OGH vom 07.09.1994, 3Ob511/94

OGH vom 07.09.1994, 3Ob511/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*****, vertreten durch Dr.Margaretha Appel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr.Johannes Sääf, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 60.619,68 s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 2 R 18/93-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 26 Cg 250/90-11, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei erhielt 1988 den Auftrag zur Ausführung von Reparaturarbeiten in der Ordination eines Arztes. Sie beauftragte ihrerseits die beklagte Partei mit der Verlegung des Estrichs. Für die Ausführung aller vom Besteller in Auftrag gegebenen Arbeiten stellte sie diesem S 31.884 in Rechnung und bezahlte der beklagten Partei S 7.800 für die von ihr durchgeführten Arbeiten.

Da der Besteller den in Rechnung gestellten Betrag nicht bezahlte, brachte die klagende Partei gegen ihn die Klage auf Bezahlung des angeführten Betrages ein. Der Besteller wendete ein, daß der Werklohn noch nicht fällig sei, weil der Estrich mangelhaft verlegt worden sei und die Mängel trotz Rüge noch nicht behoben worden seien. Nachdem das für die Erledigung der Klage zuständige Gericht die Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen beschlossen hatte und dieses vorlag, verkündete die klagende Partei der hier beklagten Partei den Streit und forderte sie auf, auf ihrer Seite in den gegen den Besteller geführten Rechtsstreit einzutreten. Die beklagte Partei kam dieser Aufforderung nicht nach. Nach Durchführung von zwei weiteren Tagsatzungen zur mündlichen Streitverhandlung wurde das Begehren der klagenden Partei abgewiesen. Das Gericht stellte in seinem Urteil fest, daß sich bei dem von der beklagten Partei verlegten Estrich Unebenheiten von Plus/Minus 6 mm bildeten, wobei die "erlaubte" Toleranzgrenze bei 3 mm liegt, daß insbesondere ein 5 mm hoher Niveauunterschied entstanden ist, der eine Sturz- und Stolpergefahr bedeutet, daß die Mängel darauf zurückzuführen sind, daß der Estrich nicht mit einem Rüttelgerät gerüttelt, sondern nur mit einem Rohr aufgestochen wurde, und daß der Estrich zum Teil auch nicht ausreichend gespachtelt wurde.

Rechtlich begründete das Gericht die Abweisung des Klagebegehrens damit, daß wegen der mangelhaften Verlegung des Estrichs der von der klagenden Partei geforderte Werklohn noch nicht fällig sei. Dieses Urteil wurde von der klagenden Partei nicht bekämpft.

Die klagende Partei begehrte von der hier beklagten Partei die Bezahlung von S 65.146,12 s.A., und zwar den im Vorprozeß eingeklagten Betrag von S 31.884, die dem dort Beklagten zu zahlenden Kosten von S 13.331,04, die Kosten ihres eigenen Vertreters von S 16.113,08 und von ihr bezahlte Sachverständigengebühren von S 3.818. Die beklagte Partei habe den Estrich mangelhaft verlegt, weshalb das Klagebegehren im Vorprozeß abgewiesen worden sei.

Die beklagte Partei wendete ein, daß sie den Estrich ordnungsgemäß verlegt habe. Auf die von ihr ausgeführten Arbeiten sei die Ö-Norm nicht anzuwenden. Der für den Estrich verwendete Beton sei von einem Arbeiter der klagenden Partei ausgesucht worden. Dieser habe ihr auch die Anweisungen zur Verlegung erteilt. Im Gang seien neue Kabelschächte verlegt gewesen, welche die Wirkung des anleitungsgemäßen "Schwabbelns" beim Verlegen des Estrichs beeinträchtigt hätten. Die entstandenen Wellen müßten üblicherweise vom Bodenverleger durch Spachteln ausgeglichen werden. Wahrscheinlich sei auch die Abtrocknungszeit für den Estrich nicht eingehalten worden. Der Besteller des Werkes hätte die Unebenheiten schon vor der Verlegung des Bodens rügen müssen. Er habe die Verbesserung nicht zugelassen und dadurch den Schaden vergrößert.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 60.619,68 s.A. statt. Es stellte über den wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgendes fest:

Die im Vorprozeß als erwiesen angenommenen Mängel wurden auch nach Beendigung dieses Rechtsstreits nicht behoben. Dabei kann nicht festgestellt werden, daß der Besteller des Werkes die Verbesserung vereitelte. Er betraute ein anderes Unternehmen als die Streitteile mit der Sanierung. Die hiedurch verursachten Kosten betragen S 38.201,16. Dem Bodenverleger hätten die Niveauunterschiede zumindest auffallen müssen. Den fachlichen Anforderungen entspricht es, daß in einem solchen Fall der Bodenverleger den Bauherrn ausdrücklich vor seiner Arbeit auf die Niveauunterschiede hinweist.

Von dem Betrag in der Höhe von S 31.884, den die klagende Partei dem Besteller des Werkes in Rechnung stellte, entfielen ohne die Umsatzsteuer S 900 auf die Baustelleneinrichtung, S 6.500 auf Abbruchs- und Transportleistungen, S 14.000 auf den Estrich, S 2.400 auf das Grobspachteln des Estrichs und S 2.770 auf das Herstellen von elektrischen Anschlüssen.

Zur rechtlichen Beurteilung der Sache führte das Erstgericht aus, die beklagte Partei habe dadurch, daß sie dem Rechtsstreit nicht als Nebenintervenientin beigetreten sei, ihr Vorbringungsrecht verloren. Es sei daher von dem im Vorprozeß festgestellten Verschulden der beklagten Partei auszugehen, weshalb die von ihr zum Beweis des Gegenteils beantragten Beweise nicht aufgenommen werden müßten. Die beklagte Partei müsse sich somit die der klagenden Partei im Vorprozeß entstandenen Kosten "zurechnen" lassen, wobei die klagende Partei aber die Sachverständigengebühr und die gegenüber ihrem Vertreter entstandenen Kosten überhöht verzeichnet habe. Die Abweisung des Klagebegehrens im Vorprozeß begründe allerdings noch keinen Schadenersatzanspruch in der Höhe des Betrages, den die klagende Partei dem Besteller des Werkes in Rechnung gestellt habe, zumal zwei der verrechneten Positionen nicht mit der Verlegung des Estrichs in Zusammenhang stünden. Die klagende Partei hätte die darauf entfallende Forderung zwar (gemeint offensichtlich: nach der Sanierung) gegenüber dem Besteller des Werkes geltend machen können. Da aber die Kosten der Sanierung höher als der gesamte Rechnungsbetrag gewesen seien, gereiche es der klagenden Partei wegen der jederzeit drohenden Aufrechnungseinrede nicht zum Nachteil, daß sie die angeführten Teilforderungen gegenüber dem Besteller nicht geltend gemacht habe. Sie habe Anspruch auf Ersatz des gesamten Rechnungsbetrages einschließlich des darin enthaltenen Gewinnaufschlags.

Das Berufungsgericht hob infolge Berufung der beklagten Partei dieses Urteil des Erstgerichtes (gemeint offensichtlich: im Umfang des angefochtenen klagestattgebenden Teils) auf und trug dem Erstgericht die neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auf, wobei es aussprach, das der "ordentliche Revisionsrekurs" (gemeint: der Rekurs an den Obersten Gerichtshof; vgl § 519 Abs 1 Z 2 ZPO) zulässig sei. Es war rechtlich unter Billigung der Ausführungen von Klicka (in RZ 1990, 2 ff) der Meinung, daß das im Vorprozeß ergangene Urteil keine Bindungswirkung im Folgeprozeß äußere, weshalb das Erstgericht die Beweise aufnehmen müsse, welche die beklagte Partei zur Frage der sachgerechten Verlegung des Estrichs und der Verweigerung der Verbesserung durch den Besteller des Werkes beantragt habe.

Der von der klagenden Partei gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat vermag sich der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht im wesentlichen nicht anzuschließen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung SZ 31/77 ausgeführt, durch Umkehrschluß ergebe sich aus § 931 ABGB, daß im Fall der vollzogenen Streitverkündigung die beklagte Partei den Bestand des im Vorprozeß zwischen dem Kläger und seinem Auftraggeber rechtskräftig festgestellten Rechtes nicht mehr bestreiten könne. Diesen Entscheidung lag ebenfalls ein Fall zugrunde, in dem der Kläger einen Auftrag für Arbeiten erhielt, deren Ausführung er dem Beklagten übertrug und die dieser mangelhaft ausführte. Der damals zu entscheidende Fall unterschied sich von dem hier zu beurteilenden allerdings dadurch, daß der Kläger zum Ersatz des Schadens verurteilt worden war, der dem Auftraggeber durch die mangelhafte Ausführung des Werkes entstand, während hier die Klage auf Bezahlung des Werklohnes erfolglos blieb. Eine Bindungswirkung für den Regreßprozeß wurde ferner in den Entscheidungen EvBl 1990/97, JBl 1984, 265, JBl 1978, 382 und VersR 1970, 560 bejaht. Dabei wurde aber unter einem Regreßprozeß nicht nur der Rechtsstreit verstanden, den derjenige, der dem Geschädigten Schadenersatz geleistet hat, gegen den Schädiger anstrengt, sondern etwa auch ein Rechtsstreit des Erwerbers einer Liegenschaft gegen seinen Rechtsnachfolger im Eigentum wegen des Rückersatzes einer Zahlung, die der Erwerber dem (ersten) Veräußerer wegen der Unmöglichkeit der Erfüllung einer Vertragsbestimmung zu leisten hat (JBl 1984, 265). In der Entscheidung Arb 10.873 hat der Oberste Gerichtshof schließlich ausgesprochen, daß der Grundgedanke der §§ 931, 1361 ABGB und des § 3 Abs 4 und § 4 Abs 4 DHG - über den Bereich von Solidarschuldverhältnissen hinaus - überall dort, wo zwischen Schädiger und Geschädigtem schon vor der Schädigung ein Schuldverhältnis bestand, verallgemeinerungsfähig sei. In der Entscheidung ecolex 1992, 19 hat es der Oberste Gerichtshof allerdings mehr als fraglich bezeichnet, ob man die Rechtsprechung zur Bindungswirkung der Tatsachenergebnisse des Vorprozesses auch auf andere als Regreßprozesse übertragen könne. Er mußte hiezu jedoch nicht abschließend Stellung nehmen. Dieser Entscheidung lag nicht ein Rechtsstreit zugrunde, der zwischen der Hauptpartei und dem am Rechtsstreit auf ihrer Seite beteiligten Nebenintervenienten geführt wurde, weshalb daraus für diesen Fall nichts zu gewinnen ist. Ähnlich wurde bereits in JBl 1978, 382 ausgesprochen, daß derjenige, dem im Vorprozeß der Streit verkündet wurde, den Bestand eines zwischen dem Kläger und dem Dritten festgestellten Rechts nur dann nicht mehr bestreiten könne, wenn es sich um den Regreßprozeß des unterlegenen Streitverkünders gegen ihn handelt.

Im Schrifttum hat Fasching die Bindung des Nebenintervenienten oder desjenigen, der dem Vorprozeß trotz Streitverkündigung nicht als Nebenintervenient beigetreten ist, zwar rechtspolitisch als erforderlich bezeichnet, für das geltende Recht aber mangels gesetzlicher Grundlage abgelehnt (Kommentar III 732; ZPR2 Rz 404, 415, 695). Dieser Meinung hat sich mit ausführlicher Begründung Klicka (in RZ 1990, 2 ff) angeschlossen. Für eine solche Bindung sind hingegen Neumann (Kommentar4 I 471 in FN 7 und 473) und Reischauer (in ÖJZ 1979, 57 ff und in Rummel2 Rz 1 ff zu § 931), dieser allerdings bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, eingetreten. Der Ansicht Reischauers ist unter Ablehnung der Ausführungen von Klicka aaO Kerschner, DHG, Rz 6,7, 9 zu § 3 vollinhaltlich gefolgt. Für den Anwendungsbereich des § 931 ABGB haben ferner Hasenöhrl (Obligationenrecht2 II 460), Pisko (in Klang1 II/2 553), Gschnitzer (in Klang2 IV 529) und Binder (in Schwimann Rz 3 zu § 931) ein ähnliche Meinung vertreten.

Der erkennende Senat hat erwogen:

Nicht gefolgt werden kann Klicka jedenfalls, soweit er es entgegen der ganz herschenden Meinung (JBl 1980, 100; VersR 1970, 560; SZ 31/77; SZ 24/266; Hasenöhrl, Pisko und Gschnitzer jeweils aaO) ablehnt (aaO 5 ff), durch einen Umkehrschluß aus § 931 ABGB und dem ihn nachgebildeten § 3 Abs 4 und § 4 Abs 4 DHG abzuleiten, daß derjenige, der trotz Streitverkündigung dem Vorprozeß nicht als Nebenintervenient beitritt, im Folgeprozeß keine Einwendungen erheben kann, die schon im Vorprozeß geltend gemacht werden hätten können. Hier steht im Vordergrund, daß der Gesetzgeber von zwei möglichen Fällen, nämlich den der Verkündigung des Streites und den der Unterlassung der Streitverkündigung, nur einen geregelt hat. Da beide Fälle in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen, muß angenommen werden, daß er beabsichtigt hat, nur einen dieser Fälle zu regeln. Es liegt daher offentlichtlich eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Lücke vor, die den Umkehrschluß rechtfertigt (RZ 1990/73; NZ 1987, 98). Dazu kommt, daß es einen Grund für die verschiedene Behandlung beider Fälle gibt. Der Dritte hat nämlich meist nur aufgrund der Streitverkündigung die Möglichkeit, sich am Vorprozeß zu beteiligen, und die Streitverkündigung dient gerade dazu, ihm diese Möglichkeit zu eröffnen. Es ist daher gerechtfertigt, denjenigen, dem der Streit verkündet wurde, anders als den zu behandeln, bei dem dies nicht geschah. Besteht aber ein Grund für die verschiedenen Behandlung zweier Tatbestände, von denen nur einer im Gesetz geregelt ist, so ist der Umkehrschluß geboten (RZ 1990/73; NZ 1987, 98; SZ 57/194). Demgegenüber vermag das von Klicka (aaO 6) unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 931 ABGB ins Treffen geführte Argument, der Gesetzgeber habe nur das ausgesprochen, "was ohnehin allgemeinen Grundsätzen entspricht", nicht zu überzeugen. Dies trifft schon deshalb nicht zu, weil im Gesetz die zulässigen Einwendungen auf die im Vorprozeß nicht ausgeführten Einwendungen eingeschränkt werden, weshalb nach dem Wortlaut des Gesetzes die im Vorprozeß bereits ausgeführten Einwendungen im Folgeprozeß auch bei Unterlassung der Streitverkündigung nicht mehr erhoben werden können (so Pisko und Gschnitzer jeweils aaO). Ob der Wortlaut des Gesetzes, wie Klicka meint (aaO 6 und in FN 6), in verfassungskonformer Auslegung dahin verstanden werden muß, daß demjenigen, dem der Streit nicht verkündet wurde, auch die im Vorprozeß schon ausgeführten Einwendungen offenstehen, muß hier nicht entschieden werden, weil dies am anderslautenden Wortlaut des Gesetzes nichts ändert. Daß das aus der Entstehungsgeschichte abgeleitete Argument auf § 3 Abs 4 und § 4 Abs 4 DHG nicht zutrifft, erkennt Klicka selbst (aaO 6). Warum unter diesen Umständen die Situation bei diesen Bestimmungen nur "etwas diffiziler, aber im Grunde gleich" sein soll, ist nicht zu erkennen. Der Umstand, daß die angeführten Gesetzesstellen dem § 931 ABGB nachgebildet wurden, rechtfertigt es jedenfalls nicht, die aus der Entstehungsgeschichte des § 931 ABGB abgeleitete Argumente ohne weiteres auf die angeführten Bestimmungen auszudehnen.

Aber auch die Argumente, die Klicka allgemein gegen die Einschränkung der Einwendungen desjenigen, dem der Streit verkündet wurde, vorbringt, überzeugen nicht. Sie lassen sich dahin zusammenfassen, daß eine solche Einschränkung einen Dritten stärkeren Urteilswirkungen als die Parteien selbst unterwerfen würde, daß die Stellung des Nebenintervenienten schwächer als die einer Partei sei und daß die Regelung des § 20 ZPO über den streitgenössischen Nebenintervenienten überflüssig wäre. Dem ersten Argument ist entgegenzuhalten, daß das Urteil im Hauptprozeß ebenso wie gegenüber den Parteien auch gegenüber einen Dritten nur im Umfang des im Spruch erledigten Anspruchs wirken kann, weshalb das Argument Klickas (aaO 4), daß die Anfechtbarkeit im Hauptprozeß und im Folgeprozeß verschieden sein könne, nicht zutrifft. Dies bedeutet aber auch, daß die Einwendungen desjenigen, der sich trotz Streitverkündigung am Hauptprozeß nicht beteiligt hat, nicht beschränkt sind, soweit im Folgeprozeß das Klagebegehren auf einen Anspruch gestützt wird, der nicht den Gegenstand des Vorprozesses bildete. Der schlechten verfahrensrechtlichen Stellung des Nebenintervenienten kann grundsätzlich durch die Einschränkungen Rechnung getragen werden, unter denen Reischauer (aaO) und Kerschner (aaO) die Ausdehnung der Bindungswirkung des Urteils des Vorprozesses bejaht haben, wobei im einzelnen, von einer noch zu erörternden Ausnahme abgesehen, zu diesen Einschränkungen nicht Stellung genommen werden muß, weil die dabei aufgestellten Forderungen hier erfüllt sind. Dem aus § 20 ZPO abgeleiteten Argument ist mit Pisko (aaO 553) und Gschnitzer (aaO 529) entgegenzuhalten, daß die Beschränkung der Einwendungen nur gegenüber demjenigen besteht, der im Hauptprozeß den Streit verkündet hat, nicht aber auch gegenüber dem am Hauptprozeß beteiligten Prozeßgegner. Klicka verkennt bei seinem gegenteiligen Standpunkt (aaO 4), daß sich die Beschränkung der Einwendungen im Folgeprozeß nicht allein aus der Wahrung des rechtlichen Gehörs, sondern auch aus den rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien des Folgeprozesses und der daraus abzuleitenden Verpflichtung, dem Vertragspartner im Hauptprozeß beizustehen, ergibt. Außerdem bleibt für § 20 ZPO jedenfalls ein Anwendungsbereich im Fall des Untermieters, der Mutter im Ehelichkeitsbestreitungsprozeß, den Kindern im Ehenichtigkeitsprozeß oder der geschiedenen Ehefrau in dem gegen ihren früheren Ehemann geführten Kündigungsstreit über die Ehewohnung, deren Zuweisung sie beantragt hat. In all diesen Fällen ergibt sich die Erstreckung der Rechtskraftwirkung des Urteils erst und nur aufgrund des § 20 ZPO (vgl Fasching, ZPR2 Rz 406).

Die Ausführungen von Klicka bilden daher keinen Anlaß, von der bisher einheitlich in der Rechtsprechung und ganz überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung abzugehen. Der Meinung Faschings, die erstmals in VersR 1970, 560, abgelehnt wurde, ist neuerlich entgegenzuhalten, daß für die herrschende Auffassung jedenfalls in den Fällen, in denen § 931 ABGB oder § 3 Abs 4 oder § 4 Abs 4 DHG unmittelbar oder analog anzuwenden ist, auch eine gesetzliche Grundlage besteht.

Der tragende Gedanke der angeführten Bestimmungen ist ganz offensichtlich, daß dann, wenn das Ergebnis eines Rechtsstreits inhaltlich dafür von Bedeutung ist, ob einer der Parteien dieses Rechtsstreits ein Anspruch gegen einen Dritten dem der Streit verkündet wurde, zusteht, die hiefür maßgebende Umstände im Vorprozeß endgültig geklärt werden sollen, soweit sie auch für die Entscheidung im Vorprozeß wesentlich sind. In all diesen Fällen ist daher im Weg der Rechtsanalogie (vgl F. Bydlinski in Rummel2 Rz 5 zu § 7) der aus diesen Bestimmungen abzuleitende Grundsatz anzuwenden, daß im Folgeprozeß derjenige, dem der Streit verkündet wurde, demjenigen, der den Streit verkündet hat, Einwendungen nicht mehr entgegensetzen kann, die schon im Vorprozeß erhoben werden hätten können und die dort für die Entscheidung wesentlich waren. Jedenfalls in diesem Punkt schließt sich der erkennende Senat der Meinung Reischauers (in ÖJZ 1979, 58 und Rummel2 Rz 3 zu § 931: "notwendige Entscheidungselemente") an (allgemein schon ecolex 1992, 19). Das Gesagte gilt jedenfalls dann, wenn Grundlage für das Klagebegehren im Folgeprozeß derselbe Anspruch, der den Gegenstand des Vorprozesses bildete, ist und zusätzlich die im Vorprozeß entstandenen Verfahrenskosten begehrt werden.

Die klagende Partei hatte gegenüber der beklagten Partei Anspruch auf Ausführung eines mängelfreien Werkes. Die schuldhafte Verletzung dieser Vertragspflicht begründet einen Schadenersatzanspruch der klagenden Partei. Dieser Rechtsgrund läßt sich aus ihrem Vorbringen im Verfahren erster Instanz auch entnehmen, weil der Kläger den Rechtssatz, der aus den von ihm vorgebrachten Tatsachen abzuleiten ist, nicht anführen muß (SZ 61/215; Miet 40.773). Hat sich der Kläger nicht auf einen bestimmten Rechtsgrund festgelegt, so hat das Gericht den von ihm vorgebrachten Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (SZ 63/160; SZ 50/136; Miet 33.643).

Sieht man von den Kosten ab, welche die klagenden Partei im Vorprozeß bezahlt hat, besteht der Schaden, den sie erlitt, zunächst darin, daß sie dem Besteller, dem eine Verbesserungsvereitlung nicht zur Last gelegt werden kann, das für die Behebung der Mängel notwendige Deckungskapital in der Höhe von S 38.201,16 zu ersetzen gehabt hätte (vgl JBl 1993, 786; SZ 63/37; ecolex 1990, 677 ua, für den Fall eines schadhaften Estrichs schon JBl 1979, 259). Im Vorprozeß ist das Klagebegehren deshalb abgewiesen worden, weil infolge mangelhafter Ausführung (durch die hier beklagte Partei) der Werklohn noch nicht fällig sei. Da die klagende Partei ihren Anspruch auf Bezahlung des Werklohnes gegen den Besteller wegen der bestehenden Gegenforderungen sinnvollerweise nicht mehr geltend machen kann, ist ihr ein Schaden entstanden, der dadurch verursacht wurde, daß die beklagte Partei das Werk mangelhaft ausgeführt hat. Die Schadenersatzpflicht der beklagten Partei setzt allerdings voraus, daß sie diesen Schaden und damit die auf ihre Arbeit zurückgehenden Mängel verschuldet hat, wobei gemäß § 1298 ABGB sie nachweisen muß, daß dies nicht der Fall war (SZ 63/37 mwN). Die beklagte Partei hat hiezu auch behauptet, daß die von ihr ausgeführte Art der Verlegung des Estrichs sachgemäß gewesen sei und daß die Unebenheiten entstanden seien, weil die Abtrockungszeit nicht eingehalten wurde, und hat zum Beweise dieses Vorbringens die Vernehmung eines Sachverständigen beantragt. Sie hat ferner die Vernehmung des Bestellers zum Beweise dafür begehrt, daß dieser die Unebenheiten erst nach drei Monaten gerügt, die Verbesserung nicht zugelassen und dadurch, daß er den Boden verlegen ließ, den Schaden vergrößert habe. Das Erstgericht hat die Aufnahme dieser Beweise mit der Begründung abgelehnt, daß dieses Vorbringen bereits im Vorprozeß erstattet worden war oder erstattet werden hätte können. Dem kann aber nur teilweise beigepflichtet werden, weil im Folgeprozeß nur jene Einwendungen ausgeschlossen sind, die im Vorprozeß für die Entscheidung wesentlich waren.

Hier trifft das Gesagte aber nur auf die Frage zu, ob das Werk mangelhaft ausgeführt wurde (vgl EvBl 1987/49 ua) und ferner auf die Frage, ob der Besteller die Verbesserung der Mängel verweigert hat, weil er in diesem Fall die Bezahlung des Werklohns nicht ablehnen hätte können. Die Frage, ob die mangelhafte Ausführung des Werkes auf ein Verschulden der beklagten Partei zurückgeht, war hingegen für die Entscheidung im Vorprozeß nicht wesentlich. Soweit das Vorbringen der beklagten Partei dem Nachweis dient, daß sie an den Mängeln kein Verschulden trifft oder daß dem Besteller ein - zur Verringerung der Ersatzpflicht führendes - Mitverschulden anzulasten ist, hat die beklagte Partei das Recht zu diesem Vorbringen daher nicht dadurch verloren, daß sie dem Vorprozeß trotz der Streitverkündigung nicht als Nebenintervenient beitrat. Ähnliches gilt für das Vorbringen, mit dem ein Mitverschulden des mit der Verlegung des Bodens betrauten Unternehmens behauptet wird, wobei dieses Vorbringen allerdings nur von Bedeutung ist, wenn sich der durch dieses Unternehmen verursachte Anteil am Schaden des Bestellers feststellen läßt. Nur in diesem Fall müßte sich die klagende Partei dessen Verschulden gemäß § 1313a ABGB anrechnen lassen, während andernfalls die beklagte Partei gemäß § 1302 ABGB für den gesamten Schaden solidarisch haften würde. Der Auftrag des Berufungsgerichtes zur Eränzung des Verfahrens ist in diesen Punkten daher gerechtfertigt.

Die Ersatzpflicht für die von der klagenden Partei bezahlten Kosten des Vorprozesses (vgl RZ 1982/62) hängt allerdings nicht vom Verschulden der beklagten Partei an den festgestellten Mängeln, sondern allein davon ab, ob sie deren Verbesserung innerhalb einer ihr gesetzten oder ihr zur Verfügung stehenden angemessenen Frist bis zum Schluß der Verhandlung im Vorprozeß schuldhaft nicht durchführte. Die beklagte Partei hat hiezu in der Berufung die Feststellung begehrt, daß sie von der klagenden Partei nicht zur Behebung der Mängeln aufgefordert worden sei. Dies steht aber mit ihrem schon in der Klagebeantwortung erstatteten Vorbringen in Widerspruch, wonach ihr von der klagenden Partei vom Rechtsvertreter des Bestellers aufgestellte Behauptungen über Mängel übermittelt worden seien. Der beklagten Partei ist deshalb der sie gemäß § 1298 ABGB treffende Nachweis, daß sie die Verzögerung der Verbesserung nicht verschuldet hat, nicht gelungen.

Da sich somit die Ergänzung des Verfahrens in den angeführten Punkten als notwendig erweist, mußte dem Rekurs der klagenden Partei der Erfolg versagt bleiben. Dennoch war die Entscheidung über die Kosten gemäß § 52 Abs 1 ZPO vorzubehalten (EvBl 1958/28 uva).