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OGH vom 29.03.2004, 5Ob281/03i

OGH vom 29.03.2004, 5Ob281/03i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerinnen 1. Marktgemeinde P*****, 2. Michaela L*****, geboren am *****, beide vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ab- und Zuschreibung von Grundstücksteilen und Einverleibung von Eigentum, über den Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , AZ 17 R 299/03x, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom , TZ 5600/03, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben wie folgt:

"Aufgrund des Kaufvertrages vom / (./A), des Bescheides der Marktgemeinde P***** vom , AZ 153-9 / EZ 1710-4887/01 (./B), der Vermessungsurkunde des DI Helmut M***** vom , GZ 3696/01 (./C), des Bescheides des Vermessungsamtes B***** vom , GZ P 239/01 (./D), der Erklärung der Selbstberechnung der Grunderwerbssteuer Dris. Georg Z***** vom (./1) und des Staatsbürgerschaftsnachweises der Zweitantragstellerin Staatsbürgerschaftsverband M***** vom , Zl 1152/1999 (./2) werden folgende Eintragungen jeweils im Eigentumsblatt bewilligt:

In der EZ 1710 Grundbuch ***** die Abschreibung des in der Vermessungsurkunde des Ingenieurkonsulenten DI M***** vom , GZ 3696/01, mit "2" bezeichneten Teilstückes des Grundstückes Nr 1598/3 und dessen Zuschreibung in EZ 6581 GB ***** unter gleichzeitiger Einbeziehung in die Grundstücksnummer 1598/4;

in EZ 1710 Grundbuch ***** die Abschreibung des in der Vermessungsurkunde des Ingenieurkonsulenten DI M***** vom , GZ 3696/01 mit "3" bezeichneten Teilstückes des Grundstücks Nr 1598/3 und dessen Zuschreibung in EZ 5640, Grundbuch *****, unter gleichzeitiger Einbeziehung in Grundstück Nr 2880/93.

Hievon werden verständigt:

1. Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Bräunerstraße 10, unter Anschluss der Originalurkunden,

2. Marktgemeinde P***** zu Zl 921-15/2001,

3. Michaela L*****, geboren am *****

4. Finanzamt M*****

5. Gemeindeamt P*****

6. Vermessungsamt B*****."

Text

Begründung:

Für alle im Folgenden genannten Liegenschaften gilt Grundbuch *****.

Die Erstantragstellerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 1710 bestehend unter anderem aus dem Grundstück 1598/3 (sonstige Widmung), wie auch der im öffentlichen Gut gelegenen EZ 6581, die unter anderem das Grundstück 1598/4 (Straße) umfasst. Die Zweitantragstellerin ist Alleineigentümerin der EZ 5640 bestehend aus dem Grundstück 2880/93, das an das Grundstück 1598/3 der EZ 1710 (Eigentum der Erstantragstellerin) angrenzt.

Die Antragstellerinnen begehren die Abschreibung eines mit "2" bezeichneten Teilstückes des Grundstückes 1598/3 von der EZ 1710 und dessen Zuschreibung zur EZ 6581 unter gleichzeitiger Einbeziehung in das Grundstück 1598/4 (d.h. der Grundstücksteil verbleibt im Eigentum der Erstantragstellerin) und die Abschreibung eines mit "3" bezeichneten Teilstückes des Grundstücks 1598/3 und dessen Zuschreibung zur EZ 5640 unter gleichzeitiger Einbeziehung in das Grundstück 2880/93 (im Eigentum der Zweitantragstellerin). Es wurden die im Spruch ersichtlichen Urkunden vorgelegt.

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab, da die vorgelegten Urkunden nicht ausreichten, die begehrten Einverleibungen zu tragen.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss und kam zu dem Ergebnis, dass die begehrten Eintragung nur deshalb zu unterbleiben hätten, da hinsichtlich der Ab- und Zuschreibung des Teilstückes "2" keine Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt worden sei. Eintragungen in das Grundbuch, denen Rechtsvorgänge über den Erwerb von Grundstücken zugrundelägen, dürften erst dann vorgenommen werden, wenn eine Bescheinigung des Finanzamtes vorliege, dass der Eintragung hinsichtlich der Grunderwerbssteuer und der Erbschafts- und Schenkungssteuer Bedenken nicht entgegenstünden (§ 160 Abs 1 BAO). Bestünden Zweifel, ob der Eintragung ein grunderwerbssteuerpflichtiger Erwerbsvorgang zugrundeliege, so dürfe diesen nicht das Grundbuchsgericht, bei dem ein reines Urkundenverfahren stattfinde, selbst beseitigen, sondern liege es an den Antragstellern, entsprechende Urkunden beizubringen. Nach dem - weit gefassten - § 1 GrEStG 1987 unterliege unter anderem (auch) ein Eigentumserwerb, dem kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen sei, der Grunderwerbssteuer (§ 1 Abs 1 Z 2 GrEStG). Der Begriff "Erwerb des Eigentums" werde dabei nicht näher erläutert. Im Sinne der dargestellten Grundsätze könne es aber nicht Aufgabe des Grundbuchsgerichtes sein, zu prüfen, ob die Abtretung eines Grundstückes in das öffentliche Gut ohne Wechsel des Eigentümers überhaupt einen grunderwerbssteuerpflichtigen Vorgang ("Erwerb") darstelle. Die Antragstellerinnen wären verpflichtet gewesen, durch Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung schon im Verfahren erster Instanz Zweifel am Bestehen einer Grunderwerbssteuerpflicht auszuräumen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da zu der Frage, ob die Abtretung eines Grundstücks(-teiles) in das öffentliche Gut unter Beibehaltung des Eigentümers in abstracto einen grunderwerbssteuerpflichtigen Vorgang darstellen könne und daher der Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung bedürfe, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerinnen mit einem Abänderungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, er ist auch berechtigt.

Gemäß § 160 Abs 1 BAO dürfen Eintragungen in das Grundbuch, denen Rechtsvorgänge über den Erwerb von Grundstücken zugrundeliegen, mit hier nicht wesentlichen Ausnahmen erst dann vorgenommen werden, wenn eine Bescheinigung des Finanzamtes vorliegt, dass der Eintragung hinsichtlich der Grunderwerbssteuer und der Erbschafts- und Schenkungssteuer Bedenken nicht entgegenstehen (Unbedenklichkeitsbescheinigung). Aus § 160 Abs 1 BAO ergibt sich, dass lediglich der Erwerb einer Liegenschaft eine Grunderwerbssteuerschuld auslösen kann. Es muss also ein Grundstück von einem Rechtsträger auf einen anderen übergehen. Bei Identität des Rechtsträgers kommt ein Erwerbsvorgang nicht zustande. Die Übertragung eines Grundstücks aus dem Privateigentum einer Gebietskörperschaft in das öffentliche Gut ist also kein Eigentumswechsel. Im vorliegenden Fall bleibt die Erstantragstellerin Eigentümerin des Grundstückes, sodass es für den Vorgang der Ab- und Zuschreibung des Grundstückes keiner Unbedenklichkeitsbescheinigung bedarf. Es waren daher die beantragten Eintragungen zu bewilligen.