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OGH vom 03.06.2008, 5Ob274/07s

OGH vom 03.06.2008, 5Ob274/07s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte/Hofrätinnen Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) G. S***** GmbH, *****, und 2.) I***** Gesellschaft mbH, *****, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der W*****-GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Gerhard Schatzlmayr, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom , AZ 22 R 329/07z, 22 R 330/07x, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom , TZ 4883/07 und 4884/07, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Am schlossen die Erst- und die Zweitantragstellerin einen Kauf- und Logistikvertrag, wonach die Zweitantragstellerin der Erstantragstellerin nicht in Geld bestehende, mit insgesamt 43.080 EUR bewertete Leistungen sowie um 260.000 EUR folgende Grundstücke im Rang der Rangordnungen vom verkaufte, und zwar


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1.)
aus EZ 141 GB ***** Gst 2866 und 2899/2,
2.)
EZ 509 GB ***** mit Gst 2877/1, und
3.)
aus EZ 920 GB ***** Gst 2865/2, 2876, 2878/1, 2878/3, 2879/1, 2879/8, 2879/9, 2881/3, 2881/4, 2882/2, 2898/2 und 2901. Über das Vermögen der Zweitantragstellerin wurde am das Ausgleichsverfahren und am der Anschlusskonkurs eröffnet. Die Erstantragstellerin und die Masseverwalterin der Zweitantragstellerin beantragten die Verbücherung des Kaufvertrags vom mit 2 Grundbuchsgesuchen, die mit I und II bezeichnet waren, wobei Gesuch II eine Minute nach dem Gesuch I einlangte. Mit Gesuch I beantragten die Vertragsparteien Eintragungen ob der EZ 509 und EZ 141 sowie ob EZ 920 ua die Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechts C-LNR 44 für Friedrich und Rosa R***** sowie jenes zu C-LNR 61 für Josef und Josefine H***** als gegenstandslos. Mit Gesuch II beantragten die Vertragsparteien nur die EZ 920 betreffende Eintragungen, darunter die Einverleibung der Löschung der Vorkaufsrechte C-LNR 33 für Amalia I***** und C-LNR 39 für August und Pauline P***** als gegenstandslos.
Das Erstgericht wies beide Grundbuchsgesuche mit der Begründung ab, dass bei einer mit Vorkaufsrechten belasteten Liegenschaft dem Grundbuchsgericht mit einverleibungsfähigen Urkunden nachgewiesen werden müsse, dass die Liegenschaft dem Vorkaufsberechtigten zum Kauf angeboten worden oder dieser mit der beantragten Einverleibung einverstanden sei. Hier habe der Vorkaufsverpflichtete von seinem Recht, die Ausdehnung des Vorkaufsrechts auf alle verkauften Sachen zu verlangen, Gebrauch gemacht und die Vorkaufsberechtigten Amalia I***** und August und Pauline P***** hätten ihre Vorkaufsrechte mit dieser Maßgabe auch ausgeübt, was die Abschreibung aller, auch der nicht von den Vorkaufsrechten betroffenen Grundstücke hindere. Hinsichtlich der Vorkaufsberechtigten Rosa R***** liege weder eine vom Verkaufsberechtigten stammende Privaturkunde noch ein Gerichtsurteil vor.
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekursen nicht Folge. Die Möglichkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts sei jeweils in der Form eingeräumt worden, dass mittels Einschreiben eines Notars im Auftrag der Antragsteller den Vorkaufsberechtigten unter Anzeige der verkauften Grundstücke und Bekanntgabe des Gesamtkaufpreises von 260.000 EUR sowie Anschluss einer beglaubigten Kopie des Kaufvertrags der Kaufgegenstand zur Einlösung mit dem Beisatz angeboten worden sei, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts binnen 30 Tagen ab Zustellung des Schreibens durch schriftliche Annahmeerklärung an den Notar geltend zu machen sei. Amalia I***** habe innerhalb der 30-tägigen Frist mitgeteilt, ihr Vorkaufsrecht auszuüben und in den Kaufvertrag einzutreten, ebenso hätten August und Pauline P***** mitgeteilt, ihr Vorkaufsrecht hinsichtlich des Grundstücks 2865/2 auszuüben. Rosa R***** habe dagegen dem Notar keine schriftliche Annahmeerklärung übermittelt, Friedrich R***** sei verstorben. In rechtlicher Hinsicht sah das Rekursgericht zwei Abweisungsgründe verwirklicht: Einerseits sei in der Vorgangsweise des Notars nach § 83 ff NotO kein grundbuchsfähiger Nachweis der ordnungsgemäßen Bekanntmachung an die Vorkaufsberechtigten durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu erblicken. Zum Anderen sei fraglich, ob bei einem Vorkaufsrecht nur hinsichtlich einzelner Grundstücke im Fall des Verkaufs mit anderen Grundstücken zusammen dem Vorkaufsverpflichteten das Recht zustehe, die Einlösung des gesamten Kaufgegenstands und nicht bloß des jeweils mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks zu verlangen. Das Gestaltungsrecht des Vorkaufsverpflichteten, dem Berechtigten die größere Grundstücksmenge anzubieten, hinge davon ab, dass er davon einen Nebenvorteil habe. Vertragliche Konstruktionen, die ohne einen solchen Nebenvorteil erfolgten, um dem Vorkaufsberechtigten seine Rechtsausübung zu verleiden, seien dagegen verpönt. Hinge das Gestaltungsrecht des Vorkaufsverpflichteten aber von einem solchen Nebenvorteil ab, könne der Verpflichtete im Grundbuchsverfahren nicht ohne Darlegung des Nebenvorteils von den Verkaufsberechtigten die Einlösung des gesamten Kaufgegenstands verlangen. Die Einlösung der nur mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücke sei nicht angeboten worden. Es mangle daher bereits an der Darlegung eines Sachverhalts, aus dem materiell die Wahrung des Gestaltungsrechts des Vorkaufsverpflichteten abgeleitet werden könne, was aufgrund der Eigenart des Grundbuchsverfahrens nur durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden oder durch zivilgerichtliches Urteil nachweisbar sei. Auch das Fehlen eines derart qualifizierten urkundlichen Nachweises bilde einen Abweisungsgrund. Die Frage, ob die ohne Zahlungsanbot abgegebenen Einlösungserklärungen der Vorkaufsberechtigten wirksam und die Vorkaufsrechte durch Fristablauf erloschen seien, müsse angesichts der Art der Anbietung nicht mehr erörtert werden. Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil zu den entscheidungswesentlichen Fragen der NotO und der Nachweispflicht bei Anbot eines gesamten, nur teilweise mit Vorkaufsrechten belasteten Kaufgegenstands Judikatur des Obersten Gerichtshofs fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

I. Zum ersten Abweisungsgrund:

1. Der Käufer einer mit einem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaft muss, um die Einverleibung seines Eigentumsrechts zu erwirken, dem Grundbuchsgericht in Form einer einverleibungsfähigen Urkunde nachweisen, dass die Liegenschaft dem Vorkaufsberechtigten zum Kauf angeboten wurde oder dass dieser mit der beantragten Einverleibung einverstanden ist. Ist der Käufer hiezu nicht im Stande, muss er diesen Nachweis im Prozessweg beschaffen (RIS-Justiz RS0020157).

2. Nach §§ 83 ff NotO kann der Notar Beurkundungen über rechtsgeschäftliche Erklärungen, welche eine Partei einer anderen machen will, erteilen (Intimation), wobei die Bekanntmachung durch den Notar auch auf schriftlichem Weg erfolgen kann. Dazu sieht § 85 Abs 1 NotO die Möglichkeit vor, dass dies mittels eingeschriebener Postsendung oder durch Vorlage an das Gericht zur eigenhändigen Zustellung geschieht.

3. Sind von der Intimation Liegenschaften betroffen, bleiben aber die grundbuchsrechtlichen Vorschriften und die dazu eingangs wiedergegebene Judikatur, insbesondere zum Vorkaufsrecht, zu beachten. Dass die Liegenschaft dem Vorkaufsberechtigten zum Kauf angeboten wurde, muss daher auch bei dieser Vorgangsweise in Form einer einverleibungsfähigen Urkunde, die den §§ 31 f GBG entspricht, nachgewiesen werden.

4. Dem wird eine Einschreibesendung der Österreichischen Post AG auf Basis des Postgesetzes 1997, bzw die Bestätigung hierüber, nicht gerecht. In § 2 Z 9 PostG ist das Einschreiben als entgeltpflichtige Sonderbehandlung einer Postsendung definiert, die darin besteht, dass die Sendung durch den Dienstanbieter pauschal gegen Verlust, Entwendung oder Beschädigung versichert wird und bei der dem Absender eine Bestätigung über die Entgegennahme der Sendung und ihre Aushändigung an den Empfänger erteilt wird. Dabei handelt es sich um eine rein auf das Privatrecht abstellende Definition. Diese Qualifikation ergibt sich auch aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Stammfassung des § 28 PostG 1997, wonach wegen der rein privatrechtlichen Natur der Rechtsbeziehungen zwischen den Betreibern und ihren Kunden für Streitigkeiten die ordentlichen Gerichte und nicht mehr die „Post" als Verwaltungsbehörde in eigener Sache zuständig ist (vgl näher 3 Ob 190/05w).

5. Lediglich bei der Zustellung behördlicher Schriftstücke, das sind solche von Gerichten und Verwaltungsbehörden nach dem Zustellgesetz, sieht § 7 PostG besondere Haftungsregelungen, insbesondere die Anwendbarkeit des Amtshaftungsgesetzes und damit den behördlichen Charakter der Zustellung solcher Schriftstücke durch die Post (bzw einen allfälligen anderen nach § 7 Abs 7 PostG betrauten Betreiber) vor. Bei der Bestätigung durch die vom Notar nach § 83 Abs 5 NotO iVm § 85 NotO veranlassten Zustellung mittels Einschreibens handelt es sich daher nicht um eine öffentliche Urkunde nach dem GBG. Im Übrigen wird auf die ausführliche Begründung des Rekursgerichts zu diesem Punkt verwiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

II. Zum zweiten Abweisungsgrund:

1. Um den ungenützten Ablauf der Frist nach § 1075 ABGB nachzuweisen, bedarf es im Grundbuchsverfahren eines solchen durch verbücherungsfähige Urkunden, und zwar sowohl hinsichtlich des Inhalts des Anbots als auch des Beginns und des ungenützten Ablaufs der Frist (RIS-Justiz RS0024878 = 7 Ob 251/57 = EvBl 1957/349).

2. § 1075 ABGB verlangt vom Berechtigten, im Rahmen der wirklichen Einlösung zur Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts auch die geschuldete Nebenleistung oder ihre Sicherstellung anzubieten. Unterbleibt dies während der Einlösungsfrist, erlischt das Vorkaufsrecht. Es muss also fristgerecht eine spiegelbildliche Übereinstimmung der Leistungen, die der Drittkäufer und der Vorkaufsberechtige zu tragen haben, hergestellt werden (RIS-Justiz RS0119205 = 5 Ob 244/03y).

3. Ist nur ein Teil der Liegenschaft mit einem Vorkaufsrecht belastet und wird das gesamte Grundstück veräußert oder wird die mit dem Vorkaufsrecht belastete Sache mit anderen - unbelasteten - Sachen zu einem Gesamtkaufpreis veräußert, ist der Vorkaufsfall grundsätzlich auf den belasteten Liegenschaftsanteil beschränkt und die Erstreckung des Kaufs zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten auf die Gesamtliegenschaft, also auch auf unbelastete Sachen, grundsätzlich keine vom Berechtigten zu übernehmende Nebenbedingung im Sinne des § 1077 Satz 2 ABGB, sodass sich die Anbietungspflicht und das Einlösungsrecht nicht auf die gesamte Liegenschaft bzw auf die unbelasteten Sachen beziehen. Ist jedoch nach den aus dem Vertrag zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten zu ermittelnden Umständen anzunehmen, dass der mit dem Vorkaufsrecht belastete Liegenschaftsteil bzw die belastete Sache im Zusammenhang mit dem Verkauf der Restliegenschaft und dem Mitverkauf der unbelasteten Sachen steht, wird die Vorkaufsabrede nach den Grundsätzen des § 914 ABGB ergänzend so zu verstehen sei, dass der Verpflichtete die Gesamtliegenschaft, also die belasteten und die unbelasteten Sachen, anbieten kann und sie der Berechtigte diesfalls bei sonstigem Verlust des Vorkaufsrecht einlösen muss (Aicher in Rummel2 § 1072 ABGB Rz 23 mwN). Andernfalls wäre es dem aus dem Vorkaufsrecht Verpflichteten - vergleichbar den Fällen im Zusammenhang mit den „unwesentlichen Nebenleistungen" (vgl 8 Ob 15/01s = SZ 74/67 = ecolex 2001/272 [Wilhelm]) - möglich, die Ausführung des Vorkaufsrechts zu behindern und unattraktiv zu machen, ohne dass ihm das persönliche Vorteile brächte.

4. Hier wurde im Schreiben des Notars an die Vorkaufsberechtigten „aufgrund des ihnen grundbücherlich eingeräumten Vorkaufsrechts" ausdrücklich „das Vertragsobjekt" zur Einlösung angeboten. Die Rechtsmittelwerber argumentieren, dass damit das Anbot nicht auf sämtliche Grundstücke, die als „Vertragsobjekte" und nicht als „Vertragsobjekt" bezeichnet worden wären, sondern nur auf die mit den Vorkaufsrechten belasteten Grundstücke bezogen gewesen sei. Es wurde aber bei Anbietung lediglich der Gesamtkaufpreis von 260.000 EUR genannt. Es ist daher dem Rekursgericht auch darin zu folgen, dass damit insgesamt zweifelhaft ist, ob die Anbietung in einer Form, die das Auslösen des Fristenlaufs bewirken konnte, erfolgte und ob deshalb die Vorkaufsrechte durch Fristablauf erlöschen konnten, was im Grundbuchsverfahren nicht zu klären ist.

5. Soweit in der Revision unter Hinweis auf die beiden EZ, hinsichtlich deren Vorkaufsrechte nicht vorliegen, darauf verwiesen wird, dass insoweit die beantragten grundbücherlichen Eintragungen durchgeführt hätten werden können, ist auf den sich aus dem gemeinsamen Kauf- und Logistikvertrag ergebenden untrennbaren Zusammenhang zu verweisen (vgl zu diesem Eintragungshindernis RIS-Justiz RS0114310).