OGH vom 22.06.1994, 1Ob577/94
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kreissparkasse R*****, Körperschaft des öffentlichen Rechtes, ***** vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Ulrike M*****, vertreten durch Dr. Ernst Hagen, Dr. Günther Hagen, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen Anfechtung (Streitwert S 523.804,97 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ 3 R 223/93-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ 5 Cg 138/93-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten haben:
„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 46.400,-- samt 4 % Zinsen seit binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
2. Die beklagte Partei ist weiters schuldig, die Exekution der Klägerin aufgrund des Urteiles des ***** vom , ***** in die dem Schuldner Josef G***** gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Vorarlberg, zu Versicherungs-Nr. ***** zustehenden Ansprüche auf Pensionszahlung zu dulden.
3. Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, der am zwischen der beklagten Partei und dem Schuldner Josef G***** geschlossene Abtretungsvertrag sowie die Zession als solche seien unwirksam sowie die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin S 2.961,60 samt 4 % Zinsen seit zu bezahlen, wird abgewiesen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 141.685,80 (darin S 14.574,30 Umsatzsteuer und S 54.240,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Josef G*****, der Vater der Beklagten, betrieb eine Metzgerei. Seine Verbindlichkeiten beliefen sich im Jahre 1986 auf ca. S 2 Mill. Zur Anschaffung verschiedener Materialien nahm er privat ein binnen drei Monaten rückzahlbares Darlehen über S 250.000,-- auf. Um das Darlehen zu erhalten, mußte der Vater der Beklagten einen Wechsel über DM 50.000,-- als Bürge für den Akzeptanten fertigen. Am , unmittelbar vor Ablauf der dreimonatigen Frist, erhielt er über sein Ersuchen vom Ehegatten der Beklagten S 200.000,-- zur Rückzahlung des Darlehens. Als Darlehensgeberin nannte der Vater der Beklagten einige Tage später die Klägerin. Der Ehegatte der Beklagten fragte ausdrücklich, ob noch weitere Forderungen der Klägerin bestehen, was der Vater der Beklagten verneinte. Mit der Bezahlung des Betrages sei das Darlehen zur Gänze getilgt. Daß ihr Vater Schulden hatte, war der Beklagten zumindest ab Jänner 1987 bekannt. Im Oktober oder November 1987 benötigte der Vater der Beklagten abermals Geld. Die Beklagte und ihr Ehemann nahmen einen Kredit über S 500.000,- -auf und gaben den Betrag dem Vater der Beklagten zur Abdeckung der Verbindlichkeit. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Exekutionen anhängig. Der Vater der Beklagten sagte dieser und ihrem Ehemann zu, den Betrag von S 500.000,-- zurückzuzahlen, ohne daß ein bestimmter Termin dafür vereinbart worden wäre.
Am brachte die Klägerin gegen den Beklagten die Klage auf Bezahlung des Betrages von DM 50.191,40 samt 6 % Zinsen aus DM 50.000,-- seit ein. Die Ausstellerin des Wechsels habe der Klägerin die Wechselforderung abgetreten; Zahlungen seien nicht erfolgt; der Vater der Beklagten habe sich für den Akzeptanten wechselmäßig verbürgt. Gegen das klagsstattgebende Versäumungsurteil vom erhob der Vater der Beklagten Widerspruch. Das Verfahren wurde sodann bis zur Vorlage einer Entscheidung der Österreichischen Nationalbank über die erforderliche devisenrechtliche Bewilligung unterbrochen. Nach Fortsetzung des Verfahrens wurde die Streitverhandlung für anberaumt, jedoch vom Beklagten trotz Ladung nicht besucht. Mit rechtskräftigem Urteil vom , ***** des ***** wurde der Vater der Beklagten schuldig erkannt, den Klagsbetrag zuzüglich S 36.535,-- an Prozeßkosten zu bezahlen.
Im Jahre 1988 wurde ein Grundstück des Vaters der Beklagten versteigert. Im Herbst 1989 war die Anzahl der andrängenden Gläubiger sehr groß. Bei einem Gespräch über die finanziellen Probleme ihres Vaters erklärte sich die Beklagte bereit, zwei in ihrem Eigentum stehende Liegenschaften zu verkaufen und den Erlös zur Begleichung der Verbindlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Der Vater der Beklagten, dessen Gattin, die Beklagte sowie deren Gatte setzten gemeinsam eine Liste sämtlicher Verbindlichkeiten auf. Der Gatte der Beklagten nahm auch in den Rechnungseingangsordner des Metzgereiunternehmens Einsicht, um die offenen Rechnungen festzustellen; auf die bereits vorliegende Bilanz des Jahres 1987 wurde ebenfalls Bedacht genommen. Der Gatte der Beklagten setzte sich mit allen auf der Liste aufscheinenden Gläubigern in Verbindung, wobei sich herausstellte, daß die Liste - ausgenommen die Klägerin - vollständig war. Da sämtliche Gläubiger sich bereit erklärten, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten, wurde ein außergerichtlicher Ausgleich durchgeführt. Die Beklagte verkaufte daraufhin ihre Liegenschaften und stellte den Erlös von S 1,500.000,-- ihrem Vater zur Verfügung. Der Betrag wurde im Dezember 1989 zur Abdeckung der Verbindlichkeiten verwendet. Die Beklagte und ihr Gatte gingen davon aus, daß nunmehr sämtliche Schulden des Vaters der Beklagten abgedeckt seien. Über die Klägerin wurde ab dem Jahre 1987 nicht mehr gesprochen, die Beklagte und ihr Gatte nahmen an, daß mit der Übergabe des Betrages von S 200.000,-- das Darlehen der Klägerin getilgt sei. Sie sprachen aus diesem Grund den Vater der Beklagten auch auf eine mögliche Forderung der Klägerin nicht an. Bereits im Dezember 1989 wurde zwischen der Beklagten und ihrem Vater vereinbart, daß er das ihm gewährte Darlehen von insgesamt S 2 Mill. zurückzahlen werde, sobald er ab ein fixes Pensionseinkommen erhalte. Der Vater der Beklagten werde dann seine Pensionseinkünfte an die Beklagte abtreten. Ob der Vater der Beklagten die Absicht hatte, mit dieser Vereinbarung die Klägerin zu benachteiligen, kann nicht festgestellt werden. Die Beklagte hatte jedenfalls von einer allfälligen Benachteiligungsabsicht keine Kenntnis.
Seit bezieht der Vater der Beklagten von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine monatliche Pension von S 12,782,30. Am trat er schriftlich zahlungshalber zur Erfüllung seiner Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich eines Teilbetrages von S 1 Mill. alle derzeitigen und künftigen Pensionsansprüche an die Beklagte ab. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erteilte am zu dieser Abtretung ihre Zustimmung. Auch für diesen Zeitpunkt kann eine Benachteiligungsabsicht des Vaters der Beklagten nicht festgestellt werden, von einer allfällig vorliegenden Benachteiligungsabsicht hatte die Beklagte keine Kenntnis. Auch im Zeitpunkt der Unterfertigung des Abtretungsvertrages wurde über das Bestehen einer Forderung der Klägerin nicht gesprochen. Die Beklagte wollte sich durch den Abschluß des Abtretungsvertrages absichern und verhindern, daß ihr Vater neue Schulden eingeht und von den Gläubigern sodann auf die Pensionsansprüche gegriffen wird.
Am beantragte die Klägerin als betreibende Partei gegen den Vater der Beklagten beim zuständigen Bezirksgericht zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von DM 50.191,40 sA die Pfändung von Fahrnissen und Dienstbezügen. Der Exekutionsbewilligungsbeschluß wurde dem Vater der Beklagten am zugestellt; es erfolgte Anschlußpfändung. Da bezüglich sämtlicher gepfändeter Fahrnisse Eigentumsrechte Dritter geltend gemacht wurden, erfolgte über Antrag der Klägerin die Einstellung des Verkaufsverfahrens gemäß § 200 Z 3 EO. Am legte der Vater der Beklagten den Offenbarungseid ab. Weder davon noch von der Pfändung erhielt die Beklagte Kenntnis. Sie wußte auch nichts davon, daß die Klägerin eine Forderung erhoben und Exekutionsschritte gegen den Vater der Beklagten eingeleitet hatte.
Der Beklagten werden seit März 1991 die pfändbaren Teile der Pensionsbezüge ihres Vaters überwiesen, sie erhielt im Jahre 1991 monatlich S 5.000,-- und seit 1993 S 4.400,--. Nach Zustellung des Beschlusses auf Bewilligung der Exekution durch Pfändung von Diesntbezügen teilte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft der Klägerin mit, daß die Pensionsansprüche an die Beklagte abgetreten worden seien. Durch das Aufforderungsschreiben der Klägerin vom erfuhr die Beklagte erstmals, daß die Klägerin Forderungen gegen ihren Vater habe. Der Vater der Beklagten verfügt über keinerlei Vermögen, sein Einkommen besteht ausschließlich aus dem Pensionsbezug.
Mit ihrer am beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin zuletzt das Urteil, daß der am zwischen der Beklagten und ihrem Vater abgeschlossene Abtretungsvertrag sowie die Zession als solche unwirksam seien. Die Beklagte sei schuldig, der Klägerin S 49.361,60 samt 4 % Zinsen seit zu bezahlen; in eventu sei die Beklagte schuldig zu erkennen, die Exekution der Klägerin in die dem Schuldner gegenüber der Sozialversicherungsanstalt zustehenden Ansprüche auf Pensionszahlung zu dulden. Die Abtretung der Pensionsansprüche stelle für die Klägerin eine benachteiligende Rechtshandlung dar, welche es ihr verwehre, sich aus den ordnungsgemäß gepfändeten Pensionsbezügen zu befriedigen. Die Beklagte habe als nahe Angehörige an diesen die Klägerin benachteiligenden Rechtshandlungen des Schuldners teilgenommen. Die Befriedigungstauglichkeit sei gegeben. Der zwischen der Beklagten und ihrem Vater abgeschlossene Abtretungsvertrag und die Zession selbst werden daher von der Klägerin gemäß § 2 Z 3 AnfO angefochten.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Der am geschlossene Abtretungsvertrag habe der Absicherung und Rückzahlung des dem Vater zur Abdeckung seiner gesamten Außenstände gewährten Darlehens gedient. Die Beklagte sei der festen Überzeugung gewesen, daß mit Hilfe dieses Darlehens sämtliche Außenstände abgedeckt würden. Weder der Beklagten noch ihrem Vater sei die offene Forderung der Klägerin bekannt gewesen. Die Beklagte habe aufgrund ihrer sorgfältigen Bemühungen, sich vollständig über die Außenstände ihres Vaters zu informieren, keinen Anlaß gehabt, daran zu zweifeln, daß sämtliche Forderungen bezahlt seien.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, der Beklagten sei der ihr gemäß § 2 Z 3 AnfO obliegende Beweis, daß der Schuldner nicht in Benachteiligungsabsicht gehandelt habe, nicht gelungen. Allerdings habe sie unter Beweis stellen können, daß sie selbst keine Benachteiligungsabsicht und daß sie unverschuldet von einer allfälligen Benachteiligungsabsicht des Schuldners keine Kenntnis gehabt habe. Die Beklagte habe sich aus den Bilanzen und den vorgelegten Urkunden über die Verbindlichkeiten ihres Vaters informiert. Sie habe auch bei diesem selbst Erkundigungen eingeholt. Im Hinblick darauf, daß sich im Zuge des außergerichtlichen Ausgleiches herausgestellt habe, daß sämtliche Gläubiger ihres Vater von diesem vollständig angegeben worden seien, seien ihr weitere Nachforschungen nicht zumutbar gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß im Jahre 1990 von der Klägerin ein Exekutionsverfahren gegen den Vater der Beklagten geführt worden sei. Davon habe die Beklagte keine Kenntnis gehabt. Im übrigen sei davon auszugehen, daß ein mündlicher Abtretungsvertrag bereits im Dezember 1989 abgeschlossen worden sei, somit zu einem Zeitpunkt vor Anhängigkeit des Exekutionsverfahrens.
Das Gericht zweiter Instanz gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und folgte auch dessen rechtlicher Beurteilung, daß der Beklagten keine Nachlässigkeit in der Erkundung der Verbindlichkeiten ihres Vaters zur Last gelegt werden könne, zumal der Vater im Jahre 1987 nach Erhalt des ersten Darlehens ausdrücklich erklärt habe, daß damit die Forderung der Klägerin getilgt sei. Für die Ernsthaftigkeit des Bemühens der Beklagten, alle Verbindlichkeiten ihres Vaters zu erfassen, spreche insbesondere auch der Umstand, daß sie aus eigenem Vermögen weitere S 1,5 Mill. zur Finanzierung des außergerichtlichen Ausgleiches und damit zur angestrebten gänzlichen Entschuldung ihres Vaters aufgewendet habe. Insoweit die Berufungsswerberin geltend mache, die Beklagte hätte zur gewissenhaften Erforschung der Verbindlichkeiten ihres Vaters überdies auch Erhebungen in der Exekutionsabteilung des zuständigen Bezirksgerichtes durchführen müssen, sei ihr entgegenzuhalten, daß solche Erhebungen im Dezember 1989 hinsichtlich der Klägerin ergebnislos verlaufen wären, weil zu dieser Zeit ein Exekutionsverfahren noch nicht anhängig gewesen sei, allenfalls anhängige Exekutionsverfahren anderer Gläubiger aber ohnehin durch den außergerichtlichen Ausgleich erledigt worden seien. Auch im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages habe eine derartige Erkundigungspflicht nicht bestanden, da die Beklagte keinerlei Anhaltspunkt über den Weiterbestand der Forderung der Klägerin hatte oder haben mußte. Auch sei nicht hervorgekommen, daß im Zeitraum Dezember 1989 bis weitere Altschulden des Vaters der Beklagten bekannt geworden wären oder dieser neue Schulden eingegangen wäre, sodaß die Beklagte auch am keinen Anlaß für Erkundigungen beim Exekutionsgericht gehabt habe. Der Beklagten sei daher der ihr nach § 2 Z 3 AnfO mögliche Freibeweis unverschuldeter Unkenntnis der zu unterstellenden Benachteiligungsabsicht ihres Vaters gelungen, sodaß der Anfechtungsklage ein Erfolg zu versagen gewesen sei.
Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 2 Z 3 AnfO sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, durch welche die Gläubiger des Schuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Anfechtung gegenüber nahen Angehörigen oder zugunsten solcher Personen vorgenommen hat, es sei denn, daß dem anderen Teil zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch bekannt sein mußte. Bei der auf diesen Tatbestand, der inhaltlich § 28 Z 3 KO entspricht, gestützten Anfechtung muß der Anfechtungskläger bloß die Vornahme einer dessen Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners in den letzten zwei Jahren vor Einbringung der Anfechtungsklage, die Beteiligung des Anfechtungsgegners an dieser Rechtshandlung und dessen Eigenschaft als naher Angehöriger im Sinne des § 4 AnfO behaupten und beweisen. Die im § 2 Z 2 AnfO geforderten subjektiven Tatbestandselemente - also die Benachteiligungsabsicht des Schuldners sowie deren Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis durch den Anfechtungsgegner - sind dagegen keine Merkmale des geltend gemachten Tatbestandes und demgemäß auch nicht von der Behauptungs- und Beweislast des Anfechtungsklägers umfaßt. Hat dieser einen den vorher genannten objektiven Tatbestandsmerkmalen entsprechenden Sachverhalt bewiesen, kann der Anfechtungsgegner den Anfechtungsanspruch nur durch den Beweis entkräften, daß der Schuldner nicht in Benachteiligungsabsicht handelte bzw. daß der Anfechtungsgegner aufgrund der für ihn maßgeblichen Umstände diese Absicht nicht kennen mußte. Um diesen - gewiß schwierigen - Beweis zu führen, muß der Anfechtungsgegner Tatsachen behaupten und beweisen, die den Schluß rechtfertigen, daß sich der Schuldner bei Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung nicht mit der Absicht trug, seine Gläubiger zu benachteiligen oder wenn schon dieser Beweis nicht gelingen sollte, daß dem Anfechtungsgegner die doch vorliegende Benachteiligungsabsicht des Schuldners nicht bekannt sein mußte; dabei geht jede Unklarheit zu Lasten des Anfechtungsgegners (ÖBA 1992, 582; RdW 1990, 15; ÖBA 1990, 139; ÖBA 1987, 657; SZ 53/31). Die Benachteiligungsabsicht des Schuldners muß sich nicht auf einen bestimmten Gläubiger beziehen, es genügt vielmehr das Bewußtsein, daß durch die Rechtshandlung ein Gläubiger benachteiligt wird oder benachteiligt werden kann (RdW 1990, 409). Die Frage, ob Benachteiligungsabsicht (einerlei, ob in Form der Absicht, des unbedingten oder des bedingten Vorsatzes) vorliegt, gehört zum Tatsachenbereich und ist insoweit nicht revisibel (ÖBA 1992, 582; ÖBA 1990, 948); lediglich die Frage, ob die von den Tatsacheninstanzen festgestellte Absicht des Schuldners im Sinne des § 2 AnfO zu beurteilen ist oder nicht, ist als Rechtsfrage auch vom Obersten Gerichtshof überprüfbar (ecolex 1991, 532).
Im gegenständlichen Fall hat das Erstgericht festgestellt, daß nicht festgestellt werden könne, ob der Vater der Beklagten in Benachteiligungsabsicht gehandelt habe. An diese Tatsachenfeststellung ist der Oberste Gerichtshof gebunden. Die Beklagte konnte somit die gesetzliche Vermutung des Vorliegens der Benachteiligungsabsicht nicht entkräften. Sie hat sich jedoch auch darauf berufen, daß ihr eine allfällige Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch auffallen mußte. Ob dem Anfechtungsgegner die Benachteiligungsabsicht des Schuldners bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte auffallen müssen, ist eine Rechtsfrage, die auch im Revisionsverfahren noch überprüft werden kann (JBl 1979, 603). Hiebei ist auf den Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung des Schuldners abzustellen (ÖBA 1990, 640).
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen ist nicht ausschlaggebend, ob die Beklagte im Dezember 1989, somit zu jenem Zeitpunkt, in welchem der Vater der Beklagten nach Tilgung der Forderungen seiner Gläubiger die Rückzahlung aus seinem Pensionseinkommen zusagte, durch Erhebungen beim Exekutionsgericht die Existenz eines weiteren Gläubigers, nämlich der Klägerin, hätte feststellen können. Gemäß § 65 Abs. 2 GSVG kann der Anspruchsberechtigte seine Ansprüche auf Geldleistungen nur mit Zustimmung des Versicherungsträgers ganz oder teilweise rechtswirksam übertragen. Anwartschaften auf Geldleistungen können nach Abs. 3 der genannten Gesetzesstelle weder übertragen noch verpfändet werden. Der Vater der Beklagten konnte dieser somit im damaligen Zeitpunkt nicht rechtswirksam Ansprüche auf die erwarteten Pensionsleistungen einräumen. Die Redlichkeit der Beklagten ist vielmehr für die Zeit des Abschlusses des durch die Zustimmungserklärung vom wirksam gewordenen Abtretungsvertrages vom zu überprüfen. Es ist unbestritten, daß zu diesem Zeitpunkt aus dem Pfändungsprotokoll die Klägerin als betreibende Gläubigerin ersichtlich gewesen wäre. Daß das Verkaufsverfahren im maßgeblichen Zeitpunkt gemäß § 200 Z 3 EO eingestellt war, vermag an dieser Tatsache nichts zu ändern.
Im gegenständlichen Fall erübrigt es sich, auf die mit der Benachteiligungsabsicht des Schuldners zusammenhängenden Fragen näher einzugehen, da das Erstgericht deren Fehlen nicht feststellen konnte. Nach den Feststellungen hat die Beklagte die Darlehen, die zur Tilgung der Forderungen verwendet wurden, ihrem Vater zugezählt. Es stellt sich somit die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob sie im Sinne des § 1422 ABGB in die Rechte der bisherigen Gläubiger eingetreten ist, nicht. Abgesehen davon ist Gegenstand der Anfechtung nicht die Schuldtilgung, sondern die Abtretung der Pensionsansprüche zahlungshalber. Es erübrigt sich, auf die von der Lehre im Zusammenhang mit der Absichtsanfechtung kongruenter Deckungen aufgezeigten Bedenken (vgl. König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rdz 133; Koziol, Grundlagen und Streitfragen der Gläubigeranfechtung 81 f; derselbe in der Entscheidungsbesprechung ÖBA 1991, 828) näher einzugehen, weil die Beklagte auf die Einräumung einer derartigen Sicherheit keinen Anspruch hatte. Gerade im Fall der Zession zahlungshalber wird eine vom ursprünglichen Anspruch materiellen Rechtes abweichende inkongruente Deckung geschaffen (6 Ob 770/82; 8 Ob 520/78; 5 Ob 868/76; König aaO Rdz 247). Wie bereits dargestellt, konnte die Beklagte im Dezember 1989, zu welchem Zeitpunkt die Existenz der Klägerin für sie nicht feststellbar gewesen wäre, in Anbetracht des § 65 Abs. 3 GSVG nicht wirksam einen Anspruch auf Abtretung der Pensionsansprüche erwerben. Im Zeitpunkt des Abschlusses des schriftlichen Abtretungsvertrages am wäre ihr aber durch Rückfrage beim Exekutionsgericht das Bestehen der Forderung der Klägerin erkennbar gewesen. Es kann keine Rede davon sein, daß der Beklagten zu diesem Zeitpunkt die Einholung weiterer Erkundigungen nicht hätte zugemutet werden können. Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen hat sich die Beklagte ja gerade deshalb den pfändbaren Teil der Pensionsansprüche von ihrem Vater abtreten lassen, um sich abzusichern und zu verhindern, daß ihr Vater neue Schulden eingeht und von diesen Gläubigern sodann auf die Pensionsansprüche gegriffen werde. Der Beklagten war also die Unzuverlässigkeit ihres Vaters durchaus bewußt. Diese ergibt sich auch aus der gesamten bisherigen Entwicklung der Vermögenslage, welche den Vater der Beklagten als einen Schuldner ausweist, der offenkundig keinen ausreichenden Überblick über seine finanzielle Gebarung hatte. Bei dieser Sachlage durfte die Beklagte aber zu keinem Zeitpunkt auf das Wort ihres Vaters vertrauen. Es mußte ihr auch klar sein, daß der von ihrem Mann eingesehene Ordner mit den offenen Rechnungen (offenkundig der Lieferanten) Darlehen und Wechselverbindlichkeiten nicht enthalten konnte. Bei Anwendung auch nur durchschnittlicher Sorgfalt war es daher - zumal gegen den Vater schon früher Exekutionsverfahren behingen - erforderlich, vor der rechtswirksamen Verfügung über das einzige dem Vater verbliebene Vermögen entsprechende Erkundigungen beim Exekutionsgericht einzuholen. In einem derartigen Falle hätte die Beklagte aber die Forderung der Klägerin in Erfahrung gebracht.
Der Beklagten ist daher der Beweis, daß sie schuldlos von der nach dem Gesetz zu vermutenden Benachteiligungsabsicht des Schuldners keine Kenntnis gehabt habe, nicht gelungen. Der am abgeschlossene Abtretungsvertrag ist daher gemäß § 2 Z 3 AnfO als die Klägerin benachteiligend anfechtbar.
Entgegen dem Vorbringen der Beklagten bestehen gegen die Beweislastumkehr dieser Gesetzesstelle auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die sachliche Begründung dafür, daß nahe Angehörige zu beweisen haben, daß ihnen Umstände aus der Sphäre des späteren Gemeinschuldners nicht bekannt waren, und auch nicht bekannt sein mußten, liegt in der schon in der Denkschrift zur Einführung einer Konkursordnung, einer Ausgleichsordnung und einer Anfechtungsordnung (1914), 32, angestellten Erwägung, daß in der Regel ein naher Angehöriger gegenüber anderen Personen einen Informationsvorsprung hat. Die Schlechterstellung trägt dem Gläubigerinteresse in besonders kritischen Situationen Rechnung, da in derartigen Fällen das Vorliegen der Kenntnis subjektiver Tatbestandsmerkmale beim Angehörigen typischerweise angenommen werden kann (Ruppe in Ruppe, Familienverträge 78; Fenyves, JBl. 1975, 624; König aaO Rdz 101).
Die Anfechtung ist mit Leistungsklage geltend zu machen, wobei die Leistung auch in einem Dulden bestehen kann. Kann aber auf Leistung geklagt werden, so ist für ein Feststellungsbegehren kein Raum, wenn das Leistungsbegehren all das bietet, was mit der Feststellungsklage angestrebt wird. Die von der Klägerin begehrte Feststellung der Unwirksamkeit des Abtretungsvertrages ist nur eine Vorfrage für das erhobene Leistungsbegehren, jedoch nicht selbständig feststellungsfähig (SZ 53/31; JBl. 1979, 603). Als Folge der somit erforderlichen teilweisen Abweisung des Hauptbegehrens war daher auch über das Eventualbegehren im klagsstattgebenden Sinn zu entscheiden, wobei dieses jedoch in Ansehung seines Umfanges zu verdeutlichen war (§ 12 AnfO).
Die Höhe des Zahlungsbegehrens wurde von der Beklagten nicht substantiiert bestritten. Es konnte ihm allerdings nur so weit Folge gegeben werden, als es mit der Höhe der vom Erstgericht festgestellten, der Beklagten seit September 1992 monatlich überwiesenen Teile der Pensionsbezüge rechnerisch in Einklang zu bringen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs. 2 ZPO, da die Klägerin nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil des Anspruches unterlegen ist, dessen Geltendmachung keine besonderen Kosten veranlaßte.