OGH 24.10.2000, 5Ob271/00i
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Mag. Hans Jörg E*****, 2. Rita E*****, beide vertreten durch Dr. Josef Klaunzer und Dr. Alfons Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Eintragungen in der EZ 688 Grundbuch *****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , AZ 53 R 56/00z, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Telfs vom , TZ 1804/00-3, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die Antragsteller begehrten, aufgrund des Dienstbarkeitsvertrags vom , einer Zusatzvereinbarung vom und der Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , in der EZ 688 Grundbuch ***** ob dem 38/691 Anteil des Peter G*****, ***** samt dem damit untrennbar verbundenen Wohnungseigentum an der Garage top 7 die Einverleibung der Dienstbarkeit der Fruchtnießung an der südlichen Hälfte der Garage zugunsten der herrschenden Liegenschaft EZ 1417 Grundbuch ***** zu bewilligen. Das Erstgericht wies dieses Begehren ab. Einem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Dies unter dem Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige nicht den Betrag von S 260.000, der Revisionsrekurs sei mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 1 GBG unzulässig.
Den gegen diesen Beschluss erhobenen "außerordentlichen Revisionsrekurs" der Antragsteller, worin der Antrag gestellt wird, das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht möge seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses dahin abändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt wurde, legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vor.
Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:
Rechtliche Beurteilung
Nach § 14 Abs 3 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG idF WGN 1997 BGBl I 140 ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt S 260.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.
Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.
Im vorliegenden Fall haben die Rechtsmittelwerber ihr Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und ausdrücklich an das Gericht zweiter Instanz den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht (§ 14a Abs 1 AußStrG) gestellt.
Da bisher keine Vorlage an das Rekursgericht erfolgte und kein Beschluss im Sinn des § 14a Abs 3 AußStrG gefasst wurde, entbehrt die Vorlage des "außerordentlichen Revisionsrekurses" an den Obersten Gerichtshof jedenfalls einer gesetzlichen Grundlage.
Das Erstgericht wird daher den "außerordentlichen Revisionsrekurs" verbunden mit dem Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs dem Rekursgericht zur Entscheidung über letzteren vorzulegen haben.
Erst danach lässt sich beurteilen, ob überhaupt eine Vorlage des Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof stattzufinden hat.
Eine unmittelbar Vorlage vor Fassung eines Zulässigkeitsausspruchs kommt jedoch nicht in Betracht.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller Mag. Hans Jörg E*****, 2.) Rita E*****, beide vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer, Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Eintragungen in der EZ ***** Grundbuch *****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , AZ 53 R 56/00z, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Telfs vom , TZ 1804/00-3, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
"Auf Grund des Dienstbarkeitsvertrages vom , der Zusatzvereinbarung zu diesem Dienstbarkeitsvertrag vom sowie der Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom , Zl 60/9493/18/1-2000 wird auf den dem Peter G*****, geboren am gehörigen 38/691 Anteilen (B-8) ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** samt dem damit untrennbar verbundenen Wohnungseigentum an der Garage top 7 die Einverleibung der Dienstbarkeit der Fruchtnießung laut Punkt 2 des Dienstbarkeitsbestellungsvertrags an der südlichen Hälfte der Garage top 7 zu Gunsten der herrschenden Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** bewilligt.
Hievon werden verständigt:
1.) Gustav P*****
2.) Mag. Hans Jörg E*****
3.) Rita E*****
4.) Rechtsanwälte Dres. Klaunzer, Anichstraße 6, 6020 Innsbruck (unter Beischluss der Originalurkunden)
5.) Gemeindeamt Inzing, 6401 Inzing"
Text
Begründung:
Die Antragsteller sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, (die Verlassenschaft nach) Gustav P***** ist Miteigentümerin von 38/691 Anteilen an der benachbarten Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, mit der Wohnungseigentum verbunden ist an der Garage top 7 (BLN 8).
Mit Dienstbarkeitsbestellungsvertrag vom samt Ergänzungsvertrag vom gleichen Tag räumte die Verlassenschaft den Antragstellern als Eigentümern der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** das dauernde Recht der Fruchtnießung an der südlichen Hälfte der Garage, die zwei Stellplätze aufweist, ein. Als Gegenleistung haben die Antragsteller einen Betrag von S 50.000,-- zu bezahlen. In der Aufsandungserklärung gaben die Vertragsteile ihre ausdrückliche Einwilligung dazu, dass ob der EZ ***** Grundbuch ***** auf den 38/691 Anteilen des Peter G***** samt Wohnungseigentum an Garage top 7 nachstehende Eintragung erfolgt: "Die Einverleibung der Dienstbarkeit der Fruchtnießung an der südlichen Hälfte der Garage zu Gunsten der herrschenden Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****."
Gemäß § 25a Abs 2 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes wurde von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck - Grundverkehr bestätigt, dass die Anzeige nach § 23 über den gegenständlichen Rechtserwerb erfolgt ist.
Mit dem vorliegenden Grundbuchsgesuch begehrten die Antragsteller auf Grund der bezeichneten Urkunden zu Gunsten der herrschenden Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** die Einverleibung der Dienstbarkeit der Fruchtnießung an der südlichen Hälfte der Garage ob den 38/691 Anteilen des Peter G***** in der EZ ***** Grundbuch ***** zu bewilligen.
Beide Vorinstanzen wiesen das Grundbuchsgesuch ab.
Das Erstgericht begründete die Abweisung damit, dass zufolge § 1 WEG ein nur an einem bestimmten Teil einer Wohnungseigentumseinheit vereinbartes Fruchtgenussrecht nicht in Betracht komme, weil es der alleinigen und ausschließlichen Nutzung der mit dem Wohnungseigentum verbundenen Räumlichkeit widerspreche.
Das Rekursgericht erachtete diesen Abweisungsgrund für nicht zutreffend. Auf Grund der Bestimmung des § 12 Abs 2 GBG sei die Beschränkung einer Dienstbarkeit auf bestimmte räumliche Grenzen zulässig. Auch eine solche Dienstbarkeit könne aber nur auf dem ganzen Grundbuchskörper und nicht nur auf demjenigen Teil, auf den sich die Ausübung des Rechtes beziehe, eingetragen werden (NZ 1992, 155; NZ 1968/91).
Die räumliche Begrenzung der Dienstbarkeit sei im Vertrag und im Grundbuchsgesuch auch ausreichend konkret beschrieben worden.
Dennoch komme die begehrte Einverleibung nicht in Betracht, weil es sich beim Fruchtgenussrecht im Sinn des § 509 ABGB um eine persönliche Dienstbarkeit im Sinn der §§ 504 ff ABGB handle, welche nur zu Gunsten einer bestimmten Person verbüchert werden könne und welche insbesondere mit dem Tod des Berechtigten erlösche (§ 529 ABGB). Unzulässigerweise begehrten die Antragsteller im vorliegenden Fall die Verbücherung einer persönlichen Dienstbarkeit als Grunddienstbarkeit. Im Ergebnis sei daher die Abweisung durch das Erstgericht zu Recht erfolgt.
Das Rekursgericht sprach über Antrag der Antragsteller gemäß § 14a AußStrG aus, dass der Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung zulässig sei. Es liege noch keine gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung vor, dass eine persönliche Dienstbarkeit auch als Grunddienstbarkeit bestellt werden könne (RIS-Justiz RS0011621).
Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist.
Er ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst steht außer Frage, dass gemäß § 12 Abs 2 GBG die Beschränkung einer Dienstbarkeit auf bestimmte räumliche Grenzen zulässig ist (RIS-Justiz RS0112319) und dass eine solche Dienstbarkeit auf dem gesamten Grundbuchskörper einzutragen ist (NZ 1992, 155; NZ 1968/91).
Wenngleich § 479 ABGB den verbücherungsfähigen Typus der "unregelmäßigen Servitut" nur im Zusammenhang mit Dienstbarkeiten erwähnt, die an sich Grunddienstbarkeiten sind, vereinbarungsgemäß aber "der Person allein" zustehen sollen, unterliegt es dennoch keinem Zweifel, dass auch die seltener vorkommende Abweichung, dass ein zu den persönlichen Dienstbarkeiten gezähltes Recht dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstückes gebühren soll, rechtlich möglich ist (GlU 15.938). Es kann daher eine Dienstbarkeit, die gewöhnlich eine persönliche ist, als Grunddienstbarkeit bestellt werden (Klang in Klang II, zweite Auflage, 588; 5 Ob 603/83; NZ 1993, 237 [Hofmeister] und 5 Ob 2250/96k).
Auch die Lehre hat grundsätzlich der Verbücherbarkeit persönlicher Dienstbarkeiten als Realservituten (zu Gunsten des Eigentümers eines bestimmten Grundstückes) zugestimmt (Hofmeister in NZ 1993, 242; Hofmann in Rummel3 Rz 1a zu § 479 ABGB).
Abgesehen davon, dass an das Utilitätserfordernis des § 473 ABGB, wonach die Grunddienstbarkeit eine vorteilhaftere oder bequemere Benützung des berechtigten Grundstückes ermöglichen soll, kein strenger Maßstab anzulegen ist (Petrasch in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 473 ABGB; 5 Ob 2250/96k), ist es im vorliegenden Fall offenkundig, dass es der Nutzung des herrschenden Grundstückes zum Vorteil gereicht, wenn mit dem Eigentum daran auch die Möglichkeit eines Autoabstellplatzes in einer Garage auf der Nachbarliegenschaft verbunden ist.
Auch die Festlegung des Umfanges des Gebrauchs ist ausreichend (vgl 5 Ob 2250/96k: Nutzungsrecht am westlichen Teil eines Bootshauses).
Der Revisionsrekurs war daher berechtigt.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2000:0050OB00271.00I.1024.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAD-63002