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OGH vom 21.12.1995, 3Ob524/95

OGH vom 21.12.1995, 3Ob524/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Matthias W*****, vertreten durch seine Mutter Mag.Dr.Helga P*****, als besondere Kuratorin, infolge Revisionsrekurses des Kindes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom , GZ 53 R 241/94-133, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Telfs vom , GZ P 146/87-125 abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern des am geborenen Kindes wurde am geschieden. Die Obsorge für das Kind, die zunächst der Mutter zustand, wurde zuletzt mit Beschluß vom dem Vater übertragen.

In einem mit datierten, an das Erstgericht gerichteten Schreiben brachte die Mutter des Kindes vor, daß dieses seit Juli 1993 bei ihr wohne und sie es allein erhalten müsse. Sie stellte den Antrag auf "Festsetzung der Unterhaltsleistung seitens des Kindesvaters". Bei der am im außerstreitigen Verfahren vom Erstgericht durchgeführten Vernehmung erklärte sie, das Erstgericht solle den Kindesvater ab "zum Regelbedarf in Höhe von S 4.000" verpflichten. Am teilte sie dem Erstgericht telefonisch mit, daß sie das Kind wegen seines Verhaltens aus ihrer Wohnung weisen habe müssen. Mit Schreiben vom ersuchte sie um "Bemessung der zumutbaren Unterhaltsleistung". In einem am beim Erstgericht eingelangten Schreiben erklärte sie, daß sie zumindest den Betrag von S 3.000 monatlich fordere. Mit einem weiteren, am beim Erstgericht eingelangten Schreiben beantragte sie schließlich die nachträgliche Unterhaltszahlung von mindestens S 27.000 durch den Vater des Kindes an sie.

Der Vater des Kindes brachte zum Begehren der Mutter vor, daß er seit Februar 1993 nicht mehr berufstätig sei und das im Jahr 1984 unterbrochene Studium wieder aufgenommen habe. Das Kind sei nicht während des gesamten strittigen Zeitraums von der Mutter betreut worden. Es habe außerdem eine Tätigkeit als Lehrling aufgenommen und sei selbsterhaltungsfähig. Er sei zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 500 für die Zeit vom Oktober 1993 bis März 1994 bereit.

Das Erstgericht entschied, daß der Vater des Kindes schuldig ist, der Mutter für die Zeit von Juli 1993 bis März 1994 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.000 und somit insgesamt den Betrag von S 27.000 S zu bezahlen. Es ging davon aus, daß sich das Kind in dem angeführten Zeitraum in Pflege und Erziehung der Mutter befunden habe. Es habe gegen seinen Vater einen Unterhaltsanspruch von 20 %. Dem von der Mutter geforderten Unterhaltsbetrag von S 3.000 im Monat entspreche daher ein monatliches Einkommen von S 15.000, zu dessen Erzielung der Vater imstande gewesen sei.

Das Rekursgericht wies infolge Rekurses des Vaters den Antrag der Mutter ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Da der Mutter die Obsorge und somit auch die Vertretungsbefugnis für das Kind nicht zukomme, sei sie zur Stellung des eingebrachten Antrags nicht legitimiert. Es sei daher nicht von Bedeutung, inwieweit sie das Kind im strittigen Zeitraum betreut habe. Der ihr allenfalls nach § 1042 ABGB zustehende Anspruch könne nicht im außerstreitigen Verfahren geltend gemacht werden.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Mutter des Kindes gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes eingebrachte Revisionsrekurs ist berechtigt.

Der erkennende Senat hat aufgrund dieses Revisionsrekurses mit Beschluß vom die Akten dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, darüber zu entscheiden, ob die Revisionsrekurswerberin gemäß § 271 ABGB zur besonderen Kuratorium des Kindes bestellt wird. Er hat in diesem Beschluß klargestellt, daß die Mutter des Kindes den Unterhaltsanspruch in dessen Namen geltend machte. Da sie aber nicht seine gesetzliche Vertreterin sei, weil die Obsorge dem Vater zukomme und daher dieser gemäß § 154a Abs 1 iVm § 176 ABGB allein zur Vertretung berechtigt sei, müsse für das Kind gemäß § 271 ABGB ein besonderer Kurator bestellt werden.

Das Erstgericht bestellte hierauf die Mutter des Kindes zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den Vater für die Zeit von Juli 1993 bis März 1994 zur besonderen Kuratorin. Es liegt daher nunmehr ein vom Kind wirksam eingebrachten Antrag auf Festsetzung des Unterhalts vor, den sein Vater in dem angeführten Zeitraum zu leisten hat, und es gilt dasselbe für den dem Obersten Gerichtshof vorgelegten Revisionsrekurs, der ebenfalls dem Kind zuzurechnen ist.

Geht man von diesem Sachverhalt aus, so hat das Rekursgericht den Antrag auf Unterhaltsfestsetzung zu Unrecht wegen Fehlens der Antragslegitimation abgewiesen. Es hat aufgrund seiner - vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten - Rechtsansicht ferner zu Unrecht die im Rekurs des Vaters enthaltene Mängel- und Beweisrüge nicht behandelt. Da dem Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, die Behandlung dieser Rüge verwehrt ist, muß der Beschluß des Rekursgerichtes aufgehoben werden.

Zur rechtlichen Beurteilung der Sache ist auf die Entscheidung des erkennenden Senates vom , 3 Ob 540/95, hinzuweisen, in der ausgeführt wurde, daß der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind nicht betreut wird, dem Kind nach seinen Kräften auch dann Geldunterhalt zu leisten hat, wenn ihm die Obsorge für das Kind allein zukommt und sich das Kind gegen seinen Willen rechtswidrig im Haushalt des anderen Elternteils befindet. Dabei komme es nicht darauf an, ob für den Aufenthalt des Kindes beim betreuenden Elternteil ein gerechtfertigter Grund vorliegt, weil eine solche Einschränkung dem Gesetz nicht zu entnehmen sei. Sollte sich nach Erledigung der Mängel- und Beweisrüge des Vaters des Kindes ergeben, das dieser dem Kind nach dem Gesagten im strittigen Zeitraum Geldunterhalt zu leisten hätte, so wird noch zu beachten sein, daß er schon vor dem Erstgericht und noch ausführlicher im Rekurs ein Vorbringen zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes erstattet hat. Hierauf wird das Rekursgericht bei seiner Entscheidung dann Bedacht zu nehmen haben.

Fundstelle(n):
ZAAAD-65054