OGH vom 16.03.2016, 7Ob15/16f

OGH vom 16.03.2016, 7Ob15/16f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A***** M*****, vertreten durch Dr. Peter Gregorich, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** AG, *****, vertreten durch BLS Rechtsanwälte Boller Langhammer Schubert GmbH in Wien, wegen 327.027,75 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 172/15y 38, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 18 Cg 75/13p 32, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.489,86 EUR (darin enthalten 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Revision an den Obersten Gerichtshof zugelassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob eine Progressionsklausel auch dann anzuwenden sei, wenn sich bereits aufgrund der Anwendung der (erhöhten) Gliedertaxe eine 100%ige Dauerinvalidität ergebe.

Diese vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage spricht der Kläger nicht an. Selbst wenn daher das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen hätte, dass die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, das Rechtsmittel aber nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung wie hier nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigkeitserklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS Justiz RS0102059).

1. Eine private Unfallversicherung im Sinn der §§ 179 ff VersVG dient der Abdeckung bestimmter Folgen eines Unfalls; im Besonderen auch der einer eingetretenen dauernden Invalidität. Die Invaliditätsentschädigung wird je nach dem Grad der zurückgebliebenen Dauerfolgen nach der sogenannten „Gliedertaxe“ bemessen (RIS Justiz RS0118777). In der Unfallversicherung trifft den Versicherungsnehmer die Beweislast für das Geschehen, das als Unfall zu werten ist, ebenso die Beweislast für die Ursächlichkeit des Unfalls für die Invalidität (RIS Justiz RS0122800).

Im vorliegenden Fall liegt eine auf den Unfall zurückzuführende Gebrauchseinschränkung des Zeigefingers zwischen 90 % und 95 % des Zeigefingerwerts vor. Mit Sicherheit steht damit nur eine Gebrauchseinschränkung von 90 % fest. Dass die Vorinstanzen die Unklarheit der Beweisergebnisse dahin, ob allenfalls eine darüber hinausgehende Gebrauchseinschränkung eingetreten ist, vor dem Hintergrund der den Versicherungsnehmer treffenden Beweispflicht zu seinen Lasten werteten, ist nicht zu beanstanden.

2. Das Erstgericht setzte mangels gegenteiliger Beweisergebnisse zu Lasten des Klägers den Zeitpunkt der Fälligkeit unter Heranziehung der zu § 11 Abs 1 VersVG ergangenen Rechtsprechung (RIS Justiz RS0114507) mit der Zustellung der die Ablehnungserklärung enthaltenen Klagebeantwortung, sohin mit fest.

Die dagegen ausschließlich erhobenen Berufungsausführungen, die Fälligkeit sei bereits nach Ablauf der dreimonatigen Frist im Sinn des § 14 AUVB 1988, sohin mit eingetreten, erachtete das Berufungsgericht als gegen das Neuerungsverbot verstoßend.

Die Auslegung des Parteivorbringens und damit die Beantwortung der Frage, ob eine im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung vorliegt, geht in ihrer Bedeutung nicht über den Einzelfall hinaus und begründet daher vom (hier nicht vorliegenden) Fall einer krassen Fehlbeurteilung abgesehen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0044273 [T61]).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Zugrundelegung eines konkret vereinbarten Fälligkeitszeitpunkts hätte gefordert, dass der Kläger, der im Übrigen jede nähere Begründung des Beginns des Zinsenlaufs schuldig geblieben sei, sich ausdrücklich auf die entsprechende Klausel berufe und insbesondere die dort genannten wesentlichen Tatsachen vorbringe, ist jedenfalls vertretbar. Dies gilt umso mehr als der Kläger im erstgerichtlichen Verfahren den Zinsenlauf völlig losgelöst von diesen in der nunmehr relevierten Klausel genannten Voraussetzungen festsetzte.

3. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

4. Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00015.16F.0316.000