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OGH vom 10.06.1985, 1Ob590/85

OGH vom 10.06.1985, 1Ob590/85

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B WIEN Gesellschaft m.b.H., Wien 3., Landstr.Hauptstraße 2 a, vertreten durch Dr. Alfred Strommer und Dr. Johannes Reich-Rohrwig, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dieter C, Kaufmann, Wien 3.,Landstraßer Hauptstraße 2 a vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ. 41 R 49/85-10, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , 44 C 137/84-6, aufgehoben wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Firma D E Immobilienverwertungs Gesellschaft m.b.H. vermietete der klagenden Partei die Etagen 1 bis 15 und 18 im Hochhaus Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 2 a (Hotel A). Die klagende Partei gab mit dem Vertrag vom und im dritten Stock dieses Hauses gelegene Räume dem Beklagten zum Zweck des Betriebes eines Sauna- und Fitneßclubs in Bestand. In der Präambel des Bestandvertrages ist festgehalten, daß die Errichtung von Geschäftslokalen und darin die Führung von Verkaufsläden und Dienstleistungsbetrieben durch Bestandnehmer im Rahmen des A F Bestandteil des Service gegenüber den Hotelgästen ist. Die Art des Betriebes im weitesten Sinn ist daher den Bedürfnissen der Gäste und deren Erwartungen und Erfahrungen mit anderen A F ebenso anzupassen wie die architektonische und optische Ausgestaltung des Bestandobjektes. Gemäß Punkt IV des Bestandvertrages begann das Bestandverhältnis am und war auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen. Das Bestandverhältnis verlängerte sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht vom Vermieter sechs Monate vor Ablauf der jeweiligen Bestanddauer die Übergabe des Bestandobjektes gefordert wird bzw. seitens des Mieters die Rückstellung binnen der gleichen Frist angekündigt wird. In Punkt VI des Bestandvertrages wird auf Allgemeine Bedingungen verwiesen, die einen integrierenden Vertragsbestandteil bilden. Gemäß Punkt XI Abs. 1 lit.b der Allgemeinen Bedingungen ist der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen und die Räumung des Mietraumes innerhalb von 10 Tagen zu verlangen, wenn der Mieter eine wesentliche Vertragspflicht, insbesondere im Zusammenhang mit dem in der Präambel beschriebenen Vertragszweck, verletzt und die Vertragsverletzung auf schriftliche Aufforderung des Vermieters nicht binnen 30 Tagen heilt. Das Bestandobjekt befindet sich in einem Gebäude, das nach dem in den Jahren 1973 bis 1975 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu geschaffen wurde. Die klagende Partei begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, die von ihm in Bestand genommenen Räume zu räumen und geräumt zu übergeben. Sie führte zur Begründung des Begehrens aus, der Beklagte habe der vertraglich übernommenen Verpflichtung, den in den gemieteten Räumen betriebenen Sauna- und Fitneßclub dem Standard des A F entsprechend zu führen, nicht entsprochen. Schon im Schreiben vom sei der Beklagte aufgefordert worden, verschiedene Plakate und Anschläge, Pin-up-Girl-Posters zu entfernen, dafür Sorge zu tragen, daß sein Personal sauber und ordentlich gekleidet sei und eine dem Niveau des Hotels entsprechende Erscheinung abgebe, die Möbel neu zu überziehen, neue Duschvorhänge anzuschaffen und die Saunabänke abzuhobeln. Am sei eine Besucherin auf dem nassen und schmierigen Fußboden ausgerutscht und habe sich das Steißbein gebrochen. Mit Schreiben vom sei der Beklagte darauf hingewiesen worden, daß die klagende Partei den Vertrag auflösen werde, wenn der Beklagte nicht Vorsorge treffe, daß eine Reihe von Verbesserungen durchgeführt werden. Am habe eine Begehung der Räumlichkeiten stattgefunden, bei der eine Unzahl von Bemängelungen vorgenommen und Abhilfe bis Ende Oktober gefordert worden sei; dem Beklagten sei angedroht worden, daß die klagende Partei andernfalls die Sauna selbst betreiben werde; schließlich sei der Vertrag mit Schreiben vom zum aufgekündigt worden. Da sich der Zustand nicht gebessert habe, habe die klagende Partei mit Schreiben vom die Auflösung des Vertrages mit sofortiger Wirkung ausgesprochen und dem Beklagten eine Frist von 10 Tagen zur Räumung des Bestandobjektes eingeräumt. Der Beklagte habe dieser Aufforderung nicht entsprochen.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens, weil der Vertrag den Kündigungsbeschränkungen der §§ 19 ff MG unterliege, die gemäß § 49 Abs. 1 MRG bis Ende 1986 anzuwenden seien. Er habe in keiner Weise gegen die von ihm vertraglich übernommene Verpflichtung, den Saunabetrieb dem Standard des A F entsprechend zu führen, zuwidergehandelt. Die Beanstandungen seien nicht gerechtfertigt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das zwischen den Streitteilen abgeschlossene Bestandverhältnis sei als Untermietvertrag zu qualifizieren. Gemäß § 1 Abs. 2 Z 8 MG unterlägen untervermietete Geschäftsräume immer dem Kündigungsschutz; die Kündigungsbeschränkungen seien auf Grund der durch das Mietrechtsgesetz getroffenen übergangsregelung aufrecht erhalten worden. Der Vermieter habe keinen Beweis dafür angeboten,daß die Kündigungsbeschränkungen nicht zur Anwendung gelangten. Demnach hätte im vorliegenden Fall die Aufkündigung nur gerichtlich unter Anführung eines konkreten Kündigungsgrundes erfolgen können; die außergerichtlich vorgenommene Aufkündigung sei wirkungslos. Auf die geltend gemachten Auflösungsgründe gemäß § 1118 ABGB sei nicht einzugehen, da hiefür keine Beweismittel angeboten worden seien. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge,hob es unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehalts auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt.

Das Berufungsgericht führte aus, es sei unbestritten geblieben, daß die im Jahre 1975 gemieteten Räume in einem Gebäude gelegen seien, das nach dem ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet worden sei. Damit sei das Objekt, gleichgültig ob es sich um eine Hauptmiete oder Untermiete handle, gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 MG nicht den Bestimmungen des Mietengesetzes unterlegen. Die Bestimmung des § 1 Abs. 3 Z 2 MG habe im vorliegenden Fall schon deshalb keine Anwendung gefunden, weil sie nur Wohnungen und nicht Geschäftsräumlichkeiten betreffe. Da das Bestandverhältnis den Bestimmungen des Mietengesetzes nicht unterworfen gewesen sei, sei sowohl die Vereinbarung eines befristeten Bestandverhältnisses als auch von Auflösungsgründen, die über § 1118 ABGB hinausgehen, zulässig gewesen. Hätten für einen vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossenen Untermietvertrag die Kündigungsbestimmungen des § 19 MG nicht gegolten, so fänden gemäß § 49 Abs. 3 MRG auch nicht die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG Anwendung. Der am zum

ausgesprochenen Kündigung sei jedenfalls die vertragsgemäß 6 Monate vor Ablauf der Vertragsdauer abzugebende Erklärung zu entnehmen, das Vertragsverhältnis nach Ablauf des nicht mehr fortsetzen zu wollen. Damit habe der Vermieter einer Vertragsverlängerung vorbeugen wollen. Da jedoch im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz am die vertragsgemäße Bestanddauer noch nicht abgelaufen gewesen sei, sei auf die Aufkündigung nicht weiter einzugehen. Die klagende Partei habe aber auch die sofortige Auflösung des Bestandverhältnisses aus wichtigen Gründen erklärt. Es werde anhand der angebotenen Beweismittel zu prüfen sein, ob die behaupteten Vertragsverletzungen eine sofortige Auflösung des Bestandverhältnisses rechtfertigten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs des Beklagten ist nicht gerechtfertigt.

Es ist nicht strittig, daß die gemieteten Räume nach dem durch Neubau ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel geschaffen wurden. Alle Mietverhältnisse über solche Räume, sowohl Haupt- als auch Untermietverhältnisse über Wohn- und Geschäftsräume, waren gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 MG von den Bestimmungen des Mietengesetzes ausgenommen (5 Ob 723/81; Zingher, Mietengesetz 18 15; Derbolav in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz 458). Auf Mietgegenstände, die in Gebäuden gelegen sind, die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel auf Grund einer nach dem erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, finden aber gemäß § 1 Abs. 4 Z 1 MRG die dort genannten Bestimmungen dieses Gesetzes, insbesondere die §§ 29 bis 36 MRG, und damit die Bestimmungen über den Kündigungsschutz Anwendung. Die kündigungsrechtliche übergangsregelung des § 49 Abs. 2 MRG sah für Hauptmietverträge auf unbestimmte Zeit über einen Mietgegenstand, der nach dem durch Neubau ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel neu geschaffen worden ist, die Möglichkeit vor, vom Mieter bis den Abschluß eines Zeitmietvertrages mit Geltung mindestens bis zu verlangen; nahm der Mieter dieses Vertragsanbot an, wandelte sich das Bestandverhältnis in ein befristetes, für das dann die Regelung des § 29

Abs.1 Z 3 lit.a MRG über die Möglichkeit des Abschlusses befristeter Mietverträge, die durch Zeitablauf erlöschen, gilt. Nahm der Mieter das Anbot nicht an, blieb das Bestandverhältnis außerhalb des Kündigungsschutzes (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 49 MRG; Derbolav a.a.O.457). Diese Regelung galt nicht für befristete Hauptmietverhältnisse mit einer über den l.Jänner 1982 hinausreichenden Bestandzeit, weil es dem Vermieter in diesen Fällen frei steht, nach Ablauf der Vertragsdauer einen neuen zeitlich befristeten Bestandvertrag abzuschließen oder das Bestandverhältnis zu beenden. Dabei konnte sich die Befristung aus einer ausdrücklichen Vereinbarung oder aus einer stillschweigenden Erneuerung des Bestandvertrages (§ 1115 ABGB) ergeben (Derbolav a. a.O.). Diese Regelung gilt aber, wie sich aus dem Wortlaut des § 49 Abs. 2 MRG eindeutig ergibt, nur für Hauptmietverträge. Für Untermietverträge, die von den Bestimmungen des Mietengesetzes ausgenommen waren, bestimmt § 49 Abs. 3 MRG, daß die Kündigungsbeschränkungen des § 30 MRG nicht zu gelten haben (Würth a. a.O. Rdz 4 zu § 49; Derbolav a.a.O.458).

Die klagende Partei berief sich in der Klage darauf, daß sie den Bestandvertrag am zum aufgekündigt habe. Nach Punkt IV des Bestandvertrages ist eine Aufkündigung zur Vermeidung der Verlängerung der Bestandzeit um ein weiteres Jahr nicht erforderlich, sondern nur die zeitgerechte Erklärung, die Übergabe des Bestandobjektes zu fordern. Ein Bestandvertrag mit bedingtem Endtermin im Sinne des § 1114 zweiter Satz ABGB, der zur Auflösung zum vorgesehenen Zeitpunkt überdies einer vorausgehenden Aufkündigung bedarf (vgl.Würth in Rummel a.a.O,Rdz 1 zu § 1114), liegt nicht vor. Das Berufungsgericht erblickte in der Kündigung (zum ) die Erklärung, das Bestandverhältnis nicht über den hinaus fortsetzen zu wollen. Da im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Bestanddauer noch nicht verstrichen war, sei ein hierauf gegründetes Räumungsbegehren nicht gerechtfertigt. Die klagende Partei leitet aus der Kündigung zum 3o.6.1984 aber keine Folgerungen für die Berechtigung des Räumungsbegehrens ab; sie hat schon in der Berufung die Berechtigung des Räumungsbegehrens nur mehr aus dem behaupteten erheblich nachteiligen Gebrauch des Bestandobjektes abgeleitet. Es bedarf daher keiner Prüfung, ob im Falle der Verbindung einer Kündigung mit einem Räumungsbegehren, wie dies § 567 Abs. 4 ZPO gestattet (vgl.hiezu Fasching Lehr- und Handbuch Rz 2148), eine Verurteilung zur Räumung gemäß § 573 Abs. 2 ZPO auch dann zulässig ist, wenn im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Bestandzeit noch nicht verstrichen ist (vgl. Fasching a.a.O.Rz 2153; Fasching, Kommentar IV 687 f). Im fortgesetzten Verfahren wird das Vorliegen der behaupteten Gründe für die vorzeitige Auflösung des Bestandverhältnisses zu prüfen sein.

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.