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OGH vom 20.09.2000, 3Ob65/00f

OGH vom 20.09.2000, 3Ob65/00f

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1Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, gegen die verpflichtete Partei Dr. Gottfried I*****, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 12,968.640 sA, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 4 R 463/99h-53, womit unter anderem der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 51 E 189/99b-17, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, sowie GZ 4 R 566/99f-58, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 51 E 189/99b-34, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Im Verfahren 12 E 6089/98m des Erstgerichtes wurde der betreibenden Partei auf Grund eines im Besitzstörungsverfahren eingegangenen Endbeschlusses unter anderem die Exekution gemäß § 353 EO zur Erwirkung vertretbarer Handlungen bewilligt und die betreibende Partei zur Ersatzvornahme ermächtigt. Den Verpflichteten wurde aufgetragen, die vorläufig mit dem Betrag von S 12,968.640 bemessenen Kosten der Wiederherstellung eines Parkplatzes samt Einfahrt vorauszuzahlen.

Im vorliegenden Verfahren bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei mit Beschluss vom auf Grund des dargestellten Exekutionsbewilligungsbeschlusses vom zur Hereinbringung des Betrages von S 12,968.640 sA die Exekution durch Zwangsverwaltung einer Liegenschaft und die Forderungsexekution gemäß § 294 EO.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Verpflichtete die Aufschiebung der Exekution gemäß § 42 Abs 1 "Z 1" EO, weil er zu 12 E 8/99t des Erstgerichtes eine Oppositionsklage eingebracht habe. Er begehrte auch die Aufhebung aller bereits vollzogenen Exekutionsakte.

Die betreibende Partei sprach sich gegen die begehrte Aufschiebung aus und verlangte hilfsweise, diese vom Erlag einer Sicherheit von S 13,000.000 abhängig zu machen.

Mit Punkt III. seines Beschlusses ON 17 schob das Erstgericht die Zwangsverwaltung unter Aufrechterhaltung der vollzogenen Exekutionsakte gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von S 10,000.000 bis zur rechtskräftigen Erledigung der Oppositionsklage 12 C 8/99t oder bis zu einem Ruhen in diesem Verfahren auf (A) und wies den gesamten Aufschiebungsantrag hinsichtlich der Forderungsexekution sowie den Antrag, die Zwangsverwaltung unter Aufhebung der bereits vollzogenen Exekutionsakte aufzuschieben, ab (B).

Mit Schriftsatz vom (ON 29) beantragte der Verpflichtete neuerlich die Aufschiebung der Exekution gemäß § 42 Abs 1 Z 5 EO ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung wegen der am überreichten Oppositionsklage. Dazu brachte er unter anderem vor, dass mittlerweile der im Besitzstörungsverfahren ergangene Exekutionstitel durch die rechtskräftige Entscheidung im petitorischen Verfahren des Erstgerichtes (5 Ob 222/99[d] des Obersten Gerichtshofes vom ) entkräftet worden sei.

Die betreibende Partei sprach sich gegen die Aufschiebung aus.

Mit Beschluss vom (ON 34) schob das Erstgericht die Exekution bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Oppositionsklage oder bis zum allfälligen Ruhen in diesem Verfahren auf.

Mit dem angefochtenen Beschluss ON 53 gab das Rekursgericht dem Rekurs des Verpflichteten, soweit er sich gegen Punkt III. des erstgerichtlichen Beschlusses ON 17 richtete, teilweise Folge und änderte diesen dahin ab, dass es die Sicherheitsleistung, von der die Aufschiebung der Zwangsverwaltung abhängig gemacht wurde, auf S 500.000 herabsetzte. Im Übrigen bestätigte es diesen Teil des erstinstanzlichen Beschlusses.

Mit dem angefochtenen Beschluss ON 58 gab das Rekursgericht dem Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Erstgerichtes ON 34 Folge und änderte diesen dahin ab, dass es den Aufschiebungsantrag des Verpflichteten ON 29 zur Gänze abwies.

In beiden Rekursentscheidungen sprach das Rekursgericht aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen die Rekursentscheidung ON 58 und jenen Teil der Rekursentscheidung ON 53, womit Punkt III. des erstgerichtlichen Beschlusses ON 17 teils bestätigt und teils abgeändert wurde, richtet sich der (nicht als solcher bezeichnete) außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten, mit dem er begehrt, die angefochtenen Beschlüsse und aus Anlass der Erledigung des Rechtsmittels auch die Beschlüsse der ersten Instanz als nichtig aufzuheben.

Zur Zulässigkeit wird im Revisionsrekurs unter anderem ausgeführt, dass die Qualität der betriebenen Forderung (Kosten für die Wiederherstellung von Bauwerken im Zuge eines Exekutionsverfahrens nach § 353 EO) zufolge der Entscheidung SpR 36 neu = SZ 25/230 die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht nach § 75 EO iVm § 528 Abs 2 Z 3 EO ausschließe. Demnach gälten besondere Beschränkungen des Rechtszuges in einem der Schaffung eines Exekutionstitels dienenden Verfahren nicht für das auf Grund dieses Exekutionstitels eingeleitete Exekutionsverfahren.

Eine ausdrückliche Darlegung im Sinne des § 506 Abs 1 Z 5 ZPO, warum entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes der Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird, enthält das Rechtsmittel nicht, obwohl diese Bestimmung gemäß § 78 EO und § 528 Abs 3 ZPO auch auf den außerordentlichen Revisionsrekurs sinngemäß anzuwenden ist. Aber auch aus dem Inhalt der Ausführungen ergibt sich die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht.

Soweit mit dem angefochtenen Beschluss ON 53 der erstgerichtliche Beschluss, womit der Aufschiebungsantrag hinsichtlich der Forderungsexekution zur Gänze abgewiesen wurde, voll bestätigt worden ist, ergibt sich die Unzulässigkeit schon aus § 528 Abs 2 Z 2 ZPO. Nach dieser Bestimmung ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn (mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme) der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist. Die Anfechtbarkeit der einzelnen Teile eines rekursgerichtlichen Beschlusses, mit dem die Entscheidung des Erstgerichtes teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, ist danach zu beurteilen, ob der bestätigende und der abändernde Teil der Entscheidung in einem unlösbaren Sachzusammenhang stehen, sodass die Zulässigkeit der Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann bzw ob eine Zusammenrechnung der Ansprüche nach § 55 JN zu erfolgen hat (3 Ob 312/97x mwN; 3 Ob 327/99f; Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 4 zu § 528). Ein solcher Zusammenhang wurde vom erkennenden Senat bereits bei Bewilligung der Exekution auf mehrere der Art nach verschiedenen Exekutionsobjekte und durch verschiedene Exekutionsmittel verneint (3 Ob 142/79, 3 Ob 288/98v = RpflE 1999/79; 3 Ob 302/99d; 3 Ob 312/97x; zuletzt 3 Ob 397/99f), ebenso für Entscheidungen über die Aufschiebung von Befriedigungs- und Sicherungsexekutionen und für die einzelne Exekutionsmittel betreffende Aufschiebung (3 Ob 207/99a). Demnach besteht auch hier kein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Aufschiebung der Zwangsverwaltung und der Aufschiebung der Forderungsexekution. Soweit das Rekursgericht die Abweisung des diese Exekution betreffenden Antrages bestätigt hat, ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Im Übrigen ist der Revisionsrekurs mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des gemäß § 78 EO maßgebenden § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.

Zur Darlegung einer Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidungen macht der Verpflichtete folgendes geltend:

Im Verfahren über die Exekution nach § 353 EO zu Gunsten der betreibenden Partei (12 E 6089/98n des Erstgerichtes) sei am die Exekutionsbewilligung ON 16 ergangen. Diese sei mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , GZ 3 Ob 7/99x, in den hier interessierenden Punkten wiederhergestellt worden. Mit Beschluss des Erstgerichtes vom (ON 112) sei ein von ihm eingebrachter Aufschiebungsantrag ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung bewilligt worden. Über den Rekurs, den die betreibende Partei gegen diesen Beschluss erhob, sei bis zur Beschlussfassung über die mit dem vorliegenden Revisionsrekurs angefochtenen Entscheidungen nicht entschieden worden. Nach der von ihm geteilten Lehre von Heller/Berger/Stix, Kommentar II 2629 habe die Aufschiebung der Exekution hinsichtlich der Hauptsache in solchen Fällen (entgegen EvBl 1975/190) auch automatisch die Aufschiebung der Kostenexekution zur Folge. Damit sei durch einen im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch das Rekursgericht noch dem Rechtsbestand angehörenden Beschluss auch das vorliegende Exekutionsverfahren aufgeschoben gewesen.

Auch im Exekutionsverfahren gelte der Grundsatz, dass die Gerichte an bereits ergangene Entscheidungen gebunden seien. Ein Beschluss über die Aufschiebung der Exekution sei keine verfahrensleitende Verfügung und könne daher sowohl rechtswirksam als auch rechtskräftig werden. Die Missachtung der Rechtswirksamkeit des vorangegangenen Aufschiebungsbeschlusses durch das Rekursgericht habe das Gewicht einer Nichtigkeit.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu ist festzuhalten, dass § 416 Abs 2 ZPO zwar gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwenden ist, dass er aber in dem zu entscheidenden Fall keine Bedeutung hat. Nach dieser Gesetzesstelle ist das Gericht an seine Entscheidung gebunden, sobald dieselbe verkündet oder im Fall des § 415 ZPO in schriftlicher Abfassung zur Ausfertigung abgegeben ist. Es wurde hiezu stets nur die Meinung vertreten, dass die Bestimmung die Berücksichtigung der Entscheidung in dem Verfahren, in dem sie erging, erfordert, dass also insbesondere die Entscheidung nicht durch das Gericht, das sie erließ, aufgehoben oder abgeändert werden darf (Fasching, ZPR2 Rz 1471; Rechberger in Rechberger, ZPO2 Rz 2 zu § 416). Eine Klärung dieser Rechtsfrage durch den Obersten Gerichtshof ist unter diesen Umständen nicht geboten, zumal der Revisionsrekurs auf § 416 Abs 2 ZPO gar nicht gestützt wird.

In Betracht käme eine Nichtigkeit nur wegen der Verletzung der Rechtskraft einer Entscheidung (vgl Rechberger in Rechberger, ZPO2 Rz 2 zu § 411) oder wegen Verletzung der Streitanhängigkeit. Eine Verletzung der Rechtskraft liegt hier aber nicht vor, weil die im Revisionsrekurs ins Treffen geführte Aufhebungsentscheidung des Erstgerichtes vom im Zeitpunkt der am ergangenen Entscheidung des Rekursgerichtes noch nicht rechtskräftig war. Es wurde dagegen nämlich von der betreibenden Partei fristgerecht ein Rekurs eingebracht, dem im Übrigen das Rekursgericht mit dem Beschluss vom , 4 R 32/00f, dahin Folge gegeben hat, dass der Aufschiebungsantrag abgewiesen wurde. Der erkennende Senat hat in der Folge mit der Entscheidung vom , 3 Ob 82/00f, einen vom Verpflichteten dagegen eingebrachten außerordentlichen Revisionsrekurs zurückgewiesen.

Zur Streitanhängigkeit ist es zwar einhellige Auffassung, dass deren Nichtberücksichtigung Nichtigkeit begründet (Rechberger/Frauenberger in Rechberger, ZPO2 Rz 7 zu § 233 mwN). Ebenso einhellig ist aber die Meinung, dass die die Streitanhängigkeit regelnden §§ 232, 233 ZPO, auf die im § 78 EO nicht verwiesen wird, im Exekutionsverfahren nicht anzuwenden sind (Heller/Berger/Stix 365; Holzhammer, ZVR4, 19; Rechberger, Die fehlerhafte Exekution 193 f; EvBl 1955/347). Es ist deshalb auch hiezu nicht weiter Stellung zu nehmen, zumal im Revisionsrekurs dagegen nichts vorgebracht wird. Ebensowenig kommt es auf die Ansicht von Rechberger (aaO) an, wonach im Exekutionsverfahren aus einem ähnlichen Gedanken wie bei der Streitanhängigkeit ein Exekutionshindernis anzunehmen ist, wenn über mehrere gleichlautende Exekutionsanträge zu entscheiden ist. Ein solcher oder ein damit vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.

Der Verpflichtete hat die im Revisionsrekurs vertretene Auffassung, die Missachtung der Rechtswirksamkeit des vorangegangenen Aufhebungsbeschlusses durch das Rekursgericht habe das Gewicht einer Nichtigkeit, nicht näher begründet und noch weniger belegt. Da andere als die angeführten, die Zulässigkeit des Revisionsrekurses jedoch nicht begründenden Erwägungen nicht zu erkennen sind, hängt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO ab, zumal es auch auf die Richtigkeit der in der Entscheidung EvBl 1975/190 vertretenen, von Heller/Berger/Stix (III 2629 f) bekämpften Rechtsansicht nicht ankommt.

Der Revisionsrekurs war deshalb auch zurückzuweisen, soweit er nicht gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist, weil die in § 528 Abs 1 ZPO festgelegten Voraussetzungen, von deren Erfüllung seine Zulässigkeit abhängt, nicht erfüllt sind.

Fundstelle(n):
UAAAD-64532