OGH vom 14.06.2016, 3Ob63/16k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Verlassenschaft nach Mag. E*****, vertreten durch Höhne, In der Maur Partner Rechtsanwälte OG in Wien, und der ersten beigetretenen betreibenden Partei Ing. A*****, vertreten durch Mag. Richard Strobl, Rechtsanwalt in Wien, sowie der zweiten beigetretenen betreibenden Partei Dr. S*****, vertreten durch Hasberger Seitz Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei H*****, wegen 14.000 EUR sA, über den (richtig) Rekurs der zweiten beigetretenen betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 2 R 12/16s 52, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom , GZ 17 E 48/14y 44, aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Der Antrag der ersten beigetretenen betreibenden Partei auf Zuspruch von Kosten der (richtig) Rekursbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht bildete aus dem Versteigerungserlös, der für die aus fünf Grundstücken bestehende Liegenschaft erzielt wurde, zwei Verteilungsmassen. In seinem Verteilungsbeschluss wies es dem ersten Beitrittsgläubiger als vorrangigem Pfandgläubiger nur den – aliquot ermittelten – Erlös aus der einen Verteilungsmasse (betreffend drei Grundstücke) zu. Den Erlös aus der anderen Verteilungsmasse verteilte es an den führenden betreibenden Gläubiger und an den zweiten Beitrittsgläubiger, den nunmehrigen Rekurswerber.
Das Rekursgericht hob den vom Erstgericht gefassten Verteilungsbeschluss über Rekurs des ersten Beitrittsgläubigers auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Die versteigerte Liegenschaft sei nicht verschieden belastet. Die vom Erstrichter vorgenommene Massenbildung entbehre daher der Grundlage.
Den „Revisionsrekurs“ (richtig: Rekurs) gegen den Aufhebungsbeschluss ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, es fehle aktuelle Rechtsprechung zur Frage der Bildung von Sondermassen.
Ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts ist der (richtig) Rekurs des zweiten Beitrittsgläubigers mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Die geltend gemachte Nichtigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor:
Von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen ist der Rekurs im Verfahren nach der EO stets einseitig (RIS Justiz RS0116198). Für eine nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise gebotene Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens zeigt der Rekurswerber keine relevanten Umstände auf (vgl RIS Justiz RS0116198 [T5]).
Die vom zweiten Beitrittsgläubiger geforderte Herstellung der Waffengleichheit im Rekursverfahren war schon deshalb nicht geboten, weil eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs nicht jedenfalls unzulässig ist (RIS Justiz RS0116198 [T1]). Zu den rechtlichen Argumenten des ersten Beitrittsgläubigers, der sich in der Verteilungstagsatzung ausdrücklich gegen die vom Erstgericht angekündigte Massenbildung aussprach, konnte sich der zweite Beitrittsgläubiger – wie bereits vom Rekursgericht zutreffend hervorgehoben – im Übrigen bei der Verteilungstagsatzung ohnedies äußern.
2. Die Auffassung des Rekursgerichts, dass eine Massenbildung (nur) dann erforderlich ist, wenn sich das Versteigerungsverfahren auf mehrere Liegenschaften (Liegenschaftsanteile) oder auf eine im Eigentum mehrerer stehende Liegenschaft bezogen hat und die Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile verschieden belastet sind, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (3 Ob 68/80 SZ 53/105; 3 Ob 11/95 SZ 69/258; RIS Justiz RS0003294) und der herrschenden Lehre ( Angst in Angst/Oberhammer EO 3 § 215 Rz 4; Lercher in Burgstaller/Deixler Hübner , Komm zur EO § 215 EO Rz 8; Heller/Berger/Stix , Komm zur EO II 1462).
Durch die Massenbildung soll verhindert werden, dass bei verschiedener Pfandbelastung des Gesamterlöses ein Gläubiger aus einem Teil des Erlöses, an dem er kein oder ein späteres Pfandrecht hat, zum Nachteil eines Vorgläubigers zum Zuge kommt (3 Ob 68/80 SZ 53/105; Heller/Berger/Stix 1462).
Dieser Fall liegt hier unstrittig nicht vor: Haftet doch das Höchstbetragspfandrecht des ersten Beitrittsgläubigers nach wie vor zur Gänze auf der gesamten Liegenschaft. Dass dieser gegenüber der Verpflichteten schuldrechtlich sein Einverständnis zur lastenfreien Abschreibung von zwei der fünf Grundstücke der Liegenschaft erklärt hat, ändert mangels tatsächlich erfolgter lastenfreier Abschreibung dieser – gemeinsam versteigerten – Grundstücke nichts daran, dass das Pfandrecht nach wie vor die Gesamtliegenschaft belastet.
3. Die dem Erstgericht vom Rekursgericht überbundene Rechtsauffassung, die Anmeldung des ersten Beitrittsgläubigers für die durch sein Höchstbetragspfandrecht sichergestellten Forderungen (vgl dazu 3 Ob 113/02t SZ 2003/10; Angst in Angst/Oberhammer , EO 3 § 210 Rz 5 mwN) sei mangelhaft, aber verbesserungsfähig, beanstandet der Rekurswerber in seinem Rechtsmittel nicht.
4. Der Rekurs des zweiten Beitrittsgläubigers ist somit, weil die Entscheidung des Rekursgerichts im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs steht, mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die (richtig) Rekursbeantwortung des ersten Beitrittsgläubigers ist zwar mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen; sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und ist daher nicht zu honorieren (RIS Justiz RS0118686 [T10, T 11, T 12]).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00063.16K.0614.000