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OGH vom 17.04.2002, 7Ob52/02a

OGH vom 17.04.2002, 7Ob52/02a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG (vormals V*****-AG), *****, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D*****-AG, *****, vertreten durch Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,632.478,40 = EUR 118.636,83 sA und Feststellung (Streitwert S 100.000,--), Gesamtstreitwert EUR 125.904,11, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 143/01f-63, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 16 Cg 126/95v-57, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

"1.) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S

1,632.478,40 (= EUR 118.636,83) samt 4 % Zinsen aus S 1,043.355,-- (=

EUR 75.823,56) ab , aus S 131.659,73 (= EUR 9.568,09) ab

, aus S 30.000,-- (= EUR 2.180,19) ab , aus S

143.000,-- (= EUR 10.392,22) ab , aus S 19.000,-- (= EUR

1.380,78) ab , aus S 7.953,-- (= EUR 577,97) ab 13. 1.

1998 und aus S 257.510,-- (= EUR 18.713,98) ab binnen 14 Tagen zu bezahlen.

2.) Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klagenden Partei die Hälfte aller Schadenersatzzahlungen zu ersetzen, die die klagende Partei aus dem mit dem Krankenhaus H***** abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag auf Grund des Schadensfalles vom der mj. Nicole S***** in Zukunft noch zu leisten hat, wobei die Zahlungsverpflichtung der beklagten Partei - unter Berücksichtigung allfälliger eigener, der mj. Nicole S***** von der beklagten Partei aus dem mit Dr. Andreas K***** abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag auf Grund des betreffenden Schadensfalles noch zu erbringender Leistungen - auf höchstens S 8 Mio (= EUR 581.382,67) beschränkt ist.


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3.)
Das Feststellungsmehrbegehren wird abgewiesen.
4.)
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 30.484,99 (darin enthalten EUR 3.563,79 USt und EUR 9.102,27 Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist Haftpflichtversicherin des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Stadt H*****. Laut den dem Versicherungsvertrag zugrundegelegten Versicherungsbedingungen (AHVB/EHVB 1978) sind ua auch Schadenersatzverpflichtungen insbesondere der angestellten Spitalsärzte für in Ausübung ihrer Dienste verursachte Schäden mitversichert. Dr. Andreas K***** war im August 1990 als Turnusarzt im Rahmen seiner Ausbildung zum Facharzt für Gynäkologie im Krankenhaus H***** angestellt und damals betreffend seine ärztliche Tätigkeit auch selbst bei der beklagten Partei haftpflichtversichert. Sowohl im Versicherungsvertrag der Klägerin als auch in jenem der Beklagten waren die Haftungshöchstbeträge für Personen- und Sachschäden mit S 8 Mio pro Versicherungsfall festgesetzt.

Am unterlief Dr. K***** bei der Leitung der Geburt des Kindes Nicole S***** insofern ein Kunstfehler, als er Komplikationen nicht rechtzeitig erkannte und daher eine angezeigte Kaiserschnittoperation nicht durchführte. Das Kind wurde dadurch so schwer geschädigt, dass es bis an sein Lebensende schwerstens behindert und pflegebedürftig sein wird.

Das Kind nahm den Träger des Krankenhauses zu 2 Cg 73/93y LG Korneuburg hinsichtlich bereits erlittener und künftiger vorfallskausaler Schäden mit der Begründung in Anspruch, es habe für die Fehlleistung seines Arztes gemäß § 1313a ABGB zu haften. Auf Grund des in diesem Verfahren ergangenen Anerkenntnisurteils leistete die klagende Partei als Haftpflichtversicherer des Krankenhauses bis Ende 2000 insgesamt S 3,264.956,80. Welche vorfallskausalen Schadenersatzleistungen dem Kind in Zukunft noch zu erbringen sein werden, ist derzeit nicht abschätzbar. Dass die durchschnittliche Lebenserwartung des Kindes auf Grund seiner Behinderung vermindert wäre, steht nicht fest.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin zuletzt (nach mehrmaliger Klagsausdehnung und -einschränkung) S 1,632.478,40 sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, 50 % der aus dem Schadensfall vom im Krankenhaus H***** der mj. Nicole S***** entstandenen kausalen Schäden zu ersetzen. Das Risiko der Tätigkeit des Dr. K***** sei iSd § 59 VersVG doppelt versichert gewesen. Ebenso wie das Krankenhaus habe auch der Versicherungsnehmer der Beklagten Dr. K***** als behandelnder Arzt für den durch sein Fehlverhalten entstandenen Schaden einzustehen. Auf Grund der Doppelversicherung könne der ihr, der Klägerin, zustehende Ausgleichsanspruch gemäß § 59 Abs 2 VersVG direkt gegen die Beklagte geltend gemacht werden. Die Beklagte habe 50 % der bisher liquidierten Beträge zu ersetzen. Auf Grund der zu erwartenden beträchtlichen weiteren Schadenersatzforderungen, insbesondere aus dem Titel der Pflegekosten, bestehe auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.

Die Beklagte beantragte sowohl das Leistungs- als auch das Feststellungsbegehren abzuweisen. Sie wendete im Wesentlichen ein, es bestehe weder eine Doppelversicherung noch ein (von der Klägerin allein geltend gemachter) Ausgleichsanspruch gemäß § 59 Abs 2 VersVG. Im Übrigen treffe ihren Versicherungsnehmer keinerlei Verschulden. Jedenfalls wäre auch ein - in einem Organisationsverschulden begründetes - Mitverschulden des Krankenhauses zu berücksichtigen und seien die Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes anzuwenden.

Das Erstgericht wies das Zahlungsbegehren ab und gab dem Feststellungsbegehren mit der "Modifikation" statt, dass es feststellte, dass die Beklagte verpflichtet sei, "die aus dem Schadensfall vom (im) Krankenhaus H***** der mj. Nicole S***** entstandenen kausalen Schäden bis zum Höchstbetrag von S 8 Mio anteilig nach endgültigem Vorliegen der Voraussetzungen der Doppelversicherung im Verhältnis 1 : 3 der klagenden Partei zu ersetzen." Eine - auch bei Haftpflichtversicherungen mögliche - Doppelversicherung sei dann gegeben, wenn in zwei Versicherungsverträgen dasselbe Interesse versichert werde. Eine Doppelversicherung liege vor, wenn eine Einzel- und eine Inbegriffsversicherung zusammen träfen und die betroffene Sache jeweils Teil des versicherten Inbegriffs sei. Dieselbe Gefahr liege auch vor, wenn in einzelnen Verträgen mehrere Gefahrkombinationen erfasst seien und die konkrete Gefahr, die zum Versicherungsfall geführt habe, in den jeweiligen Verträgen gedeckt sei. Ob eine Doppelversicherung vorliege, könne bei Passivversicherungen (wie der Haftpflichtversicherung) erst im Zeitpunkt des Versicherungsfalles beurteilt werden, weil weitere Voraussetzung der Doppelversicherung gemäß § 59 VersVG sei, dass für den Versicherungsfall beide maximalen Deckungssummen pro Versicherungsfall und Polizze zusammengerechnet nicht ausreichten, um den versicherten Schaden gutmachen zu können. Erst wenn der Versicherungsfall eintrete, stehe fest, ob der Versicherungsnehmer die Deckung aus allen Verträgen in Anspruch nehmen müsse oder ob etwa die Versicherungssumme aus einem Vertrag ausreiche. In letzterem Fall liege eine Doppelversicherung vor. Die mit der Klägerin abgeschlossene Haftpflichtversicherung decke den vorliegenden Fall, nämlich dass Mitarbeiter des Krankenhauses durch Kunstfehler Patienten schädigten. Aber auch die Unfallversicherung der Beklagten decke die Haftungsansprüche gegen Dr. K***** für Kunstfehler und Schädigungen seiner Patienten. Es sei daher gleichgültig, aus welcher rechtlichen Situation Dr. K***** geschädigt habe. Interesse und Gefahr seien gleich, nämlich Haftpflichtversicherung für Schädigungen des Dr. K***** durch Kunstfehler an Patienten. Noch nicht abschätzbar sei allerdings das Vorliegen der weiteren Voraussetzung des § 59 VersVG, nämlich ob die Deckungssummen der beiden Versicherungen nicht ausreichen werden, den durch Dr. K***** angerichteten Dauerschaden finanziell wieder gut zu machen. Gehe man von einer durchschnittlichen Lebenserwartung der geschädigten Minderjährigen von 80 Jahren aus, die heute bei Frauen realistisch sei, so ergebe sich schon nach den bisherigen Pflegekosten von S 136.710,-- bis zur Klagsführung am ein Betrag von knapp S 5 Mio, der allenfalls auch noch valorisiert werden müsste. Die Methode der Klägerin, grundsätzlich von einer Doppelversicherung auszugehen und gleich das Verhältnis des Ersatzes festzusetzen und beide Seiten zahlen zu lassen, sei zwar vielleicht praktikabel, aber durch das Gesetz nicht gedeckt. Dieses sehe nämlich vor, dass dem Geschädigten bei mehrfacher Versicherung des gleichen Risikos alle Versicherungen zur Verfügung stünden; wenn die eine wegen Erreichens ihrer maximalen Deckungssumme nicht weiterzahlen müsse, könne die andere in Anspruch genommen werden. Nur für den Fall, dass es zu einem Erreichen der Deckungssummen nicht komme, könne sich die eine Versicherung bei der anderen anteilig regressieren. In der Regel stehe mit dem Schadensfall fest, ob die Voraussetzungen der Doppelversicherung gegeben seien oder nicht. Hier sei dies aber nicht der Fall; es könne daher noch nicht ohne weiteres von einer Doppelversicherung ausgegangen werden. Da entsprechende Regressforderungen der Klägerin gegenüber der Beklagten deshalb noch nicht fällig wären, sei das Zahlungsbegehren abzuweisen. Berechtigt sei jedoch das Feststellungsbegehren, zumal die Beklagte auch die grundsätzliche Haftung des Dr. K***** aus dem vorliegenden Versicherungsfall bestritten habe. Die Beklagte hafte aber nur bis zur maximalen Deckungssumme von S 8 Mio. Auch sei das Feststellungsbegehren dahin einzuschränken, dass die Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin nur dann zum Tragen komme, wenn die Voraussetzungen der Doppelversicherung entstünden. Zu beachten sei auch, dass die Klägerin ein wesentliches Organisationsverschulden trage, das mit 1 : 1 anzusetzen sei, weil Dr. K*****, ohne dass ein Notfall gegeben gewesen sei, als Turnusarzt ohne entsprechende Beaufsichtigung gearbeitet habe. Bejahe man den Mitverschuldenseinwand, so habe die Klägerin die Hälfte der Schadensbeträge wegen Organisationsverschuldens ihres Versicherungsnehmers ohnehin zu tragen. Bei Festsetzung eines Verhältnisses für den Rückgriff im Rahmen der Doppelversicherung sei dieser Betrag vorerst abzuziehen und erst dann das Regressverhältnis festzusetzen. Daher habe sich die Beklagte nur hinsichtlich der Hälfte der notwendigen Aufwendungen im Falle der Doppelversicherung anteilig zu beteiligen. Bei einer Verschuldensteilung von 1 : 1 ergebe sich daher ein Ausgleichsanspruch gegenüber der Beklagten in Höhe eines Viertels der Gesamtleistungen der Klägerin. Während die von der Klägerin gegen das Urteil des Erstgerichtes erhobene Berufung erfolglos blieb, gab das Berufungsgericht dem Rechtsmittel der Beklagten Folge und änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es auch das Feststellungsbegehren abwies, wobei es aussprach, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Zum Rechtsmittel der Klägerin führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin ignoriere, dass die Bestimmung des § 59 Abs 2 VersVG davon abhängig sei, ob überhaupt eine Doppelversicherung vorliege. Die Klägerin verkenne, dass nach § 59 Abs 1 VersVG eine Doppelversicherung erst dann gegeben sei, wenn die Summe der Entschädigungen, die von jedem einzelnen Versicherer ohne Bestehen der anderen Versicherung zu zahlen wären, den Gesamtschaden übersteige. Erst dann könne die Ausgleichsregelung des § 59 Abs 2 VersVG zur Anwendung kommen. Auf die Frage eines Mitverschuldens (zufolge Organisationsverschuldens des Krankenhauses) müsse nicht eingegangen werden, weil die Berufung der Beklagten berechtigt sei. Zwar sei das versicherte Interesse sowohl im Vertrag zwischen der Klägerin und der Krankenanstalt als auch zwischen der Beklagten und Dr. K***** dasselbe, nämlich die Abwehr bzw Befriedigung von Schadenersatzansprüchen, die aus der ärztlichen Tätigkeit entstehen könnten. Das Feststellungsbegehren sei aber schon deshalb abzuweisen, weil noch nicht feststehe, ob beide Versicherungsverträge in Anspruch genommen werden müssten. Selbst für den Fall, dass § 59 VersVG anzuwenden wäre, sei das Zahlungsbegehren daher noch nicht fällig, weil die Voraussetzungen dieser Bestimmung jedenfalls derzeit noch nicht vorlägen. Es fehle daher an der gesetzlichen Feststellungsfähigkeit des Rechtsverhältnisses als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Feststellungsklage iSd § 228 ZPO. Feststellungsfähig sei nämlich nur das gegenwärtige, dh zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung bereits bestehende Rechtsverhältnis. Sei zu diesem Zeitpunkt ein Schaden noch nicht nachweisbar bzw ein Anspruch noch nicht fällig, fehle es am rechtlichen Interesse an der Feststellung der Haftung. Darüber hinaus könne ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung nur dann vorliegen, wenn ein aktueller Anlass zur präventiven Klärung des strittigen Rechtsverhältnisses bestehe. Da im vorliegenden Fall noch Unsicherheit darüber bestehe, ob die Voraussetzungen des § 59 VersVG jemals vorliegen werden, könne derzeit nicht abgeschätzt werden, ob der Klägerin tatsächlich irgendwann einmal ein Ausgleichsanspruch gegenüber der Beklagten zustehen werde.

Seinen Ausspruch der Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht damit, dass der Oberste Gerichtshof noch nicht mit einem vergleichbaren Fall befasst gewesen sei und die Bedeutung der Lösung der Rechtsfrage über den Einzelfall hinausgehe. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt in der von ihr erstatteten Revisionsbeantwortung, die Revision entweder zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und im Wesentlichen auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die zentrale Frage des vorliegenden Rechtsstreites lautet, ob die - im Falle einer Doppelversicherung das Rechtsverhältnis der Versicherer untereinander regelnde - Bestimmung des § 59 Abs 2 VersVG in einem Fall, wie dem vorliegenden, angewendet werden kann oder nicht. Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

Die in § 59 Abs 1 VersVG definierte Doppelversicherung ist ein Sonderfall einer Neben- bzw Mehrfachversicherung nach § 58 VersVG (Möller in Bruck/Möller VVG8 § 59 Rn 3; Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 181; ders Versicherungshandbuch, Allgemeine Fachkunde 69; ders BK § 59 VVG Rn 7; Römer in Römer/Langheid, VVG Rz 4 zu § 59). In jedem Fall gehört es zu den Voraussetzungen der Doppelversicherung, dass dasselbe Interesse gegen dieselbe Gefahr bei mehreren Versicherern versichert ist. Als zusätzliches Merkmal gilt aber, dass entweder (erste Alternative) die Summe der Versicherungssummen den Versicherungswert übersteigt, oder (zweite Akternative) dass die Summe der von den Versicherern zu zahlenden Entschädigungen aus anderen Gründen den Gesamtschaden übersteigt (vgl 7 Ob 10/90, VR 1990, 313 = VersR 1991, 367). Während die erste Alternative auf die Aktivenversicherung zugeschnitten ist (Schimikowski, Versicherungsvertragsrecht2 Rn 335), betrifft die zweite Alternative die Passivenversicherung, die keinen Versicherungswert hat, der nach der ersten Alternative mit der Versicherungssumme verglichen werden könnte; darunter fällt vor allem - wie hier - eine Mehrheit von Haftpflichtversicherungen (vgl Möller aaO § 59 Rn 11). Bei ihnen kommt es auf den Vergleich zwischen dem Schaden und der Entschädigung an (Römer aaO Rz 6 zu § 59 mwN aus der deutschen Judikatur). Voraussetzung der Doppelversicherung ist - wie bereits betont - immer, dass in zwei Versicherungsverträgen dasselbe Interesse versichert wird (7 Ob 36/93, VersR 1994, 1007 = VR 1994, 282 = EvBl 1994, 739/153). Dies muss aber nicht durch dieselbe Person geschehen: Doppelversicherung ist daher auch dann anzunehmen, wenn dasselbe Interesse durch eine Eigenversicherung und durch eine Versicherung für fremde Rechnung geschützt wird (Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 181; Schimkowski, aaO; BGH VersR 1976, 847 ua). Nicht - wie die beklagte Partei in der Revisionsbeantwortung meint - Identität des Versicherungsnehmers, sondern Identität des versicherten Interesses begründet Doppelversicherung (Kollhosser in Prölss-Martin VVG26 Rn 11 zu § 59 mwN). Dieselbe Gefahr iSd § 59 Abs 1 VersVG liegt auch vor, wenn in den einzelnen Verträgen mehrere Gefahrenkombinationen erfasst sind und die konkrete Gefahr, die zum Versicherungsfall geführt hat, in den jeweiligen Verträgen gedeckt ist (Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 182; 7 Ob 36/93). Während bei der Aktivenversicherung eine Doppelversicherung bereits mit dem Vertragsabschluss entstehen kann (vgl Schauer aaO), kann bei der Passivenversicherung das Vorliegen einer Doppelversicherung erst im Zeitpunkt des Versicherungsfalles beurteilt werden. Erst dann steht in der Regel fest, ob der Versicherungsnehmer die Deckung aus allen Verträgen in Anspruch nehmen muss, oder ob etwa die Versicherungssumme aus einem Vertrag ausreicht (vgl Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 183; 7 Ob 36/93).

Die Versicherer haften dem Versicherungsnehmer bei der Doppelversicherung iSd § 890 ABGB zur gesamten Hand (vgl etwa Möller aaO Rn 16; Schimikowski aaO Rn 336: als Gesamtschuldner) jeweils nach Maßgabe ihres Vertrages. Der Versicherungsnehmer kann also von jedem der Versicherer (ganz oder teilweise) die Entschädigung fordern, die ihm nach dem Vertrag gebührt (Römer aaO Rn 7 zu § 59). Jeder Versicherer ist daher genau in jenem Umfang zur Leistung verpflichtet, in dem er es auch ohne Doppelversicherung wäre (Schauer Versicherungsvertragsrecht3 183). § 59 Abs 1 VersVG begrenzt den Anspruch allerdings insoweit, als der Versicherungsnehmer keinen höheren Anspruch hat, als der Betrag des Schadens insgesamt ausmacht. Um die subjektive Gefahr der bewussten oder unbewussten Herbeiführung des Versicherungsfalles zurückzudrängen, die mit der Doppelversicherung und der Aussicht auf eine doppelte Entschädigung verbunden ist, hat der Gesetzgeber also die Entschädigung auf den Betrag des Schadens begrenzt (Römer aaO Rz 11 zu § 59). Damit fällt dem Versicherer, der die Prämien erhalten hat und nach dem Eintritt des Versicherungsfalles an sich seine vertragliche Leistung erbringen müsste, unverdient zumindest ein Teil des Entschädigungsbetrages in den Schoß (Römer aaO).

Dieser bei einer Doppelversicherung auf Seiten der Versicherer entstehende Vorteil soll nach dem Willen des Gesetzgebers auf die an der Doppelversicherung beteiligten Versicherer nach dem Maßstab des § 59 Abs 2 Satz 1 VersVG verteilt werden (vgl Römer aaO): Danach wird das Maß der Anteile, die von einem jeden der gesamtschuldnerisch haftenden Versicherer zu tragen sind, abweichend von § 896 Abs 1 Satz 1 ABGB bzw § 426 Abs 1 Satz 1 BGB mit dem Verhältnis der Beträge festgelegt, deren Zahlung ihnen dem Versicherungsnehmer gegenüber obliegt (vgl 7 Ob 10/90). Der Rückgriff- bzw Ausgleichsanspruch bemisst sich also nach der Differenz zwischen der vom Versicherer erbrachten Leistung und dem von ihm zu tragenden Anteil. Dieser Anteil bestimmt sich nach Maßgabe der Beträge, deren Zahlung dem Versicherern gegenüber dem Versicherungsnehmer vertragsmäßig obliegt (vgl Schauer in BK Rn 21 ff zu § 59). Es kommt also auf das Verhältnis der Beträge an, die die Versicherer dem Versicherungsnehmer auf Grund ihres Vertrages zu erbringen haben, wobei der Ausgleichsschuldner nur im Rahmen der ihn treffenden Leistungspflicht in Anspruch genommen werden kann. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Rückgriffsanspruch dem Grunde nach nicht erst mit der Leistung durch einen der Versicherer, sondern bereits durch den Versicherungsfall entsteht (Schauer aaO mwN). Daher kann ein Versicherer nicht auf Ausgleich in Anspruch genommen werden, wenn er durch einen Umstand, der vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist, dem Versicherungsnehmer gegenüber leistungsfrei geworden ist (Kollhosser aaO Rn 18 zu § 59; Römer aaO § 59 Rz 9; Schauer in BK Rn 27 zu § 59) oder wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer bereits beendet war (vgl OGH VersR 1991, 367). Ziel und Zweck der Rückgriffsregelung des § 59 Abs 2 Satz 1 VersVG ist der jeder gesetzlich angeordneten Verteilung gegen Gesamtschuldner innewohnende Gedanke, zu verhindern, dass durch Gläubigerwillkür (hier durch das Belieben des Geschädigten) bestimmt wird, welcher Gesamtschuldner (hier welcher Versicherer) das zur Befriedigung erforderliche Opfer aufzubringen hat (vgl Römer aaO Rn 11 mwN).

Ausgehend von dieser Rechtslage ist zunächst der Ansicht der Vorinstanzen beizupflichten, wonach im vorliegenden Fall die in § 59 Abs 1 VersVG erstgenannte Voraussetzung für das Vorliegen einer Doppelversicherung erfüllt ist: Durch die beiden gegenständlichen Haftpflichtversicherungen ist (auch) jeweils dasselbe Interesse gegen dieselbe Gefahr versichert, nämlich die Haftungsansprüche von Patienten für Schädigungen (insbesondere durch Kunstfehler), die (ua) dem versicherten bzw mitversicherten Dr. K***** bei seiner Tätigkeit als angestellter Spitalsarzt unterlaufen.

Die Besonderheit der vorliegenden Causa (wobei Vergleichsfälle ohne weiteres denkbar sind) liegt darin, dass das Vorliegen der zweiten in § 59 Abs 1 VersVG normierten Voraussetzung für eine Doppelversicherung (nämlich dass die Summe der Entschädigungen, die von den Streitteilen ohne Bestehen der anderen Versicherung zu zahlen wären, den Gesamtschaden übersteigt) mehr als zehn Jahre nach Eintritt des Versicherungsfalles immer noch nicht entsprechend sicher beurteilbar ist und möglicherweise erst in Jahrzehnten, allenfalls erst im Zeitpunkt des Todes der bei ihrer Geburt geschädigten mj. Nicole mit (ausreichender) Sicherheit beurteilt werden kann. Wollte man deshalb, wie dies die Vorinstanzen getan haben, annehmen, dass in einem solchen Fall der - wie schon betont - dem Grunde nach bereits durch den Versicherungsfall entstandene Rückgriffsanspruch erst dann fällig werde, wenn abschätzbar sei, ob der Gesamtschaden die Gesamtversicherungssumme von S 16 Mio übersteigt, wäre also zu billigen, dass die von der Geschädigten bisher allein in Anspruch genommene klagende Partei, die bereits mehr als S 3 Mio geleistet hat und weiterer hoher Forderungen gewärtig sein muss, allenfalls erst nach Jahrzehnten einen nach § 59 Abs 2 VersVG vorgesehenen Ausgleich erlangen könnte. Ausgehend vom dargestellten Sinn und Zweck der Rückgriffsregelung des § 59 Abs 2 Satz 1 VersVG kann aber nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber eine derart gravierende, mögliche Benachteiligung eines Versicherers tatsächlich in Kauf nehmen wollte. Da eine derartige Konstellation offenbar vom Gesetzgeber nicht bedacht wurde, erscheint es in einem Fall wie dem vorliegenden geboten, § 59 Abs 2 Satz 1 VersVG analog anzuwenden (zur "Gesetzesanalogie", der Erstreckung einer gesetzlichen Regelung im Einklang mit ihrer ratio, aber über ihren Wortlaut hinaus, auf einen "ähnlichen Fall", vgl allgemein Bydlinski in Rummel3 § 7 Rz 4). Dies führt zur Stattgabe des Leistungsbegehrens, da sich die von der beklagten Partei in ihrer Revisionsbeantwortung dagegen aufrechterhaltenen Einwände als unberechtigt erweisen:

Soweit die Revisionsgegnerin im Falle ihrer Inanspruchnahme Regressmöglichkeiten behauptet und in diesem Zusammenhang auch auf die §§ 2, 3 und 6 DHG verweist, übersieht sie bzw setzt sie sich darüber hinweg, dass im Falle der - hier zu unterstellenden - Doppelversicherung § 59 Abs 2 VersVG als Sonderregelung jeder anderen Regressregelung, insbesondere auch dem § 67 Abs 1 Satz 1 VersVG nach hM jedenfalls dann vorgeht, wenn der Schädiger - wie hier - der Versicherungsnehmer eines Vertrages ist, durch den die Doppelversicherung entstanden ist. Damit wird vermieden, dass ein Versicherer etwa über eine Legalzession nach § 67 Abs 1 Satz 1 VersVG etwas erlangt, was er nach § 59 Abs 2 VersVG im Wege des Ausgleiches wieder erstatten müsste (vgl Römer aaO Rn 9 mwN). Demnach erwirbt der nach § 59 Abs 2 VersVG regressberechtigte Versicherer nicht den vertraglichen Entschädigungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den anderen Versicherer, sondern hat nur den Ausgleichsanspruch nach der zitierten Bestimmung (vgl Schauer BK § 59 VersVG Rn 39). Dementsprechend kann sich der andere Versicherer nicht auf Haftungsprivilegien nach dem DHG berufen. Schauer hebt in Rn 35 aaO "gegenüber der hM" noch "präzisierend" hervor, dass die Verdrängung des § 67 VersVG durch § 59 Abs 2 VersVG nur dann zutreffe, wenn entweder beide Versicherungen Haftpflicht-(Sachersatz-)versicherungen sind oder zumindest eine der beiden Versicherungen das Haftpflicht-(Sachersatz-)interesse des Schädigers einschließe. Da es sich im vorliegenden Fall ohnehin um zwei Haftpflichtversicherungen handelt, muss darauf nicht näher eingegangen werden. Der weitere Einwand der beklagten Partei, ein Organisationsverschulden des Krankenhauses sei zu berücksichtigen, weil es den Anteil, den die Klägerin von ihr ersetzt verlangen könne, mindere, steht im Widerspruch zur gesetzlichen Anordnung des § 59 Abs 2 VersVG, dass der Anteil, mit dem sich ein Versicherer am Gesamtschaden beteiligen muss, sich zu diesem genauso wie die Leistung verhält, die von diesem Versicherer verlangt werden kann, zur Summe der von allen Versicherern geschuldeten Leistung (vgl Schauer im Versicherungshandbuch, Allgemeine Fachkunde 69). Schon das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Versicherungsnehmer der Beklagten ein Kunstfehler anzulasten ist und er der Geschädigten für alle daraus resultierenden Nachteile zu haften hat. Von der Beklagten als seiner Haftpflichtversicherung können daher ebenso wie von der Klägerin als Haftpflichtversicherer des Krankenhauses Ersatzleistungen aus dem gegenständlichen Versicherungsfall bis zur Höhe der Versicherungssumme von S 8 Mio = EUR 581.382,67 verlangt werden. Da die klagende Partei von der beklagten Partei demnach - im Hinblick auf den gleich großen Haftungsrahmen - zu Recht den Ersatz der Hälfte der von ihr geleisteten Ersatzbeträge fordert, kann der Hinweis auf ein Organisationsverschulden des Krankenhauses den gegenständlichen Rückgriffsanspruch nicht schmälern. Im Übrigen muss dieser Einwand aber auch schon deshalb ins Leere gehen, weil ein Organisationsverschulden nach dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt nicht zu erkennen ist: Wie vom Berufungsgericht besonders betont, handelt es sich bei Dr. K***** um einen Turnusarzt in Ausbildung zum Facharzt für Gynäkologie. Weiters steht fest, dass der Genannte, der seine Ausbildung zum praktischen Arzt bereits absolviert hatte, von der ihn zum Facharzt ausbildenden Fachärztin angewiesen war, für den Fall von Komplikationen bei der gegenständlichen Geburt, deren Leitung ihm übertragen war, sie (die sich in der Nähe - 5 Gehminuten entfernt - des Spitals befand) im Rahmen der Rufbereitschaft zu kontaktieren. Unter diesen Umständen kann bei lebensnaher Betrachtung ein Organisationsverschulden auch dann nicht erkannt werden, wenn man bedenkt, dass nach der 1990 geltenden Rechtslage des Ärztegesetzes 1984 Turnusärzte etwa Geburtshilfe nur unter Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte leisten durften.

Im Hinblick auf die eben erläuterte Berechtigung des Leistungsanspruchs ist auch der vom Berufungsgericht gegen die Berechtigung des Feststellungsbegehrens erhobene Einwand, wenn zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ein Schaden noch nicht nachweisbar bzw ein Anspruch noch nicht fällig sei, fehle es am rechtlichen Interesse an der Feststellung der Haftung, obsolet. Ein Feststellungsinteresse iSd § 228 ZPO ist im vorliegenden Fall schon im Hinblick auf die Bestreitung eines schuldhaften Verhaltens ihres Versicherungsnehmers durch die Beklagte und deren weitere, eine Regresspflicht bestreitenden Einwendungen zu bejahen. Die Klägerin hat allerdings ihr Feststellungsbegehren zu weitgehend formuliert, da sie weder auf die durch die Versicherungssumme gebildete Haftungshöchstgrenze von S 8 Mio noch auf den Umstand Bedacht genommen hat, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Dr. K***** von der Geschädigten in Zukunft anstelle oder neben der Klägerin zu Ersatzleistungen herangezogen werden könnte. In diesem Sinne war dem Feststellungsbegehren nur eingeschränkt stattzugeben; insoweit ist die Klägerin mit einem Teil ihres Feststellungsbegehrens unterlegen.

Da dieser Teil aber verhältnismäßig geringfügig ist und seine Geltendmachung überdies besondere Kosten nicht veranlasst hat, gründet sich die Kostenentscheidung auf § 43 Abs 2, § 50 ZPO. Die Beklagte hat der Klägerin deren für das Verfahren erster Instanz mit S 251.810,83 (darin enthalten S 37.461,80 USt und S 27.040,-- Barauslagen), für das Verfahren zweiter Instanz mit S 81.763,76 (darin enthalten S 6.998,96 USt und S 39.770,-- Barauslagen) und für die Revision mit EUR 6.243,18 (darin enthalten EUR 332,70 USt und EUR 4.247,-- Barauslagen) bestimmten Kosten, insgesamt demnach EUR 30.484,99 (darin enthalten EUR 3.563,79 USt und EUR 9.102,27 Barauslagen) an Verfahrenskosten aller drei Instanzen zu ersetzen.