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OGH vom 09.08.2007, 2Ob74/07g

OGH vom 09.08.2007, 2Ob74/07g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** AG, ***** vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei J***** AG, *****, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen EUR 88.139,52 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 129/06d-15, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom , GZ 23 Cg 208/05d-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie lauten:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 88.139,52 samt 5 % Zinsen seit zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 12.699,62 bestimmten Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz (darin EUR 1.585,77 USt und EUR 3.185 Barauslagen) zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 6.570,68 (darin enthalten EUR 315,78 USt und EUR 4.676 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Aktiengesellschaft ist langjährige Netzkundin des klagenden Energieversorgungsunternehmens. Die jeweiligen Rechtsvorgänger der Streitteile vereinbarten im Übereinkommen vom , dass das Energieversorgungsunternehmen eine Leistung von

6.740 kVA bereit stellt. Die in § 1.3 des Abkommens enthaltene Regelung betrifft die Erhöhung des Leistungsumfanges: Überschreitet die Monatshöchstleistung dreimal innerhalb von 12 Monaten die bereitgestellte Leistung, ist das Energieversorgungsunternehmen berechtigt, die bereitgestellte Leistung auf den Mittelwert der drei höchsten Monatsleistungen anzuheben und dem Abnehmer dafür den geltenden Anschlusspreis zu verrechnen (§ 1.3.3). In § 2.3 wird der Anschlusspreis als unverzinslich und nicht rückzahlbar bezeichnet; er setzt sich zusammen aus den unmittelbaren Kosten für die Errichtung der Anlage, dem Bereitstellungspreis und dem Baukostenersatz für das speisende Netz des Energieversorgungsunternehmens. Die Vergütung (§ 3) setzt sich aus dem Jahresgrundpreis für die anrechenbare Jahreshöchstleistung, dem Arbeitspreis für die abgenommene elektrische Arbeit und dem Messpreis für die Beistellung der Messeinrichtung zusammen. Als Abrechnungsperiode wurde der Zeitraum jeweils vom 1. 1. bis 31. 12. festgelegt.

Mit Schreiben vom hielt die Klägerin fest, dass sich die bereitzustellende Leistung auf 8.491 kVA erhöht habe, in Hinkunft noch mit einer Leistungssteigerung zu rechnen wäre und demgemäß die Klägerin bereit sei, die bereitzustellende Leistung auf 10.000 kVA zu erhöhen. Weitere Leistungserhöhungen erfolgten 1992 (auf 12.856 kVA) und 1993 (auf 15.035 kVA = 14.284 kW). Die Beklagte hat den ihr verrechneten, sich aus den Leistungserhöhungen jeweils ergebenden Anschlusspreis - zum damaligen Zeitpunkt als „Baukostenersatz" bezeichnet - bezahlt.

Mit Schreiben vom hielt die Klägerin unter anderem fest, dass im vergangenen Abrechnungsjahr 1997 ein jahresdurchgängiger Leistungsbedarf von ca 20.000 kW entstanden sei. Von Dezember 1997 bis November 1998 bezog die Beklagte eine Leistung von durchschnittlich 20.994 kVA, wodurch die bereitgestellte Leistung von 15.035 kVA um fast 6.000 kVA überzogen wurde.

In den Jahren 1999, 2000, 2001 und 2002 ergaben sich monatliche Leistungsspitzen bis zu 21.900 kW (Juni 1999), 20.650 kW (Oktober 2000), 22.850 kW (Juli 2001) und 26.841 kW (Juli 2002). Die durchschnittliche Monatshöchstleistung betrug 1999 19.370,83 kW, 2000 17.654,17 kW, 2001 16.604,17 kW und 2002 18.672,50 kW. Trotz der Erhöhung des Leistungsumfanges verrechnete die Klägerin kein erhöhtes Entgelt für die Erhöhung der bereitgestellten Leistung. Erstmals mit Schreiben vom verlangte sie die Abgeltung des erhöhten Leistungsbedarfes für die Abrechnungsperiode 2001 und zwar die Differenz zwischen der 1993 festgelegten Leistungsgrenze von

14.284 kW und dem Leistungsbedarf für 2001 von 16.604 kW. Die Beklagte bezahlte den für diese Erhöhung verrechneten Betrag von EUR 62.361,60 unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rückforderung nach einer (hinsichtlich der Abrechnungsperiode 2001 nicht ergangenen) Entscheidung der Energie-Control Kommission. Für die Abrechnungsperiode 2003 forderte die Klägerin auf Basis einer durchschnittlichen Monatshöchstleistung von 19.883 kW und einer Differenz von 3.279 kW zur bisher abgegoltenen Leistung (16.604 kW) ein erhöhtes Netzbereitstellungsentgelt von EUR 88.139,52. Die Energie-Control Kommission wies mit Bescheid vom den Antrag der Klägerin auf Bezahlung dieses erhöhten Netzbereitstellungsentgeltes wegen Ablaufes der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB ab. Bereits 1998 hätte die Jahresverrechnungsleistung 20.100 kW betragen. Spätestens im Jänner 1999 hätte die Klägerin daher die Leistungserhöhung verrechnen können.

Diese Rechtsansicht bestreitet die Klägerin mit ihrer innerhalb der vierwöchigen Frist des § 16 Abs 3a Energieregulierungsbehördengesetz (E-RBG) nach § 21 Abs 2 Elektrizitätswirtschaft- und Organisationsgesetz (ElWOG) beim Erstgericht eingebrachten Klage auf Bezahlung von EUR 88.139,52 sA. Der bereits in den Zeiträumen 1998 bzw 1999 erreichte Jahresdurchschnittsbedarf von mehr als 20.000 kW bedeute keinesfalls eine Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens, ein entsprechend höheres Netzbereitstellungsentgelt zu verrechnen. Die von der Energie-Control Kommission vertretene Rechtsauffassung würde zu dem unberechtigten Ergebnis eines Verzichtes auf Forderung eines erhöhten Netzbereitstellungsentgeltes für alle zukünftigen Abrechnungsperioden führen. Aufgrund der Errichtung einer Gasturbinenanlage sei mit geringerem Stromverbrauch zu rechnen gewesen. Erst nach Inbetriebnahme dieser Anlage und Feststellung des Strombedarfes sei 2001 eine verlässliche Beurteilung einer Reduktion der Energieabnahme möglich gewesen.

Die Beklagte verweist zur Verjährungsfrage insbesondere auf die schon im Jahr 1998 erreichte und der Klägerin 1999 bekannte Erhöhung des Versorgungsumfanges. Die Streitteile seien keinesfalls davon ausgegangen, dass im Zusammenhang mit der 1999 im Werk der Beklagten errichteten Dampfturbinenanlage sich der Strombedarf reduzieren müsse und diese Verringerung der Leistung erst 2000 verlässlich beurteilt werden könne. Vielmehr sei beiden Parteien trotz der Installierung einer Gasturbinenanlage die Notwendigkeit, die Versorgungsleistung zu erhöhen, stets bewusst gewesen. Die Beklagte wendete kompensando den für die Abrechnungsperiode 2001 unter Vorbehalt bezahlten Betrag von EUR 62.361,60 ein und stellte die Höhe der Klagsforderung außer Streit.

Das Erstgericht verneinte eine Verjährung des erhöhten Netzbereitstellungsentgeltes ebenso wie einen (konkludenten) Verzicht auf das Recht zur Erhöhung.

Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht teilte grundsätzlich diese Auffassung. Es unterschied zwischen dem vertraglich eingeräumten Gestaltungsrecht auf Erhöhung, das nach § 1478 ABGB ähnlich einer Wertsicherung (§ 1480 ABGB) in 30 Jahren verjähre, und der Forderung auf ein erhöhtes Netzbereitstellungsentgelt für eine bestimmte Abrechnungsperiode (2003). Diese Forderung unterliege der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB und sei aufgrund der Einbringung der Klage bzw der Antragstellung vor der Energie-Control Kommission im Jahr 2005 keinesfalls verjährt.

Die Beklagte beantragt in ihrer außerordentlichen Revision die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das gegnerische Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt, weil der Anspruch der Klägerin entgegen der Auffassung der Vorinstanzen verjährt ist.

I. Qualifikation des Netzbereitstellungsentgeltes:

Die Parteien stimmen darin überein, dass der im Energielieferungsübereinkommen aus dem Jahr 1985 genannte Anschlusspreis, für den im Schriftverkehr auch die Bezeichnung „Baukostenersatz" gewählt wurde, von der Terminologie her mit dem Begriff „Netzbereitstellungsentgelt" ident ist. Letzterer Begriff wurde nicht im ElWOG in seiner ursprünglichen Fassung BGBl I 143/1998 - in Kraft getreten am - definiert. Eine Begriffsbestimmung enthielt zunächst ausschließlich die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Festlegung der Grundsätze, die bei der Bestimmung des Systemnutzungstarifes angewendet werden (Grundsatzverordnung, BGBl II 51/1999), die auf Grundlage ua der in § 25 ElWOG 1999 enthaltenen Ermächtigung erlassen wurde. Der 2. Teil dieser Verordnung, der mit Systemnutzungsentgelt übertitelt war, betraf die Entgelte für die Inanspruchnahme des österreichischen Elektrizitätsnetzes. § 3 der Verordnung zählte jene Leistungen auf, die Netzbetreiber für die Inanspruchnahme des Elektrizitätsnetzes im sogenannten Systemnutzungsentgelt in Rechnung stellen dürfen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Netznutzungsentgelt
2.
Netzverlustentgelt
3.
Systemdienstleistungsentgelt
4.
Netzzutrittsentgelt
5.
Netzbereitstellungsentgelt
6.
Entgelt für Messleistungen
sowie
7. Entgelt für die Ausgleichsversorgung.
Die einzelnen Komponenten wurden in den §§ 4 bis 10 der zitierten Verordnung näher geregelt.
Das in § 4 der zitierten Verordnung geregelte und näher definierte Netznutzungsentgelt stellt die Hauptkomponente des Systemnutzungsentgeltes dar (Pauger/Pichler, Das österreichische Elektrizitätsrecht³ 294). Netznutzungsentgelte sind die auf Basis der nach Netzebene und Netzbereichen differenzierten jährlichen Netzkosten ermittelten Entgelte, die entweder ausschließlich arbeitsbezogen oder arbeits- und leistungsbezogen bemessen werden und von den Verbrauchern regelmäßig zu entrichten sind (Pauger/Pichler aaO, 301).

Im Gegensatz zu den jährlich und regelmäßig zu entrichtenden Netznutzungsentgelten wurde das Netzbereitstellungsentgelt in § 8 Abs 1 der zitierten Verordnung als Pauschalbetrag für den vom Netzbetreiber zur Ermöglichung des Anschlusses bereits durchgeführten und vorfinanzierten Ausbau der in § 20 Abs 1 Z 3 bis 7 und § 20 Abs 2 Z 3 bis 10 umschriebenen Netzebenen, die für die Netznutzung im vereinbarten Ausmaß tatsächlich in Anspruch genommen wurden, bezeichnet (vgl Thurnher, ElWOG 1999, 173). § 8 Abs 3 erster Satz nannte als Bezugsgröße für die Ermittlung des Netzbereitstellungsentgeltes das vereinbarte Ausmaß der Netznutzung. Die in Abs 6 leg cit vorgesehene Auflösung der eingenommenen Netzbereitstellungsentgelte über einen Zeitraum von 20 Jahren sollte dem Netznutzer, der über das Netzbereitstellungsentgelt einen Beitrag zu Investitionen in das Netz leistete, die Netznutzung zu entsprechend niedrigeren Preisen ermöglichen (Pauger/Pichler aaO 311). Neu verankert wurde in Abs 7 der genannten Verordnung das Recht des Netznutzers auf Rückerstattung bezahlter Netzbereitstellungsentgelte nach einer mindestens drei Jahre ununterbrochen dauernden Verringerung der Ausnutzung der bereitgestellten Anschlussleistung oder drei Jahre nach Stilllegung des Netzanschlusses des Endverbrauchers.

Nach Aufhebung ua des § 25 ElWOG 1999 und der auf Basis dieser Bestimmung erlassenen Grundsatzverordnung als verfassungswidrig (dazu Schanda Energierecht³ 68; Pauger/Pichler aaO 292) wurden die in § 3 der Verordnung genannten Nutzungskomponenten in § 25 Abs 1 ElWOG in der novellierten Fassung BGBl I 121/2000 als unmittelbar anwendbares Bundesrecht aufgezählt, darunter als Z 2 das Netzbereitstellungsentgelt, dessen Bemessung nach Abs 11 Satz 1 leistungsbezogen zu erfolgen hatte. Nach Abs 1 Satz 1 und Abs 11 Satz 2 ging die Zuständigkeit zur Festlegung der Systemnutzungstarife auf die Elektrizitäts-Control Kommission über.

Die aufgrund der zuletzt genannten Bestimmungen ergangenen Systemnutzungstarif- Verordnungen, SNT-VO, (zuletzt 2006) haben die Definitionen der aufgehobenen Grundsatzverordnung zu den Systemnutzungsentgeltkomponenten im Wesentlichen unverändert übernommen. In § 3 Abs 1 SNT-VO wird das Netzbereitstellungsentgelt als Pauschalbetrag für den bereits durchgeführten und vorfinanzierten Ausbau jener Netzebenen, die entsprechend dem vereinbarten Ausmaß der Netznutzung tatsächlich in Anspruch genommen werden, definiert. Bezugsgröße für die Bestimmung des Netzbereitstellungsentgelts ist nach § 3 Abs 4 SNT-VO das vereinbarte oder tatsächlich in Anspruch genommene Ausmaß der Netznutzung in kW. Gleich geblieben ist ebenso die Zielsetzung des Netzbereitstellungsentgeltes: Nach den Erläuternden Bemerkungen zur SNT-VO 2006 (vgl www.e-control.at) dient das Netzbereitstellungsentgelt dazu, einen Beitrag des Abnehmers zu den Investitionen zu leisten und damit das Netz zu niedrigeren Preisen zu nutzen. Die Regelung des § 3 Abs 7 der SNT-VO übernimmt das in § 8 Abs 7 der Grundsatzverordnung erstmals eingeführte Recht auf Rückerstattung geleisteter Netzbereitstellungsentgelte bei einer mindestens drei Jahre ununterbrochen dauernden Verringerung der Ausnutzung der bereit gestellten Anschlussleistung oder einer dreijährigen Stilllegung des Netzanschlusses. In § 18 der SNT-VO werden die Tarife in Euro pro kW für die jeweiligen Netzebenen festgelegt. Unverändert geblieben ist auch die Regelung über die Auflösung der tatsächlich vereinnahmten Netzbereitstellungsentgelte über einen Zeitraum von 20 Jahren (§ 3 Abs 6 SNT-VO).

Somit ist festzuhalten: Das Netzbereitstellungsentgelt (im Vertrag Anschlusspreis) war und ist als einmaliger Pauschalbetrag für den vom Netzbetreiber bereits vorfinanzierten Ausbau der Netzebenen, die den Anschluss an das Netz ermöglichen, konzipiert; dies im Gegensatz zu dem grundsätzlich jährlich zu entrichtenden Netznutzungsentgelt, das neben den Kosten für die Errichtung, den Ausbau, die Instandhaltung auch den Betrieb des Netzsystemes abgilt (§ 5 Abs 1 und 3 SNT-VO). Dieses Begriffsverständnis deckt sich offenbar auch mit jenem der Klägerin, die in ihren allgemeinen Bedingungen für den Zugang zum Verteilernetz, genehmigt durch die Energie-Control Kommission am - (IV.5) ua ausführt: „Der Netzkunde hat zur Abgeltung des von .... zur Ermöglichung des Anschlusses bereits durchgeführten und vorfinanzierten Netzausbaus das in den jeweils geltenden Systemnutzungstarifen vorgesehene einmalige Netzbereitstellungsentgelt zu entrichten."

II. Verjährung nach § 1486 Z 1 ABGB:

Lehre und Judikatur qualifizieren den Energielieferungsvertrag übereinstimmend als Kaufvertrag in Form eines Sukzessivlieferungsvertrages (Aicher in Rummel³ § 1053 Rz 5; Binder in Schwimann² V § 1053 Rz 3 ff; Rabl/Thurnher, Energielieferungsverträge [2001], I ElWOG und Zivilrecht, 4 f mwN in FN 17; 8 Ob 86/06i; vgl RIS-Justiz RS0019996, RS0025878). Forderungen eines Energieversorgungsunternehmens aufgrund der Lieferung von Energie unterliegen der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB. Damit verjährt die Forderung auf Entrichtung eines Netzbereitstellungsentgeltes, das eines der insgesamt sieben Entgeltkomponenten für die Systemnutzung darstellt, in drei Jahren.

Nichts anderes gilt für den Anspruch auf ein erhöhtes Netzbereitstellungsentgelt bei Erhöhung der bereit gestellten Leistung. Diese Forderung entsteht unter einer bestimmten Voraussetzung, nämlich der Erhöhung des Leistungsumfanges. Das Forderungsrecht der Klägerin basiert aber nicht auf einem vertraglichen Gestaltungsrecht, das vergleichbar einer Option durch einseitige Erklärung ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis in Kraft setzt (RIS-Justiz RS0017078) und erst dadurch die vertragliche Grundlage für das erhöhte Netzbereitstellungsentgelt schafft. Vielmehr gilt folgendes: Erhöht sich die bereitgestellte Leistung, erhöht sich unter bestimmten Voraussetzungen der Pauschalpreis für die bereitgestellte Leistung. Der Beginn der Verjährung ist grundsätzlich von der objektiven Möglichkeit der Geltendmachung des Rechtes abhängig. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Rechtsausübung kein rechtliches Hindernis mehr entgegensteht und objektiv die Möglichkeit bestand, den Anspruch einzuklagen (M. Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 1478 Rz 2; Mader/Janisch in Schwimann, ABGB³ VI § 1478 ABGB Rz 3; Dehn in KBB² § 1478 ABGB Rz 2; RIS-Justiz RS0034343, RS0034362 [T1]).

Nach diesen Kriterien ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen sowie der Klägerin von einer Verjährung des klagsgegenständlichen Anspruches auszugehen:

Die durchschnittliche Leistungshöchstgrenze von 19.883 kW, die Grundlage für das geforderte erhöhte Netzbereitstellungsentgelt ist, wurde spätestens 1998 erreicht. Der jahresdurchgängige Leistungsbedarf von ca 20.000 kW bedeutete eine auffallende Überschreitung der Leistungsgrenze von 14.284 kW aus dem Jahr 1993. Bereits mit Schreiben vom hatte die Klägerin für die vergangene Abrechnungsperiode 1997 einen jahresdurchgängigen Leistungsbedarf von ca 20.000 kW festgestellt und ihrer Vertragspartnerin bekanntgegeben. Der kurze Zeitraum zwischen dem genannten Schreiben und dem Ende der vorangegangenen Abrechnungsperiode 1997 zeigt deutlich die Möglichkeiten der Klägerin auf, innerhalb einer relativ kurzen Frist den Wert der bereitgestellten Leistung für das Vorjahr zu ermitteln und eine Forderung auf Erhöhung des Netzbereitstellungsentgeltes zu erheben. Das reicht aus, um die dreijährige Verjährungsfrist für jene Forderung, die auf Erreichen der Leistungshöchstgrenze von durchschnittlich 19.883 kW beruht, auszulösen. Im Jahr 2005 war diese Verjährungfrist jedenfalls bereits abgelaufen.

Die angenommene Verjährung hinsichtlich des „Leistungssprungs" auf

19.883 kW führt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu dem Ergebnis, dass das Energieversorgungsunternehmen damit endgültig und für alle Zukunft auf ein erhöhtes Netzbereitstellungsentgelt verzichten muss.

Zu beurteilen ist hier nämlich kein grundsätzlicher Verzicht des Energieversorgungsunternehmens auf das Erhöhungsrecht: es geht vielmehr um die Verjährung einer konkreten Forderung auf Abgeltung einer bestimmten Mehrleistung. Überschreitet die Monatshöchstleistung in zukünftigen Abrechnungsperioden die bereits 1997/1998 erreichte Leistungsgrenze von ca 20.000 kW, ist die Klägerin eben berechtigt, den sich aus der Differenz ergebenden Betrag als erhöhtes Netzbereitstellungsentgelt zu verrechnen. Es kann aber nicht Sinn der vertraglichen Regelungen sein, der Klägerin die freie Wahl zu ermöglichen, zu welchem Zeitpunkt sie eine - schon vor Jahren eingetretene - Überschreitung der Leistungsgrenze geltend macht. Dies würde nämlich einer nach § 1502 ABGB unzulässigen Verlängerung der dreijährigen Verjährungsfrist gleichkommen. Mit den Interessen des jeweiligen Stromabnehmers unvereinbar wäre darüber hinaus eine dem Energieversorgungsunternehmen zugestandene Möglichkeit, seiner Forderung eine Abrechnungsperiode zugrunde zu legen, die Jahre nach dem bereits eingetretenen Erhöhungstatbestand liegt und für die (aufgrund zu erwartender Erhöhungen der Preise für Energie) allenfalls höhere Tarife für das Netzbereitstellungsentgelt pro kW festgelegt wurden.

Subjektive Gründe, wieso eine Gläubigerin trotz des Eintrittes der Voraussetzungen für eine Leistungserhöhung letztere nicht geltend macht, sind für den Beginn der Verjährung grundsätzlich irrelevant (M. Bydlinski aaO Rz 4; Mader/Janisch aaO Rz 6). Aus diesen Erwägungen sind die in der Berufungsbeantwortung von der Klägerin begehrten und in der Revisionsbeantwortung wiederholten ergänzenden Feststellungen über die von den Parteien angenommene Verringerung des Leistungsbedarfes als Folge einer von der beklagten Stromabnehmerin errichteten Gasturbinenanlage entbehrlich. Abgesehen davon gesteht die Klägerin selbst zu, dass nach Inbetriebnahme der Gasturbinenanlage Mitte 2000 die Abrechnungsperiode 2001 als volles Kalenderjahr des Strombezuges eine entsprechende Einschätzung der Situation ermöglicht hätte. Dennoch hat die Klägerin erstmals mit Schreiben vom eine erhöhte Leistung von 16.604 kW geltend gemacht. Das Argument der fehlenden Rückzahlungsverpflichtung bezahlter Netzbereitstellungsentgelte vor Februar 1999, das als Erklärung für die nicht erhobene Forderung nach einem erhöhten Netzbereitstellungsentgelt wegen des zu erwartenden geringeren Bedarfes (Turbinenanlage) dienen soll, war mit dem durch die Grundsatzverordnung 1999 eingeführten Recht auf Rückerstattung hinfällig.

Eine Replik der Arglist als Reaktion auf den Verjährungseinwand des Schuldners, der eine Fristversäumnis veranlasst hat (M. Bydlinski aaO Rz 4; Dehn aaO § 1501 ABGB Rz 2; vgl RIS-Justiz RS0034292), wird durch das Vorbringen der Klägerin zu den beiderseitig erwarteten Auswirkungen der Turbinenanlage auf den Energiebedarf der Beklagten jedenfalls nicht begründet.

Aus diesen Erwägungen war der berechtigten Revision der Beklagten Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Im Verfahren erster Instanz wurde für die beiden Tagsatzungen zur mündlichen Streitverhandlung jeweils nur 50 % Einheitssatz zugesprochen; weder hat die Beklagte ihren Sitz am selben Ort wie ihr Rechtsvertreter noch behauptet sie ein besonderes Naheverhältnis (Fucik in Rechberger³ § 41 ZPO Rz 5 aE).