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OGH vom 25.04.2019, 6Ob55/19k

OGH vom 25.04.2019, 6Ob55/19k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. E*****, vertreten durch die Anwalt GmbH Rinner Teuchtmann in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. Ing. R*****, 2. Dr. P*****, beide vertreten durch Wildmoser/Koch & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Anfechtung eines Abtretungsvertrags, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 133/18a-80, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Begründung nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegt nur dann vor, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RS0007484). Dieser Fall ist aber nur dann gegeben, wenn konkrete Gründe für die Entscheidung fehlen und nur allgemeine Wendungen gebraucht werden, also eine Scheinbegründung vorliegt (RS0007484 [T7]). Eine bloß mangelhafte Begründung erfüllt den Nichtigkeitsgrund nicht (RS0042206). Auch das Fehlen einer rechtlichen Begründung zu einzelnen Fragen begründet keine Nichtigkeit (RS0042203).

1.2. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers hat das Berufungsgericht seine Entscheidung nachprüfbar begründet und dabei auch auf die Argumente des Klägers in der Berufung Bezug genommen. Von einer bloßen „floskelhaften Scheinbegründung“ kann daher keine Rede sein.

1.3. Bei der Entscheidung von Beweiswürdigungsfragen nach freier Überzeugung liegt keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, geschweige eine Nichtigkeit desselben darin, wenn bei der gemäß § 272 Abs 3 ZPO vorzunehmenden Begründung diese Entscheidung der Umstand nicht erwähnt wurde, der noch hätte erwähnt werden können, oder eine Erwägung nicht angestellt wurde, die noch hätte angestellt werden können, oder dass die Begründung sich mit der einer Partei günstigen Zeugenaussage nicht auseinandersetzt oder auf bestimmte Zeugenaussagen nicht Bezug nimmt (RS0040180). Das Berufungsgericht muss sich bei der Behandlung der Beweisrüge nicht mit jedem einzelnen Beweisergebnis auseinandersetzen (RS0040180 [T1]). Im vorliegenden Fall hat sich das Berufungsgericht zudem auf über 10 Seiten ausführlich mit den Beweisrügen des Klägers befasst und diese verworfen.

2.1. Die Frage, ob die eingeholten Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigen, gehört in das Gebiet der Beweiswürdigung; ebenso jene, ob die eingeholten Sachverständigengutachten erschöpfend sind oder ob noch weitere Fragen an den Sachverständigen zu stellen gewesen wären (RS0043163). Das Gericht ist nicht verpflichtet, allfällige Widersprüche zwischen einem Privatgutachten und dem Gutachten eines vom Gericht zur Erstattung eines Gutachtens in einer bestimmten Rechtssache herangezogenen Sachverständigen aufzuklären; es kann sich vielmehr ohne weitere Erhebungen dem ihm als verlässlich erscheinenden Gutachten anschließen und zwar selbst dann, wenn das Gerichtsgutachten im Widerspruch zum Ergebnis eines von den Parteien privat beauftragten Gutachtens steht (RS0040592; 6 Ob 193/16z ErwGr 2).

2.2. Das Berufungsgericht hat ausführlich begründet, warum kein weiteres Gutachten einzuholen war. Diese Entscheidung unterliegt keiner weiteren Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof. Die Ausführungen zum Inhalt des Gerichtsgutachtens und der Vorgangsweise des Sachverständigen in der Revision stellen lediglich einen unzulässigen und damit unbeachtlichen Versuch dar, die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu bekämpfen.

3.1. Ein Irrtum über Zukünftiges ist in aller Regel nicht als Geschäftsirrtum im engeren Sinn, sondern als unbeachtlicher Motivirrtum einzustufen (RS0014913 [T4]). Die Abgrenzung zwischen Geschäftsirrtum im engeren Sinne und bloßem Motivirrtum kann nur im Einzelfall nach dessen konkreten Umständen vorgenommen werden (RS0014913 [T7]).

3.2. Im vorliegenden Fall wurde der Bewertung durch den Steuerberater die Geschäftsentwicklung in den Jahren 2009 bis 2011 zugrunde gelegt. Das Jahr 2012 wurde nicht berücksichtigt, sondern eine Nachbesserung des Abtretungspreises vereinbart. Eine Gewinnrealisierung für das „Projekt Kap Verde“ in den Jahren 2012 und 2013 war zum Bewertungsstichtag nicht vorhersehbar und kein Thema. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage zu der Einschätzung gelangt sind, dass hinsichtlich der Geschäftsentwicklung im Wirtschaftsjahr 2012 bloß ein unbeachtlicher Irrtum über Zukünftiges vorliege, dann ist das von der Judikatur gedeckt. Der Irrtum bezog sich bloß darauf, wie sich die Geschäfte in der Zukunft entwickeln würden.

3.3. Auch ein beachtlicher Kalkulationsirrtum liegt nicht vor, weil die Kalkulationsgrundlagen, die der Bewertung durch den Steuerberater zugrunde gelegt wurden, korrekt waren und die Gewinnrealisierung erst später vorgenommen wurde. Darin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt entscheidend von dem in der Revision zitierten Fall 5 Ob 136/12d, in dem sich aufgrund einer späteren abgabenbehördlichen Prüfung ergab, dass der die Bewertung durchführenden Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei ein Fehler unterlaufen war, der zu einer Vorsteuernachzahlung führte, was den der Berechnung des Abtretungspreises zugrunde gelegten Jahresgewinn entsprechend verminderte.

4.1. Aus den Feststellungen lässt sich auch ein beachtlicher gemeinsamer Irrtum der Streitteile (dazu RS0016230, RS0016226) nicht ableiten. Die allfällige Fehlvorstellung der Streitteile bezog sich bloß auf Zukünftiges. Auch nach dem eigenen Vorbringen der Revision ist ein gemeinsamer Irrtum (bloß) „ausgehend von den begehrten Ersatzfeststellungen“ zu bejahen. Damit geht die Revision aber nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sodass sie insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RS0043312).

4.2. Der Steuerberater wurde nach den Feststellungen vom Kläger und Erstbeklagten gemeinsam beigezogen. Es handelte sich daher um kein „Hilfsorgan“ des Erstbeklagten (vgl RS0016310), sondern einen gemäß § 875 ABGB den Beklagten nicht zuzurechnenden Dritten. Zudem war nach den Feststellungen des Erstgerichts die Bewertung des Steuerberaters für die Preisfindung letztlich irrelevant, weil sich die Parteien schließlich aufgrund freier, monatelanger Verhandlungen über den Abtretungspreis einigten.

5. Für eine listige Irreführung bzw Täuschung finden sich in den getroffenen Feststellungen keinerlei Anhaltspunkte. Dies gilt auch für den behaupteten Wucher. Der Wert der Anteile des Klägers lag bei 230.000 EUR, wofür er 161.000 EUR sowie eine Sonderausschüttung von 36.000 EUR erhielt. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage ein auffallendes Missverhältnis verneinten, ist dies nicht korrekturbedürftig.

6. Soweit die Revision ohne nähere Ausführungen behauptet, die Auffassung des Berufungsgerichts sei „vollkommen unvertretbar“ und dessen Begründung „rechtlich und faktisch nicht haltbar“, ist die Rechtsrüge in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043605).

7. Zusammenfassend bringt der Kläger keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00055.19K.0425.000

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