zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 03.12.2002, 5Ob275/02f

OGH vom 03.12.2002, 5Ob275/02f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Mag. Maria V*****, vertreten durch Martin Gruber, MIM, Verein Mieter informieren Mieter, Löhrgasse 13/20, 1150 Wien, wider die Antragsgegner 1. Ö***** S***** AG, ***** vertreten durch Dr. Markus Schuster, Rechtsanwalt in Wien, 2. K***** S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Mag. Dr. Erhard Buder, DDr. Gabriela Herberstein, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 16 MRG und § 46 WFG 1984, infolge Revisionsrekurses der Erstantragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 39 R 370/01b-20, womit der Zwischenschbeschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom , GZ 4 Msch 140/97w-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Sachbeschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist aufgrund eines Hauptmietvertrages mit der Erstantragsgegnerin vom Hauptmieterin der Wohnung top Nr 21 im Haus ***** in*****. Die Wohnung ist der Ausstattungskategorie A zuzuordnen und weist eine Nutzfläche von 76,19 m² auf. Die Liegenschaft steht im Miteigentum der Erst- und Zweitantragsgegnerinnen, wobei der Erstantragsgegnerin 72/100 Anteile, der Zweitantragsgegnerin 28/100 Anteile gehören. Das Gebäude weist eine Gesamtnutzfläche von 3731,74 m² auf, auf die Zweitantragsgegnerin entfallen hievon 742,03 m², auf die Garagen eine Fläche von 206,76 m².

1997 wurde auf der Liegenschaft Wohnungseigentum begründet.

Die beiden Miteigentümer hatten am bei der MA 50 die Förderung ihres Bauvorhabens (Totalsanierung des Gebäudes) beantragt, aufgrund der Zusicherung vom wurde ihnen gemäß §§ 22 und 31 WFG 1984 ein unverzinsliches Darlehen im Ausmaß von 8,286.000 S gewährt, das nach Inkrafttreten des WWFSG 1989 in einen nicht rückzahlbaren Baukostenzuschuss gemäß § 44 WWFSG 1989 in Höhe von 7,501.230 umgewandelt wurde. Zusätzlich wurde den Förderungswerbern gemäß § 21 WSG ein Annuitätenzuschuss zu einem mit 7,75 % verzinsten Hypothekardarlehen gewährt, welche Förderung auf 14 Jahre befristet war. Sie betrug im ersten Jahr 5 % der Darlehenssumme und verringerte sich ab dem zweiten Jahr jährlich um 0,15 %.

Im Zuge einer Totalsanierung wurde im gegenständlichen Gebäude der Dachbodenbereich ausgebaut bzw bestehende Bestandobjekte sowie allgemeine Gebäudeteile saniert. Dadurch wurden 22 Wohnungen errichtet, der bestehende Betrieb in den Hoftrakt verlegt und mit gesonderter Ausfahrt neu errichtet, außerdem wurde im Souterrain eine Garage mit 7 Stellplätzen geschaffen.

Aus der Endabrechnung der Wiener Landesregierung vom sowie dem Schlussprüfbericht des Wiener Bodenbereitsstellungs- und Stadterneuerungsfonds vom ergeben sich Herstellungskosten von S 26,206.253,19, denen als Nebenkosten Baubetreuung mit S 3,352.927,03 und Bauverwaltung mit S 2,096.500,26 zugeschlagen wurden. Dadurch ergaben sich (gerundete) förderbare Gesamtsanierungskosten von S 32,289.000.

Weder in der Endabrechnung noch im Schlussprüfbericht wurde eine Aufteilung der geförderten Baukosten in solche vorgenommen, die sich aus der Errichtung der Wohnungen und solche, die sich durch Umsiedlung bzw Neuerrichtung des Betriebes der Zweitantragsgegnerin oder aus der Sanierung allgemeiner Gebäudeteile ergeben.

Die Fördermittel bezogen sich auf eine Totalsanierung des gesamten Hauses, von der kein Gebäudeteil ausgenommen war.

Mit dem verfahrenseinleitenden Mietzinsüberprüfungsantrag begehrt die Antragstellerin, soweit für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung, die Feststellung der Höhe des zulässigen Hauptmietzinses für das von ihr gemietete Bestandobjekt nach der Bestimmung des § 46 Abs 1 WFG 1984 unter Bestreitung der Zulässigkeit der von der Erstantragsgegnerin nach den Bestimmungen des WGG vorgeschriebenen Hauptmietzinsen.

Über Zwischenanträge auf Feststellung sowohl der Antragstellerin als auch der Erstantragsgegnerin sprach das Erstgericht mit Zwischensachbeschluss aus, dass

1. der Mietzinsbildung Gesamtbaukosten von S 32,289.000 zugrunde zu legen sind,

2. von einer Gesamtnutzfläche von 2732,74 m² auszugehen ist,

3. die Verzinsung von Eigenmitteln maximal 1 vH über dem Zinssatz für täglich fällig werdende Gelder zulässig ist und sich

4. die Höhe des Erhaltungsbeitrags nach § 68 Abs 3 WWFSG 1989 bestimmt.

Hingegen wies das Erstgericht darüber hinausgehende Zwischenfeststellungsanträge der Antragstellerin und der Erstantragsgegnerin unbekämpft ab.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, dass auf das gegenständliche Bestandverhältnis nicht die Bestimmungen des WGG Anwendung fänden, sondern infolge der Übergangsbestimmung des § 68 WWFSG 1989 die Bestimmungen der § 46 Abs 1 Z 1 bis 3 sowie Abs 2 bis 4 des WFG 1984 weiterhin anzuwenden seien.

Die demnach für die Berechnung des Hauptmietzinses relevanten Gesamtbaukosten seien jene, welche der Endabrechnung zugrunde gelegt worden seien, und somit nur die geförderten Gesamtbaukosten von S 32,289.000 (laut Endabrechnung vom ). Die von den Antragsgegnern darüber hinausgehend aufgewendeten Beträge von S 387.118 seien für die Mietzinsbildung nicht relevant.

Weil mit dem Bauvorhaben ein Gesamtkonzept zur Sanierung des gesamten Gebäudes verfolgt worden sei, kein Gebäudeteil sei von der Förderung ausgenommen und in besonderem Maß bevorzugt worden, seien die Gesamtbaukosten gleichmäßig auf die ermittelten Nutzflächen aufzuteilen. Eine Aufsplittung der Kosten einerseits auf Wohnungen, andererseits auf den Betrieb der Zweitantragsgegnerin sei nicht zulässig. Hingegen seien auch die (geförderten) Abstellflächen mit 206,76 m² einzubeziehen, woraus sich eine Gesamtnutzfläche von 2732,74 m² ergebe.

Für die gemäß § 46 Abs 1 Z 2 WFG 1984 zu berücksichtigenden Verzinsung der Eigenmittel des Vermieters sei nach Auslaufen des Eckzinssatzabkommens per nicht die Zinsregelung des § 14 Abs 1 Z 3 WGG heranzuziehen, sondern die Verzinsung von höchstens 1 % über dem Zinssatz für täglich fällig werdende Gelder sachgerecht.

Einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es teilte die Ansicht des Erstgerichtes sowohl hinsichtlich der Anwendung des § 46 Abs 1 Z 1 bis 3 und Abs 2 bis 4 WFG 1984 sowie der Berechnungsart in den strittigen Fragen der Hauptmietzinsbildung.

Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Verzinsung der Eigenmittel gemäß § 46 Abs 1 Z 2 WFG 1984 nach Auslaufen des Eckzinssatzabkommens per vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Frage der gesetzlichen Grundlagen der Mietzinsbildung im vorliegenden Fall noch nicht ausreichend geklärt ist.

Auf die im Revisionsrekurs aufgeworfenen Fragen der Höhe der für die Mietzinsbildung zugrunde zu legenden Gesamtbaukosten, der Gesamtnutzfläche und der Verzinslichkeit der Eigenmittel kann derzeit nicht eingegangen werden.

Aus Anlass der Befassung des Obersten Gerichtshofes mit den dargestellten Rechtsfragen ergibt sich nämlich zunächst folgende Problematik: Zunächst trifft es zu, dass die Mietzinsregelungen der §§ 46 ff des mit in Kraft getretenen WFG 1984 für Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten weiter anzuwenden sind, wenn vor Inkrafttreten des WWFSG (mit ) eine Zusicherung der Förderungsmittel nach dem WFG 1984 erfolgt war. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, weshalb die Übergangsbestimmung des § 68 WWFSG 1989, wie die Vorinstanzen zutreffend zugrundelegten, anzuwenden sind.

Während also die §§ 46 und 47 des WFG 1984 mit der BVG-Novelle 1988, BGBl Nr 685 in Landesrecht transformiert wurden, blieb § 48 WFG 1984 Bundesrecht und weiter in Geltung. Diese Ausnahme erfasst alle nach dem WFG 1984 gefördert errichteten Wohnungen und Geschäftsräume, die von einer gemeinnützigen Bau- oder Verwaltungsvereinigung vermietet werden. Diese Ausnahme wird auch dann wirksam, wenn eine gemeinnützige Bauvereinigung ein ursprünglich nicht von einer gemeinnützigen Bauvereinigung mit Förderung errichtetes Objekt erwirbt und vermietet. Für die Vermietung eines solchen Objekts gelten dann weder die förderungsrechtlichen Mietzinsregelungen noch die Zinsbildungen des WGG, sondern jene des MRG (vgl Schuster in Schwimann Rz 2 zu § 48 WFG; Würth/Zingher Miet- und WohnR20 Anm 1 zu § 48 WFG 1984 [S 636]; Würth, Zur Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes, WoBl 1989, 129, insb FN 20 letzter Satz; Böhm/Schuster, Probleme der Mietrechtsgeltung [II] in WoBl 1989, 30; Meinhart in Korinek/Krejci Handbuch zum Mietrechtsgesetz, 796).

Diesen Umstand hat im Übrigen die Erstantragsgegnerin bereits im Schlichtungsstellungsverfahren SL/6/17120/94 (zu 4 Msch 29/96w) eingewendet, als ihr eine Vorlage der Mietzinsberechnung nach dem WFG 1984 aufgetragen wurde. In diesem Akt erliegt weiters auch der zwischen der Antragstellerin und der Erstantragsgegnerin abgeschlossene Mietvertrag.

Die Vorinstanzen gingen von der unbekämpften Feststellung aus, dass ein Mietvertrag zwischen der Antragstellerin und der Erstantragsgegnerin, einer gemeinnützigen Wohnungs AG, zustande gekommen ist. Dem steht zwar die Feststellung entgegen, dass die Erstantragsgegnerin niemals Alleineigentümerin der Liegenschaft war. Dieser Umstand würde dafür sprechen, dass das Mietverhältnis mit allen Miteigentümern zustande gekommen ist (vgl WoBl 1989, 56 = MietSlg 41.175 ua).

Selbst wenn aber die Erstantragsgegnerin als Mehrheitseigentümerin der Liegenschaft bei Vertragsabschluss mit der Antragstellerin auch die Zweitantragsgegnerin repräsentiert hätte, und damit der Mietvertrag nicht nur mit der gemeinnützigen Wohnungs AG, sondern auch mit einer weiteren Person zustande gekommen wäre, würde dies an der Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 48 WFG 1984 nichts ändern, ist doch dort nicht eine Alleinvermieterposition der gemeinnützigen Baugesellschaft statuiert, sondern bereits an ihre Vermieterposition eine bestimmte Rechtsfolge geknüpft.

Diese Frage der grundsätzlichen Voraussetzung der Anwendbarkeit der Mietzinsregelungen des WFG 1984, die jenen des MRG derogieren, wird jedoch im erneuerten Verfahren noch mit den Parteien zu erörtern sein.

Eine Aufhebung erweist sich als unumgänglich, weil die Parteien ansonsten mit dieser Rechtsansicht überrascht würden.

Insoweit erweist sich das Rechtsmittel der Erstantragsgegnerin als berechtigt.