OGH 01.04.2004, 2Ob71/04m
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Anna F*****, 2.) Walter F*****, beide vertreten durch Dr. Olaf Borodajkewycz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Horst-Heinz V*****, 2.) Christian V*****, beide vertreten durch Neumayer & Walter, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 4.500,--), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 36 R 144/03y-11, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom , GZ 3 C 1341/02k-6, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien haben die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
In ihrer Klage begehrten die Kläger, die Beklagten mögen das Ansetzen von Kletterpflanzen an der an der Grundstücksgrenze befindlichen Seitenwand ihrer Garage unterlassen.
Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Auf Antrag der klagenden Partei sprach das Berufungsgericht gemäß § 508 Abs 3 ZPO aus, dass die ordentliche Revision (doch) zulässig sei, weil Zweifel bestünden, ob der vorliegende Fall infolge des vor der Garagenmauer auf dem Grund der Beklagten befindlichen Zaunes tatsächlich anders zu sehen sei, als jener der Entscheidung 7 Ob 613/91; die Frage, ob die Grundsätze dieser Entscheidung auch auf den vorliegenden Fall zu erstrecken seien, stelle daher eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Parteien ist unzulässig. Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Zum Bewuchs von Gebäudeteilen durch Kletterpflanzen des Nachbarn
liegt bereits Judikatur des Obersten Gerichtshofes vor (7 Ob 613/91 =
SZ 64/158; 6 Ob 255/00v = SZ 74/57). Danach ist eine derartige
Benützung der Nachbarmauer als unmittelbare Zuleitung im Sinne des § 364 Abs 2 zweiter Satz ABGB zu beurteilen, die ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig ist.
Zwar ist eine botanisch präzise Bezeichnung der Kletterpflanze nicht erforderlich (vgl das Begehren in 6 Ob 255/00v). Zur Begründung der Klagsabweisung hat das Berufungsgericht aber insbesondere folgendes ins Treffen geführt:
Das Unterlassungsbegehren richte sich auf die Tätigkeit des Ansetzens von Kletterpflanzen, somit auf das Anpflanzen und Einsetzen derartiger Gewächse. Die Liegenschaften der Streitteile seien durch einen Zaun an der Grundstücksgrenze voneinander getrennt und bestehe zwischen diesem Zaun und der (unverputzten) Seitenwand der Garage ein "geringfügiger" Abstand. Entlang dieses Zaunes hätten die Beklagten Gewächse gepflanzt, welche über den Zaun hinausgewachsen seien und sich an der Mauer der angrenzenden Garage festgehängt hätten. Daraus ergebe sich, dass das Anpflanzen eines derartigen rankenden Gewächses den Beklagten in dem Umfang nicht verboten werden könne, als dieses den offenbar ihnen allein gehörigen Zaun zu seinem Emporranken verwende. Lediglich in dem Umfang, als auch die Garagenwand zum Emporranken benützt werde, hätten die Kläger das Recht, sich gegen diese ihr Eigentumsrecht unzulässig beschränkende Immission durch Klagsführung zu wehren. Das trotz Klärungsversuch des Erstgerichtes undifferenzierte Klagebegehren sei nicht schlüssig aus dem Vorbringen und den Feststellungen ableitbar. Es zeige sich also, dass den Klägern kein Anspruch auf Unterlassung des Ansetzens, sondern lediglich der - von ihnen allerdings nicht geltend gemachte - Anspruch auf Unterlassung der Benützung ihres Eigentums (Garagenmauer) durch Kletterpflanzen zustehe.
Mit diesen Ausführungen hat das Berufungsgericht in vertretbarer Weise dargestellt, auf Grund welcher Unterschiede in Sachverhalt und Klagebegehren es zu einem anderen Endergebnis gelangt ist, als es in 7 Ob 613/91 gefunden wurde (vgl auch die Sachverhaltsdifferenzierungen in 6 Ob 255/00v sowie die damaligen, auf Unterlassung der Inanspruchnahme fremder Mauerteile - und auf Beseitigung von Pflanze bzw Bewuchs - gerichteten jeweiligen Klagebegehren). Seine Beurteilung des Einzelfalles hält sich somit im Rahmen der Grundsätze der zitierten Vorjudikatur. Eine krasse Fehlbeurteilung, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrnehmen müsste, liegt nicht vor. Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) nicht bedurfte, war die Revision - ungeachtet des abgeänderten Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Die beklagten Parteien haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2004:0020OB00071.04M.0401.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAD-64435