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OGH vom 26.04.2019, 3Ob64/19m

OGH vom 26.04.2019, 3Ob64/19m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei W*****, gegen die verpflichtete Partei I*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Lindle, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.373,97 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 46 R 458/18w, 503/18p-130, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß

§ 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bestellte im Zuge des seit dem Jahr 2014 anhängigen Zwangsversteigerungsverfahrens mit Beschluss vom für die (vermeintlich) abwesende Verpflichtete einen prozessualen Abwesenheitskurator und schlug in der Versteigerungstagsatzung vom das Versteigerungsobjekt dem Meistbietenden um das Meistbot von 260.000 EUR zu. In der Folge wurde der Kurator seines Amts enthoben, nachdem ein von der Verpflichteten bevollmächtigter Rechtsanwalt im Verfahren für sie auftrat.

Das Rekursgericht wies die Rekurse der Verpflichteten gegen die Kuratorbestellung und gegen die Zuschlagserteilung zurück. Der Rekurs gegen die Zuschlagserteilung, der den in § 184 Abs 1 Z 3 EO angeführten Mangel geltend mache, sei verspätet, weil er nicht innerhalb von 14 Tagen nach dem Versteigerungstermin erhoben worden sei (§ 187 Abs 1 letzter Satz EO). Mit ihrem Rekurs gegen die Kuratorbestellung ziele die Verpflichtete insbesondere auf die Nichtigerklärung der Zuschlagserteilung ab. Da aber der Rekurs gegen die Zuschlagserteilung wegen Verspätung erfolglos bleiben müsse, fehle diesem Rekurs die erforderliche Beschwer.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Verpflichteten zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf:

1. Es trifft zwar zu, dass der Mangel der Prozessfähigkeit gemäß § 6 Abs 1 ZPO (iVm § 78 EO) in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Das von der Verpflichteten mit dem außerordentlichen Revisionsrekurs vorgelegte Privatgutachten einer Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie vermag allerdings wegen seiner offenkundigen Oberflächlichkeit und besonderen Kürze von vornherein keine begründeten Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit zu erwecken (vgl RISJustiz RS0035351 [T1]).

2. Im Hinblick darauf muss auf die von der Revisionsrekurswerberin unter Berufung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom , Bsw 20.082/02 (Zehentner/Österreich) ins Treffen geführten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 187 und § 187a EO nicht eingegangen werden.

3. Die Verpflichtete bekämpft die Rechtsansicht des Rekursgerichts, wonach sie angesichts der Rechtskraft der Zuschlagserteilung durch die Kuratorbestellung nicht (mehr) beschwert sei, inhaltlich gar nicht, sondern verweist (abgesehen von ihrer Behauptung, sie sei ab Anfang 2018 prozessunfähig gewesen) nur darauf, dass das der gesetzwidrigen Kuratorbestellung nachfolgende Verfahren einschließlich der Zuschlagserteilung nichtig sei.

3.1. Richtig ist, dass nach der Rechtsprechung eine gesetzwidrige Kuratorbestellung das mit dem Kurator geführte Verfahren infolge Verletzung des rechtlichen Gehörs des vermeintlich Abwesenden iSd § 477 Abs 1 Z 4 ZPO nichtig macht, was aus Anlass eines zulässigen Rechtsmittels wahrzunehmen ist (

vgl RS0036484; 10 Ob 91/08t mwN). Ob dieser – für Titelverfahren aufgestellte – Grundsatz auf eine allenfalls gesetzwidrige Kuratorbestellung für die verpflichtete Partei in einem Exekutionsverfahren, überhaupt anwendbar ist, kann hier jedoch aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:

3.2. Unabhängig davon, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung eines Zustellkurators für die Verpflichtete vorlagen (vgl dazu RS0049217), wäre der Bestellungsbeschluss jedenfalls gemäß § 117 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO in der Ediktsdatei kundzumachen gewesen. Die vom Erstgericht allein vorgenommene (ERV-)Zustellung des Bestellungsbeschlusses an den Kurator (und an die Betreibende) machte die Kuratorbestellung daher nicht wirksam (§ 118 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO;

RS0006052). Aus diesem Grund konnte auch die Ladung des Kurators zur Versteigerungstagsatzung die erforderliche Verständigung der Verpflichteten von diesem Termin (§ 171 EO) nicht ersetzen.

3.3. Im Hinblick darauf hat aber das Rekursgericht eine Beschwer durch die Kuratorbestellung insgesamt jedenfalls vertretbar verneint: Stellt sich doch die rechtliche Situation der Verpflichteten im Ergebnis nicht anders dar, als wäre sie – ohne Bestellung eines Kurators – vom Erstgericht iSd § 184 Abs 1 Z 3 EO versehentlich nicht vom Versteigerungstermin verständigt worden und hätte erst später als 14 Tage nach dem Versteigerungstermin Rekurs gegen die Zuschlagserteilung erhoben.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00064.19M.0426.000

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