OGH 30.08.2012, 2Ob72/12w
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gesellschaft ***** & Co, *****, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher und andere Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. L***** B*****, und 2. Z***** B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert 18.300 EUR sA), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 411/11m-16, womit das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 16 C 456/11f-12, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 1.230,95 EUR (darin 205,16 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen haben § 9 des zwischen den Streitteilen über ein Geschäftslokal abgeschlossenen Mietvertrags, wonach der Mieter (die Beklagten) das Geschäftslokal miete, um „(ein) Sportwetten“ zu betreiben, dahingehend ausgelegt, dass davon nicht auch das (bloße) Glücksspiel umfasst sei. Dem entsprechenden Unterlassungsbegehren der Klägerin haben die Vorinstanzen stattgegeben.
Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nach ständiger Rechtsprechung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; RS0042776; RS0044298). Dies trifft im vorliegenden Fall aufgrund folgender Erwägungen nicht zu:
Gegen Veränderungen des Betriebs, durch die erfahrungsgemäß stärker in die Bestandgeberinteressen eingegriffen wird, insbesondere gegen eine intensivere Benützung des Bestandgegenstands, kann sich der Vermieter - durch Unterlassungsklage - zur Wehr setzen (RIS-Justiz RS0020789). Die Aufrechterhaltung des Zustands bis zum Ende der Bestandzeit muss für den Vermieter von einem zumindest nicht ganz unwesentlichen Nachteil sein. Es muss das Interesse an der sofortigen Beseitigung gegeben sein (RIS-Justiz RS0020838). Der Bestandgeber ist insbesondere nicht zur Duldung wesentlicher Veränderungen der Bestandsache genötigt, die durch die vertragswidrige Widmungsänderung erforderlich werden. Dagegen muss er unwesentliche Veränderungen, namentlich auch eine unwesentliche Änderung oder Erweiterung des Warenangebots, hinnehmen, soweit der Bestandnehmer damit lediglich auf die wirtschaftliche Entwicklung in seinem Geschäftszweig reagiert, vor allem um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu sichern, bzw keinem vertraglich übernommenen Konkurrenzverbot zuwiderhandelt und mit der Änderung des Sortiments auch keine intensivere Benützung des Bestandgegenstands verbunden ist. Änderungen des Warenangebots in einem gemieteten Geschäftslokal im Zuge einer allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sind zulässig (1 Ob 620/91; RIS-Justiz RS0020805).
Das Berufungsgericht hat die Ausdehnung des Betriebs durch die Beklagten von Sportwetten auf Glücksspiel („Casino“ mit Roulettetisch und Spielautomaten) als wesentliche Änderung des vereinbarten Bestandzwecks erachtet. Diese Beurteilung ist vertretbar, bestehen doch - auch wenn gemäß § 1272 ABGB jedes Spiel eine Art von Wette ist - zwischen beiden Geschäftsbereichen wesentliche, auch rechtliche Unterschiede (vgl Schwartz/Wohlfahrt, Rechtsfragen der Sportwette, ÖJZ 1998, 601; 7 Ob 85/04g). Vertretbar hat das Berufungsgericht auch das Interesse der Klägerin an der Unterlassung des Betriebs von Glücksspielen im vermieteten Geschäftslokal bejaht, zumal schon anlässlich der Vertragsverhandlungen zwischen den Streitteilen bzw deren Vertretern thematisiert wurde, dass die Klägerin in dieser Geschäftszeile bereits einen Betrieb mit Spielautomaten habe und daher keine weiteren mehr nehmen könne. Die Auffassung, dass die vorgenommene Erweiterung der Geschäftstätigkeit durch die Beklagten keine bloß unwesentliche Änderung im Zuge der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sei, ist nicht als (grobe) Fehlbeurteilung zu erachten.
Mangels Unklarheit oder Unverständlichkeit der Vereinbarung des Geschäftszwecks „Sportwetten“ erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der von den Revisionswerbern angezogenen Bestimmung des § 6 Abs 3 KSchG.
Dass sich der Betrieb ihres Unternehmens mit der (bloßen) Durchführung von Sportwetten nicht rentiere, haben die Beklagten in erster Instanz nicht vorgebracht, wäre aber im Lichte der obigen Ausführungen auch unerheblich.
Zusammenfassend haben die Revisionswerber keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Ihr Rechtsmittel ist daher - ungeachtet des (den Obersten Gerichtshof nicht bindenden) Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts - als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2012:0020OB00072.12W.0830.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAD-64621