OGH vom 14.08.2018, 3Ob65/18g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin G*****, vertreten durch Dr. Peter Leo Kirste, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin D*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Hauptmann, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Benützungsregelung, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 22 R 444/17y-60, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 11 Nc 26/17v-44, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts einschließlich seiner Kostenentscheidung mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass das ab monatlich zu zahlende (Netto-)Benützungsentgelt nach dem VPI 2010 (= 100 mit Ausgangszahl Juni 2016) wertgesichert ist.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 851,04 EUR (darin 141,84 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens und die mit 1.746 EUR (darin 156,54 EUR USt und 807 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Parteien sind Miteigentümer einer Liegenschaft in W*****, auf der ein zweigeschossiges, unterkellertes Einfamilienhaus und eine Garage errichtet sind. Die Antragstellerin ist zu ¾ und die Antragsgegnerin zu ¼ Miteigentümerin dieser Liegenschaft. Die Antragstellerin ist eine Nichte der Antragsgegnerin (Tochter des Bruders ihres früheren Ehemanns).
Die Antragstellerin, die ihren Hauptwohnsitz seit dem Jahr 1995 in ***** hat und nicht beabsichtigt, ihn zu verlegen, erwarb ihre Anteile im Jahr 2014 durch Zuschlagserteilung in der Zwangsversteigerung der Miteigentumsanteile des Ehemanns der Antragsgegnerin; sie beabsichtigte, daraus (Miet)Einnahmen zu erzielen.
Die Antragsgegnerin benützt bereits seit dem Jahr 1981 die gesamte Liegenschaft als Familienwohnsitz, zunächst gemeinsam mit ihrem Ehemann und den Kindern, seit 1992 (Beginn des Scheidungsverfahrens) nur noch mit den beiden (damals noch minderjährigen) Söhnen (bzw alleine). Die Antragstellerin hingegen nutzte die Liegenschaft nie. Das eheliche Aufteilungsverfahren (§§ 81 ff EheG) zwischen der Antragsgegnerin und ihrem früheren Ehemann, dauerte bis zum (1 Ob 95/16a).
Die Antragsgegnerin möchte an der bisherigen Wohnsituation nichts ändern, wenngleich sie die Antragstellerin auch nicht von einer gemeinsamen Nutzung ausschließt. Beide Parteien wollen keine baulichen Veränderungen (zur Schaffung getrennter Wohneinheiten) an der Liegenschaft durchführen.
Die begehrte die Erlassung einer gerichtlichen vorläufigen Benützungsregelung, wonach der Antragsgegnerin die alleinige Benützung der Liegenschaft zukomme und diese schuldig sei, für die Nutzung ab Oktober 2014 ein monatliches Benützungsentgelt von 1.500 EUR zu zahlen. Die Antragsgegnerin habe den Abschluss einer Benutzungsvereinbarung und die Zahlung eines Entgelts mit Hinweis auf das anhängige eheliche Aufteilungsverfahren verweigert; auch nach dessen Abschluss sei sie dazu nicht bereit. Aufgrund der jahrzehntelangen Rechtsstreitigkeiten innerhalb der Familie sei eine gemeinsame Nutzung „im Familienverband“, wie sie die Antragsgegnerin vorgeschlagen habe, unrealistisch.
Die wendete zusammengefasst ein, die Antragstellerin habe kein Interesse an der Mitnutzung der Liegenschaft; sie habe die Anteile offenkundig nur ersteigert, um den Erwerb durch die Antragsgegnerin zu verhindern. Da sie zu diesem Zeitpunkt in Kenntnis der Rechtsstreitigkeiten gewesen sei, rechtfertige die Nutzung durch die Antragsgegnerin nicht den Zuspruch eines Benützungsentgelts, zumal die Antragstellerin nie beabsichtigt habe, die Liegenschaft selbst zu nutzen und sie auch keinen persönlichen Bedarf an einer ihrem Anteil entsprechenden Nutzung habe. Ein Miteigentümer dürfe aber nicht dazu verpflichtet werden, einen seinen Anteil übersteigenden Teil der Sache zu nutzen, um dadurch dem anderen ein Benützungsentgelt zahlen zu müssen.
Das wies das Begehren der Antragstellerin auf Zahlung eines wertzusichernden monatlichen Benützungsentgelts von 1.500 EUR für die Zeit von bis ab, traf eine vorläufige Benützungsregelung, wonach der Antragsgegnerin die alleinige Nutzung der Liegenschaft zugewiesen wurde, und erkannte die Antragsgegnerin schuldig, der Antragstellerin für die alleinige Nutzung der Liegenschaft ab ein monatliches (Netto)Benützungsentgelt von 691,66 EUR zu zahlen.
Bei einer gerichtlichen Benützungsregelung sei nach der Rechtsprechung darauf zu achten, dass Reibungsflächen zwischen den Miteigentümern möglichst vermieden werden; auch die persönlichen und familiären Verhältnisse der Teilhaber seien zu berücksichtigen; das Benützungsentgelt diene dem Ausgleich überproportionaler Nutzungszuweisung. Im Anlassfall komme eine Benützungsregelung, in der die Antragsgegnerin die alleinige Nutzung zugewiesen erhalte, den persönlichen Bedürfnissen beider Parteien am nächsten. Damit werde der Antragsgegnerin auch nichts „aufgedrängt“. Als Ausgleich dafür habe sie an die Antragstellerin 75 % des festgestellten angemessenen monatlichen Nutzungsentgelts für das Objekt zu zahlen. Für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Beendigung des Aufteilungsverfahrens, das auch den Familienwohnsitz betroffen habe, habe die Verfügbarkeit für eine Benützungsregelung gefehlt, weshalb für die Zeit bis dahin kein Entgelt zu leisten sei.
Das gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge, änderte die Entscheidung über Rekurs der Antragsgegnerin jedoch dahin ab, dass es den Antrag der Antragstellerin zur Gänze abwies.
Die Antragstellerin habe kein Interesse an der Benutzung ihrer ideellen Miteigentumsanteile; in Wahrheit wolle sie der Antragsgegnerin auch den Mehrgebrauch nicht untersagen. Damit fehle dem Antrag das entscheidende Wesensmerkmal des außerstreitigen Antrags auf Benützungsregelung, weil das Gebrauchsrecht nicht eingeschränkt werden solle. Nach der Rechtsprechung sei es unzulässig, die Antragsgegnerin zu verpflichten, einen über ihren Anteil hinausgehenden Teil der gemeinsamen Liegenschaft allein zu benützen und dafür ein Benützungsentgelt zu leisten.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil sich bisher nur eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs mit der Frage befasst habe, ob es für die Berechtigung eines Antrags auf Benützungsregelung wesentlich sei, dass er auf die Einschränkung des Gebrauchsrechts der anderen Teilhaber gerichtet sei, und weil zur Frage, ob das Benützungsentgelt erst für die Zeit ab Rechtskraft der Benützungsregelung aufzuerlegen sei, keine eindeutige Rechtsprechung vorliege.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts wendet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss (mit einer Ergänzung zur begehrten Wertsicherung) wiederherzustellen, hilfsweise eine Benützungsregelung dergestalt zu treffen, dass der Antragsgegnerin eine ihrem ¼ Anteil entsprechende Nutzung der Liegenschaft zukomme; in eventu wird die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen begehrt.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der ist zulässig und berechtigt.
1.1 Gemäß § 829 ABGB ist jeder Teilhaber Eigentümer seines Anteils und hat daher das Recht auf Mitbenützung der gemeinsamen Sache. Er hat allerdings nicht das Recht auf ausschließliche Nutzung eines bestimmten realen Teils, solange keine Benützungsregelung erfolgt ist (Sailer in KBB5 § 829 Rz 3 mwN; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4, § 828 Rz 9). Eine von den übrigen Teilhabern ohne (bzw bis zu einem) allfälligen Widerspruch geduldete überproportionale Benützung – selbst Alleinbenützung der ganzen Liegenschaft (Einfamilienhaus) – ist weder titellos noch rechtswidrig (Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4, § 828 Rz 9; H. Böhm in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 32).
1.2 Können sich die Teilhaber auf eine Benützungsvereinbarung nicht einigen, so kann (gemäß § 835 per analogiam iVm § 838a ABGB) jeder von ihnen (auch der oder die Minderheitseigentümer) die Erlassung einer gerichtlichen Benützungsregelung im Außerstreitverfahren beantragen (H. Böhm in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 38 mwN). Eine solche Benützungsregelung gestaltet das zwischen den Teilhabern kraft des gemeinsamen Rechts bestehende Dauerschuldverhältnis inhaltlich aus (H. Böhm in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 41). Eine richterliche Benützungsregelung kann allerdings nicht getroffen werden, wenn das Objekt – zB wegen rechtswirksamer Vermietung, wegen aufrechten Bestands sonstiger Benützungsvereinbarungen oder wegen eines Verfahrens nach den §§ 81 ff EheG – nicht verfügbar ist (Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4, § 835 Rz 5 und 6; Gruber/Spohar-Heimlich in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 835 Rz 18 und 19).
1.3 Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen rechtlichen Kriterien für die Erlassung einer gerichtlichen Benützungsregelung; die Entscheidung ist eine von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung und das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls (H. Böhm in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 39 mwN; Gruber/Spohar-Heimlich in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 835 Rz 2; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4, § 835 Rz 7 mwN). Dabei soll nach der Rechtsprechung im Hinblick auf die Bestimmung des § 839 ABGB die Nutzung durch die einzelnen Miteigentümer zwar grundsätzlich der Größe des jeweiligen Anteils entsprechen (RIS-Justiz RS0013612; vgl auch RISJustiz RS0013654; 8 Ob 127/11a; H. Böhm in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 828 Rz 39; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4, § 835 Rz 7; Gruber/Spohar-Heimlich in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 835 Rz 25), wobei allerdings auch der (dringende) persönliche Bedarf an einer solchen Nutzung sowie die persönlichen und familiären Verhältnisse der Teilhaber zu berücksichtigen sind und eine Interessenabwägung vorzunehmen ist (RISJustiz RS0013640; vgl auch RS0013611). Auch eine Orientierung am bisherigen faktischen Zustand ist zulässig (RIS-Justiz RS0007543). Grundsätzlich ist jener Verfügung der Vorzug zu geben, die den geringsten Kostenaufwand erfordert (RISJustiz RS0013640 [T1]).
1.4 Der einem Miteigentümer zukommende überproportionale Nutzen ist durch Entrichtung eines angemessenen Benützungsentgelts auszugleichen (RIS-Justiz RS0013617 [T1]; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4, § 835 Rz 7; Sailer in KBB5 § 835 Rz 7; Gruber/Spohar-Heimlich in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 835 Rz 26). Dieses kann nach ständiger Rechtsprechung nur für die Zukunft festgesetzt werden (RISJustiz RS0087211), wobei die Wirksamkeit der Entscheidung auf den Antragstag rückzubeziehen ist (RISJustiz RS0000133).
Ein Benützungsentgelt zum Ausgleich einer nicht dem Miteigentumsanteil entsprechenden Nutzung der gemeinsamen Sache ist nach neuerer Rechtsprechung bereits ab Zugang des ausdrücklichen oder schlüssigen Widerspruchs des einen Miteigentümers gegen die übermäßige Benützung durch den anderen gerechtfertigt (RISJustiz RS0013617 [T3]; dazu Sailer in KBB5 §§ 839 f Rz 1 mit Hinweis auf Vonkilch, Zur (Un)Rechtmäßigkeit übermäßigen Gebrauchs der gemeinsamen Sache durch einen Miteigentümer, wobl 2006, 138 ff; Gruber/Spohar-Heimlich in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 835 Rz 29).
2.1 In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das Erstgericht für die Beteiligten „vorläufig“ (gemeint offenbar: wirksam bis zur Entscheidung über einen allfälligen Abänderungsantrag einer der Parteien) eine Benützungsregelung getroffen, wonach der Antragsgegnerin, die unstrittig bereits seit Jahrzehnten die gesamte Liegenschaft (Einfamilienhaus samt Garage und Garten) ausschließlich nutzt, während die Antragstellerin als (seit 2014) Mehrheitseigentümerin an einer ihren Anteilen entsprechenden Nutzung (derzeit) kein Interesse hat, zur alleinigen Nutzung der gemeinsamen Sache berechtigt ist, dafür aber an die Antragstellerin ein angemessenes Benützungsentgelt zu leisten hat. Die Antragsgegnerin hat zwar nachgewiesen, dass sie die Antragstellerin nicht „vom Gebrauch ausschließen“ möchte, daraus ist jedoch für ihren Rechtsstandpunkt, nach dem sie zu einer Ausgleichszahlung für die ihren Anteil übersteigende Nutzung nicht verpflichtet sei, nichts zu gewinnen: Fest steht nämlich, dass beide Miteigentümer keine Änderung der baulichen Situation beabsichtigen und – nach dem insoweit übereinstimmendem Parteiwillen – auch die derzeitige Wohnsituation der Antragsgegnerin nicht geändert werden soll. Die darüber hinaus erhobenen – erheblichen – Kosten einer allfälligen baulichen Trennung in zwei gesonderte Wohneinheiten sprechen ebenfalls für die Richtigkeit des Ergebnisses der vom Erstgericht vorgenommenen Interessenabwägung; hat die Antragsgegnerin doch zu keinem Zeitpunkt angeboten oder erklärt, selbst auf eine Nutzung des Hauses verzichten zu wollen.
2.2 Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts steht die Tatsache, dass die Antragstellerin selbst (bisher) kein Interesse an einem Gebrauch der Liegenschaft ihrerseits bekundet hat, der Zulässigkeit ihres Antrags auf eine gerichtliche Benützungsregelung nicht entgegen: Die Antragstellerin hat im Jahr 2014 ihre Miteigentumsanteile erworben und (unstrittig) daraufhin erklärt, als Ausgleich für die ausschließliche Nutzung (damals noch mit Ausnahme eines versperrten Büroraums) des Einfamilienhauses durch die Antragsgegnerin von dieser ein (angemessenes) Benützungsentgelt zu verlangen. Eine vertragliche Benützungsvereinbarung konnten die beiden Miteigentümerinnen allerdings nicht erreichen. Ab Beendigung des – im Anschluss an das Scheidungsverfahrens der Antragsgegnerin geführten – ehelichen Aufteilungsverfahrens war die Verfügbarkeit des Objekts nicht mehr eingeschränkt. Der Antragslegitimation der Miteigentümerin, die mit ihrer Gegnerin – unstrittig – keine (auch nur stillschweigende) Benützungsvereinbarung traf, kann daher nicht erfolgreich damit bestritten werden, dass sie sich gegen die (hier bloß faktische) alleinige Nutzung des Objekts durch die Antragsgegnerin nicht aussprach und auch keine Einschränkung dieser Nutzung forderte.
2.3 Aber auch die vom Rekursgericht für die Abweisung des Antrags herangezogene Entscheidung 7 Ob 525/95 spricht nicht gegen die Festsetzung eines Benützungsentgelts. Richtig ist, dass kein Teilhaber den Gebrauch eines bestimmten Teils der gemeinsamen Sache durch den anderen einseitig erzwingen und umso weniger ein Teilhaber verpflichtet werden kann, einen über seinen Anteil hinausgehenden Teil der gemeinsamen Liegenschaft zu benützen, um dadurch dem anderen zur Bezahlung eines Benützungsentgelts verpflichtet zu werden (RISJustiz RS0043247; Gruber/Spohar-Heimlich in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 835 Rz 25). Hier hat die Antragsgegnerin aber bereits bei der Antragstellung das Einfamilienhaus (mit Ausnahme eines zu Beginn des Verfahrens noch versperrten, ihr allerdings seit Ende November 2017 ebenfalls geräumt zur Verfügung stehenden Büroraums) allein und ausschließlich genutzt, weshalb von einem „Erzwingen“ einer übermäßigen Nutzung keine Rede sein kann. Auch wird die Antragsgegnerin im Anlassfall nicht zur Benutzung „verpflichtet“, sondern sie hat selbst ihr Interesse (und ihren persönlichen bzw familiären Bedarf) an der Beibehaltung ihrer Wohnsituation hervorgehoben. Vergleichbar mit dem der Entscheidung 4 Ob 221/17d zugrunde liegenden Sachverhalt begehrte die Antragstellerin also – mangels vertraglicher Einigung mit der Miteigentümerin – eine bindende Regelung für die bereits faktisch vorgenommene „Aufteilung“ des Gebrauchs der gemeinsamen Sache.
3. Der Beginn der vom Erstgericht festgesetzten Zahlungspflicht für das Benützungsentgelt (mit rechtskräftigem Abschluss des Aufteilungsverfahrens) ist zwischen den Parteien im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittig: Die Antragstellerin hat das vom Erstgericht abgewiesene Mehrbegehren (für den Zeitraum bis ) in ihrem Revisionsrekurs nicht mehr bekämpft und auch die Höhe des festgesetzten Nutzungsentgelts nicht beanstandet. Die vom Rekursgericht in seiner Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage, ob bereits ab Zugang des Widerspruchs gegen die übermäßige Benützung ein angemessenes Entgelt gefordert werden könne, stellt sich daher nicht. Die Höhe des von der Antragsgegnerin zu leistenden angemessenen Benützungsentgelts für die Zeit, in der ihr der früher versperrte Büroraum noch nicht zur Verfügung stand, geht aus der – insoweit ebenfalls von beiden Parteien unbekämpften – Begründung des Beschlusses hervor.
3.2 Die Ergänzung der beantragten Wertsicherung des zuerkannten Benützungsentgelts (Maßgabe) mit dem VPI 2010 war auszusprechen, weil die Antragsgegnerin gegen diesen Punkt des Antrags im erstinstanzlichen Verfahren keinen Einwand erhoben hat, wobei dies (erkennbar aus der Begründung sowie aufgrund eines vom Erstgericht verfassten Aktenvermerks) ohnehin dem Entscheidungswillen des Erstgerichts entspricht. Ausgangszahl für diese Wertsicherung bildet der Beginn der Zahlungspflicht für das vom Erstgericht zu diesem Stichtag als angemessen erhobenen Benutzungsentgelt.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 AußStrG (Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG, § 78 Rz 238).
Beide Parteien haben im Rekursverfahren auch die Kostenentscheidung des Erstgerichts bekämpft; aufgrund der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses ist auch darüber zu entscheiden (RISJustiz RS0036069 [T1]).
Das Erstgericht teilte den Verfahrensgegenstand für seine Kostenentscheidung in drei Teile; die Antragstellerin habe mit dem ersten und dem dritten dieser Teile ihres Begehrens obsiegt und daher Anspruch (nur) auf zwei Drittel ihrer Barauslagen und auf ein Drittel ihrer sonstigen Verfahrenskosten. Diese vom Erstgericht angenommene Obsiegensquote entspricht im vorliegenden Fall dem Verfahrenserfolg im Sinn des § 78 AußStrG, von dem nur nach Billigkeit abgewichen werden darf (Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG, § 78 Rz 76 mwN, Rz 79).
Die Antragsstellerin, deren Rekurs in diesem Zusammenhang – ohne jedes inhaltliche Argument – lediglich behauptete, sie habe „in allen drei Verfahrensteilen obsiegt“, zeigt in keiner Weise auf, wie ihrer Ansicht nach eine zutreffende Gewichtung der Obsiegensquoten vorzunehmen gewesen wäre. Gegen den vom Erstgericht abgewiesenen Teil ihres Begehrens wendet sie sich nicht (weder im Rekursverfahren noch im Revisionsrekursverfahren), weshalb im Rechtsmittelverfahren für den wechselseitigen Kostenersatz nur noch zwei Drittel der Bewertung des Begehrens als Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen sind. In der Hauptsache beanstandet die Antragstellerin die unterbliebene Wertsicherung, die (auch) im Wege einer Berichtigung durch das Erstgericht vorgenommen worden wäre; daher hat sie in diesem Zusammenhang Anspruch auf Kostenersatz nur nach TP 1 (daher 67,68 EUR einschließlich 11,28 EUR USt).
Die Antragsgegnerin meint, die Antragstellerin sei in der Hauptsache deswegen mehr als zur Hälfte unterlegen, weil sie in ihrem Antrag das von ihr begehrte Benutzungsentgelt mehr als 50 % höher angesetzt habe als es vom Erstgericht (auf der Grundlage des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen) festgesetzt worden sei. Dabei übersieht sie nicht nur, dass der vorliegende Antrag nicht (allein) auf eine Geldleistung gerichtet ist, weil er (außerdem) die Festsetzung einer Benützungsregelung zum Gegenstand hat, sondern auch, dass nach der Rechtsprechung zu § 43 Abs 2 ZPO (der hier nur für die beantragte Festsetzung eines Benützungsentgelts analog herangezogen werden könnte), eine „Überklagung“ dann vorliegt, wenn sie als eine erkennbare und offenbare Überforderung außerhalb jeder vernünftigen Überlegung qualifiziert werden muss (RISJustiz RS0035993 [T3]), wovon hier nicht die Rede sein kann. Soweit die Antragsgegnerin darüber hinaus eine „rechtlich überschießende Fragestellung des Erstgerichts“ an den Sachverständigen (und damit wohl fehlende Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit dieser Kosten) beanstandet, lässt sich aus dieser Argumentation kein Anspruch gegen die Antragstellerin (im Sinn einer geringeren Kostenbelastung) ableiten, zumal sie nicht behauptet, dass dieser Aufwand dem Verhalten der Gegenpartei zuzurechnen wäre (dazu Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 4.41 ff; Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG, § 78 Rz 89 ff). Der Kostenrüge der Antragsgegnerin in ihrem Rekurs kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu.
Im Rekursverfahren hat die Antragstellerin daher (neben den Kosten eines Berichtigungsantrags im Bezug auf die Wertsicherung) Anspruch auf Ersatz ihrer Rekursbeantwortung auf der Basis von 2/3 der (von ihr selbst ihrem Antrag unwidersprochen zugrunde gelegten) Bemessungsgrundlage. Im Revisionsrekursverfahren ist die Antragstellerin ebenfalls erfolgreich gewesen und hat– ebenfalls ausgehend von der um ein Drittel reduzierten Bemessungsgrundlage – Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres Rechtsmittels.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00065.18G.0814.000 |
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