Liegenschaft begehrt. Dies führt zur Abweisung dieses Begehrens. Dem Erfolg des auf Übergabe der Liegenschaft gerichteten Begehrens steht entgegen, daß der Vermächtnisnehmer bloß einen schuldrechtlichen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an der vermachten Sache, aber keinen davon unabhängigen Anspruch auf deren Übergabe und Benützung hat. Schließlich kann auch dem Eventualbegehren ein Erfolg nicht beschieden sein. Der Kläger räumt in der Revision selbst ein, daß die Ansicht des Berufungsgerichtes zutrifft, das Eventualbegehren sei nicht bestimmt genug. Er hat außerdem weder in der Klage noch in der Revision einen Rechtsgrund dafür angegeben, daß er anstelle der Einräumung des Eigentums an der vermachten Sache die Bezahlung des Verkehrswertes dieser Sache verlangen kann. Auch der Oberste Gerichtshof vermag einen solchen Rechtsgrund nicht zu erkennen, zumal der in § 662 letzter Satz ABGB geregelte Fall nicht vorliegt. Es muß deshalb nicht geprüft werden, ob das Erstgericht, wie der Kläger in der Revision meint, verpflichtet gewesen wäre, ihn zu einem bestimmten Begehren anzuleiten, und ob er gegebenenfalls die Unterlassung dieser Anleitung in der Revision noch geltend machen kann.

Der Kläger kann im Grundbuch bei dem nach dem Klagsvorbringen gegebenen Grundbuchsstand als Eigentümer der vermachten Liegenschaft nur eingetragen werden, wenn die Eintragung des Geschenknehmers erfolgreich mit einer Löschungsklage im Sinn des § 61 Abs 1 GBG bekämpft wird. Dies würde nämlich dazu führen, daß die Eintragung des Erblassers wiederhergestellt würde. Das Vermächtnis wäre dann nicht gemäß § 724 ABGB als widerrufen anzusehen und der Kläger könnte auf Grund einer ihm gemäß § 178 AußStrG ausgestellten Bestätigung die Einverleibung seines Eigentumsrechtes begehren. Die Löschungsklage, die auch auf die Ungültigkeit des den Erwerbstitel bildenden Vertrages wegen Geschäftsunfähigkeit eines Vertragsteiles gestützt werden kann (SZ 60/237 = NZ 1988, 113 = ÖBA 1988, 726), steht dem Kläger aber nicht unmittelbar zu, weil er nur einen schuldrechtlichen, überdies erst mit dem Tod des Erblassers entstandenen Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechtes an der ihm vermachten Sache hat und daher durch die Eintragung des Eigentumsrechtes des Geschenknehmers nicht in einem bücherlichen Recht verletzt wurde (vgl. MGA GBG4 § 61/3). Der Anspruch auf Wiederherstellung des früheren bücherlichen Standes steht vielmehr der Verlassenschaft zu, weil bei Nichtigkeit des Schenkungsvertrages der Erblasser durch die Eintragung des Geschenknehmers in seinem Eigentumsrecht und somit in einem bücherlichen Recht verletzt worden wäre.

Die Pflicht, alles zu tun, damit der Vermächtnisnehmer Eigentümer der vermachten Sache wird, bedeutet allerdings, daß die Verlassenschaft und später der Erbe dem Vermächtnisnehmer auf dessen Verlangen den Anspruch auf Wiederherstellung des früheren bücherlichen Standes abtreten müssen, weil dies Voraussetzung dafür ist, daß der Vermächtnisnehmer die Löschungsklage einbringen und in der Folge Eigentümer der vermachten Liegenschaft werden kann. Diese Abtretung ist wegen des dem Vermächtnisnehmer zustehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums auch möglich. Es läge aus diesem Grund nicht bloß die Abtretung des Prozeßführungsrechtes vor, die unzulässig wäre (SZ 42/105; SZ 57/174; VersR 1989, 25 ua), sondern der Fall ist jenem vergleichbar, in welchem dem Zessionar der Anspruch aus der Anfechtung eines Vertrages wegen Nichtigkeit abgetreten wird; diese Abtretung ist aber zulässig (SZ 41/57 = EvBl 1969/14). Der genannte Anspruch kann so lange abgetreten werden, als dem Geschenknehmer die Verlassenschaft nicht eingeantwortet wurde, weil er erst dann gemäß § 1445 ABGB durch Vereinigung erloschen ist.

Da der Kläger die Abtretung des Anspruchs auf Wiederherstellung des früheren bücherlichen Standes nicht begehrt hat und dieses Begehren den von ihm gestellten Begehren auch nicht unterstellt werden kann, haben die Vorinstanzen diese Begehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Möglichkeit, ein solches Begehren zu stellen, schließt es ferner aus, daß auf Grund der vorliegenden Klage als Minus im Sinn des § 228 ZPO das Bestehen eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses festgestellt wird (vgl. MGA ZPO14 § 228/281-282 und § 405/10).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.