OGH vom 11.05.2010, 4Ob67/10x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der wiederaufnahmsklagenden Partei MMag. Dr. L***** A*****, vertreten durch Rechtsanwälte Mandl GmbH in Feldkirch, gegen die wiederaufnahmsbeklagte Partei Gemeinde L*****, wegen Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens 1 R 341/09v des Landesgerichts *****, im Verfahren über den Rekurs des Wiederaufnahmsklägers gegen den Beschluss des Landesgerichts ***** vom , GZ 1 R 413/09g 3, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Rekursverfahren wird bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Ablehnung des Präsidenten des Landesgerichts *****, des Richters des Landesgerichts ***** und der Richterin des Landesgerichts ***** unterbrochen.
Der Akt wird dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, ihn nach Rechtskraft der Entscheidung über den Ablehnungsantrag des Wiederaufnahmsklägers wieder vorzulegen.
Text
Begründung:
Der Kläger erhob beim Landesgericht ***** eine Wiederaufnahmsklage gegen das zu 1 R 31/09v dieses Gerichts ergangene Berufungsurteil. Als Wiederaufnahmsgrund machte er geltend, dass in Bezug auf einen Richter des Rechtsmittelsenats der Verdacht einer strafbaren Handlung bestehe (§ 530 Abs 1 Z 4 ZPO). Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diese Klage als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung gemäß ungeeignet zurück.
In seinem Rekurs macht der Kläger unter anderem geltend, dass die an der angefochtenen Entscheidung beteiligten Richter selbst befangen gewesen seien. Damit verbindet er einen Antrag auf Ablehnung dieser Richter. Das Erstgericht legte den Rekurs zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorlage erfolgte verfrüht.
1. Die Zuständigkeit des Landesgerichts ***** für die auf § 530 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Wiederaufnahmsklage gründet sich auf § 532 Abs 1 ZPO. Gegen seine zurückweisende Entscheidung ist der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig (RIS-Justiz RS0044587; Jelinek in Fasching / Konecny ² § 533 ZPO Rz 38).
2. Eine Befangenheit kann auch noch im Rechtsmittelschriftsatz geltend gemacht werden, wenn das Verfahren wie hier noch nicht rechtskräftig erledigt ist und erst im Rechtsmittelverfahren Gründe bekannt wurden, die die Ablehnung von Richtern der Vorinstanz rechtfertigen. Über das Rechtsmittel ist in solchen Fällen nur dann sofort zu entscheiden, wenn keine konkreten Befangenheitsgründe genannt werden oder die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich erfolgte. Sonst hat zunächst das nach § 23 JN zuständige Gericht über das Vorliegen der Befangenheit zu entscheiden, was nach § 25 JN gegebenenfalls zur Aufhebung der unter Mitwirkung eines erfolgreich abgelehnten Richters getroffenen Entscheidung führen kann; das Rechtsmittelverfahren ist bis zur Entscheidung über die Ablehnung zu unterbrechen (RIS-Justiz RS0042028; zuletzt etwa 8 Ob 149/08g, 3 Ob 39/09w und 9 ObA 110/09f).
3. Im vorliegenden Fall nennt der Kläger konkrete Befangenheitsgründe, und die Ablehnung ist auch nicht offenkundig rechtsmissbräuchlich. Daher hat zunächst das nach § 23 JN zuständige Landesgericht ***** (gegebenenfalls das diesem übergeordnete Oberlandesgericht *****) über den Ablehnungsantrag zu entscheiden. Das Rekursverfahren wird erst nach Rechtskraft dieser Entscheidung fortzusetzen sein.