OGH vom 13.02.2007, 5Ob291/06i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller
1. Anja T 2. Mag. Thomas H*****, 3. Zahra T*****, alle vertreten durch Dr. Angelika Truntschnig, Rechtsanwältin in Wien, wegen Einverleibung von Pfandrechten ob mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteilen an der EZ 33 Grundbuch *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , AZ 46 R 718/06p, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom , TZ 2997/2006, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach rechtskräftiger Erledigung des von den Antragstellern zu TZ 2996/06 des Bezirksgerichtes Josefstadt eingebrachten Grundbuchsgesuchs auf Einverleibung ihres Mit- und Wohnungseigentumsrechts aufgetragen.
Text
Begründung:
Die Antragsteller begehrten in ihrem am beim Erstgericht eingelangten Grundbuchsgesuch die Einverleibung von Pfandrechten ob näher bezeichneten, mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteilen der Liegenschaft EZ 33 Grundbuch *****. Bei Einlangen dieses Gesuchs der Antragsteller war (noch) die R***** GmbH im Grundbuch als Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 33 GB ***** einverleibt, weil ein zuvor ua von den Antragstellern zu TZ 2996/06 des Erstgerichtes eingebrachtes Gesuch auf Einverleibung ihres Mit- und Wohnungseigentumsrechts - allerdings nicht rechtskräftig - abgewiesen worden war.
Das Erstgericht wies die nunmehrigen Anträge auf Pfandrechtseinverleibung mangels Legitimation der Antragsteller ab, weil schon deren vorangegangenen Anträge auf Einverleibung von Mit- und Wohnungseigentum an den betreffenden Anteilen abgewiesen worden seien.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Es vertrat die Ansicht, dass - entgegen dem Standpunkt der Antragsteller - die Rechtskraft der Entscheidung über die von den Antragstellern bekämpfte Abweisung ihres Gesuchs auf Einverleibung von Mit- und Wohnungseigentum vom Erstgericht nicht abgewartet habe werden müssen. Die Entscheidung des Rekursgericht enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 Euro und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen gewesen sei. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Bewilligung ihres Einverleibungsgesuchs; hilfsweise wird beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und den Unterinstanzen die neuerliche Entscheidung über ihr Grundbuchsgesuch nach Rechtskraft der Entscheidung über ihr Gesuch auf Einverleibung von Mit- und Wohnungseigentum aufzutragen. Die Antragsteller sind - zusammengefasst - der Ansicht, das Erstgericht hätte zunächst die rechtskräftige Erledigung des Gesuchs auf Eigentumseinverleibung abwarten müssen und nicht schon davor das Gesuch auf Pfandrechtseinverleibung abweisen dürfen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Bedeutung einer noch nicht rechtkräftigen - abweislichen - Entscheidung über ein präjudizielles Vorgesuch für die Beurteilung des darauf aufbauende Gruchbuchsgesuch noch keine - zumal gefestigte - Judikatur des Obersten Gerichtshofs vorliegt. Der Revisionsrekurs ist in seinem Eventualantrag auch berechtigt.
1. Nach § 93 GBG ist für die Beurteilung des Grundbuchsgesuchs der Zeitpunkt maßgeblich, in dem dieses beim Grundbuchsgericht einlangte. Dies gilt auch für das Rekursgericht und in weiterer Folge für den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS006117[T4]; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht § 93 GBG Rz 1). Zum maßgeblichen „Buchstand" des § 94 Abs 1 GBG zählen nach der Lehre nicht nur die bereits vollzogenen Eintragungen, sondern auch die schon bewilligten, aber noch nicht vollzogenen sowie jene (möglichen) Eintragungen aufgrund von Grundbuchsstücken, die schon vor dem zu prüfenden Gesuch eingelangt, aber noch nicht erledigt sind (Hoyer, Grundbuchsrecht und Grundbuchspraxis I, NZ 1995, 1 [3]; Bartsch, Grundbuchsgesetz7, 74; Feil, Grundbuchsrecht 298).
2. Der Grundbuchsstand zum Zeitpunkt des Einlangens des Antrags ist dabei grundsätzlich auch dann ausschlaggebend, wenn eine für die Entscheidung maßgebliche - bewilligende (5 Ob 42/97f = RPflSlgG 2553) - Voreintragung noch nicht rechtskräftig ist (RIS-Justiz RS0061117[T6]; 5 Ob 1034/92). Demnach hindert ein angemerkter Rekurs nicht die Bewilligung der Eintragung auf ein Recht, dessen Einverleibung Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens ist (Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht § 93 GBG Rz 1). Dies ist im Fall eines in erster Instanz bewilligten Gesuchs, welches dann in höherer Instanz abgewiesen wird, auch nicht weiter problematisch, fallen doch alle sich auf den Vollzug der zu löschenden Eintragung stützenden Nacheintragungen ebenfalls weg; die infolge einer in höherer Instanz ergangenen Entscheidung zu löschende präjudizielle Voreintragung erfasst nämlich zufolge § 21 GBG auch die darauf aufbauden Folgeeintragungen (Hoyer, Grundbuch, Gerichtsfehler und Pfandrecht, ecolex 1993, 300 [301]; ders, Grundbuchsrecht und Grundbuchspraxis I, NZ 1995, 1 [3]).
3. Im vorliegenden Fall geht es allerdings nicht um eine noch nicht rechtskräftig bewilligte, sondern um eine bei Einlangen des Folgegesuchs noch nicht rechtskräfig abgewiesene Voreintragung. Nach der Rechtsprechung zweitinstanzlicher Gerichte soll auch in einem solchen Fall ein Zuwarten bis zur Rechtskraft der Entscheidung über ein vorhergehendes Grundbuchsgesuch nicht erforderlich sein (vgl KG Korneuburg NZ 1984/13, 115; LGZ Wien RPfSlgG 374). Dieser von den Vorinstanzen auch hier vertretenen Ansicht ist jedoch nicht zu folgen:
4. Wird ein vorerst abgewiesenes, die positive Erledigungsvoraussetzung für ein Folgegesuch herstellendes Grundbuchsgesuch bereits vor Rechtskraft der darüber ergangenen Entscheidung als Grundlage für die Abweisung des Folgegesuchs herangezogen, dann kann dies zur Verletzung des Rangordnungsprinzips führen; erweist sich nämlich die unterinstanzliche, abweisende Erledigung des Vorgesuchs als unrichtig, geht dem Antragsteller des vorschnell vor Rechtskraft der Entscheidung über das Vorgesuch abgewiesenen Folgegesuchs der Rang verloren. Zur Wahrung des Rangprinzips für den Fall eines in erster Instanz abgewiesenes Gesuchs sieht deshalb § 128 GBG vor, dass die Wirkung einer Eintragung, die aufgrund in höherer Instanz erfolgter Bewilligung vorgenehmen wird, so zu beurteilen ist, als ob sie im Zeitpunkt der Überreichung des Gesuches erfolgt wäre. Die Wirkung der Bewilligung des Vorgesuchs ist also auf den Zeitpunkt seiner Einreichung zurückzubeziehen (vgl Hoyer, Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchsrichters, in FS Kralik 215 [221]). Daraus folgt aber dann, dass bei Abweisung eines Vorgesuchs, dessen Bewilligung Voraussetzung für eine Folgegesuch ist, welches auch nicht aus anderen Gründen abgewiesen werden muss, die Rechtskraft der abweislichen Vorentscheidung abzuwarten, bevor - gestützt auf diese Abweisung des Vorgesuchs - auch das Folgegesuch abweislich entschieden wird (in diesem Sinn bereits 5 Ob 216/03f).
Dem Revisionsrekurs ist daher in seinem Eventualantrag Folge zugeben und es sind die Entscheidungen der Vorinstanzen zur neuerlichen Entscheidung des Erstgerichts nach rechtskräftiger Erledigung des von den Antragstellern zu TZ 2996/06 des Bezirksgerichtes Josefstadt eingebrachten Grundbuchsgesuchs aufzuheben.