OGH vom 30.05.2006, 3Ob63/06w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Peter H*****, vertreten durch Dr. Michael Wonisch und Dr. Hansjörg Rainer, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Margit L*****, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margit Swozil, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Verteilung des Meistbots nach § 352c EO (Streitwert 26.511,33 EUR sA), infolge Revision der betreibenden Partei (Revisionsinteresse 4.953,61 EUR sA) und der verpflichteten Partei (Revisionsinteresse 20.510,75 EUR sA) gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 252/05w-49, womit das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom , GZ 2 E 133/03f-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der betreibenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die Revision der verpflichteten Partei wird zurückgewiesen. Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 726,88 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 121,15 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am bewilligte das Erstgericht auf Antrag des Betreibenden die Versteigerung der beiden Parteien je zur Hälfte gehörenden Liegenschaft gemäß § 352 EO. Der Schätzwert der Liegenschaft samt Zubehör beträgt 118.250 EUR. Die Liegenschaft samt dem im Schätzungsprotokoll verzeichneten Zubehör wurde der Verpflichteten als Meistbietenden aufgrund der Versteigerungsbedingungen um das Meistbot von 105.456 EUR zugeschlagen. Davon erlegte sie 61.892,13 EUR in bar. In der Verteilungstagsatzung vom einigten sich die Parteien darauf, dass aus dem bei Gericht erliegenden Meistbot 32.728 EUR zuzüglich des auf diesen Betrag entfallenden Zinsenzuwachses an den Betreibenden auszufolgen sind. Eine Einigung über die Aufteilung des Meistbotsrestes von 29.164,13 EUR konnte nicht erzielt werden. Der Betreibende beantragte, die Verpflichtete schuldig zu erkennen, in die Ausfolgung des Betrags von 26.511,23 EUR sA einzuwilligen. Die Aufteilung habe grundsätzlich entsprechend den früheren Miteigentumsanteilen, also je zur Hälfte zu erfolgen; eine Aufrechnung mit Gegenforderungen sei nicht zulässig. Zu berücksichtigen sei aber, dass der Betreibende Alleineigentümer des Großteils der geschätzten Zubehörgegenstände gewesen sei, sodass ihm nicht nur die Hälfte, sondern 91,73 % des Zubehörwerts zustünden. Die Verpflichtete wendete im Wesentlichen ein, auch Aufwandersatzansprüche nach § 839 ABGB seien Gegenstand des Verfahrens. Da die Verpflichtete die Kosten der Generalsanierung der auf der Liegenschaft befindlichen Schihütte getragen sowie verschiedene Barauslagen bezahlt habe, stehe ihr der gesamte strittige Meistbotsrest zu.
Das Erstgericht verhielt die Verpflichtete dazu, in die Ausfolgung von 20.510,75 EUR sA aus dem Meistbot einzuwilligen. Das Mehrbegehren auf Einwilligung in die Ausfolgung weiterer 6.000,48 EUR sA wies es ab. Das mangels erzielter Einigung zwischen den Parteien nach § 352c EO zu fällende Urteil habe nur festzulegen, dass der Betreibende den ihm aufgrund des Miteigentumsanteils gebührenden Anteil am Meistbot beanspruche. Mit Gegenforderungen könne nicht aufgerechnet werden. Das Meistbot sei daher auf die Miteigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile, also je zur Hälfte aufzuteilen. Eine Änderung des Aufteilungsschlüssels beim Zubehör sei nicht vorzunehmen, weil das Liegenschaftszubehör als Bestandteil der Liegenschaft keinem anderen Aufteilungsschlüssel unterliege als die Liegenschaft selbst. Nach der Versteigerung der Liegenschaft sei jedenfalls vom Hälfteeigentum der Streitteile auch am Zubehör auszugehen. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Meistbotsverteilung nach § 352c EO zulässig sei. Es verwies auf die Rsp des Obersten Gerichtshofs zu § 352 EO idF vor der EO-Novelle 2000, wonach bei Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft mangels Einigung der früheren Miteigentümer der eine ehemalige Miteigentümer den anderen auf Einwilligung in die Ausfolgung des ihm nach dem bestandenen Miteigentumsverhältnissen gebührenden Teils aus dem Meistbot klagen müsse und dass der Beklagte die Einwilligung nicht wegen Bestehens von Forderungen gegen den Kläger verweigern könne. Zwar habe der Gesetzgeber der EO-Novelle 2000 die Unzweckmäßigkeit dieser Rechtslage erkannt, dennoch aber lediglich die Verschiebung des Streits über die Ausfolgung des Meistbots aus einem separat einzuleitenden Zivilprozess in das Exekutionsverfahren angeordnet. Nunmehr habe das Exekutionsgericht über die Aufteilungswünsche der ehemaligen Miteigentümer zu verhandeln und mit Urteil nach objektiven Kriterien (Verhältnis der Miteigentumsanteile) und (insbesondere bei unterschiedlichen Belastungen der Miteigentumsanteile) nach richterlichem Ermessen eine wertmäßig den jeweiligen Miteigentumsanteilen entsprechende Aufteilung der Teilungsmasse vorzunehmen. Die Prüfungsbefugnis des Exekutionsgerichts habe gegenüber der früheren Rechtslage nicht erweitert werden sollen. Daraus folge, dass der zur Rechtslage vor der EO-Novelle 2000 ergangenen Rsp des Obersten Gerichtshofs weiterhin zu folgen sei, wonach die Verteilung nach der Größe der Anteile der Teilungsgenossen an der ihnen gemeinschaftlich gehörigen Liegenschaft zu erfolgen habe und der Beklagte die Einwilligung nicht wegen Bestehens von Forderungen gegenüber dem Kläger verweigern könne. Es sei daher weder darauf einzugehen, wer das Inventar ursprünglich finanziert habe, noch darauf, welcher Teilungsgenosse welche Aufwendungen auf die Liegenschaft getätigt habe. Fehlten aber - wie im vorliegenden Fall - für die Bewertung der Liegenschaftsanteile maßgebende Belastungen, habe die Ausfolgung des Meistbots grundsätzlich nach dem bestandenen Miteigentumsanteil zu erfolgen. Dafür spreche auch, dass in § 352 EO nunmehr grundsätzlich auf die Bestimmungen der Exekutionsordnung zur Liegenschaftsversteigerung verwiesen werde. Damit seien auch bei der Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft die Verteilungsgrundsätze der §§ 216 ff EO maßgeblich. Erhebungen darüber, von wem das Zubehör finanziert worden sei oder wer mehr in die im Hälfteeigentum stehende Liegenschaft investiert habe, seien nicht Gegenstand des Zwangsversteigerungsverfahrens. Eine Entscheidung über die Zubehöreigenschaft sei nur bis zum Versteigerungstermin möglich, sodass diese Frage anlässlich der Meistbotsverteilung keinesfalls mehr geprüft werden könne. Dies müsse infolge allgemeiner Verweisung auf die Bestimmungen über die Zwangsversteigerung von Liegenschaften auch für das Verfahren nach § 352c EO gelten.
Die Revision des Betreibenden, mit der er die Berücksichtigung des von ihm alleine angeschafften Zubehörs anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Revision der Verpflichteten, mit der sie die Berücksichtigung ihrer wertsteigernden Investitionen auf der Liegenschaft anstrebt, ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Zur Revision der Verpflichteten:
Der Oberste Gerichtshof hat zu 3 Ob 196/03z (= SZ 2003/135 = RPflE 2004/15) festgehalten, dass grundsätzlich jeder Miteigentümer der versteigerten Liegenschaft Anspruch auf einen seinem Anteil entsprechenden Teil des Meistbots hat. Daran kann es nichts ändern, dass nach § 352c erster Satz EO das Meistbot nach dem Einvernehmen der Parteien aufzuteilen ist (vgl zur früheren Rechtslage, die durch die EO-Novelle 2000 insoweit keine Änderung erfahren hat: 1 Ob 674/79 = SZ 52/61 = RZ 1980/2 = MietSlg 31/26; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO,§ 352c Rz 2). Abweichendes könnte sich bei ungleicher Belastung der Anteile durch vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmende Lasten ergeben. Dies spielt hier aber keine Rolle, weil die Liegenschaft unbelastet war. Die Verpflichtete setzt sich mit der ausführlichen Begründung des Berufungsgerichts, warum es der zitierten Rsp des Obersten Gerichtshofs folgt, nicht auseinander, sondern behauptet bloß deren Unrichtigkeit. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vermag sie sohin nicht aufzuzeigen.
Die Revision der Verpflichteten ist daher zurückzuweisen.
Zur Revision des Betreibenden:
Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass eine Prüfung der Zubehöreigenschaft und eine Entscheidung darüber nur bis zum Versteigerungstermin möglich ist (Mohr in Angst, EO,§ 252 Rz 8), sodass diese Frage anlässlich der Meistbotsverteilung nicht mehr aufgerollt werden kann. Da § 352 erster Satz ZPO ganz allgemein auf die auch hier anzuwendenden Bestimmungen über die Zwangsversteigerung von Liegenschaften verweist, ist eine unterschiedliche Lösung für das Verfahren zur Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft nicht berechtigt. Es trifft zwar zu, dass in diesem Verfahren nicht primär Gläubigerinteressen zu wahren sind, die Werterhaltung, also die Erzielung eines möglichst hohen Versteigerungserlöses, die für eine gemeinsame Verwertung von Zubehör und Liegenschaft spricht (vgl Mohr aaO Rz 1 mwN), liegt aber auch im Interesse der Miteigentümer, deren Eigentumsgemeinschaft aufgehoben werden soll.
Da wie schon die Klage nach der vor In-Kraft-Treten der EO-Novelle 2000 geltenden Rechtslage auch nunmehr der Antrag im Verteilungsverfahren auf Einwilligung in die Ausfolgung des vom Betreibenden beanspruchten Teils aus dem Meistbot gerichtet ist, also kein echter Geldanspruch geltend gemacht wird und das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und dem Gericht, bei dem das Meistbot erliegt, als öffentlich-rechtlich qualifiziert wird, kann von keinem der vormaligen Miteigentümer mit Gegenforderungen aufgerechnet werden (vgl Klicka in Angst, EO,§§ 352 ff Rz 17 mwN). Der Betreibende vermag daher gegenüber dem aufgrund des ursprünglichen Hälfteeigentums der Verpflichteten bestehenden Anspruch der Verpflichteten auf Ausfolgung der Hälfte des für die Gesamtliegenschaft samt Zubehör erzielten Meistbots nicht seine Aufwandsersatzansprüche (sei es für Aufwendungen auf die Hauptsache, sei es für die Anschaffung von Zubehör) geltend zu machen. Es bedurfte daher in diesem Verfahren auch keiner Feststellung über den Wert bestimmter Zubehörgegenstände oder deren Herkunft aus dem Vermögen des Betreibenden.
Der Revision des Betreibenden muss daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens fußt auf §§ 41, 50 ZPO; die Streitteile haben einander jeweils die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen zu ersetzen (der Betreibende hat auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen).