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OGH vom 26.04.2006, 7Ob54/06a

OGH vom 26.04.2006, 7Ob54/06a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, 1031 Wien, Kundmanngasse 21, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, und der Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei 1.) BAWAG Allianz Mitarbeitervorsorgekasse AG, 1130 Wien, Hietzinger Kai 101-105, 2.) ÖVK Vorsorgekasse AG, 1020 Wien, Untere Donaustraße 21, und 3.) VBV-Mitarbeitervorsorgekasse Aktiengesellschaft, 1020 Wien, Obere Donaustraße 49-53, alle vertreten durch Dr. Andreas Grassl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) APK Mitarbeitervorsorgekasse AG, 1031 Wien, Landstraßer Hauptstraße 26, 2.) Niederösterreichische Vorsorgekasse AG, 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 20, 3.) BONUS Mitarbeitervorsorgekassen AG, 1030 Wien, Traungasse 14-16, 4.) BUAK Mitarbeitervorsorgekasse GmbH, 1050 Wien, Kliebergasse 1a, 5.) Siemens Mitarbeitervorsorgekasse AG, 1031 Wien, Erdbergerlände 26, und 6.) Viktoria-Volksbanken Mitarbeitervorsorgekasse AG, 1013 Wien, Schottengasse 10, alle vertreten durch Dr. Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 228.418,81 sA hinsichtlich der erstbeklagten Partei, EUR 239.889,01 sA hinsichtlich der zweitbeklagten Partei, EUR 72.433,51 sA hinsichtlich der drittbeklagten Partei und jeweils EUR 245.815,04 sA hinsichtlich der viert-, fünft- und sechstbeklagten Parteien, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 198/05b-16, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 12 Cg 27/05y-10, infolge Berufung der beklagten Parteien aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die sechs Beklagten und die drei Nebenintervenienten sind Mitarbeitervorsorgekassen (MV-Kassen) im Sinne des am in Kraft getretenen Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG, BGBl I 2002/100), das das Abfertigungsrecht neu regelte (sog. Rucksacklösung): Der Arbeitgeber schließt mit einer der - von ihm ausgewählten - (derzeit neun) MV-Kassen einen Beitrittsvertrag und führt einen fixen Beitragssatz von 1,53 % des Arbeitsentgeltes zu Gunsten des Arbeitnehmers an den zuständigen Krankenversicherungsträger ab. Dieser leitet die Beiträge an die betreffende MV-Kasse weiter, die die Beträge verwaltet und veranlagt. Die MV-Kasse schuldet dem Arbeitnehmer die Abfertigung. Nach Beendigung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer entweder die Auszahlung der Abfertigung, oder aber ihre steuerbefreite Veranlagung in einem Altersversicherungssystem und die Umwandlung des Abfertigungsanspruches in eine lebenslange Rente verlangen. Während zwischen dem Krankenversicherungsträger und dem Arbeitgeber ein öffentlich-rechtliches Verhältnis besteht, ist das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und MV-Kasse zivilrechtlicher Natur.

Nach § 27 Abs 4 und 5 BMVG sind die Sozialversicherungsträger (Krankenkassen) verpflichtet, bestimmte Daten (unter anderem Stammdaten der anwartschaftsberechtigten Arbeitnehmer und des Arbeitgebers sowie Beginn, Ende und Beendigungsgrund der Arbeitsverhältnisse; jährliche Beitragsgrundlagennachweise) den jeweils betroffenen MV-Kassen in automationsunterstützter Form im Wege des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger (des Klägers) „gegen Ersatz der Kosten" zur Verfügung zu stellen. Die laufenden Kosten werden - im Wege des Klägers - nach der Anzahl der „Ein- bzw Ausgaben und Online - Zugriffe" jährlich auf die einzelnen MV-Kassen aufgeteilt; dabei werden die jährlich ermittelten laufenden Kosten durch die Anzahl der insgesamt erfolgten Zugriffe dividiert und das Ergebnis mit der Anzahl der Zugriffe durch die jeweilige MV-Kasse multipliziert.

Ähnliche Verpflichtungen zur Übermittlung bestimmter Daten in automationsunterstützter Form an Veranlagungsunternehmen im Wege des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger gegen Ersatz der Kosten sind auch in § 19a PKG sowie in § 18 Abs 8 VAG vorgesehen. Zur Durchführung der Datenübermittlung an die MV-Kassen mussten sowohl bei den Krankenversicherungsträgern als auch beim Kläger technische Schnittstellen geschaffen sowie Erweiterungen in Bezug auf Computerprogramme und die Datenspeicherung vorgenommen werden. Diese den Sozialversicherungsträgern und dem Kläger entstandenen Investitions- bzw Projektkosten (die Personal- und Ausbildungskosten der Krankenversicherungsträger sowie Kosten für die Projektbegleitung und Hardware-Kosten des Klägers beinhalten) belaufen sich - ohne Kosten für die „Kontoprogramme", die durch die „Einhebevergütung" (§ 26 Abs 5 BMVG) abgedeckt werden - auf insgesamt EUR 2,212.335,38. Dieser Gesamtkostenbetrag ist ebensowenig strittig wie die grundsätzliche Ersatzpflicht der MV-Kassen.

Mit an alle MV-Kassen gerichtetem Schreiben vom forderte der Kläger von jeder der neun MV-Kassen, ihm bis jeweils 1/9 der erwähnten Investitions- und Projektkosten, demnach jeweils EUR 245.815,04, zu ersetzen. Die drei Nebenintervenienten bezahlten daraufhin jeweils diesen Kostenersatzbetrag. Die Erst-, Zweit- und Drittbeklagten leisteten Teilzahlungen von EUR 17.396,23, EUR 5.826,03 und EUR 173.381,53, während die Viert- bis Sechstbeklagten der Zahlungsaufforderung nicht nachkamen.

Das von den Sozialversicherungsträgern und dem Kläger eingerichtete technische System ist seit in Betrieb. Den drei Nebenintervenienten kommt im Vergleich zu den Beklagten der weit überwiegende Marktanteil zu. Mit Bescheid vom wies der Bundesminister für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz einen Antrag des Klägers, die MV-Kassen bescheidmäßig zum Ersatz der in Rede stehenden Kosten zu verpflichten, mit der Begründung zurück, der Zurverfügungstellung von Daten und dem daraus resultierenden Kostenersatz liege ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis zugrunde, weil für ein Über- bzw Unterordnungsverhältnis keine Anhaltspunkte bestünden und die Ansprüche nach den Bestimmungen des § 27 Abs 4 und 5 BMVG als bürgerliche Rechtssachen vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen seien.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger unter Hinweis darauf, dass ihm die jeweiligen Krankenversicherungsträger die betreffenden Forderungen und Ansprüche gegen die MV-Kassen zum Inkasso abgetreten haben, den Zuspruch von EUR 228.418,81 sA hinsichtlich der Erstbeklagten, von EUR 239.989,01 sA hinsichtlich der Zweitbeklagten und von EUR 72.433,51 sA hinsichtlich der Drittbeklagten sowie jeweils von EUR 245.815,04 sA betreffend die Viert-, Fünft- und Sechstbeklagte. Da der Gesetzgeber keine detaillierte Art der Aufteilung der Investitions- bzw Projektkosten vorgenommen habe und sich die MV-Kassen über die Aufteilung dieser Kosten nicht hätten einigen können, seien diese in Anlehnung an die Bestimmung des § 889 ABGB den MV-Kassen gemeinschaftlich nach Kopfteilen in Rechnung gestellt worden. Es liege eine teilbare Mitschuld vor, wobei jeder Mitschuldner im Zweifel für einen gleich großen Anteil hafte. Allenfalls liege eine Gesamtschuld vor. Die Kostentragungsregelung des § 27 Abs 4 und 5 BMVG regle lediglich die Verteilung der laufenden Kosten, die proportional nach dem Umfang der Leistung an die einzelnen MV-Kassen zu überwälzen seien. Auf die gegenständliche Anfangsinvestition beziehe sich diese Regelung nicht. Ob sich die Investition rascher oder langsamer amortisiere, stelle ein kaufmännisches Risiko jeder MV-Kasse dar.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung. Das Gesetz sehe vor, dass die verursachten Kosten von den Beziehern der Leistungen im Umfang der „tatsächlich abgeforderten" Daten und daher abhängig von der Anzahl der Mitglieder bzw dem Beitragsaufkommen der MV-Kassen zu ersetzen seien. Eine Verpflichtung, dass sich die MV-Kassen hinsichtlich der Kostentragung bzw des Aufteilungsschlüssels untereinander einigen müssten, sei im Gesetz hingegen nicht vorgesehen. Eine MV-Kasse könne niemals verpflichtet sein, die Kosten der Datenübermittlung für einen bei einer anderen Kasse Versicherten mitzufinanzieren. Laufende Systemkosten einerseits und Einmalkosten andererseits seien nicht unterschiedlich zu behandeln. § 889 ABGB setze Mitschuldner voraus und sei daher nicht anwendbar. Bei der Aufteilung der Kosten sei auf die Größe der betroffenen MV-Kasse Bedacht zu nehmen. Zudem beschränke das Gesetz die Höchstzahl der MV-Kassen nicht und sehe auch keine Frist für Neugründungen vor. Die vom Kläger vorgenommene Aufteilung der Investitionskosten führe dazu, dass die Nebenintervenienten mit einem Marktanteil von 80 % nur 33,3 % der Kosten tragen müssten. Auf diese Weise käme es zu einer groben Wettbewerbsverzerrung. Aus § 27 Abs 4 und 5 BMVG ergebe sich, dass die Kosten verursachungsgerecht, nach den von den Sozialversicherungsträgern tatsächlich erbrachten Leistungen in Form eines prozentuellen Zuschlages zu den laufenden Kosten zu verrechnen seien. Der Gesetzgeber habe keine Rechtsgemeinschaft der MV-Kassen schaffen wollen; vielmehr spreche das Gesetz von einer Zahlungspflicht der jeweils betroffenen MV-Kasse. Sie, die Beklagten, hätten ohnehin einen sinnvollen Verrechnungsschlüssel vorgeschlagen. Demnach hätte jede MV-Kasse 0,1 % der laufenden, von den Krankenversicherungsträgern weitergeleiteten Beiträge zur Abdeckung der ersten Investitionskosten sowie der jährlichen laufenden Kosten als Kostenersatz bezahlen sollen, wobei die Erstinvestitionskosten mit einem kalkulatorischen Zinssatz von 4 % zu verzinsen gewesen wären. Auf diese Weise wäre auf die Abschreibungsdauer Bedacht genommen worden, wobei die Finanzierungskosten durch den kalkulatorischen Zinssatz abgegolten worden wären. Hinzukommende MV-Kassen wären für die restliche Nutzungsdauer an diesen Kosten entsprechend ihrem Beitragsaufkommen im Jahr beteiligt worden. Dieser Vorschlag sei von acht MV-Kassen akzeptiert, von der Zweitnebenintervenientin aber abgelehnt worden. Es sei daher allein Sache des Klägers, einen gesetzeskonformen Aufteilungsschlüssel zu erarbeiten. Auf Grund nicht ordnungsgemäßer Rechnungslegung seien die Ansprüche des Klägers noch nicht fällig, weshalb keine Zinsen begehrt werden könnten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, nach welchen Grundsätzen die Aufteilung der in Rede stehenden Kosten zu erfolgen habe. Auch wenn der von den Beklagten aufgezeigte Ansatz der laufenden Abschreibung dieser Kosten über mehrere Jahre in Form eines Zuschlages zu den Datenabfragekosten wirtschaftlich sinnvoll erscheine, sei eine derartige Maßnahme im Gesetz nicht vorgesehen. Vielmehr sei von einer Gesamtschuld der MV-Kassen auszugehen, die jedoch teilbar sei. In Bezug auf die Erstinvestitionskosten erscheine es unzumutbar, dem Gläubiger die Last aufzuerlegen, eine gerechte und billige Aufteilungsmöglichkeit zu ermitteln. Diese Kosten seien daher nicht entsprechend den Kosten des laufenden Betriebes zu verrechnen, sondern nach Köpfen aufzuteilen. Dies hindere ja einen (internen) Ausgleichsanspruch der jeweiligen MV-Kasse nach ihrem Größenverhältnis nicht. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück, wobei es aussprach, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht bejahte zunächst die grundsätzliche Fälligkeit der Ansprüche, die dem Kläger bzw den Krankenhausträgern für ihre betreffenden Tätigkeiten, die in den Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung fielen, zustünden. Weiters führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus, durch den in § 27 Abs 4 und 5 BMVG angeordneten Kostenersatz werde zum Ausdruck gebracht, dass die Leistung der Sozialversicherungsträger nicht unentgeltlich zu erfolgen habe. Dies werde auch hinsichtlich der Investitionskosten (Infrastruktur- bzw Implementierungskosten) von den MV-Kassen ohnehin nicht bestritten. Lediglich über die Modalität der Kostenaufteilung bestehe keine Einigkeit. Da das BMVG ausdrücklich eine Kostenersatzregelung vorsehe, sei zu unterstellen, dass diese umfassend und abschließend sei und daher auch die Investitionskosten erfasse. Dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Investitionskosten unterlassen habe, stelle eine planwidrige Lücke dar, die im Sinn der Bestimmungen des § 27 Abs 4 und 5 BMVG zu schließen sei. Aus dem Wortlaut des § 27 Abs 4 und 5 BMVG („gegen Ersatz der Kosten zur Verfügung zu stellen") sei eindeutig abzuleiten, dass der Kostenersatz durch die jeweils betroffene MV-Kasse zu erfolgen habe. Aus § 27 Abs 4 BMVG, der auf die Arbeitsverhältnisse bzw die Identität eines Anwartschaftsberechtigten abstelle und den Gesetzesmaterialien könne abgeleitet werden, dass sich die „Betroffenheit" nach der Anzahl der übermittelten Datensätze pro (konkretem) anwartschaftsberechtigten Arbeitnehmer richte. Danach hänge die Kostenaufteilung auf die MV-Kassen von der Anzahl der „verwalteten" Arbeitnehmer ab. Dies erscheine sachgerecht, weil im Fall der Aufteilung nach Köpfen MV-Kassen mit einem höheren Marktanteil in sachlich nicht gerechtfertigter Weise bevorzugt würden. Eine derartige Kostenaufteilung nähme zudem auch auf zukünftige MV-Kassen nicht Bedacht. Die im Gesetz zum Ausdruck gebrachte Kostenersatzpflicht nach „Betroffenheit" spreche eindeutig gegen eine Gesamtschuld. Eher zu verneinen sei auch, dass die MV-Kassen ihren jeweiligen Kostenanteil auf Grund eines einheitlichen Schuldverhältnisses gegenüber den Sozialversicherungsträgern schuldeten, weil dies nicht auf zukünftige MV-Kassen Bedacht nähme. Ob ein jeweils gesondertes Schuldverhältnis zwischen dem zuständigen Krankenversicherungsträger einerseits und der jeweils betroffenen MV-Kasse andererseits zu unterstellen sei, könne aber letztlich offen bleiben, weil auch im Fall eines Teilschuldverhältnisses jede MV-Kasse nur für die an sie übermittelten Datensätze (pro Arbeitnehmer) aufzukommen habe. Im Hinblick auf die Kostenaufteilung im Sinn des § 27 Abs 4 und 5 BMVG sei demnach eine Unterscheidung zwischen den Investitionskosten einerseits und den laufenden Kosten andererseits nicht vorzunehmen. Auch die in Rede stehenden Investitionskosten seien von der jeweiligen MV-Kasse im Verhältnis der Anzahl der an sie übermittelten Datensätze (pro Arbeitnehmer) zu tragen. Die Kostenaufteilung habe daher nach einem geeigneten, von der Anzahl der Datenübermittelungen bzw der übermittelten Datensätze abhängigen Verrechnungsschlüssel zu erfolgen. Bei Ermittlung dieses Schlüssels sei auf betriebswirtschaftliche Grundsätze insoweit Bedacht zu nehmen, als der Zeitpunkt der erstmaligen Inanspruchnahme des Datentransfers durch die jeweilige MV-Kasse sowie auch künftige MV-Kassen angemessen zu berücksichtigen seien. Insofern erscheine eine Bedachtnahme auf die Amortisation innerhalb eines geeigneten Zeitraumes einschließlich einer angemessenen Verzinsung sachgerecht. Im Ergebnis sei dem Prinzip der Kostendeckung Rechnung zu tragen. Aus diesen Erwägungen könne die Pflicht der Beklagten zum Ersatz der Erstinvestitions- bzw Implementierungskosten noch nicht abschließend beurteilt werden; das Ersturteil sei mit sekundären Feststellungsmängeln behaftet, weshalb die Entscheidung des Erstgerichtes zur Vervollständigung der Sachverhaltsgrundlage aufzuheben gewesen sei. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht nach Durchführung eines Beweisverfahrens zu den (vom Berufungsgericht im Einzelnen erläuterten) noch offenen Fragestellungen entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Mit den Beklagten werde zu erörtern sein, ob sie zur Beurteilung der Geeignetheit des von ihnen vorgeschlagenen (richtig: intern erörterten) Abrechnungsmodells die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen wollten. Mit dem Kläger werde die Frage der Voraussetzungen eines geeigneten Abrechnungsmodells zu erörtern und der Kläger aufzufordern sein, seinerseits ein geeignetes Abrechnungsmodell (einen Aufteilungsschlüssel) in Beachtung der dargestellten Grundsätze vorzutragen und dessen Geeignetheit unter Beweis zu stellen.

Zur Begründung seines Ausspruches der Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof führte das Berufungsgericht aus, zur Kostenersatzpflicht der MV-Kassen nach § 27 Abs 4 und 5 BMVG im Hinblick auf Investitions- bzw Projektkosten liege noch keine Entscheidung des Höchstgerichtes vor. Von dieser Fragestellung seien nicht nur die Beklagten und die Nebenintervenienten, sondern auch künftige MV-Kassen betroffen. Ähnliche Kostenersatzpflichten seien auch in § 19a PKG sowie in § 18 Abs 8 VAG vorgesehen. Die Bedeutung der Entscheidung reiche daher auch über den Einzelfall hinaus. Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der Rekurs des Klägers, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Berufung der Beklagten gegen das Ersturteil nicht Folge gegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagten beantragten in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel ihres Prozessgegners keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht dargelegten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Wie schon von den Vorinstanzen betont wurde, bildet die grundsätzliche Ersatzpflicht der Beklagten (und der Nebenintervenienten) ebenso keinen Streitpunkt, wie die mit insgesamt EUR 2,212.335,38 festgestellte Höhe der „Investitions- und Projektkosten". Strittig ist allein der Modus, nach welchem diese Kosten auf die sechs Beklagten und die drei Nebenintervenienten aufzuteilen sind.

In Frage kommen grundsätzlich die beiden bereits von den Vorinstanzen in Erwägung gezogenen Varianten:

Entweder eine Aufteilung nach Köpfen (wie sie von der Klägerin vorgenommen und vom Erstgericht gebilligt wurde) oder eine Aufteilung nach „Betroffenheit" der jeweiligen MV-Kassen, das heißt proportional nach der Anzahl der den einzelnen MV-Kassen übermittelten Datensätze bzw der Online-Zugriffe der einzelnen Kassen in einem bestimmten, geeigneten Beobachtungszeitraum. Dabei kommt wiederum in Betracht, dass nach Feststellung des jeweiligen Anteiles eine Einmalzahlung der Kassen zu erfolgen hat oder, wie offenbar das Berufungsgericht meint, über einen allenfalls auch etwas längeren "Amortisationszeitraum" hinweg - mit entsprechender Verzinsung der geschuldeten Entgelte - nach dem Muster der Abrechnung der laufenden Kosten nach § 27 Abs 4 und 5 BMVG zu verfahren ist.

Nach Abwägung der von den Parteien vorgebrachten Argumente (die Gesetzesmaterialien sowohl zu § 27 BMVG als auch zu den vergleichbaren Bestimmungen der §§ 19a WKG und § 18 Abs 8 VAG geben dazu nicht weiter Aufschluss) erachtet der erkennende Senat die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen - sowohl im Ergebnis, als auch in der methodischen Ableitung - für zutreffend, die Rekursausführungen des Klägers hingegen für nicht stichhältig. Gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz iVm § 528a ZPO reicht es daher aus, auf die Richtigkeit der - hier bereits umfassend wiedergegebenen - Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz hinzuweisen und zu den Einwänden des Rekurses lediglich wie folgt Stellung zu nehmen:

Der Kläger hält weiterhin daran fest, dass hinsichtlich der „Erstinvestitionen" eine gemeinsame Verbindlichkeit der MV-Kassen, unabhängig von deren Anzahl, bestehe, weil die betreffenden Aufwendungen im Interesse aller MV-Kassen getätigt worden seien. Ursprünglich sei offen gewesen, in welchem Umfang jede beteiligte MV-Kasse Versicherte gewinnen werde können. Für jede MV-Kasse habe es demnach ein kaufmännisches Risiko dargestellt, ob sich die für den Datenträgeraustausch notwendigen Investitionen rasch oder langsamer amortisieren würden. Im Zweifel seien die betreffenden Kosten daher in Anlehnung an § 889 ABGB zu gleich großen Anteilen zu tragen, zumal § 27 Abs 4 und 5 BMVG nur die Verteilung der laufenden Kosten betreffe. Der Gesetzgeber des BMVG habe offensichtlich an die Notwendigkeit einer Anfangsinvestition nicht gedacht. Letzteres trifft zwar wohl zu, wie auch schon das Berufungsgericht erkannt hat, das ja ebenfalls von einer Gesetzeslücke ausgeht. Die Überlegung, dass die MV-Kassen aus den in Rede stehenden Aufwendungen aber verschieden hohen Nutzen ziehen und daran - entsprechend der Anzahl der übermittelten Datensätze und der Online-Zugriffe - unterschiedlich partizipieren, rechtfertigt es allerdings entgegen der Ansicht des Rekurswerbers, die für die laufenden Kosten getroffene Regelung der Absätze 4 und 5 des § 27 BMVG nach dem Verursacherprinzip im Wege der Gesetzesanalogie (s dazu Bydlinski in Rummel3 § 7 ABGB Rz 4) auch auf die gegenständlichen Investitions- und Projektkosten auszudehnen. Dafür spricht auch die Überlegung, dass allfällige weitere während der „Amortisationsphase" hinzukommende MV-Kassen "nach Betroffenheit" ebenfalls an der Kostentragung beteiligt werden. Schon der Umstand, dass die einzelnen MV-Kassen in unterschiedlichem Maße, je nachdem, ob ihnen mehr oder weniger Datensätze übermittelt werden, sich diese Investitionen zunutze machen, spricht eindeutig gegen die (vom Rekurswerber ohnehin nur „hilfsweise" ins Treffen geführte) Annahme einer Solidarschuldverpflichtung aller - derzeit bestehenden - MV-Kassen. Es ist daher der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes beizutreten, dass die Abgeltung der Investitionskosten durch die einzelnen MV-Kassen grundsätzlich nach dem auch dafür sachgerechten Muster der Regelung des § 27 Abs 4 und 5 BMVG zu erfolgen habe und die MV-Kassen dazu zu verhalten seien, dem Kläger (den Krankenversicherungsträgern) auch diese Kosten im Verhältnis ihrer in einem zu bestimmenden „Amortisationszeitraum" festzustellenden „Betroffenheit" zu ersetzen. Dass es im daher fortzusetzenden Verfahren notwendig sein wird - sicherlich mit Hilfe eines Sachverständigen - im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes die Kriterien für eine entsprechende „verbrauchsbezogene Investitionskostenersatzregelung" festzulegen, liegt auf der Hand und wird vom Rekurswerber ohnehin nicht in Zweifel gezogen. Inwieweit die betreffenden, auf den S 25 bis 27 der Berufungsentscheidung detailliert dargelegten Verfahrensergänzungen im Einzelnen tatsächlich erforderlich sind und die Sachverhaltsbasis in diesem Ausmaß verbreitert werden muss, ist einer Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, entzogen. Zweck des Rekurses ist nur die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz durch den Obersten Gerichtshof in jeder Richtung (Kodek in Rechberger2 Rz 5 zu § 519). Ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrundeliegende Rechtsansicht - wie hier - richtig, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob und inwieweit die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (Kodek aaO mwN; 7 Ob 66/02k; 7 Ob 25/04h; 7 Ob 281/04f; RIS-Justiz RS0042179; RS0042333 [T 1]; RS0043414 [T 8]; RS0113643 [T 2]). Der von den Beklagten vertretenen Auffassung, das (gesamte) Klagebegehren sei mangels Fälligkeit abzuweisen, ist zu erwidern:

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Kläger habe dadurch, dass er mit Schreiben vom gegenüber allen MV-Kassen die Investitions- bzw Projektkosten betragsmäßig geltend gemacht habe, gegenüber den Beklagten eine Abrechnung vorgenommen, womit eine die Zahlungspflicht auslösende „Mahnung" vorliege; eine unrichtige Rechnungsart oder die Heranziehung untauglicher Berechnungsgrundlagen könne zur teilweisen Unbegründetheit des Zahlungsbegehrens führen, aber nicht die Fälligkeit hinausschieben, ist grundsätzlich zu billigen. Ausgehend von einem „verbrauchsbezogenen" Aufteilungsmodus der Investitions- und Projektkosten, deren Gesamthöhe mit EUR 2,212.335,38 ja feststeht, lagen bei Schluss des Verfahrens erster Instanz am - mehr als zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des BMVG - bereits Erfahrungswerte vor, die die Berechnung der auf die einzelnen Beklagten entfallenden Forderungen ermöglichten. Die Fälligkeit eines Teiles der Klagsforderungen ist daher jedenfalls zu bejahen. Die in der Rekursbeantwortung von den Beklagten ins Treffen geführten Entscheidungen (1 Ob 509/94; 1 Ob 39/99p), die Werkverträge zum Gegenstand hatten, sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.

Der Rekurs muss erfolglos bleiben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.