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OGH vom 22.10.2019, 2Ob65/19a

OGH vom 22.10.2019, 2Ob65/19a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Verlassenschaft nach I***** B*****, 2. Mag. I***** A***** H*****, 3. mj V***** H*****, und 4. L***** H*****, alle vertreten durch Dr. Johann Eder und Dr. Stefan Knaus, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. N***** E*****, und 2. G***** Versicherung AG, *****, beide vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen (erstklagende Partei) 365.083,78 EUR sA und Feststellung (Streitwert 6.000 EUR), über die Revision der erstklagenden Partei gegen das Teil- und Teilzwischenurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 13/19s41, womit infolge Berufung der erstklagenden Partei das Teilzwischenurteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 2 Cg 42/17a28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

A. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Teil- und Teilzwischenurteil wird dahingehend abgeändert, dass es folgendermaßen zu lauten hat:

„1. Das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der erstklagenden Partei 365.083,78 EUR sA zu bezahlen, besteht dem Grunde nach mit drei Vierteln zu Recht.

2. Das Leistungsmehrbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der erstklagenden Partei weitere 91.270,95 EUR sA zu bezahlen, wird abgewiesen.

3. Die Entscheidung über die Kosten erster und zweiter Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“

B. Der in der Revision enthaltene Rekurs gegen den (impliziten) Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts betreffend das Feststellungsbegehren im Ausmaß von zwei Dritteln wird zurückgewiesen.

C. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am ereignete sich im Kreuzungsbereich des Höglwörthwegs und der Konstanze-Weber-Gasse in der Stadt Salzburg ein Verkehrsunfall, an dem die Erstbeklagte als Lenkerin eines bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten Pkw und die vormalige Erstklägerin als Radfahrerin beteiligt waren. Die Erstklägerin ist während des Verfahrens am gestorben, weshalb nun deren Verlassenschaft erstklagende Partei ist. Der Einfachheit halber wird die Verstorbene im Folgenden jedoch weiterhin als Erstklägerin bezeichnet.

Im Bereich der Unfallstelle verläuft der Höglwörthweg annähernd in West-Ost-Richtung. Annähernd rechtwinkelig münden die Konstanze-Weber-Gasse von Norden und die Dr.-Bauer-Straße von Süden in den Höglwörthweg ein. Der Unfallsort befindet sich in einer 30 km/h-Zonenbeschränkung. Es sind keine über den Vorrang Aufschluss gebende Verkehrszeichen montiert, jedoch ist die Konstanze-Weber-Gasse als Wohn- und Spielstraße beschildert, die in Fahrtrichtung der Erstklägerin bei der Einmündung in den Höglwörthweg endet. Die Fahrbahnoberfläche ist im maßgeblichen Bereich annähernd horizontal. Im maßgeblichen Bereich sind keine Sichtbegrenzungen gegeben.

Die Erstbeklagte fuhr den Höglwörthweg entlang Richtung Westen und überquerte die Kreuzung mit der Konstanze-Weber-Gasse und der Dr.-Bauer-Straße. Da sie beim Überfahren der Kreuzung in der links einmündenden Dr.-Bauer-Straße das Auto einer Freundin erblickte, hielt sie das Fahrzeug an. Dieses befand sich in dieser Stillstandposition mit dem Heck schon außerhalb des Kreuzungsbereichs. Danach fuhr die Erstbeklagte rückwärts erneut in den Kreuzungsbereich ein, um in der Folge nach links in die Dr.-Bauer-Straße einzubiegen. Vor dem Rückwärtsfahren vergewisserte sie sich durch Blick über beide Schultern und in den Rückspiegel und die Seitenspiegel, dass die Fahrbahn frei ist. Als sie während der Rückwärtsfahrt ein verdächtiges Geräusch wahrnahm, bremste sie das in Schrittgeschwindigkeit fahrende Fahrzeug unverzüglich bis zum Stillstand ab. Ein Anstoß des Fahrrads an den Pkw oder umgekehrt ist nicht feststellbar.

Die Erstklägerin fuhr mit ihrem Damenfahrrad von der Konstanze-Weber-Gasse kommend und wollte im Kreuzungsbereich nach links auf den Höglwörthweg einbiegen. Als sie den von rechts rückwärts in die Kreuzung einfahrenden Pkw erblickte, erschrak sie und stürzte mit dem Fahrrad. In der Unfallendstellung stand der Pkw in Bezug zur Dr.-Bauer-Straße mit dem Heck im Kreuzungsmittelpunkt. Das Fahrrad lag hinter dem Pkw mit dem vorderen Laufrad unterhalb des Fahrzeugs.

Für die Erstbeklagte wäre während der Rückwärtsfahrt bei einer entsprechenden Betrachtung des aus Richtung Konstanze-Weber-Gasse kommenden Verkehrs die Erstklägerin so rechtzeitig erkennbar gewesen, dass sie bei jeweils wechselseitigen Blicksprüngen nach links und rechts hinten und auf den nachfolgenden Verkehr bei entsprechend langsamer Fahrt vor Erreichen des „Fahrkanals“ der Erstklägerin anhalten hätte können. Auch die Erstklägerin hätte bei der Fahrt aus der Konstanze-Weber-Gasse das rückwärts fahrende Beklagtenfahrzeug erkennen und den Unfall durch eine normale Betriebsbremsung vermeiden können.

Die Erstklägerin begehrt von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von 365.083,78 EUR sA und die Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für sämtliche Schäden aus den Verletzungsfolgen aus dem Unfall. Die Erstbeklagte treffe das Alleinverschulden, weil sie sich aufgrund ihres Rückwärtsfahrens im Nachrang befunden und die gebotene Sorgfalt beim Rückwärtsfahren, noch dazu in einen Kreuzungsbereich hinein, gröblich außer Acht gelassen habe. Die Erstbeklagte sei zu schnell und in einem Zug in die Kreuzung eingefahren und habe die Erstklägerin deshalb nicht wahrgenommen. Das Feststellungsbegehren begründete die Erstklägerin mit künftigen Kosten für Pflege, Hilfsmittel, Apothekenbedarf, Behandlungsbeiträge, Gebühren, Transporte, Zinsen bzw Finanzierungskosten.

Die Beklagten wendeten ein, das Verschulden treffe die Erstklägerin, die aufgrund eines Aufmerksamkeitsfehlers auf das unter gewissenhafter Beobachtung langsame Rückwärtsfahren der Erstbeklagten falsch reagiert habe. Für die Erstklägerin wäre es leicht gewesen, dem gut sichtbaren, in Schrittgeschwindigkeit rückwärts fahrenden Beklagtenfahrzeug auszuweichen oder anzuhalten. Eine Kollision der Fahrzeuge habe nicht stattgefunden.

Das Erstgericht beurteilte mit Teilzwischenurteil das Leistungs- und das Feststellungsbegehren der Erstklägerin als dem Grunde nach jeweils mit einem Drittel zu Recht bestehend. Eine Abweisung des Leistungs- und des Feststellungsmehrbegehrens unterblieb. Auch über die Begehren der Zweit- bis Viertkläger wurde noch nicht entschieden.

Das Erstgericht traf die wiedergegebenen Feststellungen und meinte in rechtlicher Hinsicht, beide Unfallbeteiligte treffe ein Verschulden. Die Erstklägerin habe es unterlassen, gemäß § 76b Abs 3 StVO beim Ausfahren aus der Wohnstraße dem außerhalb der Wohnstraße fließenden Verkehr Vorrang zu geben und durch rechtzeitiges Anhalten den Unfall zu verhindern. Die Erstbeklagte habe gegen das Gebot, beim Rückwärtsfahren gerade im Kreuzungsbereich besondere Vorsicht und Rücksichtnahme einzuhalten, verstoßen; sie hätte bei genauerer Beobachtung die Erstklägerin erkennen und rechtzeitig anhalten können. Da Vorrangverletzungen in der Regel schwerer wögen als andere Verkehrswidrigkeiten, erscheine eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 2:1 zu Lasten der Erstklägerin angemessen.

Das nur von der Erstklägerin angerufene Berufungsgericht beurteilte mit Teilzwischenurteil das Leistungsbegehren der Erstklägerin als zur Hälfte zu Recht bestehend, wies mit Teilurteil das Leistungsbegehren der Erstklägerin zur Hälfte (182.541,89 EUR sA) ab und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Eine Entscheidung über das restliche Feststellungsbegehren der Erstklägerin unterblieb.

Zur Verschuldensteilung vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, Rückwärtsfahrende könnten keinen Vorrang für sich in Anspruch nehmen, weshalb insoweit der Begründung des Erstgerichts nicht zu folgen sei. Aber auch die Erstklägerin habe keinen Vorrang gehabt. Kein Sorgfaltsverstoß der Unfallbeteiligten überwiege eindeutig den der anderen, weshalb eine Verschuldensteilung 1:1 gerechtfertigt sei. Das (restliche) Feststellungsbegehren sei nicht spruchreif.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die mit dem Antrag auf Abänderung dahin, das Leistungsbegehren als dem Grunde nach zur Gänze zu Recht bestehend zu erkennen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters beantragt sie die Ergänzung des angefochtenen Urteils dahin, dass dem Feststellungsbegehren zur Gänze stattgegeben, in eventu „die dem Urteil des Erstgerichts anhaftende implizite Abweisung des Feststellungsbegehrens zu zwei Dritteln aufgehoben“ und die Rechtssache in die zweite oder erste Instanz zurückverwiesen werde.

Die Beklagten beantragen in der ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Verschuldensteilung in vergleichbaren Fällen abgewichen ist; sie ist auch teilweise berechtigt.

Die Revisionswerberin macht zur rechtlichen Beurteilung geltend, die Erstbeklagte habe den Vorrang der Erstklägerin verletzt. Das rückwärts Einfahren in die Kreuzung begründe überdies eine außergewöhnliche Betriebsgefahr, die zu Lasten der Beklagten ausschlage. Daher sei dem Klagebegehren ohne Kürzung um eine Mitverschuldensquote der Erstklägerin stattzugeben. Das Urteil des Erstgerichts impliziere eine Abweisung des Feststellungsbegehrens im Ausmaß von zwei Dritteln, was bereits in der Berufung bekämpft worden sei. Die bisherigen Feststellungen reichten für die Beurteilung des Feststellungsbegehrens als berechtigt aus.

Hierzu wurde erwogen:

1. Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens:

Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor, was keiner Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

2. Verschuldensteilung:

2.1. Verschuldensabwägung:

Abgesehen von besonders normierten Verboten des Rückwärtsfahrens (§ 8b Abs 1 Z 1, § 46 Abs 4 lit f StVO) regelt die StVO das Rückwärtsfahren lediglich insoweit, als vorgeschrieben ist, dass sich ein Lenker beim Rückwärtsfahren von einer geeigneten Person einweisen lassen muss, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert (§ 14 Abs 3 StVO).

Die Rechtsprechung hat folgenden Grundsatz herausgebildet: Wer zur besonderen Vorsicht und Rücksichtnahme auf Grund eines der allgemeinen Fahrordnung zuwiderlaufenden Fahrmanövers, wie es das Rückwärtsfahren ist, verpflichtet ist, kann einen Vorrang nicht in Anspruch nehmen (RS0073938). Daraus ergibt sich – wie schon das Berufungsgericht insoweit zutreffend erkannt hat – dass hier der Erstbeklagten weder der Rechtsvorrang nach § 19 Abs 1 StVO noch derjenige gegenüber aus Wohnstraßen Ausfahrenden nach § 76b Abs 3 letzter Satz StVO zukommt.

Mit dem vorliegenden Fall sind die Fälle 8 Ob 111/72 ZVR 1973/146 und 8 Ob 41/73 ZVR 1974/83 annähernd vergleichbar.

Im erstgenannten Fall war der aus Sicht des klagenden vorwärts fahrenden Mopedlenkers von rechts kommende beklagte Pkw-Lenker mit 10 km/h rückwärts in die Kreuzung eingefahren. Der Kläger hätte bei prompter Bremsreaktion auf das Erblicken des Fahrzeugs des Beklagten bzw des Erkennens der Rückwärtsbewegung die Kollision vermeiden können. Der Oberste Gerichtshof billigte die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensteilung von 1:3 zugunsten des Klägers: Der Beklagte könne keinen Vorrang in Anspruch nehmen und wäre verpflichtet gewesen, beim Zurückstoßen in die Kreuzung besonders vorsichtig zu fahren und den Querverkehr nicht zu behindern. Der Kläger habe nur einen Reaktionsfehler zu verantworten.

Im zweiten Fall stieß ein Lkw mit Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung mit einer Landesstraße zurück, ohne dass der Lenker des Lkw Sicht auf den Verkehr auf der Landesstraße hatte. Auf der Landesstraße näherte sich ein Lenker eines Motorfahrrads mit etwa 30 km/h dem aus seiner Sicht von rechts zurückstoßenden Lkw an. Es kam zur Kollision, die der Lenker des Motorfahrrads zwar nicht durch Bremsen, wohl aber durch Auslenken nach links hätte verhindern können. Auch hier billigte der Oberste Gerichtshof die Verschuldensteilung des Berufungsgerichts von 1:3 zugunsten des Motorfahrradlenkers: Der Lkw-Lenker habe keinen Rechtsvorrang gehabt und hätte beim Rückwärtsfahren besonders vorsichtig sein müssen. Dem Mopedfahrer könne nur eine Reaktionsverspätung von 1 bis 1,5 Sekunden vorgeworfen werden.

Die Unterschiede der Tatsachenfeststellungen dieser Entscheidungen zum vorliegenden Sachverhalt fallen nicht entscheidend ins Gewicht: Während im zweiten Fall der Zurückschiebende keine Sicht auf den Querverkehr hatte, hatte hier die Erstbeklagte schon Sicht. Dies kann sie aber nicht entlasten, weil es ihr dann eben möglich gewesen wäre, durch entsprechende Aufmerksamkeit die herannahende Erstklägerin wahrzunehmen. Nach den Feststellungen schaute die Erstbeklagte (nur) vor dem Rückwärtsfahren über beide Schultern und in die Spiegel. Es wäre aber nötig gewesen, auch beim Zurückfahren selbst den Kopf zu wenden, um das ganze Umfeld beobachten zu können, zumal sie beim Zurückschieben in eine Kreuzung, wo mit Querverkehr zu rechnen ist, zur besonderer Vorsicht und Rücksichtnahme verpflichtet war (RS0073932). Auch der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Kollision nicht erweislich ist, erfordert keine andere Beurteilung, weil ohne Zusammenstoß der Sturz der Erstklägerin durch das Erschrecken durch das Zurückschieben des Pkw verursacht worden wäre, was ebenso wie ein Sturz durch Kollision eine adäquate Unfallursache darstellte.

2.2. Haftungselemente nach EKHG:

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin begründet das Rückwärtsfahren für sich allein keine außergewöhnliche Betriebsgefahr des Pkw: In der Entscheidung 2 Ob 158/82 ZVR 1983/306 wurde etwa bei bloßem Zurückfahren außergewöhnliche Betriebsgefahr verneint und nur gewöhnliche angenommen. Angesichts des hier bei beiden Unfallbeteiligten vorliegenden Verschuldens
– auch die Erstklägerin trifft ein nicht zu vernachlässigender Aufmerksamkeitsfehler – besteht auch im Anwendungsbereich des § 7 EKHG kein Anlass, die gewöhnliche Betriebsgefahr für die Beklagten haftungsverschärfend heranzuziehen (vgl zu § 11 EKHG RS0058551).

2.3. Ergebnis:

Im Sinne dieser Erwägungen (vgl auch 2 Ob 180/79 ZVR 1981/11) hält der erkennende Senat auch im vorliegenden Fall eine Verschuldensteilung von 1:3 zugunsten der Erstklägerin für angemessen. Demnach ist das Leistungsbegehren der Erstklägerin als dem Grunde nach mit drei Vierteln zu Recht bestehend auszusprechen und ein Viertel davon abzuweisen.

3. Feststellungsbegehren:

Das Berufungsgericht hat – wie das Erstgericht – über das restliche Feststellungsbegehren (zwei Drittel) im Spruch seiner Entscheidung nicht abgesprochen. Es hat sich aber trotzdem in seiner Begründung damit befasst, indem es in der Sache ausführte, die Sache sei insoweit nicht spruchreif. Dies ist so zu deuten, dass das Berufungsgericht davon ausging, das Erstgericht habe (implizit) zwei Drittel des Feststellungsbegehrens abgewiesen, weil es sich andernfalls mit dem nicht Gegenstand des erstgerichtlichen Teilurteils bildenden Feststellungsmehrbegehren gar nicht hätte befassen können. In diesem Sinn unterstellte das Berufungsgericht dem Erstgericht ja auch die implizite Abweisung von zwei Dritteln des Leistungsbegehrens, was es – anders als beim Feststellungsmehrbegehren – dadurch zum Ausdruck brachte, dass es auf Basis seiner Verschuldensteilung das Leistungsbegehren zur Hälfte im Spruch seiner Entscheidung abwies.

Das Berufungsgericht hat somit implizit hinsichtlich des Feststellungsmehrbegehrens (mangels angenommener Spruchreife) einen Aufhebungsbeschluss iSd § 496 ZPO gefasst, dagegen aber nicht den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zugelassen. Soweit sich die Revision daher mit dem Feststellungsmehrbegehren befasst, ist sie als Rekurs gegen den impliziten Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts zu werten. Dieser Rekurs ist mangels Zulassung durch das Berufungsgericht absolut unzulässig (RS0043898) und ist daher zurückzuweisen.

Im fortgesetzten Verfahren ist das Erstgericht – abweichend von § 499 Abs 2 ZPO – auch betreffend das Feststellungsmehrbegehren an die Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs über die Verschuldensteilung gebunden (RS0042279).

4. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 4 iVm § 393 Abs 4 ZPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00065.19A.1022.000

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