OGH vom 24.01.2006, 5Ob291/05p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Verlassenschaft nach dem am verstorbenen Willi G*****, vertreten durch Adelinde G*****, diese vertreten durch Mag. Franz Podosovnik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin G***** Versicherungs-AG, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt GmbH in Wien, und die sonstige Verfahrensbeteiligte L*****gesmbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 46a Abs 2 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 39 R 295/05d-19, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 48 Msch 8/05t-14, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Der Hauptmieter Willi G***** ist am verstorben. Das nach Willi G***** geführte Verlassenschaftsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Adelinde G***** ist mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses nach Willi G***** betraut. Die Antragsgegnerin als Bestandgeberin teilte mit zwei an Adelinde G***** - einerseits persönlich (Blg ./1) andererseits als Vertreterin des Nachlasses (Blg ./2) - gerichteten Schreiben jeweils vom mit, vom Anhebungsrecht gemäß § 46a Abs 2 MRG Gebrauch zu machen, wonach ab 1. 1. 2004 der neue Nettohauptmietzins 3.609,39 Euro betrage; die Antragsgegnerin schreibt seither diesen Betrag als Nettohauptmietzins vor. Die Verlassenschaft nach Willi G***** als Antragstellerin begehrte die Feststellung, dass die Antragsgegnerin durch die Vorschreibung dieses Nettohauptmietzinses das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten habe. Das Erstgericht gab diesem Antrag statt. Dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin gab das Rekursgericht nicht Folge. Der gegen den zweitinstanzlichen Sachbeschluss gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nF unzulässig:
Rechtliche Beurteilung
1. Vorausgeschickt sei, dass vorliegend nicht dazu Stellung zu nehmen ist, an wen ein auf § 46a Abs 2 MRG gestütztes schriftliches Anhebungsbegehren vor Einantwortung zu richten (siehe dazu T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, § 46b MRG Rz 4) und ob in diesem Zeitraum mit einem bedingten Anhebungsbegehren vorzugehen ist (vgl dazu betreffend § 12a Abs 2 MRG:5 Ob 234/04d; betreffend § 12 Abs 3 MRG idF vor dem 3. WÄG: 1 Ob 518/95 = WoBl 1996/3, Würth; RIS-Justiz RS0070170). Die Antragsgegnerin macht nämlich zur Zulässigkeit ihres Revisionsrekurses (nur) geltend, die Vorinstanzen hätten die vermeintlich erhebliche Rechtsfrage, wem gegenüber der Vermieter zur Mietzinsanhebung gemäß § 46a Abs 2 MRG berechtigt sei, unrichtig gelöst; es sei nach der von der Antragsgegnerin vertretenen Ansicht bereits der - hier antragstellende - Nachlass des Vermieters als dessen Rechtsnachfolger im Sinn des § 46a Abs 2 MRG anzusehen, weshalb schon diesem gegenüber die Mietzinsanhebung vorgenommen werden könne und die Einantwortung - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - nicht abgewartet werden müsse.
2. Im Fall eines am bestehenden Hauptmietvertrags über eine Geschäftsräumlichkeit darf der Vermieter gemäß § 46a Abs 2 MRG, sofern der bisherige Hauptmietzins niedriger als der angemessene Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 MRG ist, nach dem Tod des Hauptmieters von dessen Rechtsnachfolgern ab dem auf den Todesfall folgenden 1. Jänner die schrittweise Anhebung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem für die Geschäftsräumlichkeit nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Betrag innerhalb von 15 Jahren in der Weise verlangen, dass der Hauptmietzins für jedes Kalenderjahr nach dem Todestag um jeweils ein Fünfzehntel des bis zum angemessenen Hauptmietzins nach § 16 Abs 1 MRG fehlenden Betrages angehoben wird. Bei der Anwendung dieser Regelung ist einerseits zwischen dem das Anhebungsrecht grundsätzlich auslösenden Zeitpunkt und dem für die Mietzinsberechnung bestimmenden Ereignis zu unterscheiden (vgl dazu Würth in Rummel³ § 46a MRG Rz 9; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, § 46a MRG Rz 12), andererseits die Frage zu stellen, wem gegenüber die Mietzinsanhebung begehrt werden kann:
3. In der von der Antragsgegnerin für ihren Rechtsstandpunkt in Anspruch genommenen Entscheidung 5 Ob 2425/96w = WoBl 1998, 222/133 (ebenso 5 Ob 2424/96y; 5 Ob 2307/96t = WoBl 1997,153, Würth = SZ 69/225 sowie 5 Ob 1/96) führte der erkennende Senat zwar tatsächlich aus, dass sich mit dem Tod der maßgebliche Sachverhalt des § 46a Abs 2 MRG endgültig und abschließend verwirkliche. Wann die Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwachse, sei dafür nicht maßgeblich, weil § 46a Abs 2 MRG tatbestandsmäßig an den Übergang der Mietrechte vom ruhenden Nachlass auf den Erben nicht anknüpfe, sondern lediglich den Tod des Geschäftsraummieters voraussetze (RIS-Justiz RS0105708). Diese Ausführungen dienten allerdings allesamt der Klärung der übergangsrechtlichen Frage in dem Sinn, dass § 46a Abs 2 MRG nicht angewendet werden konnte, wenn der Hauptmieter vor dem verstorben war. In dieser Frage war für die Anwendung des § 46a Abs 2 MRG nicht maßgeblich, wann die Einantwortungsurkunde in Rechtskraft erwächst, weil die Auslösung des Anhebungsrechts lediglich vom Tod des Geschäftsraummieters - eben nach dem - abhing (Würth in Rummel³ § 46a MRG Rz 8); auf genau diese Aussage zu § 46a Abs 2 MRG bezieht sich auch der in 5 Ob 25/99h (= immolex 2000, 38/20 = WoBl 2000, 146/74 = ecolex 2000, 288, Hanslik = JBl 2000, 530 = MietSlg 51.277/30) hervorgehobene Unterschied zu § 12a Abs 3 MRG, nach welchem der maßgebliche Zeitpunkt für die entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten die Rechtskraft der Einantwortung ist.
4. Vom Zeitpunkt der grundsätzlichen Auslösung des Anhebungsrechts ist dagegen - was die Antragsgegnerin verkennt - die Frage zu unterscheiden, wem gegenüber die Mietzinsanhebung begehrt werden kann. Dazu entspricht es inzwischen stRspuhL, dass mit den Rechtsnachfolgern im Sinn des § 46a Abs 2 MRG nur Universalsukzessoren des verstorbenen Mieters gemeint sind (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, § 46a MRG Rz 13 mzN; Würth in Rummel³ § 46a MRG Rz 9), die Mietzinsanhebungsmöglichkeit nach § 46a Abs 2 MRG also nur dann besteht, wenn es durch den Tod eines Geschäftsraummieters zur Gesamtrechtsnachfolge in dessen Mietrechte kommt (RIS-Justiz RS0116304). Vor der Einantwortung kann genau diese Voraussetzung aber noch nicht vorliegen, weshalb die Mietzinsanhebung nicht dem Nachlass des Vermieters gegenüber geltend gemacht werden kann. Für ihre gegenteilige Meinung vermag die Antragsgegnerin keine beachtlichen Gründe vorzutragen, hält doch die hM unter Berufung auf § 797 ABGB die rechtskräftige Einantwortung dafür für maßgeblich, wann die Rechtsnachfolge des Erben nach dem Erblasser eintritt (5 Ob 25/99h mwN).
Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich demnach im Rahmen herrschender Rechtsprechung und Lehre, weshalb der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zurückzuweisen ist.