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OGH vom 06.08.2020, 2Ob69/20s

OGH vom 06.08.2020, 2Ob69/20s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr.

Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag.

Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** 2018 verstorbenen F***** M*****, wegen Einantwortung/Nacherbschaft, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erbin J***** M*****, vertreten durch Mag. Roland Schlegel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , GZ 16 R 63/20h-25, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Ob – wie die Rechtsmittelwerberin behauptet – das bisherige Verfahren durch die Unterlassung einer mündlichen Verhandlung mangelhaft geblieben ist, kann dahingestellt bleiben. Denn an keiner Stelle ihrer Rechtsmittelausführungen erklärt sie, welches Vorbringen sie konkret im Fall einer mündlichen Verhandlung erstattet hätte. Sie hat somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt. Dies wäre aber selbst bei Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG erforderlich gewesen (RS0120213 [T14]).

[2] 2. Der

Auslegung letztwilliger Erklärungen kommt in der Regel keine über den

Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0042555 [T12, T 21, T 24]). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG läge daher nur dann vor, wenn das Rekursgericht die Auslegungsgrundsätze verkannt hätte (RS0042555 [T6, T 11, T 17]).

[3] Mit ihren Rechtsmittelausführungen zeigt die Erbin keine solche Fehlbeurteilung des Rekursgerichts, das eine Nacherbschaft zugunsten des Sohnes des Erblassers angenommen hat, auf.

[4] 2.1. Zur Auslegung des Testaments führte das Rekursgericht aus, die Einräumung eines „uneingeschränkten Wohnrechts auf Lebensdauer“ samt Verpflichtung zu Pflege und Wartung des Hauses wäre für eine unbeschränkte Alleinerbin völlig sinnentleert und könne ausschließlich im Zusammenhang damit gesehen werden, dass die Liegenschaft (für den Nacherben) erhalten bleibe. Es sei daher davon auszugehen, dass der Erblasser der Erbin allein deren Wohnmöglichkeit erhalten habe wollen, nicht aber eine darüber hinausgehende Versorgung.

[5] Diese Auslegung ist nicht korrekturbedürftig.

[6] 2.2. Dazu kommen noch folgende weitere Erwägungen:

[7] Die der Erbin im Testament überbundene Verpflichtung, ein Testament zugunsten des Sohnes auszufertigen, wäre nach § 610 Abs 1 ABGB als Nacherbschaft auf den Überrest zu qualifizieren. Jedoch liegen hier Zweifel vor, denn der Erblasser wollte „die Erbfolge gewahrt“ wissen. Damit kann nur gemeint sein, dass Nachkomme und nicht etwa die Verwandten der Erbin nach deren Tod seinen „Besitz“ erlangen sollten. Wenn schließlich „der Besitz nicht in fremde Hände“ kommen sollte, wäre gerade dieses Ziel mit einer bloßen Nacherbschaft auf den Überrest gefährdet, könnte doch diesfalls die Erbin zu Lebzeiten frei über das ererbte Vermögen verfügen, es etwa auch verschenken, und somit bewirken, dass bei ihrem Tod vom „Besitz“ des Erblassers nichts mehr vorhanden wäre. Dann aber wäre der „Besitz“ „in fremde Hände“ gekommen.

[8] 3. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00069.20S.0806.000

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