zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 15.05.1986, 7Ob11/86

OGH vom 15.05.1986, 7Ob11/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***-LEASING GesmbH, Wien 3.,

Jacquingasse 16-18, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei I***, Internationale Unfall- und Schadenversicherung Aktiengesellschaft, Wien 3., Ghegastraße 3, vertreten durch Dr. Hans Litschauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 124.932,-- s.A. infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 2 R 213/85-10, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 21 Cg 285/85-5, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Für den von der klagenden Partei verleasten PKW der Marke BMW 732 mit dem polizeilichen Kennzeichen W 432.347 wurde mit der beklagten Partei unter anderem eine Kaskoversicherung abgeschlossen. Die Versicherung ist zugunsten der klagenden Partei vinkuliert. Die klagende Partei begehrt die Versicherungsleistung für den der Höhe nach nicht strittigen Fahrzeugschaden.

Die beklagte Partei behauptet mangelnde Passivlegitimation. Die Versicherung sei von Dr. Gustav N*** namens der M*** D*** Int. GesmbH (im folgenden nur M*** D***) abgeschlossen worden. Erst im Zuge der Behandlung des Schadensfalles habe sich herausgestellt, daß die M*** D*** nicht bestehe. Mangels deren Zustimmung sei eine Auszahlung der Versicherungssumme an die klagende Partei nicht möglich.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen schloß Dr. Gustav N*** im Namen der M*** D*** sowohl den Leasingvertrag mit der klagenden Partei als auch den Versicherungsvertrag mit der beklagten Partei ab. Erst im Zuge der Behandlung des Schadensfalles kam hervor, daß die M*** D*** nicht besteht, an der angegebenen Anschrift jedoch die M*** D*** VERLAGS-GesmbH (im folgenden nur VERLAGS-GesmbH) ihren Sitz hat. Im Zuge der Schadensbehandlung wurde auch festgestellt, daß ein Prämienrückstand besteht. Die beklagte Partei forderte daher die klagende Partei mit Schreiben vom auf, den Prämienrückstand zu bezahlen. Die klagende Partei kam dieser Aufforderung nach. Mit Schreiben vom forderte die beklagte Partei die M*** D*** auf, eine Entschädigungsquittung über den Schadensbetrag zu unterfertigen und der beklagten Partei zu retournieren, da die klagende Partei Ersatzansprüche erhoben habe. Auf dieses Schreiben erfolgte keine Reaktion.

Nach der Rechtsauffassung des Erstgerichtes sei bei der Versicherung eines geleasten Kraftfahrzeuges zwar Vertragspartner der Versicherung der Leasingnehmer, der aus dem Versicherungsvertrag Berechtigte jedoch aufgrund seines Eigentumsrechtes der Leasinggeber. Ein solcher mit Schutzwirkungen zugunsten des Leasinggebers geschlossener Kaskoversicherungsvertrag sei diesem gegenüber unabhängig davon rechtswirksam, ob zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer ein wirksames Versicherungsverhältnis entstanden sei. Darüber hinaus sei durch die Abdeckung des Prämienrückstandes ein direkter vertraglicher Anspruch der klagenden Partei entstanden. Der Einwand der Arglist sei unsubstantiiert und betreffe nur das Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Auch die Frage des Einverständnisses des Versicherungsnehmers zur Zahlung an den Leasinggeber betreffe nur das Innenverhältnis.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Dem Vinkular komme keine bessere Stellung zu als dem Versicherten bei der Versicherung für fremde Rechnung. Wie bei der Versicherung für fremde Rechnung könne sich auch der Versicherer dem Vinkular gegenüber auf die Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages berufen. Aus der Zahlung des Prämienrückstandes durch die klagende Partei könne nicht gefolgert werden, daß dem Leasingnehmer nur die Rolle eines "vorgeschobenen Vertragspartners" zukomme. Die Frage des wirksamen Vertragsabschlusses für ein nicht bestehendes Rechtssubjekt oder durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht sei nach den Grundsätzen des allgemeinen bürgerlichen Rechtes bzw. des Handelsrechtes zu lösen. Zur Klärung der Frage, ob ein wirksamer Vertrag zustandegekommen sei, bedürfe es ergänzenden Parteienvorbringens und weiterer Beweisanbote. In diesem Sinne sei das Verfahren ergänzungsbedürftig und allenfalls auch zu prüfen, ob eine Genehmigung des ohne Vollmacht abgeschlossenen Vertrages erfolgt sei. Auch hinsichtlich des von der klagenden Partei behaupteten Anerkenntnisses bedürfe es ergänzender Feststellungen. Die fehlende Zustimmung des Versicherungsnehmers stehe der Geltendmachung der Ansprüche durch die klagende Partei dann nicht entgegen, wenn der Versicherungsnehmer den Anspruch erkennbar nicht weiter verfolgen wolle.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt.

Insoweit die klagende Partei ihren Anspruch auf die Vinkulierung der Versicherung zu ihren Gunsten stützt, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Vinkulierung, soferne nicht, wie es bei der Lebensversicherung (als Kreditsicherung) üblich ist, besondere Verpflichtungen des Versicherers gegenüber dem Gläubiger des Versicherungsnehmers vertraglich festgelegt werden, bloß eine Sperre des Versicherungsvertrages zugunsten des Gläubigers des Versicherungsnehmers derart bedeutet, daß Auszahlungen an den Letzteren nur mit Zustimmung des Gläubigers erfolgen dürfen (7 Ob 14/82; Schinnerer-Avancini, Bankverträge 3 II 195; vgl. auch EvBl.1970/263). Besondere vertragliche Vereinbarungen wurden hier nicht einmal behauptet, sodaß die klagende Partei allein aus der unbestrittenen Vinkulierung der Versicherung noch nicht das Recht zur Geltendmachung der Versicherungsleistung ableiten könnte. Nun liegt aber nach dem Standpunkt der klagenden Partei (auch) eine Versicherung für fremde Rechnung vor, und die beklagte Partei geht selbst davon aus, daß sie Zahlung an die klagende Partei zu leisten hätte, wenn der Vertragspartner zustimmte. Die beklagte Partei bestreitet lediglich mangels eines Vertragspartners einen wirksamen Vertragsabschluß. Die Aktivlegitimation der klagenden Partei wird aus keinen anderen Gründen bestritten. Die Beweislast für das Vorliegen eines Versicherungsvertrages trifft den Versicherungsnehmer bzw. denjenigen, der für sich Rechte aus dem Vertrag ableitet, im vorliegenden Fall demnach die klagende Partei. Unbekämpft steht bisher lediglich fest, daß Dr. Gustav N*** den Versicherungsvertrag namens einer M*** D*** abgeschlossen hat, die jedoch nicht registriert ist. Nach dem Vorbringen der klagenden Partei handelte es sich hiebei aber nur um eine falsche bzw. ungenaue Bezeichnung des tatsächlichen Vertragspartners der beklagten Partei, der VERLAGS-GesmbH (AS 13). Ein Vertragsabschluß mit dem tatsächlichen Träger eines bestimmten Rechtes unbeschadet der Bezeichnung der Vertragspartei ist aber, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, möglich. Läge danach ein wirksamer Vertragsabschluß vor, hätte allerdings die klagende Partei auch die Zustimmung des Versicherungsnehmers zur Auszahlung an sie nachzuweisen.

Das Erstgericht hat, ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht, die Behauptung der klagenden Partei, es liege nur eine ungenaue bzw. falsche Bezeichnung des Vertragspartners vor, nicht geprüft und darüber keine Feststellungen getroffen. Insoweit ist daher der Ergänzungsauftrag des Berufungsgerichtes gerechtfertigt. Zu anderen Fragen, wie etwa zur nachträglichen Sanierung eines ohne Vollmacht abgeschlossenen Rechtsgeschäftes, ist mangels eines entsprechenden Sachvorbringens jedenfalls im derzeitigen Verfahrensstadium nicht Stellung zu nehmen. Zu Unrecht beruft sich die klagende Partei auf die Bestimmungen der §§ 16 ff, insbesondere auf § 19 VersVG., weil diese nur die Folgen der Verletzung der Anzeigepflicht bezüglich gefahrenerheblicher Umstände betreffen. In dieser Hinsicht wurden bisher nicht einmal andeutungsweise Behauptungen aufgestellt. Demgemäß ist dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.