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OGH 12.03.2015, 7Ob13/15k

OGH 12.03.2015, 7Ob13/15k

Rechtssätze


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Norm
Oö GVG 1994 §8 Abs2 Z2
RS0130383
Die Anwendung des § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994 ist auf einen Bestandvertrag durch eine Kapitalgesellschaft nicht von vornherein ausgeschlossen. Es kommt vielmehr darauf an, welcher Nutzung das Bestandobjekt (zum Zeitpunkt des Rechtserwerbs) zugeführt werden soll.
Norm
Oö GVG 1994 §8 Abs2 Z2
RS0130384
Bei Beurteilung der Frage, ob der Rechtserwerb zur Begründung eines Freizeitwohnsitzes in einem Vorbehaltsgebiet dient, kommt es allein auf die Absicht des Rechtserwerbers und nicht auf den übereinstimmenden Parteiwillen an.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der beklagten und widerklagenden Partei L***** L*****, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels, gegen die klagende und widerbeklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Heigl und Mag. Willibald Berger, Rechtsanwälte in Marchtrenk, wegen Räumung, aus Anlass des Rekurses der beklagten und widerklagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom , GZ 23 R 51/14k-23, womit das Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom , GZ 2 C 318/13p, 2 C 194/13b-18, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, die angefochtene Entscheidung durch einen Bewertungsausspruch im Verfahren AZ 2 C 194/13b gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO zu ergänzen.

Text

Begründung:

Die klagende und widerbeklagte Partei (Klägerin) mietete von der beklagten und widerklagenden Partei (Beklagte) eine Liegenschaft samt Haus, Garage, Garten und Bootshaus auf unbestimmte Zeit. Die Klägerin begehrt unter Behauptung eines auf Grund des Mietvertrags bestehenden Alleinbenutzungsrechts die Räumung des mitgemieteten Bootshauses. Die Beklagte begehrt in ihrer Widerklage gemäß § 1118 ABGB die Räumung der Liegenschaft. Beide Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, führend ist der Akt der Widerklage.

Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren der Klägerin ab und gab dem in der Widerklage erhobenen Räumungsbegehren statt.

Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach ferner - ohne Bewertungsausspruch - aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Eine Entscheidung über den Rekurs der Beklagten, welche die Wiederherstellung des Ersturteils anstrebt, kann derzeit betreffend das Räumungsbegehren der Klägerin noch nicht ergehen, weil noch nicht feststeht, ob der Oberste Gerichtshof insofern funktionell zuständig ist.

Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert 5.000 EUR nicht übersteigt. Es bedarf daher eines Bewertungsausspruchs, wenn der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zugelassen wird. Übersteigt nämlich der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR nicht, ist der Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz über die Zulässigkeit des Rekurses wirkungslos (RIS-Justiz RS0043025, RS0042429).

Im Fall der Verbindung mehrerer Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung ist die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen die gemeinsame Entscheidung für jedes der verbundenen Verfahren gesondert zu beurteilen. Dies gilt auch im Fall der Verbindung von Klage und Widerklage (RIS-Justiz RS0036717, RS0037252).

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Ausnahme des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO von der wertgrenzenmäßigen Beschränkung der Revisionszulässigkeit nur dann anwendbar, wenn über ein Bestandverhältnis selbst und seine wirksame Beendigung zu entscheiden ist (RIS-Justiz RS0043261), wenn also die Klage aus der Beendigung eines Bestandverhältnisses resultiert und dieses Verhältnis auch bereits in der Klage behauptet wurde (RIS-Justiz RS0122891). Davon ist hier nur im Zusammenhang mit dem in der Widerklage erhobenen Räumungsbegehren auszugehen. Das von der klagenden Mieterin gegen die beklagte Vermieterin gerichtete Räumungsbegehren setzt hingegen ein aufrechtes Bestandverhältnis, dessen Zuhaltung begehrt wird, voraus. Auf Grund der gebotenen gesonderten Beurteilung der Rechtsmittelzulässigkeit von Klage und Widerklage hat das Berufungsgericht nunmehr den im Verfahren AZ 2 C 194/13b bisher unterbliebenen Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO nachzuholen.

Selbst im Fall einer nach dem Ergebnis der Bewertung gebotenen Zurückweisung des Rekurses durch das Berufungsgericht nach § 507b Abs 4 ZPO betreffend das Verfahren AZ 2 C 194/13b sind die Akten neuerlich vorzulegen, ist doch jedenfalls über den das Widerklageverfahren betreffenden Rekurs vom Obersten Gerichtshof zu entscheiden.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der beklagten und widerklagenden Partei L***** L*****, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels, gegen die klagende und widerbeklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Heigl und Mag. Willibald Berger, Rechtsanwälte in Marchtrenk, wegen Räumung, über den Rekurs der beklagten und widerklagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom , GZ 23 R 51/14k-23, ergänzt durch den Beschluss vom , womit das Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom , GZ 2 C 318/13p, 2 C 194/13b-18, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende und widerbeklagte Partei (Klägerin) ist eine GmbH mit Sitz im Inland, deren Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer ein ukrainischer Staatsangehöriger ist. Sie mietete von der beklagten und widerklagenden Partei (Beklagte) beginnend mit eine in einem Vorbehaltsgebiet gemäß § 6 Oö GVG 1994 gelegene Liegenschaft samt Haus, Garage, Garten und Bootshaus auf unbestimmte Zeit bei einem beiderseitigen 10-jährigen Kündigungsverzicht. Nach dem Vertragstext darf der Mietgegenstand zu Wohnzwecken verwendet werden; unter „Wohnzwecke“ sind auch solche beruflichen Tätigkeiten zu verstehen, die üblicherweise in Wohnungen ausgeübt werden. Eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Mietvertrags wurde in diesem nicht angesprochen.

Das Erstgericht stellte fest:

Mit dem Mietvertrag strebte die Klägerin eine nicht mit ihrem Geschäftszweck („Handel mit Waren aller Art; Erwerb, Pachtung und Beteiligung an anderen Unternehmen; Übernahme, Geschäftsführung und Vertretung solcher Unternehmen mit dem gleichen oder ähnlichen Gesellschaftszweck; Errichtung von Zweigniederlassungen sowie von Betriebsstätten im In- und Ausland) in Zusammenhang stehende Nutzung „für Erholungszwecke zumindest durch Bootsausfahrten“ an. Die Liegenschaft wird von ihrem Geschäftsführer auch privat und für Erholungszwecke für höchstens zwei Monate im Jahr genutzt. Die Klägerin plante keine ganzjährige Nutzung der Liegenschaft. Es war aus ihrer Sicht zumindest „ein Nebenzweck des Mietvertrags, einen nicht ganzjährig gegebenen Wohn- und Erholungsbedarf“ zu decken.

Die Klägerin hat sich nicht um eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Mietvertrags bemüht und sieht sich auch nicht dazu veranlasst.

Die Klägerin begehrte unter Behauptung eines aufgrund des Mietvertrags bestehenden Alleinbenutzungs-rechts die Räumung des mitgemieteten Bootshauses. Das Bestandobjekt diene ihr als Firmensitz und ihrem Geschäftsführer ganzjährig als Wohnsitz. Der Mietvertrag sei daher nicht genehmigungsbedürftig. Entgegen der Zusicherung der Beklagten, das zweite Boot bis spätestens Ende August 2012 zu entfernen, befinde sich dieses immer noch im Bootshaus.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Das Bestandobjekt diene der Klägerin nicht als Firmensitz, sondern werde ausschließlich als Gästehaus von ihrem Geschäftsführer und seinen Gästen genutzt. Bei der Klägerin handle es sich um eine Scheinfirma zur Umgehung grundverkehrsbehördlicher Bestimmungen. Der Mietvertrag sei demnach gemäß § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994 genehmigungsbedürftig. Da keine Genehmigung vorliege, sei der Mietvertrag schwebend unwirksam und die Klägerin könne ihr Räumungsbegehren nicht darauf stützen. Im Übrigen beruhe das Einstellen des Boots auf einer Nutzungsvereinbarung zwischen den Streitteilen.

In ihrer Widerklage begehrte die Beklagte gemäß § 1118 ABGB die Räumung der Liegenschaft. Indem die Klägerin in der von ihr gerichtlich geltend gemachten Räumung des Bootshauses die vereinbarte Nutzung eines Bootsabstellplatzes durch die Beklagte bestreite, habe die Beklagte das Vertrauen in die geschäftliche Korrektheit der Klägerin verloren. Dies gelte auch für die Nichteinholung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung durch die Klägerin seit mehr als acht Monaten, wozu sie zur Herbeiführung der vollen Wirksamkeit des Mietvertrags verpflichtet sei. Auch der Umstand, dass die Klägerin nach der Installierung einer Zentralschließanlage vereinbarungswidrig trotz mehrerer Urgenzen bislang keinen Zentralschlüssel bei der Hausverwaltung hinterlegt habe, habe das Vertrauen der Beklagten in die geschäftliche Korrektheit der Klägerin massiv erschüttert, zumal es der Hausverwaltung unmöglich sei, mit der Klägerin Termine für allfällige Begehungen abzustimmen. Dadurch werde unter anderem die Sanierung der von der Klägerin selbst angezeigten Mängel verhindert, worin ein erheblich nachteiliger Gebrauch zu erblicken sei. Entgegen der vertraglich vereinbarten Wohnnutzung werde das Bestandobjekt als Gästehaus verwendet, sodass die Beklagte auch aufgrund der Verletzung einer wesentlichen Bestimmung des Mietvertrags zur Vertragsauflösung berechtigt sei.

Die Klägerin beantragte die Abweisung der Widerklage. Der Vertrag sei nicht genehmigungsbedürftig. Im Zuge der Vertragsverhandlungen sei klar gelegt und auch Vertragsinhalt geworden, dass das Bestandobjekt ihrem Geschäftsführer ganzjährig als Wohnsitz während seiner Berufstätigkeit und in den Sommermonaten als Sommerresidenz für Geschäftsabschlüsse dienen sollte.

Beide Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, führend ist der Akt der Widerklage.

Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren der Klägerin ab und gab jenem der Beklagten statt. Da es zumindest ein Nebenzweck des Mietvertrags gewesen sei, einen nicht ganzjährig gegebenen Erholungsbedarf zu decken, liege ein Freizeitwohnsitz im Sinn des § 2 Abs 6 Oö GVG 1994 vor. Da die Klägerin ein Handelsgewerbe betreibe, sei der Mietvertrag genehmigungsbedürftig. Die Klägerin bemühe sich nicht um eine behördliche Genehmigung des Mietvertrags und sehe auch keinen Anlass dazu, weshalb der Mietvertrag unwirksam sei.

Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf, bejahte das Vorliegen eines Verfahrensmangels (unterlassene Vernehmungen) und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Für den Begriff des Freizeitwohnsitzes gemäß § 2 Abs 6 Oö GVG 1994 sei der Vertragszweck im Sinn der übereinstimmend erklärten Parteiabsicht maßgeblich. Dazu fehlten Feststellungen. Ein bereits anfänglich nichtiger Vertrag liege nicht bereits deshalb vor, weil die Mieterin eine Einholung der Genehmigung nicht beabsichtige; hier müsste zusätzlich feststehen, dass die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erteilt werden könne; dies sei aber weder behauptet noch festgestellt worden. Sollte der Vertrag infolge Genehmigungsbedürftigkeit aufschiebend bedingt sein, wäre die Benützung durch die Mieterin jedenfalls nicht titellos und sei aus diesem Grund das Räumungsbegehren der Vermieterin nicht berechtigt. Diesfalls müssten jedoch die von ihr geltend gemachten wichtigen Gründe zur vorzeitigen Vertragsauflösung geprüft werden. Ein Anspruch der Mieterin auf Überlassung der Grundstücksnutzung bestünde ebenfalls erst nach Bedingungseintritt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil den Rechtsfragen, ob die Entscheidung über die Genehmigungsbedürftigkeit unter Heranziehung des Vertragszwecks vorzunehmen sei, ob bei einer GmbH als Mieterin überhaupt eine Zweitwohnung denkbar sei und ob dabei allenfalls auch die Umgehungsabsicht eines Vetragsteils oder beider Vertragsteile vom Gericht in die Vorfragenbeurteilung einzubeziehen sei, erhebliche Bedeutung zukomme.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein „Aufhebungsantrag“ gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. Zur Rechtslage:

Dem Oö GVG 1994 unterliegt gemäß dessen § 1 Abs 2 Z 4 der zivilrechtliche Rechtserwerb unter Lebenden an Grundstücken oder Grundstücksteilen (zB Wohnung) durch Bestandnahme (Miete, Pacht) oder jede sonstige Überlassung (Prekarium, Abbauvertrag) zur Nutzung, ausgenommen die Überlassung im Rahmen der Privatzimmervermietung.

§ 8 Oö GVG 1994 („Genehmigungsbedürftig-keit“) lautet auszugsweise:

„(1) Rechtserwerbe gemäß § 1 Abs 2 durch Ausländer (§ 2 Abs 4) bedürfen der Genehmigung der Behörde.

(2) Für Rechtserwerbe gemäß § 1 Abs 2 Z 4 an Baugrundstücken und sonstigen Grundstücken gilt Abs 1 nur, wenn der Rechtserwerb zu Wohnzwecken erfolgt und

1. …

2. der Rechtserwerb zur Begründung eines Freizeitwohnsitzes in einem Vorbehaltsgebiet dient.“

Gemäß § 2 Abs 4 Oö GVG 1994 sind Ausländer natürliche Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen (Z 1) und juristische Personen mit Sitz in Österreich, an denen jedoch ausschließlich oder überwiegend Ausländer beteiligt sind oder deren geschäftsführende Organe mindestens zur Hälfte Ausländer sind (Z 3).

Die Sonderbestimmungen für EU- und EWR-Angehörige (§ 9 Oö GVG 1994) kommen hier nicht zur Anwendung, weil der allein geschäftsführende Alleingesellschafter der Mieterin als ukrainischer Staatsbürger nicht zu diesem Personenkreis zählt.

Gemäß § 2 Abs 6 erster Satz Oö GVG 1994 ist bzw wird ein Freizeitwohnsitz einer Person in einem Gebäude oder in einem Teil eines Gebäudes (Wohnung) begründet, in dem sie sich in der Absicht niedergelassen hat bzw niederlässt, ihn nicht zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs, sondern zum Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubs, der Ferien oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken zu verwenden.

Eine objektbezogene Ausnahme nach § 2 Abs 6 zweiter Satz Oö GVG 1994 liegt unstrittig nicht vor.

Gemäß § 10 Abs 1 Oö GVG 1994 ist die Genehmigung eines genehmigungsbedürftigen Rechtserwerbs vom Rechtserwerber schriftlich innerhalb von vier Wochen nach Entstehen des Rechtstitels oder nach Rechtskraft eines die Genehmigungsbedürftigkeit feststellenden Bescheids nach § 11 Oö GVG 1994 bei der Behörde zu beantragen, sofern der Antrag nicht innerhalb dieser Frist durch eine andere Vertragspartei gestellt wird.

Solang die erforderliche Genehmigung von der Behörde nicht erteilt wurde, darf der dem Rechtserwerb zugrundeliegende Rechtstitel nicht ausgeübt werden. Die Parteien sind jedoch an den Rechtstitel gebunden (§ 15 Abs 1 Oö GVG 1994). Mit der Versagung der Genehmigung durch die Behörde wird der dem Rechtserwerb zugrundeliegende Rechtstitel rückwirkend rechtsunwirksam. Gleiches gilt, wenn die Behörde von einem Rechtstitel Kenntnis erlangt und nicht binnen einer Frist von vier Wochen nach Aufforderung durch die Behörde die erforderliche Genehmigung beantragt wird (§ 15 Abs 2 Oö GVG 1994).

2.1. Zu klären ist zunächst, ob ein Mietvertrag mit einer Kapitalgesellschaft nach § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994 genehmigungsbedürftig sein kann.

2.2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass Unternehmer nach § 2 UGB keinen nichtunternehmerischen/privaten Bereich aufweisen und der Abschluss von Geschäften, die nicht zum Betrieb des Handelsgewerbes gehören, beim Formkaufmann daher nicht denkbar ist (10 Ob 1/12p mwN). Eine GmbH kann selbst also keinen Freizeitwohnsitz begründen.

2.3. Ein auf die bezweckte persönliche Nutzung durch den Rechtserwerber selbst abstellendes Verständnis kann aber nicht ohne weiteres für die hier zu beurteilenden Fragen nach § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994 herangezogen werden.

2.3.1. Nach der gesetzlichen Zielsetzung des § 1 Abs 1 Z 7 Oö GVG 1994 sollen Rechtserwerbe von Grundstücken durch Ausländer, sofern sie nicht aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind, beschränkt werden. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers dienen die gesetzlichen Regelungen unter anderem der Sicherstellung einer geordneten Entwicklung der Freizeitwohnsitze (AB 471 BlgOöLT 24. GP, 2 f). Dazu wurde bereits für Rechtserwerbe an Baugrundstücken und Teilen davon in der Stammfassung des Oö GVG 1994 in § 6 Z 5 für die Bestandnahme (Miete, Pacht) oder jede sonstige Überlassung zu Wohnzwecken die Einholung einer Genehmigung vorgesehen, wenn der Rechtserwerb zur Begründung eines Freizeitwohnsitzes in einem (nach damaliger Rechtslage) Genehmigungsgebiet diente. Der daraus hervorgehenden eindeutigen Intention des Landesgesetzgebers, den Rechtserwerb zur Begründung eines Freizeitwohnsitzes in einem sensiblen Gebiet durch Ausländer zu beschränken, wird ein allein auf eine bezweckte persönliche Nutzung durch den Rechtserwerber selbst abstellendes Verständnis nicht gerecht; dazu ist es vielmehr erforderlich, auch eine entsprechende Nutzung durch eine vom Rechtserwerber verschiedene Person einzubeziehen (vgl auch 6 Ob 165/99d zu § 13 Abs 1 Z 4 Oö GVG 1994 idF LGBl 1994/88). Dies ist auch vom Wortlaut des § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994 gedeckt.

2.3.2. Insgesamt folgt daraus, dass die Anwendung des § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994 auf einen Bestandvertrag durch eine Kapitalgesellschaft nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Es kommt vielmehr darauf an, welcher Nutzung das Bestandobjekt zugeführt werden soll.

3.1. Nun ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen von einer Anmietung zur Begründung eines Freizeitwohnsitzes auszugehen ist.

3.2. Der Oberste Gerichtshof hat in der oben zitierten Entscheidung 6 Ob 165/99d zur Frage, ob ein Rechtserwerb zu Wohnzwecken im Sinn des § 13 Abs 1 Z 4 Oö GVG 1994 idF LGBl 1994/88 erfolgt, - von der Lehre gebilligt (vgl Schneider, Österreichisches Grundverkehrsrecht [8. Lieferung] § 8 Anm 6) - dahin Stellung genommen, dass der Zweck des Rechtserwerbs maßgeblich ist und es nicht auf die tatsächliche Nutzung des Erwerbers ankommt.

3.3. Schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994, dass der Rechtserwerb zu Wohnzecken erfolgt und zur Begründung eines Freizeitwohnsitzes (in einem Vorbehaltsgebiet) dient, ergibt sich, dass es auf die Absicht beim Rechtserwerb als solchen und nicht auf die nachfolgende tatsächliche Nutzung ankommt; aus dieser kann allenfalls auf den bei Vertragsabschluss bestehenden Willen rückgeschlossen werden. Dass der Rechtserwerb als solcher maßgeblich ist, folgt auch aus den §§ 10 Abs 1 und 15 Abs 1 Oö GVG 1994, wonach die Genehmigung eines genehmigungsbedürftigen Rechtserwerbs vom Rechtserwerber grundsätzlich innerhalb von vier Wochen nach Entstehen des Rechtstitels - mangels Zuvorkommens einer anderen Vertragspartei - zu beantragen ist und der dem Rechtserwerb zugrundeliegende Rechtstitel mangels Erteilung der erforderlichen Genehmigung nicht ausgeübt werden darf.

3.4. Damit ist noch zu prüfen, ob es allein auf den Willen des Rechtserwerbers oder auf die übereinstimmend erklärte Parteienabsicht im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ankommt. Auf die Entscheidung 6 Ob 165/99d kann dabei nicht zurückgegriffen werden, weil sie eine andere Bestimmung betraf. Nach § 2 Abs 6 erster Satz Oö GVG 1994 ist bzw wird ein Freizeitwohnsitz einer Person in einem Gebäude oder in einem Teil eines Gebäudes (Wohnung) begründet, in dem sie sich in der Absicht niedergelassen hat bzw niederlässt, ihn nicht zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs, sondern zum Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubs, der Ferien oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken zu verwenden. Damit kommt es auf die Absicht der Person an. Die Begründung eines Freizeitwohnsitzes ist demnach vom subjektiven Willen des Nutzers abhängig (Schneider, Handbuch Österreichisches Grundverkehrsrecht 230; derselbe,Österreichisches Grundverkehrsrecht [10. Lieferung] § 2 Anm 15). Auf den übereinstimmenden Parteiwillen kommt es nach § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994 nicht an.

3.5. Bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994 ist zu beachten, dass eine zur Erholungsnutzung hinzutretende andere Verwendung zu beruflichen oder geschäftlichen Zwecken die Eigenschaft als Freizeitwohnsitz ausschließt (Arg: „nur“; auch Schneider, Handbuch Österreichisches Grundverkehrsrecht 229; derselbe, Österreichisches Grundverkehrsrecht [10. Lieferung] § 2 Anm 16; Fischer/Steiner, Der „Zweitwohnsitz“ im oberösterreichischen Landesrecht, ÖJZ 1996, 165 f; Fischer ua, Die Grundverkehrsgesetze der österreichischen Bundesländer [36. Ergänzungslieferung], 22 f). Besteht daher die Absicht, ein Bestandobjekt nicht bloß zu Freizeitzwecken, sondern auch beruflich/geschäftlich zu nutzen, scheidet eine Genehmigungsbedürftigkeit im Sinn des § 8 Abs 2 Z 2 Oö GVG 1994 aus.

4. Im fortzusetzenden Verfahren wird das Erstgericht in diesem Sinn nach Ergänzung des Beweisverfahrens Feststellungen zur im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von der Klägerin beabsichtigten Gesamtnutzung des Bestandobjekts zu treffen haben.

5. Die Genehmigung eines Vertrags durch die Grundverkehrsbehörde ist nach ständiger Rechtsprechung eine aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit des Vertrags (RIS-Justiz RS0038627). Der aufschiebend bedingt geschlossene Vertrag wird durch den Bedingungseintritt wirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt befindet er sich in einem Schwebezustand. Dieser endet nicht nur durch die Genehmigung des Vertrags, sondern auch durch ihre Versagung oder durch die Feststellung, dass der Vertrag keiner Genehmigung bedarf (RIS-Justiz RS0038627 [T25]). Das Rechtsgeschäft, dessen Rechtswirksamkeit von einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung abhängt, bindet die Parteien so lange, bis die Genehmigung versagt wird (RIS-Justiz RS0061101, RS0038627 [T22]; vgl auch § 15 Abs 1 zweiter Satz Oö GVG 1994).

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht jedoch kein Schwebezustand, wenn die Vertragsparteien die grundverkehrsbehördliche Genehmigung ihrer genehmigungspflichtigen Verträge gar nicht beantragen wollen, weil sie davon ausgehen, dass die Genehmigung versagt werden würde. Solche Verträge sind von Anfang an nichtig (RIS-Justiz RS0038717), sofern auch feststeht, dass die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erteilt werden kann (RIS-Justiz RS0038717 [T2]). Dafür gibt es aber keine Anhaltspunkte.

6. Sollte sich im weiteren Verfahren die Genehmigungsbedürftigkeit des Mietvertrags herausstellen, ist derzeit - in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht - von einem Schwebezustand auszugehen. Für diesen Fall sei bereits jetzt Folgendes ausgeführt:

6.1. Die Klägerin kann nach § 15 Abs 1 erster Satz Oö GVG 1994 bis zur Erteilung der Genehmigung den dem Erwerb zugrundeliegenden Rechtstitel nicht ausüben (vgl auch RIS-Justiz RS0038627 [T19]). Damit wäre die von ihr begehrte Räumung des mitgemieteten Bootshauses abzuweisen.

6.2. Ein in einem Schwebezustand befindlicher Bestandvertrag kann aus wichtigem Grund aufgelöst werden (RIS-Justiz RS0038487). Ein solcher ist - entgegen den Ausführungen im Rekurs der Beklagten - in der monatelangen Nichteinholung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung durch die Klägerin nicht gelegen. Zwar trifft es zu, dass die klagende Bestandnehmerin gemäß § 10 Abs 1 Oö GVG 1994 zur Antragstellung verpflichtet ist. Dies schließt aber - wie bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung folgt - eine Antragstellung durch die beklagte Bestandgeberin nicht aus. Damit könnte auch die Beklagte jederzeit eine Beendigung des Schwebezustands herbeiführen, weshalb aus der Untätigkeit der Klägerin allein kein wichtiger Grund zur Vertragsauflösung abgeleitet werden kann.

7. Die in der Rekursbeantwortung gerügte Mangelhaftigkeit wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).

8. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines Verfahrensmangels bejaht, sodass keine gesicherte Tatsachengrundlage vorliegt. Überdies bedarf es einer Ergänzung der Feststellungen wie aufgezeigt. Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

9. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO (RIS-Justiz RS0035976).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00013.15K.0312.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAD-64235