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OGH vom 28.04.1993, 3Ob520/93

OGH vom 28.04.1993, 3Ob520/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst G*****, vertreten durch Saxinger, Baumann & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Gebrüder R***** Gesellschaft mbH & Co KG, A*****, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen restlicher 44.647,20 S sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom , GZ 6 R 135/92-51, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom , GZ 6 Cg 64/90-47, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die in den ein Klagemehrbegehren von 14.882,40 S sA und einen Teil des Zinsenbegehrens abweisenden Teilen mangels Anfechtung unberührt bleiben, werden im übrigen aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuen, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der mit der Errichtung und Planung einer Reihenwohnhausanlage beauftragte Unternehmer (im folgenden als Generalunternehmer bezeichnet) beauftragte seinerseits den Kläger mit der Durchführung von Installationsarbeiten und die beklagte Partei mit der Durchführung von Baumeisterarbeiten. Der Kläger erhielt den Auftrag zur Herstellung einer Bodenspeicherheizung mit Wärmepumpe und Erdkollektoren. Im Jahr 1980 wurde durch Grabungsarbeiten, die von Arbeitnehmern der beklagten Partei ausgeführt wurden, ein zur Heizung gehörendes Rohr beschädigt. Der Schaden wurde von einem Arbeitnehmer der beklagten Partei unter Verwendung einer Steckmuffe behoben. Fachgerecht wäre die Verwendung einer Schraubkupplung gewesen. Ende des Jahres 1984 wurde in der Heizungsanlage ein dauernder Druckabfall festgestellt, der darauf zurückging, daß bei der Behebung des durch die Arbeitnehmer der beklagten Partei verursachten Schadens eine Steckmuffe verwendet wurde. Die Schadensursache wurde vom Kläger im Mai 1985 festgestellt. Für die fachgerechte Behebung des Schadens und der Folgeschäden stellte der Kläger der beklagten Partei den - der Höhe nach angemessenen - Betrag von 59.529,60 S in Rechnung.

Die beklagte Partei schloß am in einem mit dem Generalunternehmer geführten Rechtsstreit einen Vergleich, aus dem ihr dieser noch einen 59.529,60 S übersteigenden Betrag schuldet. Ein allfälliger Anspruch des Generalunternehmers gegen die beklagte Partei wegen der Beschädigung des Rohres bildete nicht den Gegenstand des Vergleiches. Der Generalunternehmer unterfertigte am eine Urkunde, in der er die Schadenersatzansprüche, die ihm gegen die beklagte Partei wegen der unsachgemäßen Behebung des Schadens allenfalls zustehen, an die klagende Partei "unwiderruflich" abtrat.

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Bezahlung des Betrages von 59.529,60 S sA. Das Klagebegehren werde auf Schadenersatz gemäß § 1295 ABGB gestützt. Die beklagte Partei habe ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Generalunternehmer schuldhaft nicht erfüllt; dieser habe ihm seine Schadenersatzansprüche abgetreten. Die beklagte Partei hafte aber auch deshalb, weil sie ihre Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt habe, die dem Kläger gegenüber infolge des gemeinsamen Auftraggebers bestanden hätten.

Die beklagte Partei bestritt ein Verschulden ihrer Arbeitnehmer an dem den Gegenstand der Klage bildenden Schaden. Dem Kläger fehle außerdem die aktive Klagelegitimation, weil "das gegenständliche Bauwerk" etwa 1981, jedenfalls aber lange vor 1985 an die Eigentümer übergeben worden und der Schaden daher in deren Vermögen und nicht in jenem des Klägers eingetreten sei. Ein allfälliger Schadenersatzanspruch des Generalunternehmers sei wegen der Forderung, die ihr gegen diesen aufgrund des Vergleiches noch zustehe, infolge Aufrechnung erloschen. Hilfsweise werde auch Verjährung eingewendet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines Teiles des Zinsenbegehrens statt. Es stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch fest, daß die vom Kläger durchgeführten "Arbeiten" dem Generalunternehmer im Mai 1985 noch nicht übergeben waren und daß die Werkleistungen, die zur Inbetriebnahme der Anlage erforderlich waren, erst 1984 abgeschlossen wurden. Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß der Schaden im nicht übergebenen Werk des Klägers, also in dessen Eigentum, eingetreten sei, weshalb dem Einwand der mangelnden aktiven Klagelegitimation keine Berechtigung zukomme.

Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Kläger unter Abweisung des Mehrbegehrens nur 44.647,20 S sA zuerkannte. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Zur Beweisrüge der beklagten Partei, mit dem diese unter anderem die Feststellung über den Zeitpunkt der Übergabe des Werkes bekämpfte, führte es aus, daß es auf diesen Zeitpunkt nicht ankomme, weil jedenfalls der Generalunternehmer den bei einer früheren Übergabe ihm zustehenden Schadenersatzanspruch dem Kläger abgetreten habe. Dieser Anspruch wäre auch nicht durch Aufrechnung erloschen, weil die beklagte Partei nicht behauptet habe, daß sie vor der Abtretung eine Aufrechnungserklärung abgegeben habe. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der Sache war das Berufungsgericht der Meinung, daß der Schaden im Vermögen des Generalunternehmers eingetreten sei, weil dessen Auftraggeber wegen der von der beklagten Partei verschuldeten Mängel ihm gegenüber Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche hätten. Selbst wenn man aber davon ausgehe, daß mangels Übergabe der Bauleistungen an den Generalunternehmer der Schaden noch beim Kläger eingetreten sei, habe der Kläger Anspruch auf Ersatz; das Vertragsverhältnis, das zwischen der beklagten Partei und dem Generalunternehmer bestand, schließe nämlich auch Schutzwirkungen zugunsten weiterer gleichzeitig auf der Baustelle tätiger Unternehmungen ein. Den Kläger treffe allerdings ein Mitverschulden, weil er die beklagte Partei nicht darauf aufmerksam gemacht habe, daß die Reparatur der beschädigten Rohrleitung nur durch ein Fachunternehmen durchgeführt werden dürfe, und die von ihr durchgeführte Reparatur nicht überprüft habe. Es sei eine Verschuldensteilung von 3:1 zu Lasten der beklagten Partei gerechtfertigt.

Die von der beklagten Partei gegen den stattgebenden Teil dieses Urteils des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene außerordentliche Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, daß auf die Frage der Verjährung der eingeklagten Forderung nicht mehr einzugehen ist, weil die beklagte Partei hiezu in der Revision nichts vorgebracht hat (EvBl 1985/154; 3 Ob 572/92 ua).

Die beklagte Partei macht in der Revision aber mit Recht geltend, daß das Berufungsgericht bei der Lösung der Frage, ob die eingeklagte Forderung durch Aufrechnung erloschen ist, von § 1442 ABGB und der hiezu ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Nach der angeführten Gesetzesstelle kann nämlich der Schuldner jedenfalls mit einer Forderung, die zur Zeit der Abtretung schon entstanden war, aufrechnen (vgl auch SZ 56/190; SZ 51/38; SZ 36/40 ua). Da dies auf die Forderung, mit der die beklagte Partei aufgerechnet hat, zutrifft, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob nicht erst der Zeitpunkt der Verständigung des Schuldners von der Abtretung maßgebend ist (vgl hiezu Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1442 mwN). Es kommt also nur darauf an, wann die Forderung entstanden ist. Nicht entscheidend ist hingegen, wann der Schuldner der abgetretenen Forderung die Aufrechungserklärung abgegeben hat, zumal eine solche Erklärung auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem sich die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüber gestanden sind (JBl 1991, 379; SZ 55/121; ZVR 1977/173 ua).

Steht dem Kläger die eingeklagte Forderung nur deshalb zu, weil der Generalunternehmer ihm seine Schadenersatzansprüche gegen die beklagte Partei abgetreten hat, so konnte die beklagte Partei somit mit der ihr gegen den Generalunternehmer zustehenden Forderung wirksam aufrechnen, weil diese schon vor der Abtretung entstanden war. Die eingeklagte Forderung, die geringer ist als die Forderung, mit der die beklagte Partei aufgerechnet hat, wäre somit durch Aufrechnung erloschen. Unrichtig ist allerdings die Ansicht der beklagten Partei, daß mangels Annahme durch den Kläger ein Abtretungsvertrag nicht zustande gekommen sei. Der Kläger hat die Annahme spätestens dadurch erklärt, daß er sich in dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit auf die Abtretung berief.

Etwas anderes gilt aber, wenn dem Kläger ein eigener Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Partei zusteht. In diesem Fall könnte nämlich die beklagte Partei mit der ihr gegen den Generalunternehmer zustehenden Forderung mangels Gegenseitigkeit nicht aufrechnen. Betraut der Besteller mehrere Unternehmer mit der Herstellung eines Werkes, so wird in ständiger Rechtsprechung die wechselseitige Aufnahme dieser Unternehmer und ihrer Leute in den von den Interessen und Rechtspflichten des Bestellers umfaßten Kreis geschützter Dritter bejaht. Jeder Unternehmer hat sich daher so zu verhalten, daß ein weiterer bei der Werkherstellung tätiger Unternehmer oder dessen Leute nicht zu Schaden kommen. Verletzten dieser Unternehmer oder seine Leute, für die er gemäß § 1313a ABGB einzustehen hat, die zugunsten der Dritten bestehenden Schutz- und Sorgfaltspflichten, so kann der in den Schutzkreis der einzelnen Werkverträge aufgenommene Dritte direkt gegen den auch für seinen Erfüllungsgehilfen haftenden weiteren Unternehmer Schadersatz geltend machen (JBl 1991, 453 mwN). Nach diesen Grundsätzen stünde daher dem Kläger unmittelbar gegen die beklagte Partei ein Schadenersatzanspruch zu. Hiefür ist allerdings noch entscheidend, ob das vom Kläger hergestellte Werk zur Zeit der Beschädigung vom Generalunternehmer als Besteller schon übernommen war. Nur bis zu diesen Zeitpunkt trägt nämlich gemäß § 1168a ABGB der Unternehmer die Gefahr einer Beschädigung, während die Gefahr nachher den Besteller trifft. Wäre das Rohr vor der Übernahme des Werkes durch den Generalunternehmer beschädigt worden, so hätte der Kläger den Schaden beheben müssen, um seiner Verpflichtung zur Lieferung des mängelfreien Werkes zu entsprechen (vgl Adler, Höller in Klang, ABGB2 V 409 unter III). Der Schaden wäre daher in seinem Vermögen eingetreten. Ohne Bedeutung ist dabei entgegen der von der beklagten Partei in der Revision vertretenen Meinung, in wessen Eigentum das beschädigte Rohr stand, weil auch die Verpflichtung, den von einem anderen verursachten Mangel zu beheben, einen ersatzfähigen Schaden bedeutet (3 Ob 41/87 unter Hinweis auf SZ 52/146). Auf die Eigentumsverhältnisse an dem beschädigten Rohr muß daher nicht eingegangen werden.

Bei der Lösung der Frage, wann das vom Kläger hergestellte Werk vom Generalunternehmer als Besteller übernommen wurde, kommt es nur auf das einem bestimmten Auftrag zugrundeliegende Werk an (vgl Adler, Höller aaO 407, die die entsprechende Meinung sogar für die Teilübernahme des Werkes vertreten). Daß, was hier möglicherweise geschehen ist, später weitere dasselbe Werk betreffende Aufträge erteilt wurden, hat auf die Übernahme des aufgrund des ersten Auftrags hergestellten Werks keinen Einfluß und ist daher ohne Bedeutung, wenn nur das erste Werk beschädigt wurde. Ebensowenig ist es entscheidend, ob die Besteller gegenüber dem Generalunternehmer einen Schadenersatzanspruch geltend gemacht haben, weil der Schaden schon dann entsteht, wenn der Unternehmer einem anderen zur Verbesserung verpflichtet ist (3 Ob 41/87 unter Hinweis auf SZ 52/146).

Für den Erfolg des Klagebegehrens ist daher wesentlich, wann der Generalunternehmer das vom Kläger hergestellte, in der Folge beschädigte Werk übernommen hat.

Übernommen ist das Werk, wenn es in die Verfügungsmacht des Bestellers gekommen ist (vgl Krejci in Rummel, ABGB2 Rz 10 zu § 1168a; Grillberger in Schwimann, ABGB Rz 7 zu § 1168a). Bei Werken, die eine körperliche Übergabe zulassen, ist diese maßgebend. Ist hingegen, wie bei dem hier beschädigten Werk, die körperliche Übergabe nicht möglich, müssen andere Umstände vorliegen, aus denen nach der Übung des redlichen Verkehrs abzuleiten ist, daß der Besteller das Werk in seine Verfügungsmacht übernommen hat. Hiefür reicht die Vollendung des Werkes im allgemeinen nicht aus, es kann hiedurch die Übernahme allerdings indiziert werden (Krejci aaO Rz 12 zu § 1168a; ungenau Grillberger aaO Rz 8 zu § 1168a). Zur Vollendung des Werkes muß aber regelmäßig noch hinzutreten, daß der Besteller ausdrücklich oder schlüssig die Erfüllung seines Auftrags zur Kenntnis nimmt, zumal in § 1168a ABGB nicht von der Übergabe, sondern von der Übernahme des Werkes die Rede ist und dies auf die Notwendigkeit der Mitwirkung des Bestellers hindeutet (Adler, Höller aaO 406). Als schlüssige Kenntnisnahme der Erfüllung kommt in Betracht, daß der Besteller das vereinbarte Entgelt bezahlt oder die Bezahlung zusagt, daß er das Werk bestimmungsgemäß benützt, insbesondere auch, daß er es für ein anderes, darauf aufbauendes Werk verwendet oder verwenden läßt, oder daß er das Werk besichtigt, ohne innerhalb angemessener Frist einen Einwand dagegen zu erheben.

Die im Urteil des Erstgerichtes enthaltene, von der beklagten Partei überdies bekämpfte Feststellung, daß die "Arbeiten" dem Generalunternehmer im Mai 1985 noch nicht "übergeben" gewesen seien, ist in Wahrheit eine rechtliche Schlußfolgerung, für die jedoch die erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlen. Das Erstgericht wird daher in dem zu ergänzenden Verfahren im Sinn der vorstehenden Ausführungen jene Feststellungen zu treffen haben, die für die Beurteilung der Frage maßgebend sind, wann das beschädigte Werk vom Generalunternehmer übernommen wurde oder zumindest, ob dies erst nach der Beschädigung der Fall war.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.