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OGH vom 26.04.2019, 3Ob60/19y

OGH vom 26.04.2019, 3Ob60/19y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 21 R 392/18w-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 41 C 38/18d-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.883,16 EUR (hierin enthalten 313,86 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist aufgrund eines rechtskräftigen Teilurteils vom schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen über seine monatlichen Einkünfte ab Rechnung zu legen.

Das Erstgericht bewilligte der Beklagten als Betreibender aufgrund dieses Titels mit Beschluss vom , GZ 6 E 1184/18g-3, zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Rechnungslegung die Exekution nach § 354 EO und trug dem Kläger (Verpflichteten) auf, binnen vier Wochen Rechnung über das monatliche Einkommen ab zu legen, widrigenfalls über ihn auf Antrag der Beklagten eine Geldstrafe in Höhe von 750 EUR verhängt werde.

In Vollzug der mit Beschluss vom bewilligten Exekution verhängte das Erstgericht mit Beschluss vom , GZ 6 E 1184/18g-6, über den Kläger die in der Exekutionsbewilligung angedrohte Geldstrafe von 750 EUR und trug ihm neuerlich auf, binnen vier Wochen über sein monatliches Einkommen ab Rechnung zu legen, widrigenfalls über ihn auf Antrag der Beklagten eine Geldstrafe von 1.250 EUR verhängt werde.

Mit Beschluss vom , GZ 6 E 1184/18g-9, verhängte das Erstgericht die im Beschluss ON 6 angedrohte Geldstrafe und trug dem Kläger neuerlich auf, binnen zwei Wochen Rechnung über sein monatliches Einkommen ab zu legen, widrigenfalls über ihn auf Antrag der Beklagten eine Geldstrafe von 5.000 EUR verhängt werde.

Mit Beschluss vom , GZ 6 E 1184/18g-20, verhängte das Erstgericht über den Kläger die im Beschluss ON 9 angedrohte Geldstrafe von 5.000 EUR und trug ihm neuerlich die Rechnungslegung binnen zwei Wochen auf, widrigenfalls über ihn auf Antrag der Beklagten eine Geldstrafe von 6.500 EUR verhängt werde.

Mit Beschluss vom , GZ 6 E 1184/18g-26, verhängte das Erstgericht über den Kläger die im Beschluss ON 20 angedrohte Geldstrafe von 6.500 EUR und trug ihm neuerlich die Rechnungslegung binnen zwei Wochen auf, widrigenfalls über ihn auf Antrag der Beklagten eine Geldstrafe von 8.000 EUR verhängt werde.

Mit Beschluss vom , GZ 6 E 1184/18g-33, verhängte das Erstgericht über den Kläger die im Beschluss ON 26 angedrohte Geldstrafe von 8.000 EUR und trug ihm neuerlich die Rechnungslegung binnen zwei Wochen auf, widrigenfalls über ihn auf Antrag der Beklagten eine Geldstrafe von 11.000 EUR verhängt werde.

Bereits gegen den Beschluss ON 9 erhob der Kläger am zu AZ 41 C 28/18h des Erstgerichts eine „Impugnationsklage“ mit dem Urteilsantrag, die von der Beklagten gegen ihn „mit Beschluss vom geführte Exekution“ möge einschließlich der Aussprüche über die Geldstrafen für unzulässig erklärt werden. Er habe die titulierte Verpflichtung bereits am durch Übermittlung der Rechnungslegungsunterlagen an den Beklagtenvertreter erfüllt; eine formell vollständige Rechnungslegung genüge. In einem vorbereitenden Schriftsatz vom stützte er sich zusätzlich auf eine (teilweise) Unmöglichkeit der Rechnungslegung wegen ihm nicht mehr zur Verfügung stehender Urkunden.

Das Verfahren über diese Klage vom zu AZ 41 C 28/18h des Erstgerichts ist noch nicht rechtskräftig beendet.

Am brachte der Kläger (zu AZ 41 C 33/18v) eine weitere „Impugnationsklage“ mit dem Begehren ein, die von der Beklagten gegen ihn „mit Beschluss vom geführte Exekution einschließlich der Aussprüche über die Geldstrafen“ für unzulässig zu erklären. Er habe die Rechnungslegungsverpflichtung bereits am mit Legung einer formell vollständigen Rechnung erfüllt. Eine zur Erwirkung der Rechnungslegung geführte Exekution sei wegen Unmöglichkeit der Leistung einzustellen, wenn die zur Rechnungslegung erforderlichen Belege vernichtet worden seien. Dies betreffe hier vor allem die Dokumente des ehemaligen Unternehmens des Klägers, die ihm aufgrund der Veräußerung nicht mehr zur Verfügung stünden. Insbesondere die von der Beklagten geforderte Vorlage einer Bilanz, einer Gewinn- und Verlustrechnung und von [Unterlagen zu] Verrechnungskonten sei dem Kläger demnach nicht nur unzumutbar, sondern aufgrund des Verkaufs seines Unternehmens unmöglich. Am brachte der Kläger (zu AZ 41 C 35/18p) eine weitere „Impugnationsklage“ mit dem Begehren ein, die von der Beklagten gegen ihn „mit Beschluss vom geführte Exekution einschließlich der Aussprüche über die Geldstrafen“ für unzulässig zu erklären.

Am brachte der Kläger (zu AZ 41 C 38/18d) die hier zu beurteilende, weitere „Impugnationsklage“ mit dem Begehren ein, die von der Beklagten gegen ihn „mit Beschluss vom [gemeint: 10. August] geführte Exekution einschließlich der Aussprüche über die Geldstrafen“ für unzulässig zu erklären.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Streitanhängigkeit zurück. Da der Kläger einerseits das Erlöschen des betriebenen Anspruchs durch Erfüllung und andererseits die Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung behaupte, handle es sich inhaltlich um eine Oppositionsklage. Das stattgebende Oppositionsurteil erfasse den Anspruch als solchen und spreche mit Rechtskraftwirkung über dessen Bestand ab, bewirke daher die Unzulässigkeit nicht nur der Anlassexekution, sondern jeder Exekution zur Hereinbringung oder Sicherung des titulierten Anspruchs. Es bedürfe daher, auch wenn mehrere Exekutionen zur Hereinbringung des in Rede stehenden Anspruchs anhängig seien, nur einer einzigen Oppositionsklage, bei deren Erfolg alle anhängigen Exekutionen einzustellen seien. Der weiteren, auf den gleichen Sachverhalt gestützten Oppositionsklage stehe daher das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit entgegen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge. In einer Gesamtschau könnte das Klagevorbringen nur so verstanden werden, dass der Kläger, auch wenn er auf den „aktuellen Exekutionsantrag“ abstelle, behaupte, der Anspruch sei insgesamt wegen Erfüllung bzw Unmöglichkeit erloschen. Dabei handle es sich um Oppositionsgründe. Die vom Kläger in seinem Rekurs analog herangezogene Möglichkeit einer Impugnationsklage in den Fällen des § 355 EO setze die Behauptung voraus, er habe keinen Sachverhalt verwirklicht, der ein Zuwiderhandeln gegen den Titel darstelle. Eine solche Einwendung sei aber bei einer Exekution zur Erwirkung einer vertretbaren Handlung schon begrifflich ausgeschlossen, weil der Verpflichtete in diesem Fall nichts zu unterlassen oder zu dulden, sondern eine Leistung zu erbringen habe. Er könne sich nur dadurch titelgemäß verhalten, dass er die geschuldete Leistung innerhalb der gesetzten Frist erbringe. Führe der Kläger dennoch Exekution, könne sich der Verpflichtete nur mit Klage nach § 35 EO zur Wehr setzen. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, dass der Kläger von einer wiederkehrenden „Dauerverpflichtung“ ausgehe. Nach der Rechtsprechung seien Exekutionen nach § 354 EO nicht nur zur Erzwingung einer einmaligen Erfüllungshandlung geeignet, sondern auch für Dauerverpflichtungen, sofern sie – wie hier – tatsächlich ein positives Handeln (und nicht eine sich aus einer Verbotsbeziehung ergebende Unterlassungspflicht) zum Gegenstand hätten. Eine Impugnationsklage, die sich auf die Behauptung stütze, der Kläger habe in bestimmten Zeiträumen der Verpflichtung entsprochen, sei ausgeschlossen. Während bei einer Unterlassungsexekution die Frage, ob der Verpflichtete dem Titel zuwidergehandelt habe, bei den einzelnen behaupteten Verstößen durchaus unterschiedlich beurteilt werden könne, gebe es bei einer Exekution nach § 354 EO solche Verstöße gar nicht; der Verpflichtete habe die Leistung entweder (zur Gänze) erbracht oder eben nicht. Ein zwingendes Rechtsschutzbedürfnis, aufgrund dessen dem Verpflichteten die Möglichkeit eingeräumt werden müsste, die – in zeitlicher Hinsicht – teilweise Erfüllung als titelgemäßes Verhalten (im Sinn eines temporär nicht vorliegenden Zuwiderhandelns) mittels Impugnationsklage geltend zu machen, bestehe daher nicht.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob im Fall einer Exekution zur Durchsetzung wiederkehrender unvertretbarer Handlungen nach § 354 EO aufgrund eines zeitlich unbefristeten Rechnungslegungsanspruchs eine Impugnationsklage zulässig sei, wenn sie sich auf eine in zeitlicher Hinsicht teilweise Leistungserbringung (im Sinn eines temporären Nicht-Zuwiderhandelns) stütze.

Mit seinem Revisionsrekurs macht der Kläger zusammengefasst geltend, das Rekursgericht verkenne, dass seine Klage zu AZ 41 C 28/18d nur die mit Beschluss vom verhängte Geldstrafe betreffe, während sich die hier zu beurteilende Klage ausschließlich gegen die mit Beschluss vom verhängte Geldstrafe richte. Er leugne keineswegs seine titelmäßige Verpflichtung zur Rechnungslegung, sondern nur den Vollstreckungsanspruch der Beklagten. Demgemäß richte sich seine Klage auch nicht gegen den betriebenen Anspruch wie eine Oppositionsklage, sondern nur gegen die aufgrund des Titels gegen ihn geführte Exekution. Es sei unerklärlich, warum das Institut der Impugnationsklage nur für die Exekution von (ebenfalls auf Dauer wirkenden) Unterlassungspflichten nach § 355 EO vorgesehen sein sollte und nicht auch für die Exekution nach § 354 EO in einem Fall wie dem hier vorliegenden, weil er ansonsten über keinen ausreichenden Rechtsbehelf verfüge, um sich gegen die unberechtigte Exekutionsführung zur Wehr zu setzen.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.

Für die rechtliche Einordnung einer exekutionsrechtlichen Klage kommt es nicht auf die konkrete Formulierung des Klagebegehrens an. Es ist auch nicht auf die Bezeichnung der Klage abzustellen, sondern auf das gesamte Vorbringen. Der Spruch ist dann allenfalls von Amts wegen richtig zu formulieren (3 Ob 292/05w;

RISJustiz RS0001876 [T2, T 5]). Entgegen der Ansicht des Klägers ist also nicht entscheidend, dass er sich mit seinen Klagen jeweils nur gegen einen bestimmten Strafbeschluss des Erstgerichts wendet.

2.

Die Erfüllung einer titelmäßigen (Rechnungslegungs-)Verpflichtung ist mittels Oppositionsklage nach § 35 EO geltend zu machen (

3 Ob 181/07z =

RS0122815). Auch die behauptete Unmöglichkeit der geschuldeten Rechnungslegung bildet einen Oppositionsgrund (RS0001177;

vgl auch RS0001233). Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach es sich bei den vom Kläger eingebrachten exekutionsrechtlichen Klagen inhaltlich jeweils um eine Oppositionsklage handelt, ist daher nicht zu beanstanden.

3. Nach § 35 Abs 1 EO können Einwendungen im Zug des Exekutionsverfahrens nur gegen den Anspruch erhoben werden, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde (RS0001454 [T1]; RS0001538). Betrifft die Exekutionsführung nur einen Teil der Gesamtjudikatschuld, so darf im Oppositionsprozess nicht auch über die von der Exekutionsführung unberührt gebliebene Restjudikatschuld erkannt werden (RS0001366; RS0001538 [T1]). Maßgeblicher Beurteilungsmaßstab bleibt daher immer der betriebene Anspruch (3 Ob 86/16t).

Dass der Kläger (dementsprechend) nur die Erfüllung bzw die teilweise Unmöglichkeit der Erfüllung des titulierten Anspruchs für den vom Exekutionsantrag umfassten Zeitraum behauptet, sich seine Einwendungen also nicht auch auf seine bei Einleitung der Exekution Anfang 2018 noch nicht fällige – und daher vom Exekutionsantrag gar nicht erfasste, also gar nicht betriebene – Rechnungslegungsverpflichtung für künftige Zeiträume beziehen (können), führt entgegen seiner Auffassung nicht dazu, dass ihm kein ausreichender Rechtsbehelf gegen die Verhängung von Geldstrafen im Rahmen der anhängigen Exekution zur Verfügung stünde. In der gegebenen Konstellation wäre im Fall der Stattgebung der (ersten) Oppositionsklage nämlich (nur, aber immerhin) der betriebene Anspruch (nicht aber der gesamte titulierte Anspruch für die Zeit ab Einbringung des Exekutionsantrags) als erloschen anzusehen. In diesem Fall wäre daher die anhängige Exekution einzustellen (§ 35 Abs 4 EO), und zwar mit Wirkung ab dem Vorliegen des Einstellungsgrundes (vgl 3 Ob 12/93 = SZ 66/74). Wenn die vom Kläger geltend gemachten Oppositionsgründe – entsprechend seinen Behauptungen – bereits vor dem mit der vorliegenden Klage angefochtenen Beschluss vorlagen, wirkt die Einstellung also auf diesen Zeitpunkt zurück. Somit wären danach ausgesprochene Geldstrafen zu Unrecht verhängt worden (vgl Klicka in Angst/Oberhammer, EO3§ 354 Rz 20 und § 355 Rz 16). Das hätte nach § 359 Abs 2 EO zur Folge, dass sie (über Antrag) zurückzuzahlen und folglich auch nicht einzuheben sind (vgl Höllwerth in Deixler-Hübner, § 359 EO Rz 8 f). Dennoch könnte die Beklagte selbstverständlich in Zukunft gegebenenfalls – wegen der Nichterfüllung der Rechnungslegungspflicht in künftigen Zeiträumen – neuerlich Exekution führen. Im Hinblick darauf besteht aber von vornherein keine Notwendigkeit für die vom Kläger angestrebte analoge Anwendung der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Bekämpfung von Strafbeschlüssen in einem Exekutionsverfahren nach § 355 EO mittels Impugnationsklage auf die im Verfahren nach § 354 EO erlassenen Strafbeschlüsse.

4. Die Vorinstanzen haben daher zutreffend das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit für die weiteren Oppositionsklagen bejaht, weil bereits die Stattgebung der ersten Klage (zu AZ 41 C 28/18h) ungeachtet des verfehlten Urteilsbegehrens letztlich die auch hier aus den identen Oppositionsgründen angestrebte Beseitigung eines Strafbeschlusses zur Folge hätte.

5. Mangelnde Bestimmtheit des Exekutionstitels kann nur mit Rekurs bekämpft werden (RS0000327).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41, 50 ZPO. Die Rechtsansicht des Klägers, er habe bereits eine Impugnationsklage erhoben, wurde bereits widerlegt. Bemessungsgrundlage nach dem RATG ist daher der betriebene Anspruch, der sowohl im Titel- als auch im Exekutionsakt mit 30.000 EUR bewertet wurde.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00060.19Y.0426.000

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