OGH vom 29.03.2011, 2Ob7/11k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Nowotny und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Bauträger GmbH *****, vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, gegen die beklagte Partei R***** S*****, vertreten durch Mag. Alexander Gerngross und Mag. Klaus Köck, Rechtsanwälte in Unterpremstätten bei Graz, wegen 49.336,16 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 146/10y 74, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 14 Cg 102/07a 66, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das (stattgebende) Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.769,70 EUR (darin 794,95 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten das angemessene Entgelt für Planungsleistungen für ein Pflegeheim mit 26 Betten, das der Beklagte errichten habe lassen wollen. Aufgrund von Änderungswünschen des Beklagten seien insgesamt drei Entwürfe erstellt worden. Der Beklagte habe das Bauprojekt letztlich offensichtlich deshalb nicht verwirklicht, da er keine Finanzierung zustande gebracht habe. Die Klägerin habe die Pläne aufgrund ihrer Gewerbeberechtigung erstellt; lediglich für die Einreichung habe sie einen Baumeister eingeschaltet.
Der Beklagte wendete unter anderem ein, die Klägerin habe über keine Gewerbeberechtigung für die Planung und Errichtung eines Pflegeheims verfügt. Die Klägerin hätte den Beklagten darüber aufklären müssen. Sie habe ihre Aufklärungs und Warnpflichten auch dadurch verletzt, dass sie den Beklagten niemals über die erheblichen Planungskosten aufgeklärt habe. Das Pflegeheim hätte mit den von der Klägerin veranschlagten Errichtungskosten auch nicht ansatzweise errichtet werden können. Wegen der Höhe der Errichtungskosten wäre es niemals zu einer Finanzierungszusage gekommen. Wäre der Beklagte vor Abschluss des „Kaufvertrags“ hinsichtlich all dieser Umstände von der Klägerin aufgeklärt worden, hätte er vom Abschluss des Vertrags Abstand genommen. Es liege ein von der Klägerin veranlasster wesentlicher Irrtum vor.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende entscheidungswesentlichen Feststellungen:
Der Beklagte wollte ein Pflegeheim errichten und erteilte der Klägerin den Auftrag, im Hinblick auf die Einreichung bei der Gemeinde die Planung des Projekts durchzuführen. Damals wurde über die Kosten der Errichtung des Pflegeheims und über die Finanzierung noch nicht gesprochen.
Die Klägerin erstellte dann aufgrund von vom Beklagten bereits erstellten Entwürfen die Planung im Wege eines Vorentwurfs und legte sodann die Entwurfspläne dem Beklagten vor. Dieser meinte, dieser Entwurf passe ihm, wobei er vom Geschäftsführer der Klägerin darauf hingewiesen wurde, dass aufgrund dieser Pläne gewisse notwendige Abläufe in einem Altenheim, insbesondere im Hinblick auf die Mehrgeschossigkeit, nicht gegeben seien. Der Beklagte meinte trotz dieses Hinweises, dieser Entwurf solle der Gemeinde vorgelegt werden.
Schon bevor dieser Entwurf der Gemeinde vorgelegt wurde, wurde zwischen den Streitteilen besprochen, dass ein (schriftlicher) Bauträgervertrag errichtet werden sollte; die Klägerin sollte die Kostenermittlung und einen Fixpreis mit einer genauen Leistungsbeschreibung anbieten. Im Pauschalpreis sollten auch die gesamten Planungskosten inbegriffen sein. Damals war von den Errichtungskosten konkret noch nicht die Rede.
Der Entwurf wurde vom Planungsbeirat der Gemeinde nicht akzeptiert, was der Geschäftsführer der Klägerin dem Beklagten mitteilte. Dieser suchte nach einigen Wochen den Geschäftsführer der Klägerin neuerlich auf und beauftragte ihn damit, selbst einen Plan zu erstellen.
Der Geschäftsführer der Klägerin erstellte sodann das Erstkonzept des Zweitentwurfs; auch diese Planung wurde dem Planungsbeirat vorgelegt, der mitteilte, die Balkone müssten aus Lärmschutzgründen an die Hinterseite des Gebäudes gesetzt werden.
Die Klägerin führte einen dritten Entwurf aus, der dann auch in den Bebauungsplan einfloss.
In der Folge nahm der Beklagte und der Geschäftsführer der Klägerin an einer Besprechung im Arbeitsinspektorat teil; bei diesem Gespräch ging es darum, welche baulichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Pflegeheims mit 26 Betten von Seiten des Arbeitsinspektorats gefordert werden.
Im Herbst 2006 wurde der schriftliche „Kaufvertrag“ mit folgendem wesentlichen Inhalt unterfertigt, wobei die klagende Partei als Bauträger, der Beklagte als Erwerber bezeichnet ist:
„1. Definition, Sach und Rechtslage
Dieser Vertrag ist ein Bauträgervertrag (BTVG) im Sinne eines Generalunternehmervertrages.
Der Bauträger wird vom Erwerber und Liegenschaftseigentümer beauftragt, auf den Grundstücken ... ein Altenpflegeheim mit Betreiberwohnung zu errichten.
Zum gegenständlichen Bauvorhaben liegt noch keine Baubewilligung der Marktgemeinde ... vor.
Der Gegenstand dieses Vertrages ist im Vertragspunkt 2. (Vertragsgegenstand) näher beschrieben.
Der Bauträger hat den Erwerber vor Vertragsunterfertigung über den Vertragsgegenstand durch Aushändigung von Plänen, Baubeschreibung und Leistungsverzeichnis (LV) samt Ausstattung und deren Zustand (verbindliches Angebot vom ) informiert, was der Erwerber hiermit bestätigt. Diese Unterlagen geben den Stand per wieder und werden diesem Vertrag beigeheftet.
2. Vertragsgegenstand
Gegenstand dieses Vertrages ist
der Neubau eines Altenpflegeheimes mit Betreiberwohnung laut beiliegendem Entwurfsplan …
...
6. Kaufpreis
Der folgende Kaufpreis wird als Fixpreis vereinbart und setzt sich wie folgt zusammen:
Herstellungskosten des Altenpflegeheimes mit Betreiberwohnung gemäß beiliegenden Ausführungsplänen und Leistungsbeschreibung inklusive 20 % Umsatzsteuer, somit einen Pauschalkaufpreis von
1.272.478 EUR
...
8. Finanzierung des Kaufpreises
Der Erwerber verpflichtet sich, binnen acht Tagen nach Unterfertigung dieses Vertrages, jedenfalls aber mindestens acht Tage vor dem festzulegenden Baubeginn, dem Bauträger eine unwiderrufliche schriftliche Finanzierungszusage eines zur Geschäftsausübung im Inland befugten Geldinstitutes in Höhe der unter Punkt 6. vereinbarten Kaufpreissumme auszuhändigen.
...
15. Rechtswirksamkeit
Zur Rechtswirksamkeit dieses Vertrages gelten nachfolgende, bereits im Genehmigungsverfahren stehende Voraussetzungen wie Flächenwidmungsplan und Baugenehmigung der Marktgemeinde ... sowie die Finanzierungszusage des finanzierenden Bankinstitutes als vereinbart.“
In der Folge zeigte der Beklagte jedoch kein Interesse mehr am Projekt und nahm Termine zur Sicherung der Finanzierung nicht mehr wahr. Da er sich nicht mehr bei der klagenden Partei meldete, nahm deren Geschäftsführer mit dem Sachbearbeiter jener Bank, mit dem der Beklagte Gespräche über die Finanzierung führte, Kontakt auf. Der Sachbearbeiter erklärte dem Geschäftsführer der Klägerin, der Beklagte hätte mehrere Gespräche, die die Bank gesucht habe, platzen lassen.
Über Vermittlung der klagenden Partei nahm der Beklagte auch Gespräche mit einem Versicherungsmakler auf, der ebenfalls mit dem Beklagten Gespräche über die Finanzierbarkeit des Projekts führte.
Als Ergebnis der Gespräche gab es letztlich von zwei Banken Zusagen unter Bedingungen, wobei eine der Bedingungen der Abschluss eines Vertrags mit dem Land war, da jedes Altersheim Förderungen bekommt; die zweite Bedingung war die Beibringung einer Erfüllungsgarantie der Firma P., die dritte Bedingung der Nachweis der Eigenmittel und die vierte Bedingung ein genehmigter Bauplan.
Nach den Informationen des Versicherungsmaklers wurde der Vertrag mit dem Land genehmigt, der Beklagte erbrachte auch den Eigenmittelnachweis; zum Nachweis der restlichen zwei Bedingungen ist es jedoch nicht mehr gekommen, der Beklagte erklärte, er sei am Bauvorhaben nicht mehr interessiert.
Über die Planungskosten sprach der Geschäftsführer der Klägerin mit dem Beklagten nie, besprochen wurden lediglich die Kosten des Projekts als Gesamtpaket.
Für die von der Klägerin erbrachten Planungsleistungen ist ein Honorar in Höhe des Klagsbetrags angemessen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es liege ein Werkvertrag vor. Der Beklagte habe ohne nachvollziehbaren Grund die mit der Klägerin abgeschlossene Vereinbarung nicht eingehalten. Gemäß § 1168 Abs 1 ABGB stehe der Klägerin daher der angemessene Werklohn für die bereits erbrachten Leistungen zu.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Die in § 1168 ABGB normierte Sphärentheorie könne von den Parteien des Werkvertrags abbedungen werden. Im „Kaufvertrag“, der den Entgeltanspruch der Klägerin auch für alle Vorleistungen regle, liege eine derartige abweichende Vereinbarung vor. Nach dessen Punkt 15 würden zur Rechtswirksamkeit dieses Vertrags bereits im Genehmigungsverfahren stehende Voraussetzungen wie Flächenwidmungsplan und Baugenehmigung der Marktgemeinde sowie die Finanzierungszusage des finanzierenden Bankinstituts als vereinbart gelten. Damit sei hinreichend deutlich klargestellt worden, dass nur dann ein Entgeltanspruch bestehe, wenn unter anderem die Finanzierungszusage des Bankinstituts vorliege. Dieser der Sphäre des Beklagten zuzuordnende Umstand sei also vereinbarungsgemäß Voraussetzung eines Entgeltanspruchs der Klägerin gewesen. Da diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, stehe der Klägerin der geltend gemachte werkvertragliche Entgeltanspruch nicht zu. Eine Bedingung gelte zwar als eingetreten, wenn jener, dem der Eintritt der Bedingung zum Nachteil gereiche, diesen gegen Treu und Glauben vereitle. Die Klägerin habe solches aber nicht behauptet, dies stehe auch nicht fest. Es sei offen geblieben, warum der Beklagte sich ab einem gewissen Zeitpunkt für das Bauvorhaben nicht mehr interessiert habe, aber auch, ob er bei vertragskonformem Weiterbemühen um die Finanzierungszusage diese tatsächlich erhalten hätte.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision wegen Nichtvorliegens einer Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
Die Klägerin macht geltend, dem Berufungsgericht sei eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsse. Der Bauträgervertrag vom sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insofern nicht rechtswirksam, weil die in Punkt 15 des Vertrags vereinbarten Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Klägerin stütze ihre Ansprüche nicht auf den schriftlichen Bauträgervertrag, sondern auf den vom Beklagten erteilten Planungsauftrag, aus dem für die erbrachten Planungsleistungen eine Werklohnforderung resultiere.
Diese Ansicht ist zutreffend.
Mit Punkt 15 des Bauträgervertrags wurde dessen Rechtswirksamkeit von mehreren Voraussetzungen abhängig gemacht. Diese Voraussetzungen sind aufschiebende Bedingungen. Zumindest eine dieser Bedingungen, nämlich die Finanzierungszusage des finanzierenden Bankinstituts, ist nicht eingetreten. Aufgrund des letztlich beim Beklagten eingetretenen Desinteresses an der Verwirklichung des Bauvorhabens ist der Nichteintritt dieser Bedingung endgültig. Der Bauträgervertrag, der die streitgegenständlichen Planungsleistungen im Pauschalpreis inkludiert hätte, kann somit nicht mehr rechtswirksam werden.
Unabhängig davon war aber zwischen den Streitteilen bereits davor ein mehrfach modifizierter - Werkvertrag über Planungsleistungen der Klägerin für den Beklagten zustandegekommen. Dass über einen Werklohn nicht gesprochen wurde, schadet der Klägerin nicht, da gemäß § 1152 ABGB beim Werkvertrag ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt, wenn kein Entgelt bestimmt ist und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart wurde. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin auf diesen Werklohnanspruch für den Fall des nicht rechtswirksamen Zustandekommens des darauffolgenden Bauträgervertrags verzichten habe wollen.
Die Klägerin hat somit den geltend gemachten Werklohnanspruch erworben.
Die vom Beklagten dagegen eingewandten anspruchsvernichtenden Umstände liegen nicht vor.
Wenn weder ein Pauschalpreis vereinbart wurde noch ein Kostenvoranschlag iSd § 1170a ABGB dem Vertrag zu Grunde liegt und daher wie hier gemäß § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt, lässt sich aus den Werkvertragsregeln des ABGB keine Aufklärungspflicht über die (mutmaßliche) Höhe des Werklohns ableiten. Eine derartige Aufklärungspflicht könnte nur aus den allgemeinen, bei jedem Vertragstyp bestehenden Schutz , Sorgfalts und Aufklärungspflichten abgeleitet werden. Grundsätzlich besteht aber keine Pflicht, den Vertragspartner über alle nur denkbaren Umstände aufzuklären. Das Verschweigen von Umständen kann nur dann sittenwidrig sein, wenn der Vertragsgegner nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte (RIS Justiz RS0014820).
Hievon ausgehend ergibt sich aus den vorinstanzlichen Feststellungen nicht, dass die Klägerin Aufklärungspflichten verletzt oder den Beklagten irregeführt hätte; in der Revisionsbeantwortung wird solches zwar behauptet, aber nicht näher ausgeführt.
Eine Aufklärungspflichtverletzung bzw Irreführung des Beklagten hinsichtlich der Errichtungskosten liegt schon deshalb nicht vor, weil diese im Bauträgervertrag als Pauschalpreis beziffert waren und der Beklagte diesen Betrag akzeptiert hat. Damit ist auch sein Vorbringen über die tatsächlich gegenüber der Planung viel höheren Errichtungskosten irrelevant, wäre doch die Klägerin auch bei Überschreitung der von ihr kalkulierten Kosten an die Pauschalpreisvereinbarung gebunden geblieben (RIS Justiz RS0107868).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Für die Berufungsbeantwortung beträgt der Einheitssatz 150 %, da eine Berufungsverhandlung nicht stattgefunden hat (§ 23 Abs 9 RATG). Im Revisionsverfahren wurde die Pauschalgebühr nicht verzeichnet.